Hallo,
vielleicht lehnt sich dieses Thema in Bezug auf Steine ganz weit aus dem Fenster, ich fand es jedoch bemerkenswert, als ich im Urlaub augenfällig damit konfrontiert wurde.
Kulturhistorisch hat eine Form des Steinesammelns eine ganz hohe Bedeutung: Das Zusammentragen dekorativer Gesteine zu Bauzwecken, wobei neben optischen Gesichtspunkten auch ganz andere Interessen eine Rolle spielten.
So z. B. hier an der Fasssade des Markusdoms in Venedig aus dem 13. und 14. Jahrhundert, wo 2600 meist antike Säulen u. a. aus Alabaster, Andesit und Brekzien, verbaut wurden. Die Säulen sind Spolien, die ab 1204, nach der Eroberung des Oströmischen Reichs unter venezianischer Führung, in Konstantinopel und anderen Teilen des ehemaligen Reichs zusammengeraubt wurden. Die Säulen erfüllen überwiegend keine tragenden Funktionen, es ging vorrangig darum, so viel Material wie möglich zu verbauen, um neben entsprechender Prachtentfaltung zu dokumentieren, über welche Macht, Territorien und logistische Fähigkeiten man verfügte, um fein bearbeitete Steine aus allen Winkeln des ehemaligen römischen Imperiums an einem Ort zusammentragen zu können. Bemerkenswert sind die Säulen aus rotem Porphyr (rechts im Bild) vom Mons Porphyrites in Ägypten, das Material war zu römischen Zeiten kaiserlichen Bauten und Sarkophagen als Symbol des kaiserlichen Purpurs vorbehalten. Ihre Zweitverwendung dokumentiert den Sieg Venedigs über das oströmische Kaiserreich.
Und ähnlich, wie heute der Geschiebesammler staunend an seinem Strand ganz unterschiedliche Gesteine, die hunderte von Kilometern aus Skandinavien herantransportiert wurden, betrachtet, so mögen die Zeitgenossen damals vor den Säulen gestanden und gestaunt haben, wie groß die Welt doch ist und aus welchen weit entfernten Winkeln Steine in ihre Stadt gelangten, die sie noch nie zuvor gesehen hatten.
Gruß,
Rainer