Autor Thema: Konkretion in einem Sandstein  (Gelesen 6384 mal)

Offline karlov

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Konkretion in einem Sandstein
« am: Juni 15, 2017, 11:02:18 Vormittag »
Moin,
vielleicht kann jemand was zur Genese dieser Sandsteinkonkretion sagen? Vielleicht kennt jemand solche Bildungen?
Das Stück stammt aus der Kiesgrube Teschendorf bei Oranienburg/Brandenburg.
Eine erste vage Vermutung ging in die Richtung Fulgurit, wäre natürlich eine kleine Sensation gewesen, ein "Blitzgestein" im Geschiebe zu finden. Es fehlt aber die Blitzröhren charakterisierende Röhrenform. Weiterhin sind die Quarzkörner auch in der grauen, glasartig wirkenden Masse noch intakt. Die Vermutung "Fulgurit" fällt also erstmal unter den Tisch. Aber wie könnte diese Konkretion (so die neue Vermutung) entstanden sein?
Bloß eine Apophyse einer lokalen Verkieselung, z.B. durch Tuffschichten im Hangenden? Die Gesteinsmasse innerhalb der Konkretion besteht lediglich aus grauem, dichten Material, in der die gerundeten Quarzkörner des umgebenen Sandsteins annähernd genauso dicht gepackt sind.

Grüße,
karlov

Offline karlov

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #1 am: Juni 15, 2017, 11:07:02 Vormittag »
Hier das Detailbild der seitlichen kleinen Bruchfläche.

Offline Buchit

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #2 am: Juni 15, 2017, 17:32:37 Nachmittag »
Hallo Karlov, :hut:

Fulgurite müssen nicht unbedingt immer röhrenförmig sein - sie sind aber doch meistens (also die Exemplare, die ich gesehen habe) blasiger und deutlich weniger dicht gepackt. Einschränkend muss ich sagen: Was ich kenne, stammt alles aus der Sahara, ist also aus losem und wahrscheinlich recht trockenem Sand entstanden. Von anderen Fundorten kenne ich nichts. Was dafür sprechen könnte, ist die Farbe im Innern, die mich sehr an geschmolzenen Sand erinnert (der wird häufig dunkel).

Und eine lokale Einkieselung könnte natürlich immer eine Erklärung sein; diese Gebilde nehmen ja die verrücktesten Formen an.

Am Ende könnte wohl nur eine mikroskopische Untersuchung Klarheit bringen...

Gruß,
Holger


Offline karlov

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #3 am: Juni 17, 2017, 13:16:49 Nachmittag »
Hallo Holger,  :hut:

Vielen Dank für Deine Einschätzung. Verkieselung geht immer und ist wohl auch die wahrscheinlichere Variante. Diese graue Masse hat einen stumpfen Glanz. Ein Hinweis auf Gesteinsglas müßte doch dann auch ein glasartiger Glanz sein. Auch eine irgendwie geartete Blasigkeit ist nicht zu beobachten, die graue Masse ist kompakt und dicht.

Grüße,
karlov

Offline lithoraptor

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #4 am: Juni 20, 2017, 23:36:09 Nachmittag »
Moin!

Gibt schon eine Reihe sehr merkwürdiger Gebilde in Sanden. Fühle mich bei dem Stück sehr an die konkretionären "Sandzapfen"/Zapfensande etwa von Ochsenhausen erinnert. Wenn man den Chemismus der Bildung näher kommen möchte, wird man um einen Dünnschliff wohl nicht rumkommen.

Gruß

Ingo

Offline Buchit

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #5 am: Juni 21, 2017, 07:00:59 Vormittag »
Hallo Karlov,
Diese graue Masse hat einen stumpfen Glanz. Ein Hinweis auf Gesteinsglas müßte doch dann auch ein glasartiger Glanz sein.
das würde ich so nicht sagen. Gesteinsgläser finde ich eines der faszinierendsten natürlichen Bildungen, und so habe ich davon einige gesammelt. In Kurzfassung: Der reine Glasglanz tritt eigentlich nur dort auf, wo das Glas erstens "frisch" ist und zweitens einen nicht unerheblichen Anteil des Gesteins ausmacht. Also etwa bei nicht alteriertem Obsidian, libyschem Wüstenglas, und dergleichen mehr.
Schon die Verwitterung der Oberfläche stumpft den Glanz ab (wieder libysches Wüstenglas als ein hier im Forum weithin bekanntes Beispiel). Ebenso die Alteration (wenn etwa aus Obsidian Pechstein wird).
Und wenn der Glasanteil im Gestein nur gering ist, dann wird der Glanz ebenfalls rasch stumpf (hier kann man an Limburgite - also glasreiche Basalte -, aber auch an Buchite :laughing: , also teilweise geschmolzene Gesteine, denken).
Und kataklastische Gläser (Pseudotachyite) kenne ich eigentlich nur stumpf - die stecken nämlich so voller Mikrolithe, dass man das Glas nicht mal unter dem Mikroskop sieht...
Natürlich kann auch ein frisch gebrochener, quarzitisch gebundener Sandstein oder anderes sedimentäres quarzitisches Material (Kieselschiefer etwa) einen gewissen Glanz aufweisen, wenn er/es sehr dicht eingekieselt ist.

Last not least noch ein Literaturzitat zu Fulguriten: "Terminations of fulgurites vary from glassy, bulbous-like enlargements to an aggregate of loosely cemented partially fused sand grains." (R. Grapes, Pyrometamorphism, Springer, Berlin 2006, S. 28)

Gruß,
Holger

Offline karlov

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #6 am: Juni 21, 2017, 23:27:01 Nachmittag »
Moin Ingo, moin Holger,

zum Chemismus kann ich nur ergänzen, weil ich es eingangs nicht erwähnt hatte, dass sich mit Salzsäure gar nichts tut. Die "Zapfensande" scheinen calcitgebundene Konkretionen zu sein. Nun kann man sich natürlich Ähnliches als Verkieselung vorstellen.

Meine Bemerkung zum Gesteinsglas war zu kurz gedacht. So mancher Rhyolith ab Perm dürfte einen gewissen Glasanteil haben, ohne dass man sich drin spiegeln kann  :smile: Ebenso eozäne Basalt-Tuffite. Es kommt, wie Du sagst, auf den Anteil an. Gewisser Glasanteil in Vulkaniten (natürlich nicht in Kieselschiefern) ist manchmal schon am Glasglanz zu sehen, der Umkehrschluß nicht statthaft.

Also der Fulgurit ist noch nicht raus aus dem Rennen, denn die bulbous-like enlargements oder wulstigen Abzweigungen sind schon auffällig. Wer mag jetzt einen Dünnschliff machen?

Grüße,
karlov




Offline Buchit

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #7 am: Juni 22, 2017, 06:26:08 Vormittag »
Hallo Karlov,  :hut:

wenn Du mir eine "Scheiblette" von dem Stück (oder besser zwei :einaugeblinzel: - als Sicherheitsreserve, wenn mit der ersten beim Schleifen etwas schiefgeht) schicken kannst, mache ich das. Gerne die Details per PM.

Gruß,
Holger

Offline lithoraptor

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #8 am: Juni 22, 2017, 23:57:22 Nachmittag »
Moin!

zum Chemismus kann ich nur ergänzen, weil ich es eingangs nicht erwähnt hatte, dass sich mit Salzsäure gar nichts tut. Die "Zapfensande" scheinen calcitgebundene Konkretionen zu sein. Nun kann man sich natürlich Ähnliches als Verkieselung vorstellen.

Zumindest theoretisch wären auch Dolomit, Gips und Baryt denkbar. Aber wenn Holger was davon in die Finger bekommt, dann wissen wir es bald genauer.

Gruß

Ingo

Offline Pinchacus

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #9 am: Juni 23, 2017, 09:13:06 Vormittag »
Hallo,

wenn das Stück aus dem nordischen Geschiebe stammt, ist der Stein recht wahrscheinlich Material aus der Basis des coniacen "Arnager Quarzits", bei dem Material über einen Grabbau in den etwas jüngeren Arnagerkalk reinreichen kann.

Alternativ könnte es auch ein verkieselter Bereich aus dem cenomanen Glaukonitsandstein sein, aber um das sicher einschätzen zu können müsste man farbechte Bilder haben oder das Stück selber in den Händen halten.

Besten Gruß

Johannes

PS: Einen potentiellen Schliff könnte man mit den Schliffen aus dem "Hadding" vergleichen (m.M nach aber zuviel Aufwand für das Stück). Ich weiß nicht genau ob da das Bornholmer Material mit in den Hadding-Bänden enthalten ist, aber es gibt ähnliches Material wahrscheinlich auch in Bohrungen aus Schonen.
So lange Fiktionsapparaturen latente Illusionen nicht manifestieren können, ist eine Realisation des Illusionären latent Fiktiv!

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Offline karlov

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #10 am: Juni 26, 2017, 12:34:07 Nachmittag »
Hallo Johannes,

an der Grenze Arnager Quarzit/Arnager Kalk müßte doch Calcit nachweisbar sein. Dies ist nicht der Fall. Aber ein Grabgang ist natürlich eine der wahrscheinlicheren Entstehungsmöglichkeiten, wenn es schon keine Konkretion oder gar etwas Exotisches ist. Welche Organismen erzeugen solche wulstigen Bauten mit seitlichen Erweiterungen und Abzweigungen?
Das Foto ist so farbecht, wie es mit meinen Mitteln möglich ist. Die gelbliche Farbe ist eher auf Eisenverbindungen zurückzuführen denn auf Glaukonit, da beim Beträufeln mit verdünnter HCl eine rasche, vollständige Entfärbung der Sandsteinpartie erfolgt. Allerdings ist mir jetzt aufgefallen, dass die kleinen schwarzen "Detritusminerale" auch Phosphorit sein könnten, da sie unregelmäßige Formen aufweisen und glasartig glänzen. Schulz 2003 beschreibt ein 0,30 m mächtiges Konglomerat mit Phosphoriten und Grabgängen als Basis des Coniac, im Hangenden der turonischen Regression.

Viele Grüße,
karlov

Offline Pinchacus

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #11 am: Juni 26, 2017, 20:45:00 Nachmittag »
Hallo karlov,

Calzit muss nicht mehr zwingend da sein, da das Stück ja nicht mehr frisch aus der Wand kommt. Arnagerkalk ist sehr mergelig und im Geschiebe daher nicht sehr häufig, da ist es nicht unwahrscheinlich, dass das Liegende des "Arnager Quarzits" vollständig weggewittert ist. Phosphoritkrümel kommen übrigens in beiden ab und an vor.
Das von Schulz 2003 erwähnte Konglomerat (wenn wir dieselbe Arbeit meinen) wird leider nicht beschrieben (im geowissenschaftlichen Sinn), sondern nur benannt. Daher kann man evtl. aus dieser Schicht stammende Gestein-Funde nicht verifizieren, es sein denn man hat darin entsprechende Indexfossilien. Das ist bei Deinem Stück zumindest auf den Bildern nicht der Fall (?), daher ist das benannte Konglomerat als Bestimmung eher ein "wild guess".

Wenn Du es nach einem Dünnschliff, wenn keine Mikrofossilien die Du bestimmen kannst sichtbar sind, weiter eingernzen möchtest, solltest Du die Hadding-Bände II, III und IV durcharbeiten, die Arbeiten von Schulz sind da nicht zu empfehlen.



Zum Erzeuger kann man viel rätseln, solange er nicht tot darinnen liegt. Der selbe Erzeuger kann verschiedene Spuren machen, aber auch unterschiedliche Erzeger die selbe Spur. Daher hat sich bei der "Spurenfossilkunde" eine Parataxononie etabliert, die den Spurentyp, aber nicht den Erzeuger benennt. Hier in diesem Fall kann Pholeus (siehe z.B. Seilacher 2007, p. 55, Taf. li.u.) oder ein Bruchstück von Thalassinoides vorliegen. Oder eine unspezifische/atypische Spur.

Die Diagenese kann hier ähnlich einer Konkretionsbildung abgelaufen sein. Die weiter oben erwähnten "exotischeren" Ideen würde ich ausschließen wollen.

Besten Gruß

Johannes

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Offline karlov

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #12 am: Juni 28, 2017, 00:49:14 Vormittag »
Moin Johannes,

nein, Fossilien sind nicht enthalten. Mit Schulz 2003 meine ich den "Geologischen Führer für den norddeutschen Geschiebesammler", und in der Tat steht nicht viel zum "Arnager Quarzit" drin, nicht mal der Name fällt. Die Bestimmung von Mikrofossilien im Dünnschliff müßte ich Holger überlassen, ich habe davon überhaupt keine Ahnung.
Aber ich denke, wir haben mit Deiner Einschätzung etwas Licht ins Dunkel gebracht, Oberkreide-Sandstein ist die vernünftigste Möglichkeit, ob Coniac, Turon oder Cenoman möge zunächst offen bleiben. Bin gespannt, was der Dünnschliff ergibt.

Viele Grüße,
karlov

Offline Steinpilz

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #13 am: Juli 01, 2017, 21:05:13 Nachmittag »
Ich bin natürlich nur Laie, aber ich glaube Johannes könnte richtig liegen. Schaut mal hier:

https://sammlung-online.stadtmuseum.de/Details/Index/481055

 :winke:

Offline speul

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Re: Konkretion in einem Sandstein
« Antwort #14 am: Juli 01, 2017, 22:18:06 Nachmittag »
Moin,
da das Rätsel nicht so schnell zu lösen ist, will ich auch mal meinen Senf dazu beitragen.
Bin zuvörderst in die Tiefen meiner Sammlung eingetaucht und habe auch Material der besagten Grabgänge aus dem Anagerkliff in Bornholm zu Tage gefördert.
Erster Eindruck: sieht ähnlich aus
zweiter Eindruck: zumindest mein Material ist kalkig und sprudelt mit HCl ohne Ende, des Weiteren sind in den ganzen Grabgängen homogen Phosphorit verteilt, selbiger auch an zwei Stücken in cm großen Gebilden, sonst in Sandgröße, dazu Quarz, Glaukonit und ein rötliches Mineral, Turmalin-artig. Die Gänge sind aber homogen, keine Verdichtungen, Verfärbungen, Einkieselungen oder so nach der Mitte hin. Also nach dem mir vorliegenden Material erscheint mir diese Erklärung nicht treffend zu sein.
Ein Bild davon ganz auf die Schnelle, aber das wichtigste ist zu erkennen
Grüße
speul
Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten

 

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