Autor Thema: Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch  (Gelesen 3189 mal)

Suevit

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Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch
« am: Januar 03, 2016, 14:25:01 Nachmittag »
Hallo,

vielleicht lehnt sich dieses Thema in Bezug auf Steine ganz weit aus dem Fenster, ich fand es jedoch bemerkenswert, als ich im Urlaub augenfällig damit konfrontiert wurde.
Kulturhistorisch hat eine Form des Steinesammelns eine ganz hohe Bedeutung: Das Zusammentragen dekorativer Gesteine zu Bauzwecken, wobei neben optischen Gesichtspunkten auch ganz andere Interessen eine Rolle spielten.
So z. B. hier an der Fasssade des Markusdoms in Venedig aus dem 13. und 14. Jahrhundert, wo 2600 meist antike Säulen u. a. aus Alabaster, Andesit und Brekzien, verbaut wurden. Die Säulen sind Spolien, die ab 1204, nach der Eroberung des Oströmischen Reichs unter venezianischer Führung, in Konstantinopel und anderen Teilen des ehemaligen Reichs zusammengeraubt wurden. Die Säulen erfüllen überwiegend keine tragenden Funktionen, es ging vorrangig darum, so viel Material wie möglich zu verbauen, um neben entsprechender Prachtentfaltung zu dokumentieren, über welche Macht, Territorien und logistische Fähigkeiten man verfügte, um fein bearbeitete Steine aus allen Winkeln des ehemaligen römischen Imperiums an einem Ort zusammentragen zu können. Bemerkenswert sind die Säulen aus rotem Porphyr (rechts im Bild) vom Mons Porphyrites in Ägypten, das Material war zu römischen Zeiten kaiserlichen Bauten und Sarkophagen als Symbol des kaiserlichen Purpurs vorbehalten. Ihre Zweitverwendung dokumentiert den Sieg Venedigs über das oströmische Kaiserreich.

Und ähnlich, wie heute der Geschiebesammler staunend an seinem Strand ganz unterschiedliche Gesteine, die hunderte von Kilometern aus Skandinavien herantransportiert wurden, betrachtet, so mögen die Zeitgenossen damals vor den Säulen gestanden und gestaunt haben, wie groß die Welt doch ist und aus welchen weit entfernten Winkeln Steine in ihre Stadt gelangten, die sie noch nie zuvor gesehen hatten.

Gruß,
Rainer

Offline herbraab

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Re: Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch
« Antwort #1 am: Januar 03, 2016, 16:28:51 Nachmittag »
Danke, Rainer, für den interessanten Beitrag und das Bild.

Am NHM Wien gibt es eine Sammlung von Bau- und Dekorsteinen mit über 35.000 Sammlungsstücken, von denen ein (kleiner) Teil im Saal I (direkt am Weg zur Meteoritemsammlung in Saal V...:einaugeblinzel:) zu sehen ist. Gerde erst im letzten Sommer wurden die Schaustücke der Beugesteins-Sammlung neu geordnet und die Vitrinen mit einer Beleuchtung ausgestattet.

http://www.nhm-wien.ac.at/forschung/mineralogie__petrographie/sammlungen/dekor-_und_baugesteinssammlung
http://www.nhm-wien.ac.at/ausstellung/dauerausstellung__schausammlung/hochparterre/saal_1-5_mineralien_gesteine_meteoriten
http://derstandard.at/2000012734496/Steine-aus-denen-die-Ringstrasse-errichtet-wurde-in-neuem-Licht

 :hut:
Herbert
"Daß das Eisen vom Himmel gefallen sein soll, möge der der Naturgeschichte Unkundige glauben, [...] aber in unseren Zeiten wäre es unverzeihlich, solche Märchen auch nur wahrscheinlich zu finden." (Abbé Andreas Xaverius Stütz, 1794)

Offline Met1998

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Re: Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch
« Antwort #2 am: Januar 03, 2016, 20:22:01 Nachmittag »
Zum Thema möchte ich dieses Steinfiguren-Foto beitragen.
Den rechten Teil eines ägyptischen Vorgartens, mit weiteren Steinarten, habe ich leider gelöscht.

Gruß Ehrfried :hut:
Der Mensch hat die Fähigkeit zur Vorahnung und er reift mit Geduld, wie Whisky, Käse und Wein!

Offline Thin Section

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Re: Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch
« Antwort #3 am: Januar 03, 2016, 20:37:32 Nachmittag »
... ägyptische[r] Vorgarten ...

Hallo Ehrfried und Forum,

Der zweite Pharao von rechts, das ist Echnaton (1350-1334), 18. Dynastie - ihr wisst ja bestimmt, ... der Gatte der berühmten Nofretete!

Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline OrgaMet

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Re: Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch
« Antwort #4 am: Januar 03, 2016, 23:01:59 Nachmittag »

Super Rainer ... hatte auch den selben gedanken als der Herbert als ich das sah !  :si06:
LG Phil.

Suevit

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Re: Gesteinssammlung, einmal kulturhistorisch
« Antwort #5 am: Januar 04, 2016, 00:58:32 Vormittag »
Hallo,

Der zweite Pharao von rechts, das ist Echnaton (1350-1334), 18. Dynastie - ihr wisst ja bestimmt, ... der Gatte der berühmten Nofretete!
...und vor allem der Erfinder der ersten monotheistischen Religion der Weltgeschichte. Nur war das Establishment dagegen, und alles hat ein unrühmliches Ende genommen...  :wehe:

Danke Herbert, das kannte ich nicht. Sehr spannend, und schön als Ausstellung aufbereitet!
Hier in Stuttgart wurden früher von der Uni aus Exkursionen für Geologie-Interessierte zum Natursteinfassadengucken veranstaltet.

Gruß,
Rainer

 

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