Auch heute wird der Berliner Mineraliensammler nicht in ein reiches Betätigungsgebiet hineingewachsen. Zur Zeiten der Mauer waren zwar anfangs noch Fundmöglichkeiten in den Berliner Kiesgruben gegeben, dafür kam man nicht ins Umland. Heute kann man dort sammeln, aber die einst zahlreichen Geschiebevorkommen in der Stadt selbst sind eigentlich nurmehr von montanhistorischem Interesse. Zudem waren Fossiliensammler schon immer beser dran, als die Freunde von Mineralien.
Unter den Geschieben nahm der Bernstein immer eine besondere Stellung ein, kommt er doch gerade in Berlin verhältnismäßig häufig und in oftmals recht großen Stücken vor. Dieses Auftreten kennt man schon lange Jahre, so wurden Bernsteine beim Bau des Flughafen Tempelhof gefunden (er kam auch in den dort angesiedelten früheren Kiesgruben am Kreuzberg und am Tempelhofer Berg vor, von denen heute nichts mehr zu sehen ist). Auch beim Bau des Landwehrkanals kamen schöne, faustgroße Brocken vor, desgleichen bei der Errichtung des Reichstages in der Stadtmitte. Die bernsteinführenden Zonen scheinen sich auf einen Streifen zu orientieren, der vom Potsdamer Platz bis hinter den heutigen Bahnhof Südkreuz nach Neukölln hinein führt. In diesem Bereich kamen besonders viele Bernsteine zu Tage. Auch bei neueren Großbaustellen, Stichwort Potsdamer Platz, Gleisdreieck und Sony-Center wurde einiges gefördert. Gerüchteweise sollen den Arbeitern beim Einbringen von Senkkästen (Wassertechnik) auf der Großbaustelle am Gleisdreieck kindskopfgroße Bernsteine um die Ohren geflogen sein, als die Wassermassen herausschossen. Leider wurde das meiste Material davon zerstört. Ähnliche Massen gab es im Stadtteil Schöneberg. Dort wurden beim U-Bahnbau sehr schöne, klare Stücke gefunden. Damals wurde der Sand, der beim Tunnelbau herausgeschafft wurde, auf den Straßen gelagert. Die Kieshaufen waren derart mit Bernsteinen gespickt, dass die Kinder auf den Straßen sie in kleinen Tüten nach Hause mitnahmen und als Spielzeug benutzten. Der Sammler, von dem ich das unten abgebildete Stück vom Bayerischen Platz habe, erzählte davon, dass die Planierraupen, die die U-Bahntrasse untertage planierten, orangefarbene Spuren zerriebenen Bernsteins hinter sich ließen...
Bernstein außerhalb dieser Zone kommt eher selten vor. Im Bereich Alexanderplatz in Mitte findet man hin und wieder etwas bei Tiefbauarbeiten (Wallstraße, Bau des ALEXA-Kaufhauses). Ein bedeutendes Vorkommen war Gatow (Anschnitt einer alten Kiesgrube bei Arbeiten am Militärflughafen Mitte der 1980er Jahre). In den 1950er Jahren noch standen die Kiesgruben am Postfenn im Grunewald in Betrieb, hier wurden auch schöne Bernsteine gefunden, ebenso, wenn auch nur sehr selten, in der Kiesgrube Seddinberg bei Müggelheim im äußersten Osten Berlins. Von hier soll auch in den 1920er Jahren einmal ein ausreichend großes Exemplar zu einer kleinen Tischuhr verarbeitet worden sein! Hier stand auch der sogenannte Rixdorfer Horizont an, eine Glazialsandschicht, benannt nach der Lokalität Rixdorf in Berlin-Neukölln (heute Körnerpark). Dieser führte recht viel Bernstein, kam auch in Tempelhof zu Tage und auch in der im Abbau befindlichen Kiesgrube Niederlehme vor den Toren Berlins. Hier besteht wohl die einzige Möglichkeit noch Bernstein zu finden, der nicht aus Bauvorhaben stammt. Die Kiesgruben in Berlin-Kaulsdorf (Naßgewinnung) sollen auch Bernsteine gebracht haben, Fundmöglichkeiten bestehen hier heute nur noch für Schwerminerale. Doch die haben es in sich, es wurde sogar Gold gefunden, wenn auch nur in winzigsten Flitterchen. Größere Geschiebe (teils mit Granat) sind selten!
Gerade die alten Bernsteinproben sind heute selten zu finden und gehören zu den gehüteten Schätzen der Lokalsammler. Hinter ihnen stecken oft Geschichten, die auch die alten, "klassischen" Aufschlüsse der Stadt umweben. Zu diesen zählt die Kiesgrube Parey in Berlin-Spandau (an die heute noch ein in der Siedlung beliebter kleiner Badesee und die Straßenbezeichnung "Am Kiesteich" erinnert. Hier wurde sogar öfter Gold gefunden, ein in Berlin bekannter Sammler sprach von einem Stück Kieselschiefer, das er dort in den 1970er Jahren, kurz vor Schließung der Kiesgrube fand. Beim Spalten der doppelt faustgroßen Stufe offenbarten sich mehrfarbig zonare Wavellitsonnen! Zu diesen zählt auch die Kiesgrube an den Arkenbergen in Berlin-Pankow, von der man sich erzählt, sie sei dereinst ein Eldorado für Fossilien- und Mineraliensammlern gewesen. Es soll hier sogar mehrere Zentimeter lange glänzende Schörlstengel aus Pegmatiten gegeben haben und auch herrliche Achate aus dem nordischen Diabas. Sammlerlatein? Das mag jeder selbst entscheiden. Der Verfasser hat sich selbst vorort umgesehen. Ein kopfgroßes Stück Kalk mit reichen "Einschlüssen" von Calcitdrusen, diversen Muscheln, Armfüßern und Ammonitenresten, das mitten im Weg steckte, der um den heutigen See führt, mag vielleicht ein Gruß aus den vergangenen glanzvollen Tagen dieser Grube gewesen sein...
Die scheinbar eintönige "Märkische Streusandbüchse" von Berlin und Brandenburg offenbart dem Sammler immer wieder mal Überraschungen. Überregional werden Funde aus Berlin und Brandenburg kaum bekannt, allenfalls Rüdersdorf und womöglich die Gipsrosen aus Bad Freienwalde erreichten einen Bekanntheitsgrad. Aber selbst bei Rüdersdorf wird wohl meistens nur das Stichwort Coelestin fallen. Noch zehn, zwanzig Jahre und kaum einer wird sich noch an die 3 cm großen Kristallstöcke schwarzglänzender Zinkblende erinnern, die es hier gab! Doch davon ein andermal...