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Meteoriten => Meteorite => Thema gestartet von: Buchit am Januar 25, 2011, 20:11:19 Nachmittag

Titel: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 25, 2011, 20:11:19 Nachmittag
Hallo Forumsgemeinde :hut:

das folgende Rätsel ist zwar etwas ungewöhnlich :confused:, aber vielleicht macht es ja trotzdem Spaß: Das Dünnschliffbild unten zeigt keinen Meteoriten, sondern einen Meteoritewrong: Ein irdisches Gestein, über welches kürzlich in einem Beitrag dieses Forums diskutiert wurde, weil man es makroskopisch evtl. mit einem Meteoriten verwechseln könnte.

Um was für ein Gestein könnte es sich dabei handeln? :gruebel:

Viel Spaß beim Raten,
Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Thin Section am Januar 25, 2011, 21:07:19 Nachmittag
Hallo Holger und Forum,

Hmmm, …  :gruebel: scheint etwas brekziiertes zu sein. Bei den dunklen Bereichen mit diesen stäbchenförmigen Kristallen (Plagioklas?) hätte ich auf etwas basaltisches getippt. Dann sind da aber wieder in der unteren Bildhälfte am linken und am rechten Bildrand diese zonigen Breiche, die fast an die Bänderung eines Achats denken lassen. Aber Achat und Basalt passt natürlich nicht zusammen. Der schiffchen-förmige Kristall oben in 12 Uhr Richtung (dort, wo ein Riss durch den DS geht) sieht nach einem idiomorphen Pyroxenkristall aus – vermisse allerdings die für Pyroxene deutlichen fast 90° "cleavages", sodaß es eventuell auch ein Olivinkristall sein könnte.

Also, ich sage dann mal, es ist etwas basaltisches.


Bernd  :hut:
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 25, 2011, 21:20:22 Nachmittag
Hallo Bernd.

"basaltisch" geht in die richtige Richtung (wenn Lithoraptor das liest, möge mir verzeihen :weissefahne:, dass das jetzt nomenklatorisch nach den neuesten Regeln nicht richtig ist, aber vom Phänotyp kommt das hin).

Auch das Stichwort "brekziiert" weist in die richtige Richtung. :einaugeblinzel:

Und wie gesagt - es wurde kürzlich über diese Gesteine gesprochen... :fluester:

Gruß, Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: lithoraptor am Januar 25, 2011, 21:21:50 Nachmittag
Moin!

Ich denke da mehr an ein Konglomerat mit porphyrischen ggf. basaltischen Komponenten a la "Digerberg-Konglomerat" oder so. Sehr auffällig und für einen Meteoriten sehr untypisch ist die sehr feine Grundmasse, die kaum großere Kristalle enthält. Die Komponenten sind zum größten Teil sehr gut gerundet und sehen Chondren wirklich verdamt ähnlich.

Gruß

Ingo

P.S. Holger, ein Maßstab fehlt! :fluester:
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 25, 2011, 21:26:20 Nachmittag
Hallo Ingo,

sehr gut :super:, denn auch sedimentäre Vorgänge spielten bei der Bildung dieses Gesteins eine Rolle :super: (Endgültige Auflösung erfolgt morgen früh...)

Gruß, Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: lithoraptor am Januar 25, 2011, 21:28:09 Nachmittag
Mensch, Du machst es aber spannend. Ich werde noch mal in mich gehen und mal schauen, ob ich noch zu einer besseren Ansprache komme...

Hmmmmm, also wenn ich es mir genau betrachte, dann sind die Komponenten ja gar nicht alle richtig rund. Wenn ich dies mit deiner obigen Äußerung ins Verhältnis setze, mir durch den Kopf gehen lasse, über was für Gesteine wir hier so reden, die in Betracht kommen könnten und mir vor Augen halte, dass wir hier nur einen Schliff im einfachen (nicht polarisiertem) Durchlicht sehen... Ich eine Erklärung für die extrem feine Grundmasse brauche (über deren Beschaffenheit ich ohne Polarisation fast nix sagen kann - könnte ja auch sehr glasreich sein), dann führt mich dieses ALLES irgendwie zu der Überlegung, dass es sich sehr wohl auch um einen Impaktit oder ein Fanglomerat handeln könnte...
Meine Kenntnisse auf dem Gebiet der Impaktite sind jedoch gering. Ich könnte es daher nicht wirklich einordnen...
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: gsac am Januar 25, 2011, 21:46:29 Nachmittag
Einen Stein "anzusprechen" finde ich übrigens ein sehr schönes Wort...
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: lithoraptor am Januar 25, 2011, 22:02:35 Nachmittag
So sagt man DAS petrographisch korrekt! :user: Auch wenn einige bei der Aufforderung: "Sprechen Sie mal das Gestein hier an!", schlicht "Hallo!" sagen würden. :laughing:
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: speul am Januar 25, 2011, 22:03:16 Nachmittag
mmh, :gruebel:
ich sag mal Latiandesit mit Mandelsteintextur aus der Gegend von Idar-Oberstein 
???

bis morgen, 18.00
speul
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 26, 2011, 09:15:25 Vormittag
Und die Lösung lautet:

Tuffbrekzie oder Schlotbrekzie vom Schwäbischen Vulkan.

Diskutiert wurde sie hier im Zusammenhang mit der Frage, wieviele Meteoritewrongs wohl nach dem Geislinger Fall auftauchen werden, da die Schlotbrekzien dieser Fundorte (die nahe am potentiellen Fallgebiet liegen) aufgrund der eingeschlossenen, gerundeten Lapilli- oder Aschepartikel mit Chondriten verwechselt werden könnten.

Das Material besteht aus einer Matrix, die neben (ursprünglich wohl) glasigen Bestandteilen auch feingepulvertes Nebengestein (etwa Jurakalk) enthält. Links von der Bildmitte der helle, gerundete Partikel ist ein etwas größeres Fragment von Jurakalk. Allerdings ist das Gestein sekundär stark verändert, was sich unter anderem in der Abscheidung von Aragonit (was Bernd als "achatähnliche Strukturen" erkannt hat) in den ehemaligen Hohlräumen des Gesteins erkennbar macht. Aber auch die in ihrem äußeren Umriß noch gut erkennbaren, primären Mineralphasen der "basaltischen" Partikel (Olivin- und Melilithkristalle) sind so stark alteriert, dass sie unter gekreuzten Polarisatoren nicht mehr die typischen Interferenzfarben zeigen (deshalb hatte ich auf eine XPL-Aufnahme auch verzichtet). Überraschend genug sind einige Lapilliteilchen dennoch als Glas erhalten geblieben (in diesem Bild nicht gut zu sehen, aber im oberen rechten Quadranten ist ein dunkelbraunes Korn zu erkennen, bei dem es sich um Glas handelt).

Die vulkanischen Partikel sind unter anderem deshalb von Interesse, weil sie relativ wenig SiO2, dafür aber reichlich CaO enthalten, was sich u. a. im Auftreten von Melilith äußert (die stäbchenförmigen Kristalle, die man ohne genauere Untersuchung leicht für Plagioklas halten kann). Daneben müssen sie auch reichlich feinverteilten Magnetit enthalten, denn sie bleiben beim Schleifen selbst dann fast undurchsichtig, wenn man den Schliff unter die üblichen 30 Mikrometer herunterschleift.

Der Erhaltungszustand ist übrigens von Schlot zu Schlot unterschiedlich; man findet daher auch Gesteine dieses Typs, in denen weniger sekundäre Veränderungen im Stoffbestand zu sehen sind (etwa frische Olivinkristalle).

Gruß, Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Thin Section am Januar 26, 2011, 12:14:36 Nachmittag
Toll beschrieben und erklärt, Holger !  :applaus:

Herzliche Grüße,

Bernd  :hut:

P.S.: Hier ein Auszug aus H. Pichler, C. Schmitt-Riegraf (1993), Gesteinsbildende Minerale im Dünnschliff, p. 61:

"Vorkommen: in den am stärksten unterkieselten Magmatiten: z. B. in Melilith-Nepheliniten der Schwäbischen Alb, des Hegaus; im Melilith-Leucitit ("Cecilit") der Albaner Berge / Italien. In seltenen Plutoniten wie Pyroxen-Melilithit ("Uncompahgrit") und melilith-führendem Karbonatit. In seltenen Gang-Gesteinen wie Alnöiten (Insel Alnö/Schweden).  Im innersten Kontaktbereich eines Plutons gegen mergeligen Kalk bilden sich reine Gehlenit-Porphyroblasten, z.B. im Dolomitmarmor des Monzoni-Gebietes bei Predazzo/Südalpen. Synthetisch in basischen Hochofenschlacken entsteht das in der Natur nicht bekannte Endglied Akermanit."
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: lithoraptor am Januar 26, 2011, 14:27:56 Nachmittag
Moin!

Man Holger, Du Fiesling! :laughing: War wirklich ein schönes und anspruchsvolles Rätsel. :super: Bitte mehr davon!

Gruß und  :danke:

Ingo
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Peter5 am Januar 26, 2011, 15:57:24 Nachmittag
Zitat
z. B. in Melilith-Nepheliniten

.. hier mal ein paar rotbraune Melilith- und farblose Nephelin-Kristalle aus der Eifel ..  :smile:

Bildbreite jeweils 4 mm ..

Gruß Peter5
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 26, 2011, 19:15:24 Nachmittag
Moin!

Man Holger, Du Fiesling! :laughing: War wirklich ein schönes und anspruchsvolles Rätsel. :super: Bitte mehr davon!

Gruß und  :danke:

Ingo

Na schön, einen etwas anspruchsvolleren "Pseudochondriten" hab' ich noch... :laughing:

Wieder ein Dünnschliff; die Bildhöhe entspricht etwa 1,9 mm. Leider ist dieses Objekt im Vergleich zum vorigen recht kontrastarm. Man sollte aber dennoch (im unteren Bildteil besonders deutlich) einige fast kreisrunde Querschnitte erkennen können. In natura wäre dieser Stein einem Meteoriten vielleicht noch ähnlicher als sein Vorgänger, da er recht hell ist und auf angewitterten Flächen mitunter diese kugelförmigen Gebilde auswittern, wie man es von manchen angewitterten Chondriten kennt. Aber da jegliche dunkle Kruste fehlt, besteht eigentlich keine Verwechslungsgefahr. Und so leicht möglich ist das auch schon deshalb nicht, weil dieses Gestein nur an zwei sehr nah benachbarten, aber räumlich kleinen Fundorten in Deutschland überhaupt vorkommt.

Was könnte das sein :gruebel:

Gruß, Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 26, 2011, 19:17:46 Nachmittag
...und hier noch ein Bild in XPL-Beleuchtung...sieht reichlich monomineralisch aus, würde ich meinen :dizzy:

Noch ein Tipp: Es ist kein Sedimentgestein!

Gruß, Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: speul am Januar 26, 2011, 20:05:10 Nachmittag
Nö nö nö, dass ist mir zu schwer.
Wäre aber schön, wenn Du nach Auflösung mal noch ein Bild vom Handstück einstellen könntest.
Grüße
speul
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Thin Section am Januar 26, 2011, 20:45:32 Nachmittag
Stimmen die Interferenzfarben? Hat der DS die vorgeschriebene Dicke?
Wenn ja, müssten von der Farbe her Pyroxene mit drin sein!

Bernd :hut:
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: pallasit am Januar 26, 2011, 20:57:45 Nachmittag
Hallo Holger,

die Interferenzfarben des XPL Bildes sind höherer Ordnung, deshalb vermute ich Hauptmineralphase ist Calcit.

--> Lapilli führender Karbonatit

Grüsse Willi  :prostbier:
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 26, 2011, 21:23:25 Nachmittag
--> Lapilli führender Karbonatit

Hallo Willi,

Gratuliere: Volltreffer! :super:

Viele Karbonatitvorkommen - unter anderem die altbekannten im Kaiserstuhl - werden als subvulkanisch angesehen; die Karbonatitlapilli, die nur an ganz wenigen Stellen vorkommen, sind aber ein Anzeichen dafür, dass es auch im Kaiserstuhl subaerische Ausbrüche von karbonatischer Lava gegeben haben muss. Heute liefert nur noch der Ol Doinyo Lengai in Tansania karbonatische Laven, und die haben einen hohen Na-Gehalt.

Das nächste Mal lasse ich mir wieder was Schwereres einfallen... :ehefrau:

Gruß, Holger
Titel: Re: Kleines Meteoritewrong-Rätsel
Beitrag von: Buchit am Januar 26, 2011, 21:26:52 Nachmittag
Nö nö nö, dass ist mir zu schwer.
Wäre aber schön, wenn Du nach Auflösung mal noch ein Bild vom Handstück einstellen könntest.
Grüße
speul

Hallo Speul,

würde ich sofort machen, aber die Handstücke liegen bei meinen Eltern im Keller; ich habe im Moment nur den Schliff bei der Hand. Das kann noch einige Wochen dauern, bis ich ein Bild vom Handstück zeigen kann :imsorry:

Gruß, Holger