Ja Dirk -meine Rede!
Jetzt ist noch Erntezeit - und wie immer wichtig muß ich jenen sagen, die erst in den NWA-Jahren dazugekommen sind,
und es nicht anders kennen, als daß jede Sorte fast immer und überall erhältlich ist,
daß das in der Rückschau gewissermaßen kein Normalzustand ist, sondern daß diese Zeit jetz in der Meteoriterei eine phantastische Ausnahmeperiode ist, wie es sie auch nicht einmal ansatzweise gab
und wie - zumindest verdichten sich die Anzeichen, ich laß mich darüber nicht weiter aus, damits nicht heißt, die Händler würden Torschlußpanik lancieren - und wie sie sicherlich nicht für alle Zeit anhalten wird.
Angefangen hatte es mit der Wüste nach meiner Erinnerung bereits in der zweiten Hälfte der 90iger, da kamen dann schon die Libyer aufs Tapet, also die ganzen DaGs und Ende der 90iger dann die ersten Vorboten von NWA, die ersten Waisenkinder ohne Koordinaten, die SAHs. Billig indes waren diese ersten Wüstlinge nicht, sondern ordneten sich dem Sektor, den wir heute als "klassisch" bezeichnen, an. Um 2000 rum gings dann mit den NWAs und gleichzeitig mit den Omanfunden los - anfänglich ebenfalls nach heutigen Begriffen teuer.
Also die neuen Wüstlinge - ich hatte ja hier und da schon mal Preiskompilationen für einzelne Klassen aus 2000 und 2001 im Forum gegeben - die wurden damals mit dem Fünf- bis Fünfzigfachen der heutigen Preise bezahlt.
Höhepunkt, was die Quantitäten angeht, würde ich auch so um 2003 herum ansetzen,
dabei muß man allerdings auch sagen, daß in diesem Jahr und im Folgejahr, die berühmten Wühlkisten auf den Messen zur Hälfte oder zu drei Vierteln mit NWA 869 besetzt waren, der da so richtig seinen Impakt hatte.
Der totale Preisverfall bei den Meteoriten fand m.E. sodann in den Jahren 2003-2005, in Einzelfällen noch bis 2006 statt.
Einzelne Klassen hielten dabei relativ lange stand.
Die Talsohle bei den Preisen der Wüstlinge sehe ich - aber das ist nur mein persönlicher subjektiver Eindruck - seit 2007 schon durchschritten. Seither sehe ich einen merklichen Preisanstieg v.a. bei den selteneren und äußerst seltenen Klassen und bei besonders qualitätvollen Stücken, also im "High-End"-Segment, wie der Sammler sagt, wenn er eine abgebrühte Weltläufigkeit zur Schau stellen will.
Und dieser Preisanstieg scheint mit einer doch deutlich gestiegenen Nachfrage in diesem Segment einherzugehen.
(Sehen wir in unserer eigenen Praxis - gut wir haben meist niedrigere Preise als viele andere - aber die besten Sachen, die werden bei uns ned alt, das war vor Jahren noch anders und die Restanten jener Jahre, die werden nun plötzlich auch weggekauft).
Das hat mehrere Ursachen, in erster Linie eben, daß der Nachschub an neuem Material abgenommen hat und weiter abnimmt - am leichtesten nachzuvollziehen ist es für den Sammler,
wenn er sich das Angebot auf den Messen anschaut.
In München wirds von Jahr zu Jahr deutlich weniger - fällt vielleicht nicht so auf, weils überdeckt wird durch einzelne größere Funde und Fälle - also wenn die Tische überquellen mit Chergach, Bassikonou, Tamdaght, El Haggouina oder jenem Riesen-CV3er-Fund oder dem neuen Eisen, dann merkt mans nicht so stark, daß da kaum noch neue Achondrite und andere Rarlinge zu sehen sind.
Oder jetzt gerade in Ensisheim, frisch in der Erinnerung - ich hab seit ich diese Messe besuche - noch nie so wenig Neues gesehen bei den Marokkaner wie dieses Jahr.
Anderes Menetekel für Daheimbleibende ist das Ebay. Wenn man heute reinschaut und nach den seltesten Klassen sucht,
findet man pro Woche nur noch wenige einzelne Gramm angeboten, oftmals auch gar nix - oder eben alles mit entsprechenden Preisen abgesichert.
Das war vor 3-4 Jahren noch völlig anders. Heute haut eben keiner mehr einen klassifizierten R-Klumpen von 100g rein und zuckt mit den Schultern, wenn der dann für 2.5$/g verreckt. Heut gibt's keine schön geschliffenen Marsscheiben mehr, die damals regelmäßig mit Ach und Krach auf 150$/g gekommen sind. Heutzutage können die Anbieter eben nicht mehr so wie früher auch größeres und rares einfach so verschleudern, weil sies einerseits nicht mehr oder nur schwer nachbekommen und andererseits, weil sies nimmer so billig nachbekommen, da das gute Material sich in Marokko die letzten Jahre drastisch verteuert hat.
Daß es die letzten beiden Jahre einen Schub an neuem seltenen Material gegeben habe, das halte ich eher für eine optische Täuschung.
Zum einen tauchen häufig zusätzliche Stücke uuuralten bereits bekannten Materials auf - das war schon immer so, weil es insgesamt eben nicht beliebig viel gibt - was die neueren Sammler und Sammlerhändler nicht immer als solches erkennen - einfache Bspe wo es gut bekannt ist wären zum Bsp all die neuen Mitglieder des NWA 772er Monds von Anno dunnemals, wo immer wieder einzelne Stückerl über die Jahre dazugekommen und gerade die letzten beiden Jahre sehr viel kleine einzelne Stücke nachgekommen - oder nehmt den NWA 011er ganz frühe Nummer, wos dann in den 2000er Nummern nochmal zwo gab, dann wieder Pause und späte 4000er-Nummern - nun bei den Ensisheimphotos seht ihr noch einen neuen.
Bei solchen Sachen ists augenfällig, nicht so aber bei den HEDs, Cvs, Mesos ect.
Andere Geschichte ist die, daß das neuere Material viel stärker gesplittet und aufgeteilt wird und unter viel mehr Nummern endet als früher.
Liegt teilweise daran, daß sich viele der "großen" Händler aus dem NWA-Geschäft mittlerweile zurückgezogen haben oder nur noch sporadisch aktiv sind, Hauptursachen dafür sind, daß es immer weniger gutes Material gibt und daß dieses sich so stark verteuert hat, der Sammlermarkt indes immer erst mit 2-3 Jahren Verzögerung reagiert, zum andern haben einige die Schnauze voll von dem gelegentlichen Verfall der Geschäftspraktiken dort unten, so sagen sie.
Und die andere Seite ist die, daß es doch in letzter Zeit deutlich mehr Sammler und Sammlerhändler gibt, die ihr Hobby mit dem Verkauf von NWA-Steinen refinanzieren.
Die können natürlich nicht die Mengen abnehmen wie die Händler, sondern picken sich hier und da ein paar einzelne Steine heraus, lassens klassifizieren - und wo früher halt ein guter Fund bei den großen Händler gelandet ist und seine ein bis drei Nummern bekommen hat, gibts heut eben sobald ein bisserl mehr Suppe da ist 5 bis 15 Nummern für dasselbe Material.
Haben ja im Forum einige Neusammlerhändler, die frisch dazugekommen sind, mir fallen derer auf Anhieb fünfe ein.
Nja bestes Bsp. für die wundersame Nummernvervielfältigung seien die Frischmärse, wo sich eben viele dann bei den Marokkanern oder auf Messen ein paar Bröckerl gekauft hatten und einige diese dann klassifizieren haben lassen, sodaß in kürzester Zeit dieser Mars unter 15 Nummern gelistet ist, gelegentlich gar mit tkws unter 10g.
Gut, bei Mars und solcherlei Dingen da sieht man ja sofort, daß es dasselbe ist, weils nix anderes gibt,
schwieriger ist aber die Übung bei fast allen anderem, den HEDs, den CVs, den 3ern.
Weil da den Hobbyhändlern naturgemäß oft der Überblick fehlt, zu welchen Nummern ihre Trouvallien gehören und zum andern, weil es eben bei verschiedenen Klassifikateuren eingereicht wird und unvermeidlicherweise leicht von einander abweichende Klassifikationen herauskommen, die dann natürlich den Leuten suggerieren, es handele sich um verschiedene Meteorite.
Haben wir ja öfters hier, dassmer alle miteinand im Forum Stücke vergleichen.
Nicht? Was weiß ich unser W1-L3er z.B. vom letzten Jahr, da kam dann noch etwas nach, mir fehlt grad auch der Überblick, weil zu neu, aber der dürft inzwischen auch schon 5 Nummern haben und bei dem einen ists halt ein L3.2, beim andern ein LL/L3, bei wieder anderen wieder was anderes..
Und so kommt es einem eben so vor, daß die letzten Jahre eine bemerkenswerte Anzahl neuer seltener Funde auf den Markt gekommen wär.
(Hihi, naja und in D mag der Eindruck auch entstehen, weil Chladni's Heirs Euch permanent per Email und auch im Forum mit so vielen besonders raren Sachen zwiebeln, etliches davon wirklich neu, manches nie dagewesenes und anderes, wo halt dann doch nix nachkommt - aber da muß man doch sagen, Protz, Angeb, daß wir in mehreren Klassen Weltmeister sind und in diesen, manchmal mit großem Abstand, die meisten Neuen die letzten 2-3 Jahre rausgebracht haben.) Was es auf lange Sicht weiter problemlos geben wird, das sind standardmäßig verwitterte gewöhnliche Chondrite, halt das, was man gelegentlich "Gleisschotter" heißt, denn die machen ja den ganz überwiegenden Großteil der Funde aus
und die werden auch zurzeit kaum gehandelt, weil es sich bei dem gegenwärtigen Sammlerpreisniveau von 25-50$/kg weder für die Händler noch für die Marokkaner lohnt - ein zusätzlicher Grund warums keine Wühlkisten mehr auf den Messen gibt, weils das Zeug daheimlassen. Die wirds auch noch in 10 Jahren geben.
Also mein Fazit wäre:
Die ganz billigen NWA-Zeiten sind schon vorbei. Der Nachschub geht immer weiter zurück.
Dennoch ist es keiiiin Vergleich zu den 200 Jahren vor unserer Dekade.
Zu den absoluten Tiefstpreisen von 2003-2006 werden wir wohl nimmer zurückkehren.
Dennoch sind die seltenen und seltensten Klassen immer noch paradiesisch billig.
Ich schätze, daß kurzfristig der Preisansteig sich stetig fortsetzen wird, mittelfristig wird das gute Material deutlich teurer werden und die Auswahl wird ebenfalls deutlich geringer werden.
Ich kann guten Gewissens raten, daß diejenigen, denen noch die ein oder andere Klasse fehlt oder denen Rares in ordentlichen Portionen ein Plaisier - so wie alle diejenigen, die sich mit dem Gedanken tragen, eine komplette Systematik nach Klassen aufzubauen - und nicht zuletzt diejenigen, die sich auf einzelne Klassen eingeschossen haben und derer Vertreter möglichst viele verschiedene anhäufen wollen,
doch schon sich dieser Tage und der nächsten ein, zwei, vielleicht noch dreier Jahre Gedanken machen sollten,
denn der gute Stoff wird knapper und teurer, wie auch der exzellente Stoff, wenn es Neuigkeiten und begrenzte Tkws gibt, immer sehr zügig durch ist.
Ja wir sind Händler, (sagt einmal, wo ist denn der Gerhardt Speciman abgeblieben?)
aber ich glaube, dasselbe sagen Euch mittlerweile auch die meisten Sammler.
Und für die Neulinge - Ihr habt grad noch die rechten Einstiegsjahre gefunden.
Wenn Ihr wüßtet, wie das noch vor 8-10 Jahren war, wie wenig es gab, wie gewaltig teurer es war.
Das waren so Zeiten, wo wenn mal ein Vertreter einer besonders raren Klasse auftrat, für die man heute vielleicht 20 oder 40$ im Gramm hinlegen muß, es schon vorgekommen ist, daß Sammler den Händler einfliegen lassen haben auf ihre Kosten, um eines Stückes habhaft zu werden. Ja so war das damals, in der so glorifizierten großen Zeit.
Nja und in Europa hammer ja grad jetzt den zusätzlichen Vorteil der eklatanten Dollarschwäche,
und die Meteorite, die werden ja auch in Europa an den Dollarpreisen ausgerichtet im Preis.
Nun und eines, da müßt Ihr alle mithelfen und das Phlegma überwinden,
es dräut die Dunkle Seite der Macht - es gibt einflußreiche Forscher, die Wissenschaftsfeinde und Meteoritenhasser sind,
die wollen die Sahara zusperren.
Obsiegen sie, ja dann ists schlagartig aus mit den Meteoriten.
Daher schreit so laut Ihr könnt.
Mettmann