Autor Thema: Meteorit im Kalkstein  (Gelesen 11472 mal)

Offline Riesgeologie

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #30 am: September 17, 2017, 12:15:35 Nachmittag »
Hallo zusammen,

das mit der thermischen Umwandlung ist ein sehr guter Gedanke. Wenn der Hauptteil des Meteoriten einschließlich des getroffenen Gesteins verdampft ist, dann wurde das radial zum Einschlagpunkt entfernte Gestein zertrümmert, aber eben auch warm bzw. stark erhitzt. Der unmittelbar getroffene Kalkstein wurde fragmentiert (abnehmend von Staub, Gries, Brekzie u.s.w.) und wohl auch gebrannt. Dieser Branntkalk wurde im Laufe der Zeit wieder in Kalkstein umgewandelt. Diese Metamorphose hat sicher die Mikrostrukturen und Mikrofossilien des ursprünglichen Kalksteins in Mitleidenschaft gezogen. Genaue Analysen sollten dies belegen können. Das mit dem Branntkalk ist eine wirklich interessante Idee. Dazu sollte es eigentlich zum Chicxulub-Krater einige Vorarbeiten geben.
Und zum möglichen Pallasiten: So frisch sieht der mir nicht mehr aus. Ob nach gut 14 Millionen Jahren noch etwas Nickeleisen vorhanden sein darf oder kann, kann ich ohne genaue Untersuchungen natürlich nicht sagen. Dafür müssen wir uns auf die wissenschaftlichen Voruntersuchungen verlassen. Andererseits sind die Jura-Sedimente (wenn er denn synsedimentär wirklich gefallen sein sollte) deutlich älter. Gleichzeitig wurden die ja bekanntlich in marinem Millieu abgelagert. Ich denke, dass es wahrscheinlicher ist, dass der Meteorit tatsächlich vor gut 14 Millionen Jahren unter hohem, allseitigem Druck in den Kalkstein eingepresst wurde. Im Kalkstein selbst war vor und einige Zeit nach dem Einschlag sicher Porenwasser vorhanden. Riesige Mengen an meteorischem Wasser werden dort nicht zirkuliert sein. Sonst müssten mehr Karstphänomene zu sehen sein. Wie gesagt, ich bin auf die weiteren Untersuchungen gespannt. Das wird sicher ein hochspannendes Paper!
Und zum Masterstudenten: Da bin ich mir sehr sicher, dass an ein solch essentielles Stück kein Masterstudent Hand anlegen darf. Beim Archaeopteryx wird auch nicht jeder forschen dürfen. Schön ist es ja, dass das Stück über lange Zeit im Museum war. Das bedeutet, dass hier in keiner Weise manipuliert wurde. Ich schätze, dass an diesem Stück nur sehr ausgewählte Leute Forschungsarbeiten durchführen dürfen. Und das zu Recht! Zumindest solange nicht weitere Reste gefunden wurden.

Einen schönen Sonntag wünscht

Olli  :hut:
Everything should be made as simple as possible, but not simpler. A. Einstein

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #31 am: September 17, 2017, 13:31:51 Nachmittag »
Das mit dem Branntkalk ist eine wirklich interessante Idee. Dazu sollte es eigentlich zum Chicxulub-Krater einige Vorarbeiten geben.

CLAEYS P. et al. (1996) Shocked (?) limestone fragments - a new component of the proximal impact ejecta of the Chicxulub crater (abs. Meteoritics 31, 1996, A029).

Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

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Offline Pinchacus

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #32 am: September 17, 2017, 16:48:35 Nachmittag »
Andererseits sind die Jura-Sedimente (wenn er denn synsedimentär wirklich gefallen sein sollte) deutlich älter. Gleichzeitig wurden die ja bekanntlich in marinem Millieu abgelagert. Ich denke, dass es wahrscheinlicher ist, dass der Meteorit tatsächlich vor gut 14 Millionen Jahren unter hohem, allseitigem Druck in den Kalkstein eingepresst wurde. Im Kalkstein selbst war vor und einige Zeit nach dem Einschlag sicher Porenwasser vorhanden.

Hallo Olli,

gleiche geochemische Bedingungen galten sicherlich auch für die Stücken aus dem schwedischen/chinesischen Ordovizium, die ja relativ reichlich vorhanden sind.

Grade in solchen marinen Karbonatschlämmen kannst Du oft dysaerobe Fazies haben, die eine primäre Oxidation minimieren. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass wir hier einen jurassichen "Altfall" vor uns haben, als einen Brocken vom Steinheimimpaktor. Auch wenn sich das leider (etwas) weniger gut "verkaufen" lässt (ich persönlich würde beides spektakulär finden).
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Offline KarlW

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #33 am: September 29, 2017, 11:17:59 Vormittag »
Es ist nicht völlig unmöglich, aber schmerzhaft schwierig, einen funktionierenden Mechanismus zur Einbettung eines Fragments beim Steinheim-Impakt mit Shatter Cones in dieser Anordnung zu konstruieren.

Nur nach den Bildern beurteilt, wird man schon eher an die permischen Fossile aus Schweden erinnert. Insoweit stimme ich Pinchacus zu. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit für ein jurazeitliches Meteoritenfossil ausgerechnet im Kraterbereich auch abenteuerlich gering. Schließlich ist aus dem Jura kein Großereignis mit nachfolgendem Meteoritenregen wie im Perm bekannt.

Beide Hypothesen setzen voraus, dass die meteoritische Natur des Einschlusses gesichert ist. Wenn ich die Zeichen richtig deute, ist das nicht unbestritten. Ich setze da auf weiterführende Informationen beim Paneth-Kolloquium in Kürze in Nördlingen. Bis dahin braucht es nur noch ganz wenig Geduld. Falls sich das (zugegebenermaßen anregende) Thema danach auflöst, sollten wir das mit Fassung tragen.

Offline karmaka

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #34 am: September 29, 2017, 13:25:41 Nachmittag »
Somit:

Meteoritic matter from the Ries and Steinheim impactors?

Schmidt, G., El Goresy, A., Pernicka, E.

Paneth Kolloquium Nördlingen (2017), abstract #0070

PDF

"Possible meteoritic matter on the fracture surfaces of
shattered belemnites from the rim of the Ries impact
crater have been claimed identified by [1]. The
authors concluded that ratios between Ni, Cr, and Co
seem to hint at an iron (or stony-iron) meteoritic
projectile. Buchner et al. [2] further claim to have
identified a 2 cm metallic meteorite fragment in
Upper Jurassic limestones block from the Steinheim
basin, which has already raised considerable interest
in the wider public. We will present literature data to
show that these claims are not only in conflict with
previous studies but that their conclusion is
completely unsupported by published data (see Fig.)
."

Offline karmaka

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #35 am: September 29, 2017, 18:21:40 Nachmittag »
Neues zum Objekt:

Ausstellung: Steinheimer Meteorit hinter Panzerglas

VIDEO

Offline Bremianer

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #36 am: September 30, 2017, 12:55:09 Nachmittag »
Schade. Auf den Bildern und in dem Video sieht man leider nicht wirklich viel von dem Meteorit.

Offline Gibeon2010

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #37 am: September 30, 2017, 18:59:34 Nachmittag »
... Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit für ein jurazeitliches Meteoritenfossil ausgerechnet im Kraterbereich auch abenteuerlich gering. Schließlich ist aus dem Jura kein Großereignis mit nachfolgendem Meteoritenregen wie im Perm bekannt....

Es genügt aber auch ein einzelner Meteorit, der da zufällig rumlag, um die heutige Fundsituation zu generieren.

Die Wahrscheinlichkeit ist zwar gering, aber auch nicht Null. Ich habe leider vergessen, wo das war. Aber irgendwo ist ein Met in ein Haus eingeschlagen und einige Jahre später in derselben Gegend wieder. Ein Feuerwehrmann war bei beiden "Tatorten" anwesend und erkannte beim zweiten Mal sofort den meteoritischen Tatverdächtigen, da er sowas ja schon mal gesehen hatte. Weiß jemand wo und welche Mets das waren?
Viele Grüße
Jens

Offline karmaka

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #38 am: September 30, 2017, 19:30:10 Nachmittag »
Wethersfield
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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #39 am: September 30, 2017, 19:34:31 Nachmittag »
Wethersfield 1971 + 1982

DENNIS di CICCO (1983) Target Wethersfield - Wethersfield meteorite: The odds were astronomical (Sky & Telescope, 1983 Feb., pp 118-119).

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Offline Gibeon2010

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #40 am: September 30, 2017, 20:05:43 Nachmittag »
Viele Grüße
Jens

Offline Pinchacus

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #41 am: Oktober 01, 2017, 10:51:56 Vormittag »
Nur nach den Bildern beurteilt, wird man schon eher an die permischen Fossile aus Schweden erinnert.

nur ergänzend, es war ein ordovizischer Meteorit(enschauer): http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1945-5100.2007.tb00221.x/pdf
Immerhin ca. 220 Mio Jahre Unterschied (und damit doch recht lange, wenn man auf sein Schnitzel wartet).

Und interessanterweise auch mit farblich veränderten Höfen im Einbettgestein (das primär ebenfalls ein Karbonatschlamm war). Mit angenommenem niedrigem Redoxpotential auch nicht die schlechteste Umgebung um Eisen zu schützen.  :einaugeblinzel:

Gruß aus Finnland

Johannes
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Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #42 am: Oktober 01, 2017, 22:45:13 Nachmittag »
Hallo Johannes!

Interessante Grundüberlegung/Altersbestimmung eines Meteoriten durch Isotopenanalyse z.B. 40Argon-39Argon!

//Durch eine Isotopenanalyse, des Steinheimer Met.-Fund, ist das tatsächliche, reale Alter, sicherlich auch feststellbar!// :einaugeblinzel:

Grüsse  :hut:
Achim

Offline KarlW

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #43 am: Oktober 06, 2017, 15:24:23 Nachmittag »
Danke Johannes für den Umgang mit dem Lapsus. Natürlich war es der ordovizische Schauer mit Beginn kurz nach 470 Ma und über etliche Ma hinweg. Eile rechtfertigt keine Flüchtigkeit; bitte um Nachsicht.
 :hut: Karl
« Letzte Änderung: Oktober 06, 2017, 15:41:24 Nachmittag von KarlW »

Offline karmaka

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #44 am: Dezember 13, 2017, 14:39:51 Nachmittag »
Stichwort 'Impaktorfragment'. Mal sehen, ob sich diese Vermutung tatsächlich bewahrheitet.

Discovery of a meteoritic ejecta layer containing unmelted impactor fragments at the base of Paleocene lavas, Isle of Skye, Scotland

Simon M. Drake; Andrew D. Beard; Adrian P. Jones; David J. Brown; A. Dominic Fortes; Ian L. Millar; Andrew Carter; Jergus Baca; Hilary Downes

Geology (2017)
Published: December 12, 2017

PDF

"The meteoritic ejecta layer deposits at both sites suggest that the impactor was very reduced, with mineralogy representative of that found in enstatite chondrites"
« Letzte Änderung: Dezember 13, 2017, 15:07:58 Nachmittag von karmaka »

 

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