Autor Thema: Zusammenhang Enstatite/Aubrite  (Gelesen 2949 mal)

Offline aknoefel

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Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« am: Juni 11, 2008, 06:32:23 Vormittag »
Weil ich immer gerne wissen möchte, was ich so für Stücke habe, habe ich mir mal die Informationen zu meinem NWA2965 zusammengesucht. Nun bin ich allerdings ratlos, weil ich in der MB-Datenbank folgenden Eintrag zu Al Haggounia 001 gefunden habe:

Zitat
Classification: Achondrite (aubrite); extensive weathering. Similar to and likely paired with NWA 002, 1067, 2736, 2828, 2965.

Soweit sogut, aber nur NWA2736 und 2828 sind als Aubrite eingestuft, die anderen, unter anderem auch meiner, dagegen als Enstatite (EL6/7). Nun gehören ja die Enstatite zu den undifferenzierten und die Aubrite zu den differenzierten Meteoriten - weshalb gelten sie dann als gepairt?

Gruß
  André
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Offline aknoefel

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Re: Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« Antwort #1 am: Juni 11, 2008, 09:50:31 Vormittag »
Ahh, gerade was gelernt. Demnach ist es wohl, wenn ich das richtig verstehe, durchaus möglich, das Enstatite zu Aubriten gepairt werden könnten.
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Re: Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« Antwort #2 am: Juni 11, 2008, 14:09:51 Nachmittag »
Iwo André,

Aubrite und Enstatit-Chondrite sind zwei vollkommen verschiedene Paar Stiefel!
Und können auf keinen Fall gepairt werden.

Die betreffenden Nummern, das war hier ein Sonder- und Unfall, die gehören nämlich zu dem Al Haggouina.
Al Haggouina ist ja einer der größten Steinfunde überhaupt - nur leider ist das Material selbst total verwittert und kaputt,
dermaßen hinüber, daß er zurecht seinen Namen als "Paleo-Meteorit" trägt, er ist weitenteils chemisch verändert durch die Verwitterung und es geht ja soweit, daß es eigentlich kein reiner Meteorit ist, sondern mittlerweile ein Konglomerat in dem auch der umgebende Sandstein mit verbacken ist.
Nun hat man das Problem, daß der so verrottet ist, daß man nicht mehr viel erkennen kann, in den Stücken.
Da nun Aubrite und E-Chondrite ja beide hptsl. aus Enstatit bestehen, die Klassifikatöre aber mit vollkommen kaputten Stücken arbeiten mußten, in denen sich keine Chondren mehr befanden, hattens zunächst eben Aubrite drausgemacht.
Später tauchten dann noch etwas besser erhaltene Stücke auf, in denen sich noch ein paar Reste von Chondren erhalten hatten - damit war die Sache klar, daß es ein EL-Chondrit war, und demenstprechend wurden die Klassifikationen revidiert.

Leider hat man nun das Problem, daß das ein Massenfund war und der seinen Weg zu vielen Klassifikateuren gefunden hat.
Zwar ist man sich längst einig, daß El-Haggouina ein Enstatit-Chondrit ist, allein es gibt da einen französischen Klassifikatör, der schon früher durch seine, ums höflich auszudrücken, "enthusiastischen" Klassifikationen aufgefallen ist, zugleich aber über ein - naja - starkes Selbstbewußtsein verfügt - bspw veröffentlichte er Papers, in denen er seiner Ansicht nach zweifelsfrei bewiesen hatte, daß alle Angrite von der Venus stammen oder neuerer Fall, den NWA 4734 Mond-Basalt, hatte er fälschlich zunächst als Monzodiorit und danach als Monzogabbro klassifiziert, was unhaltbar war,
und der besteht bis heute darauf, daß er sich selbstverständlich nicht geirrt habe, daß El-Hagg und die Nummern, die er in die Finger bekommen hat, Aubrite seien, und daß alle anderen, die etwas anderes behaupten, von der Materie keine Ahnung hätten.
Daher kursiert El Hagg bzw. ein paar Nummern von ihm, immer noch gelegentlich als Aubrit, und zusätzlich versuchen natürlich einige wenige Verkäufer, Leute, die den Fall nicht gut kennen, bisserl übern Tisch zu ziehen, in demse das Zeug weiterhin als Aubrit anbieten.

Wie mans richtig macht und was von gebührender Reife im Ggs zum Franzosen zeugt,
das siehst hier, wo in einer Extra-Veröffentlichung die amerikanischen Klassifikateure, den Fall erklären und ihre früheren Klassifikationen, die durch die neueren Ergebnisse sich als unrichtig herausgestellt hatten, revidieren:

http://www4.nau.edu/meteorite/Meteorite/Al_Haggounia.html

 :prostbier:
Martin
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Offline aknoefel

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Re: Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« Antwort #3 am: Juni 11, 2008, 14:25:55 Nachmittag »
Danke Martin, ein spannendes Paper! Also darf ich mein label jetzt neu schreiben und aus dem EL6/7 ein EL3 machen...

Gruß
  André
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Re: Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« Antwort #4 am: Juni 11, 2008, 16:49:12 Nachmittag »
Exakt.
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Offline aknoefel

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Re: Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« Antwort #5 am: Juni 11, 2008, 22:28:25 Nachmittag »
Habe gerade erfahren das ich eínen ziemlich großen Haufen Al Haggouina habe  :gruebel:  Das Kilo Meteorite, das ich mal gekauft habe, besteht wohl hauptsächlich aus Al Haggouina - Stücken...

Gruß
  Andre
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Re: Zusammenhang Enstatite/Aubrite
« Antwort #6 am: Juni 12, 2008, 01:53:00 Vormittag »
Nicht weiter verwunderlich, André, da El Haggouina ein Tonnenfund ist.
Das war ja seinerzeit auch mit NWA 869 so, das zwo Drittel oder mehr aller unklassifizierten Chondrite NWA 869 war.
Zeigt eben, wie wenig Material es überhaupt gibt, selbst beim Gleisschotter und beweist, daß im Wüstenwunderland eben nicht diverse Tausende Dunkleziffertonnen herumgeistern, wie es sich so manch Sammler anhand der vermeintlichen Nummernflut vorstellt.

 :prostbier:
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