Hallo,
Schwer zu bekommen? Ja, wieder eine Frage, die, scheinbar trivial, nettes Diskussionspotenzial beinhaltet. Den der Begriff muss erstmal mit Parametern versehen werden, dann gestaltet sich die Sache schon spannender. Was ist "schwer zu bekommen"? Ziemlich subjetive Sache. Geht´s um das Mineral an sich? Einen Fundort? Eine bestimmte Qualität oder ein bestimmtes Preislevel? Für jemanden mit schmalem Geldbeutel sind gute Silbererzstufen schwer zu bekommen. Nicht, dass sie nicht in ausreichender Menge auf dem Markt wären, er kann sie sich schlicht nicht leisten.
Stichwort Qualität: da ist der Samsonit ein gutes Beispiel. Hält man die Augen offen, lassen sich mit Sicherheit innerhalb weniger Jahre einige Einzelkristalle dieses Minerals zusammentragen. Aber großes ABER: die Qualität geht wohl in keinem Fall über 2 mm Kristall(bruchstück) für teuer Geld hinaus. Und wieviele dieser Winzlinge sind wirklich echt? Kurzum, ein auch noch so kleines Matrixstück eines Samsonits von der Typlokalität ist des Begriffs "schwer zu bekommen" in jedem Falle würdig. Gleiches gilt für Samsonit aus Böhmen oder Schweden!
Stichwort Zeit und technische Voraussetzungen: wieviele ältere Sammler beklagen, dass sie in den 1960er Jahren selbstgesammeltes Material aus Namibia bis Brasilien nicht mehr loswerden? Die vielzitierte Globalisierung macht auch vor dem Mineralienmarkt nicht halt und früher extrem schwer zu erhaltende Sammlerstücke schwemmen heute zuhauf auf die Börsentische. Früher nur als winzige Kristalle gefundene Minerale stehen heute auch "Otto Normalsammler" als passable Vitrinenstufen zur Verfügung. Mit der Zeit steigt das Knowhow von Sammlern und Analysen. Das ermöglicht dann neben der voranschreitenden Erschließung fernster Fundorte das "Dahinschmelzen" einiger Seltenheiten.
Stichwort regionale Verteilung: aller Globalisierung zum trotz wird man lokale Seltenheiten lokal dennoch leichter bekommen können. Eine gewisse "Heimatverbundenheit" ist diesen Geschichten ja gemein, viele Seltenheiten werden außerhalb eines gewissen Personenkreises respektive regionalem Gebiet nicht einmal bekannt. Es gibt auch den umgekehrten Fall. Dabei sei eine Geschichte angeführt, die ich selbst erlebt habe. So erwarb ich bei einem in meiner Heimatstadt Berlin angesiedelten Mineralienhändler einige Stufen mit Apatiten von Pente bei Osnabrück in Niedersachsen. Es war eine ganze Handvoll Stufen und in der Literatur ist dieses Vorkommen auch beschrieben. Nichts ließ mich ahnen, dass diese Stufen außerordentlich selten sein könnten. Ich lernte kurz darauf einen Sammler in Osnabrück kennen, der ganz versessen darauf war, eine solche Stufe und weitere für seine Sammlerkollegen zu erhalten. Es stellte sich heraus, dass die Lokalsammler, oft mit jahrelanger Erfahrung, solche Stufen nicht besaßen. Die Apatite wurden übrigens gegen Millerit aus dem selben Vorkommen eingetauscht, ebenfalls sehr "schwer zu bekommen".
Schon angeklungen ist ein weiteres wichtiges Kriterium: Sammlerbeziehungen. Meine Meinung: je mehr, desto weniger "schwer zu bekommen"! Für einen wachsamen, gut vernetzten Sammler ist vieles (leichter) erreichbar. Hat er noch
ausreichend finanziellen Spielraum für sein Hobby zur Verfügung - umso besser. Für manche dieser Figuren, die mit Geld ALLES zu erreichen scheinen, ist schon etwas "schwer zu bekommen"? Aber das ist ein anderes Thema...
Nun nach all diesem Geschwafel noch ein paar Sachen, die ich ganz persönlich für schwer zu bekommen erachte. Da ich persönlich nur Mineralien aus Deutschland sammle, handelt es sich bei meinen "Vorschlägen" auch nur um solche:
Apophyllit und Millerit aus dem Freiberger Revier im Erzgebirge
Whewellitkristalle von Freiberg oder Zwickau
Pyrit, vergesellschaftet mit Boracit xx vom Salzwerk Gröna bei Bernburg/Sachsen-Anhalt
große Scheelitkristalle von Neudorf/Harz
Aquamarin von Irfersgrün im Vogtland
Gediegenes Kupfer und gediegenes Silber vom bekannten Symplesitvorkommen am Saubachriss im Vogtland
Reinit (Pseudomorphosen von Wolframit nach Scheelitoktaedern) von Pechtelsgrün/Vogtland oder Neudorf/Harz
Rhodochrositkristalle und Vanadinit von Ilfeld/Harz
Pyromorphit von Lichtenberg bei Freiberg/Erzgebirge
Silbererze von Scharfenberg bei Meißen/Sachsen
gediegenes Gold von den Kiesgruben in Berlin-Spandau
Minerale allgemein von der Grube Alte Hoffnung Gottes, Schönborn-Dreiwerden bei Mittweida/Sachsen
Gediegenes Gold von den Goldbergwiesen bei Steinigtwolmsdorf in der Oberlausitz (wenn es das denn wirklich gab...)
Greenockitkristalle von Kreimbach bei Niederkirchen in Rheinland-Pfalz
Selenerze von den Fundorten Grube Brummerjan bei Zorge und Grube Weintraube bei Lerbach im Harz
"schwarzer" Amethyst vom Plauenschen Grund bei Dresden/Sachsen
Cosalitkristalle von Hammerunterwiesenthal im Erzgebirge
Blauer Topas vom Schneckenstein im Vogtland
Fluorit und Harmotom aus den Steinkohlegruben bei Dresden-Gittersee/Sachsen
Realgarkristalle von Schneeberg/Erzgebirge
Calcit von Neubulach im Schwarzwald
Berthierit von Reinsberg im Freiberger Revier/Erzgebirge
Fluoritstufen von Stolberg im Harz (nicht solche, die in Wirklichkeit von Rottleberode sind...)
Zinnober und Berthierit vom Mobendorf, ebenfalls Freiberger Revier
Blaubleierz hat Peter schon erwähnt, ich werfe noch die Fundorte Virneberg/Rheinbreitbach im Westerwald und Zschopau/Erzgebirge in die Waagschale;-)
Fluorit als Skalenoeder von Wölsendorf/Bayern und Zschopau/Erzgebirge
vernünftige Fluorit-Kristallstufen von Memmendorf bei Oederan im Erzgebirge
nadelige Kassiterite von Zinnwald im Erzgebirge
Berggoldbleche und Selenerze von der Gabel/Tannenglasbachskopf bei Schönbrunn in Thüringen
Kermesit von deutschen Fundorten (außer Bräunsdorf/Erzgebirge)
Mimetesit in xx über 5 mm von der Typlokalität Johanngeorgenstadt/Erzgebirge
Calcitpseudomorphosen nach Orthoklaskristallen von Manebach in Thüringen
Orthoklas als "Manebacher Zwillinge" vom gleichen Fundort
Vanadiumminerale vom Gottlob bei Friedrichroda in Thüringen
Fluorit von Hagendorf-Süd/Bayern
Milaritkristalle vom Henneberg bei Weitisberga in Thüringen
Zeolithe vom Löbauer Berg in der Oberlausitz
Ullmannit und Symplesit von Lobenstein in Thüringen
Milleritkristalle von der Grube Einheit bei Elbingerode im Harz
Wulfenit vom Höllental bei Garmisch/Bayern
Walpurginkristalle und Dioptas von Altenberg im Erzgebirge
Meta-Kirchheimerit (der einzige rosafarbene Uranglimmer) von Wittichen im Schwarzwald
grüner Apophyllit, Analcim und grüne Fluorite von der Grube Samson, St. Andreasberg/Harz
Und, und, und. Ich hab z.B. noch nicht nach Hessen geschaut. Die Auswahl enthält im Wesentlichen absichtlich eher "banale" Arten in Kombination mit seltenen Fundorten. Weitete man das noch auf die selten bis nie angebotenen Arten (Petewilliamsit, Tokyoit, Tuzlait, Wilcoxit...) aus, könnten sich Seiten füllen lassen. Letztlich führt´s ja eigentlich zu nix. Mancher mag bei dem ein oder anderen aus obiger Liste sagen: ja, hab ich schon zwei, drei mal gesehen! Eben.
Gruß
Labrador