Autor Thema: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?  (Gelesen 6448 mal)

Offline Chrisl

  • Rat
  • ****
  • Beiträge: 184
2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« am: April 19, 2016, 15:18:04 Nachmittag »
Hallo Zusammen,

habe bei der Suche im Stubenberg-Streufeld 2 Meteo-Wrongs gefunden die sehr seltsam sind.

Wrong 1 hat auf einer Seite eine sehr glatte - man möchte meinen Menschengemachte - Oberfläche mit seltsamen parallel verlaufenden Riefen.
An der frischen Bruchfläche senkrecht zu diesen Riefen sieht man, dass es sich um kleine schwarze Adern hadelt. Bei den seitlichen, offenbar älteren Bruchflächen ist dieses schwarze Material offenbar ausgewittert und hat die ockerfarbenen Kanäle hinterlassen.
Das gezeigte Stück ist etwa 4cm lang und nicht magnetisch.

Wrong 2 sieht erstmal aus, wie ein normaler Kiesel, hat aber nicht die glänzende/glatte Oberfläche wie ein Quarzkiesel. Die Farbe ist auch zu schwarz für die sonst dunkelgrünen oder dunkelblauen Quarzkiesel. Im Anschnitt sieht man, dass die ockerfarbenen Flecken keine Erde der Schmutz sind (Stein wurde gründlich gereinigt), sondern sich auch im Innernen des Steines wiederfinden. Neben diesen ockerfarbenen Einschlüssen finden sich im Inneren noch hellgraue Einschlüsse.
Der Stein ist etwa 27mm lang und einigermaßen magnetisch (etwa so stark, wie man es von einem L-Chondriten erwarten würde).

Was für ein Gestein könnten diese beiden Wrongs sein?

Danke für Eure Mithilfe!
Christian

Offline Murchison´s friend

  • Foren-Meister
  • *
  • Beiträge: 2488
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #1 am: April 19, 2016, 15:36:51 Nachmittag »
Lieber Christian,

sehr hübsche Regmalypten !!!  :prostbier:
Ansonsten meine Diagnose :  :nixweiss:

LG,
Michael
Murchison`s friend ist für alles Neue offen - besonders um Meteorite zu finden !

Offline lithoraptor

  • Foren-Guru
  • *
  • Beiträge: 4162
  • Der HOBA und ich...
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #2 am: April 19, 2016, 15:52:32 Nachmittag »
Moin!

Wrong 1 sieht mir fossil aus (etwa fossiles Holz mit Teredogängen, Wühlgänge irgendwelcher Organismen oder Rhizolithe - selbst eine Koralle könnte ich nicht ausschließen). Kann mich da dem Bild nach nicht festlegen und weiß auch zu wenig über das Material, was dort unten vorkommen kann. Wie reagiert das Gestein denn auf Säure?

Wrong 2 lässt sich so nicht bestimmen. Da bräuchten wir 'nen frischen Bruch, sonst sieht man nur schwarz. :einaugeblinzel:

Gruß

Ingo

Offline Chrisl

  • Rat
  • ****
  • Beiträge: 184
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #3 am: April 19, 2016, 16:16:05 Nachmittag »
Einmal frische Bruchfläche: bitteschön!

Zum Wrong 1: Reagiert nicht bei Säurekontakt (Durgol Kalkentferner - was anderes hatte ich auf die Schnelle nicht da).

Offline Buchit

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1097
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #4 am: April 19, 2016, 19:00:05 Nachmittag »
UM CHRISTI BARMHERZIGKEIT WILLEN: HEB' DEN ERSTEN "WRONG" AUF!

Es könnte/dürfte sich dabei um etwas recht Seltenes handeln, nämlich ein Stück verkieseltes Palmen"holz" (Palmoxylon). Kieselhölzer kommen - mal mehr, mal weniger häufig - im ganzen Bereich der bayrischen Oberen Süßwassermolasse (oder umgelagerten Schichten aus diesem Bereich) vor. Das meiste sind Angiospermenhölzer (vulgo: Laubbäume), und nur etwa ein Zehntausendstel aller Funde entfällt auf Palmen"holz". Palmen, als einkeimblättrige Pflanzen, haben kein echtes Holz (also Gewebe aus sekundärem Dickenwachstum), sondern diese recht typische Struktur von Leitbündeln innerhalb eines Parenchymgewebes, die man an Deinem Stück sehr gut erkennt.

Wie immer gilt: Irrtum nicht ausgeschlossen (dazu müsste ich das Stück in der Hand halten und vielleicht sogar einen Dünnschliff davon sehen); auch die Korallen oder das Holz mit Bohrgängen sind denkbare Alternativen; aber sie kommen mir unwahrscheinlich vor.

Gruß,
Holger

P.S. Gerade sehe ich auf dem zweiten Bild das typische Phänomen der "canaliculatus"-Erhaltung: Die Leitbündel setzen der Verwitterung weniger Widerstand entgegen als das Parenchymgewebe und verwittern daher früher und hinterlassen diese typischen Hohlräume.
« Letzte Änderung: April 19, 2016, 19:17:31 Nachmittag von Buchit »

Offline Buchit

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1097
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #5 am: April 19, 2016, 19:06:42 Nachmittag »
Ach ja, Nummer zwei:

Nochmal etwas Interessantes, wenn auch weniger selten: Ich kenne ähnliche Stücke von der Isar. Das dürfte ein Serpentinit sein, der aus einem sehr grobkörnigen, ultramafischen Gestein hervorgegangen ist. Fast purer Asbest! Mit ein paar Adern von Magnetit und (den rötlichen Flecken) Bastit.

Auch hier nochmal: Irrtum nicht ausgeschlossen :hut:

Gruß,
Holger

Offline Chrisl

  • Rat
  • ****
  • Beiträge: 184
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #6 am: April 19, 2016, 19:25:10 Nachmittag »
Ähm, das mit dem Asbest schreckt mich jetzt ein wenig....!  :eek:

Hatte ich doch vorhin mit dem Dremel und der Diamantscheibe das Stückchen auseinandergeschnitten....
War zwar im Freien, aber gestaubt hat's trotzdem.

Auf Wikipedia steht: "Bei Chrysotil-führenden Serpentiniten besteht bei der Verarbeitung akute Asbestgefahr"
Heißt das, bei den anderen Serpentiniten besteht keine Gefahr?

Was nun?
Christian


Offline Buchit

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1097
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #7 am: April 19, 2016, 19:32:42 Nachmittag »
Hallo Christian,

zunächst: Keep cool. Ich habe solche Proben auch schon geschnitten (schön: unter Wasserkühlung und mit Atemmaske) und später geschliffen und dabei auch Abrieb erzeugt. Sooo schnell geht's nicht mit dem Lungenkrebs - aber mach's nicht wieder :fingerzeig:.

Die Cancerogenität von Asbest wird in der Tat unter anderem von speziellen, in der Probe vorhandenen Asbestmineralien bestimmt, wobei Chrysotil tatsächlich aus der Küche des Teufels stammt, Antigorit ist harmloser. Und wenn meine Diagnose stimmt, dann besteht das Stück nur zur Hälfte aus Chrysotil... :laughing: - das zeigen zumindest die Dünnschliffe meiner Fundstücke.

Wenn der Stein Dir trotzdem unheimlich ist und Du ihn loswerden willst, laß' es mich wissen :fluester:

Gruß,
Holger

Offline lithoraptor

  • Foren-Guru
  • *
  • Beiträge: 4162
  • Der HOBA und ich...
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #8 am: April 19, 2016, 19:35:11 Nachmittag »
Moin Holger!

Wie immer gilt: Irrtum nicht ausgeschlossen (dazu müsste ich das Stück in der Hand halten und vielleicht sogar einen Dünnschliff davon sehen); auch die Korallen oder das Holz mit Bohrgängen sind denkbare Alternativen; aber sie kommen mir unwahrscheinlich vor.

Sicher ausschließen konnte ich es an Hand der Bilder auch nicht. Daher habe ich ja verschiedene Möglichkeiten aufgezählt. An die Möglichkeit von Leitbündeln hatte ich aber gar nicht gedacht, obwohl ich ähnliches Material in der Sammlung habe. :bid: Ich denke, dass Du mit deiner Ansprache hier völlig richtig liegst. Bohrgänge sehen etwas anders aus (gerade im Bruch) und wären auch nicht so regelmäßig verteilt. Koralle hielt ich auch eher für unwahrscheinlich.

Gruß

Ingo 

Offline Thin Section

  • Foren-Guru
  • *
  • Beiträge: 4192
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #9 am: April 19, 2016, 19:50:58 Nachmittag »
zunächst: Keep cool.

Genau! In meiner Kinderzeit (und das ist schon locker 60 Jahre her  :einaugeblinzel:), als man von der Gefahr, die von Asbest ausgeht, noch nichts wusste, spielten wir im Lager des Betriebs meines Vaters auf großen, gestapelten Asbestplatten.

Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline Victoria2

  • Rat
  • ****
  • Beiträge: 184
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #10 am: April 19, 2016, 20:32:14 Nachmittag »
Hallo
könnte der vermeintliche Palmenrest auch ein Schwammrest sein?
Meiner Meinung nach müssten bei einer Palme die Leitbündel dichter aneinander liegen.
Ich hänge mal Fotos eines Schwammrestes an.

Offline Victoria2

  • Rat
  • ****
  • Beiträge: 184
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #11 am: April 19, 2016, 20:34:40 Nachmittag »
und ein Palmenquerschnitt

Offline Buchit

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1097
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #12 am: April 19, 2016, 21:07:22 Nachmittag »
Hallo Victoria,

ein Schwamm ist eine denkbare Alternative - aber kommt mir aus zwei Gründen unwahrscheinlich vor:

1.) Der geologische Hintergrund des Fundgebiets. Wir sind mitten in der Molasse (und diversen jüngeren Ablagerungen, wie Flussterrassen, die diese Gesteine aufgearbeitet haben). Schwämme sind mir (bisher) aus diesem Komplex unbekannt. Die nächsten Fundstellen für verkieselte Schwämme dürften in Schichten der Jura- oder Kreidezeit der südlichen Frankenalb liegen - also deutlich weiter nördlich. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass ein verkieselter Schwamm aus diesen Schichten - etwa durch Transport in einem Fließgewässer - weiter von seinem ursprünglichen Fundgebiet verfrachtet wurde; aber Palmoxylon scheint mir da die näherliegende Option zu sein.
2.) Fossile Palmen haben die Paläobotaniker schon buchstäblich "auf die Palme" gebracht, und zwar deswegen, weil die Strukturen (u.a. auch die Häufigkeit der Leitbündel auf der Querschnittsfläche) leider keine richtige Systematik erkennen lassen. Daher ist eine Bestimmung der Arten schwer bis gar nicht möglich. Aber dieses Merkmale sind variabel; daher würde ich allein aus der Häufigkeitsverteilung hier keine weitergehenden Rückschlüsse ziehen.

Eine letztgültige Entscheidung könnte nur getroffen werden, wenn das Stück a) strukturbietend erhalten ist und b) ein Dünnschliff zur Verfügung steht. Wären diese Strukturen verfüllte Kanäle eines Schwammes, würden sie im mikroskopischen Bild keine feineren Details erkennen lassen; bei Palmen"holz" ist dagegen mit Glück jede einzelne Zelle zu erkennen. (Ich versuche mal, morgen im Laufe des Tages ein paar Mikrofotos einzustellen.)

Gruß,
Holger

Offline Victoria2

  • Rat
  • ****
  • Beiträge: 184
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #13 am: April 19, 2016, 21:13:04 Nachmittag »
Ich kenne die Geologie des Fundgebietes nicht, es war nur ein spontaner Gedanke als ich das obige Stück sah und ich so etwas ähnliches in meinen "Beständen" hab. Nämlich diesen besagten Schwamm.

Gruß und schönen Abend
Bernd J./ Niederlausitz

Offline Buchit

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1097
Re: 2x Meteowrongs Stubenberg - Was ist das tatsächlich?
« Antwort #14 am: April 20, 2016, 07:35:17 Vormittag »
Hallo,

wie angekündigt, hier mal ein paar Dünnschliffbilder von verkieseltem Palmen"holz".

Leider beeinträchtigen die natürlichen Abbauprozesse oft die Strukturerhaltung. Normalerweise bestehen die Leitbündel aus einem großen Anteil Sklerenchymgewebe ("Stützgewebe") aus dick verholzten Zellen mit engem Lumen und einem kleineren Teil, der tatsächlich etwas "leitet" (Wasser, Pflanzensäfte: dieser Teil besteht aus großlumigen Zellen). Bei meinem Stück ist dieser letzte Teil vor oder während der Fossilation meist kollabiert, so dass die "Leitbündel" nichts mehr leiten - bei einigen sind sie aber noch gut zu erkennen, ebenso wie die umliegenden Parenchymzellen.

Gruß,
Holger

 

   Impressum --- Datenschutzerklärung