Moin!
Hier ein Bericht über meine Suche im Streufeld des Asteroiden 2024 BX1, dessen Meteoriten nun den Namen Ribbeck tragen. Ich möchte mich ausdrücklich für das späte Erscheinen dieses Suchberichts entschuldigen. Warum er so spät kommt wird evtl. aus dem Text selbst ersichtlich, an dem ich auch schon eine Weile tüftle. Daneben sei gesagt, dass ich selbstverständlich auch ein Leben neben den Meteoriten habe, dem ich auch Rechnung tragen muss(te). Evtl. findet sich der eine oder andere Sucher in dem Geschreibsel irgendwo selbst wieder oder ein leichtes Schmunzeln kommt über eure Mundwinkel. Wenn dem so sein sollte, dann habe ich mein Ziel erreicht. Ich wünsche Euch auf jeden Fall viel Spaß beim Lesen...
Als ich am Sonntag, den 21.01.24 von einem möglichen Meteoritenfall im Brandenburgischen westlich von Berlin hörte, streckte ich sofort meine Fühler aus und versuchte möglichst vielen Informationen darüber habhaft zu werden. Immerhin lag dieser Bereich in meiner Schlagdistanz und das kommt ja nun auch nicht so häufig vor. Ich erkundigte mich auch bei unserem Forumsmitglied Dirk, ob er bereits im Fallgebiet sei, denn schließlich wohnte er ein ganzes Stück näher dran. Ich fragte auch, ob bei ihm ggf. eine Übernachtung möglich wäre.
Was soll ich sagen, als ich daheim verkündete, dass ich wieder darüber nachdenken würde, auf Meteoritensuche zu gehen, wurde ich sofort für bekloppt gehalten (mal wieder, denn bei Elmshorn war das nicht anders). Nun, von solchen Meinungen lasse ich mich gewöhnlich nicht abhalten und begann erste Vorbereitungen für eine Reise zu treffen. Auch meinen Lieben daheim wurde dann irgendwann bewusst, dass man mich nicht aufhalten können würde und so wurde EINE Suchtour „genehmigt“.
Klar war zunächst, dass das Material sehr schnell angefangen hatte zu fragmentieren (Hauptphase wohl bei etwa 34 km) und dies auch bis in den Dunkelflug hinein weiter getan hat. Das sprach für sehr fragiles Material und viele Meteorite am Boden (und somit für gute Chancen etwas zu finden). Sofort hatte ich einen Fall wie Tagish Lake im Kopf und bereitete mich innerlich auf etwas Kohliges vor, dass in vielen Fragmenten gefunden werden würde – wie man sich doch täuschen kann.
In der Zeit vor dem Fall, war es sehr kalt und der gefallene Schnee blieb lange liegen bzw. wandelte sich in Firn und Eis. So war die Überlegung nahe liegend, dass gefallene Meteorite nach dem Tauen sanft auf der Bodenoberfläche abgelegt wurden und so eher auf Gras und Laub zu liegen gekommen sind als irgendwo dazwischen. Das erhöhte die Chancen auf einen Fund zusätzlich. Mit wachsender Spannung verfolgte ich die immer präziser werdenden Berechnungen von Pavel Spurný und seinen Kollegen am 22. + 23. Januar. Alternativ dazu hatte ich noch weitere Erkundigungen und Berechnungen eingeholt. Parallel haben Dirk und ich beschlossen am Mittwoch den 24.01. gemeinsam ins Streufeld zu fahren und nach Meteoriten zu suchen. Übernachtung(en) bei Dirk ging(en) auch klar, wofür ich mich an dieser Stelle nochmals herzlich bedanken möchte.
Gesagt, getan! Am Dienstagabend schlug ich bei Dirk auf. Wir diskutierten Strategien und Orte für unsere erste gemeinsame Suche seit Geislingen (…, wo ja bekanntlich keine Meteoriten gefunden wurden). Das Suchgebiet stellte sich uns grob in drei Geländetypen dar: Felder und Weiden, Wald bzw. Forst sowie Bereiche, die ich als ländlich-urban bezeichnen möchte. Die Felder direkt südlich von Ribbeck schienen uns optimal um unsere Suche zu beginnen und so beschlossen wir früh loszufahren und dort unser Glück zu versuchen.
Einschub:
Zu den Feldern im Fallgebiet möchte ich an dieser Stelle ein paar Worte verlieren, denn sie sind fast alle bestellt. Hauptsächlich wachsen dort aktuell Winterraps und ?Wintergerste?, wobei die Pflanzen je nach Feld unterschiedlich weit entwickelt sind. Ich habe über die Tage im Suchgebiet mit mehreren Sammlern über das Für und Wider gesprochen diese Felder zu betreten und sehr viele unterschiedliche Meinungen dazu gehört und auch sehr viele unterschiedliche Verhaltensweisen von Suchen auf diesen gesehen. Ich persönlich muss gestehen, dass ich echte Skrupel hatte, bestellte Felder zu betreten und so habe ich für mich festgelegt, dass ich nur brachliegende Flächen, Stoppelfelder und solche bestellten Felder systematisch absuche, wo es mir möglich ist, zwischen die Pflanzen zu treten. Letzteres ging beim Winterraps teilweise recht gut – bei der Wintergerste war es unmöglich. Nun bin ich mir bei der Wintergerste nicht sicher, wie groß der Schaden beim Tritt auf eine Pflanze wirklich ist, für den Winterraps schien mir ein Tritt in das Pflanzenherz aber vernichtend zu sein, was die Pflanzen dann auch mit einem saftigen Knacken quittiert haben. Klar gesagt: Ich konnte gut verstehen, dass einige Landwirte wütend wurden, wenn sie ganze Suchteams oder/und dutzende von Einzelpersonen gesehen haben, die – oft ohne Rücksicht auf Verluste - quer durchs Grünzeug geholzt sind, so dass die Fetzen flogen. Dass man als Landmann dann die Polizei ruft, um die Sammler vom Feld zu pfeifen, ist mir ebenso verständlich. Ich möchte aber auch sagen, dass ich viele Sammler gesehen habe, die eben genau das nicht getan haben und eine gewisse Vorsicht beim Betreten der Felder haben walten lassen.
Insgesamt, so mein Eindruck, war man uns Sammlern gegenüber aber sehr positiv gestimmt und ich habe bei mehreren Gelegenheiten erlebt, wie interessiert und neugierig die Leute auf uns Sammler, unser Tun und die Meteoriten waren. Das gilt auch für die Landwirte selbst, mit denen man durchaus reden konnte, wenn man ihnen ruhig und vernünftig entgegentrat – auch dann, wenn sie auf 180 waren.
Einschub: Die Psychologie der Meteoriten-Suche
Es fasziniert mich immer wieder zu sehen oder besser zu erleben, wie sich eine Meteoriten-Suche auf den eigenen Kopf auswirkt. Das liegt vor allem darin begründet, dass die Met-Suche völlig anders ist, als die Suche nach Mineralien oder Fossilien, wie ich sie sonst unternehme. Jede Suche nach irdischen Geofakten verläuft im Grunde recht ähnlich; man geht raus, man sucht und man findet. Natürlich findet man nicht immer das besondere Stück oder gar das Traumstück. Man kann sehr schlecht bis sehr gut finden, aber irgendetwas findet man eben immer. Als Sammler weiß man ja genau, wo man hinzugehen hat bzw. kann sich an Anzeichen im Gestein bzw. in Feld und Flur wunderbar orientieren, was dann schlussendlich immer irgendwie zielführend ist.
Die Meteoriten-Suche - zumindest die nach einem frischen Fall - ist etwas vollkommen anderes. Hier gibt es keine Anzeichen im Gelände, die einem helfen auf die Spur der kleinen Schwarzkruster zu kommen, die zufällig irgendwo hingefallen sind. Es gilt das ALLES-oder-NICHTS-Prinzip. Das beginnt im Grunde schon damit, dass man als Sucher (zumindest bis zum ersten Fund, der publik gemacht wird) gar nicht weiß, ob die Berechnungen stimmen und ob man überhaupt im richtigen Gebiet sucht. Man hofft zwar, dass alles so stimmt, wie es berechnet wurde, dass man sich einen guten Startpunkt für die Suche ausgesucht hat oder schlicht, dass man gleich etwas findet, aber dennoch sind da immer irgendwelche Zweifel im Kopf. Selbst, wenn dann erste Funde gemacht wurden, man selber aber nichts findet, hat man immer Fragen im Kopf. Sucht man am richtigen Ort? Wäre man nicht ggf. woanders besser dran? Sucht man gerade einen Bereich ab, der bereits von anderen abgesucht wurde? Sollte man lieber bei den kleinen Massen anfangen? Die innere Anspannung und das Kopfkino sind teilweise gewaltig. Wenn man dann Tage ohne Fund durchs Gelände läuft, man schon etwas schlapp oder angeschlagen ist, einem ggf. irgendetwas weh tut, einem zu kalt oder zu warm, das Wetter zu nass oder zu sonnig ist, dann hat das alles Auswirkungen auf die Psyche. Doch letztlich macht man immer weiter, denn NUR DAS ist es, was schlussendlich zielführend sein kann. Meteoriten-Sucher sind im Grunde immer mindestens zweierlei – verrückt und gnadenlos optimistisch!
(Um einen realistischeren Eindruck zu bekommen, werde ich hier und da versuchen Euch meinen Gedanken bei der Suche zu vermitteln. Wenn ihr also so etwas (mG: …..) seht, dann gibt dies etwa das wieder, was mir in dem Moment durch den Kopf ging.)