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Meteoriten => Meteorite => Thema gestartet von: Flo am August 14, 2021, 14:37:09 Nachmittag

Titel: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Flo am August 14, 2021, 14:37:09 Nachmittag
Hallo Leute!

Diese Woche war ich mal wieder zu Besuch in Nördlingen, u.a. auch im Rieskratermuseum.
An der Kasse konnte man u.a. Shatter Cones kaufen...

Allerdings würden mich noch ein paar Dinge zu dieser Erscheinung interessieren:

1. Wo im Ries bzw. Steinheimer Becken wären denn solche Strahlenkalke zu finden? Liegen sie auf freiem Feld oder muss man sie erst aus dem Gestein schlagen, graben, tiefbohren, ...? Sind sie eher am Rand oder in der Mitte zu finden? Also kurz: Wo und wie würdet ihr bei einem Krater danach suchen?
2. Sind die Strahlen erst sichtbar, wenn man den Stein (z.B. Jurakalk) frisch aufschlägt? In welcher Richtung (mit der Sedimentschichtung /senkrecht zur Schichtung) schlägt man das Gestein am besten auf, damit sie gut zu Tage treten und nicht zerstört werden?
3. Die mechanische Beanspruchung beim Aufschlagen mit dem Hammer lässt ja auch strahlenähnliche Brüche entstehen. Wie kann man diese von echten Shatter Cones unterscheiden?

Sicherlich kann mich hier der ein oder andere Experte unter euch erleuchten...  :fluester:

Flo

Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Gibeon2010 am August 14, 2021, 16:24:50 Nachmittag
Hallo Flo,

zu 1.: Ich habe mal welche am südöstlichen Kraterrand vom Steinheimer Becken gefunden. Die lagen da auf einem frisch gepflügten Feld einfach rum.
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Thin Section am August 14, 2021, 18:58:06 Nachmittag
Hallo Flo,

Strahlenkalke (shattercones, shatter cones) werden und wurden vor allem im Steinheimer Becken gefunden,
so z.B. auf den Feldern östlich von Sontheim und am Klosterberg, der die zentrale Erhebung des Steinhelmer
Beckens bildet.

Bernd  :winke:
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Flo am August 14, 2021, 20:43:40 Nachmittag
Hallo ihr zwei!

Waren die gleich als solche erkennbar, oder musstet ihr sie spalten? Ich nehme mal an, dass auch shatter cones verwittern und dann äußerlich nicht mehr als solche erkennbar sind...?
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Gibeon2010 am August 14, 2021, 22:13:25 Nachmittag
Also bei mir waren alle Funde als solche zu erkennen. Es musste nichts zerschlagen oder gespalten werden, nur gründlich gereinigt.
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Thin Section am August 14, 2021, 23:25:58 Nachmittag
Also bei mir waren alle Funde als solche zu erkennen. Es musste nichts zerschlagen oder gespalten werden, nur gründlich gereinigt.

Dito!

Bernd  :winke:
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Suevit am August 15, 2021, 14:43:29 Nachmittag
Hallo Flo,

shatter cones im Ries und im Steinheimer Becken sammelt man einfach ein. Es muss nichts ergraben oder aufgeschlagen werden. Da die Kegelflächen bereits Bruchflächen im Gestein sind bricht es entlang dieser Flächen natürlicherweise auseinander und liegt so da. Manche der Kalke sind etwas mergelig, so dass man beim Reinigen durch zu festes Bürsten die Feinstrukturen verwischen kann, hier also sanft zu Werke gehen. Solche Stücke überleben die Verwitterung im Freien aber auch nicht allzu lange. Hartnäckige Flechten und Moose auf Lesefunden lassen sich sehr gut nach kurzer Einwirkung basischer WC-Reiniger (mein Favorit: "Drano Powergel", nur 5 Minuten einwirken lassen) wegbürsten.
Shatter cones lassen sich von normalen, künstlichen oder natürlichen Bruchmarken dadurch unterscheiden, dass sie 1. vergleichsweise dünn liniert sind (normale Brüche sehen eher aus wie breit berippte Muschelschalen) und 2. sich immer wieder in gerader Linie von der Kegelspitze weg weisend verzweigen.
Du kannst dir einige Bilder verschiedener shatter cones im Internet ansehen, es ist immer das gleiche Schema.

Zu möglichen Fundstellen wurde bereits alles mir auch bekannte gesagt. Im Steinheimer Becken gab es vor etlichen Jahren mal an der B466 eine Baumaßnahme, die reichlich shatter cones in einem sehr kleinen Bereich zu Tage gefördert hat. Das ist mittlerweile aber alles völlig verschüttet und zugewachsen. Nördlich des Kraters auf der Albhochfläche habe ich einige wenige kleine cone-Fragmente in Brocken von Auswurfbrekzie auf Feldern finden können.

Grüße,
Rainer
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Flo am August 18, 2021, 16:12:12 Nachmittag
Also Danke erstmal für diese aufschlussreichen Einschätzungen!

Ich nehme aber mal an, dass beileibe nicht jeder Brocken Massenkalk, den man vor Ort aufhebt shatter cones beinhaltet!?
Wie ist denn da eure Erfahrung?
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Caipi.Eagle am August 18, 2021, 21:11:46 Nachmittag
Nein, die überwiegende Masse der Kalkbrocken hat keine Strahlenkegel. Und wenn von außen nichts in Richtung Strahlenkegel sichtbar ist, wird sich auch im Inneren nichts dergleichen finden.
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: chief-impactor am August 19, 2021, 21:45:33 Nachmittag
zum richtigen zeitpunkt , am richtigen ort...
ca 20kg in 15 min...
ein guter teil hat 2019 den weg in den nachbar krater gefunden ;-)

gruss olaf
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Flo am August 08, 2023, 15:18:00 Nachmittag
Hallo, jetzt hab ich aus aktuellem (privatem) Anlass diesen Thread nochmal ausgegraben...

Was mir immer noch nicht ganz geklärt erscheint, das sind die grundsätzlichen Fundorte von shatter cones bei einem Krater.
Wo (unabhängig vom betrachteten Krater) ist die Wahrscheinlichkeit am größten, dass man welche findet: Kraterzentrum, innerhalb des Randes, außerhalb (bis zu welcher Entfernung abhängig von der Kratergröße, ...)?

Und noch eine zweite Frage: Bis zu welcher Kratergröße entstehen denn überhaupt shatter cones? Ries und Steinheimer Becken ist klar, aber Krater < 500 m, 50 m, 10 m, ... ?


Danke und Grüße!
Flo
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Mettmann am August 08, 2023, 18:36:10 Nachmittag
Also ich würd denken, im Prinzip praktisch überall in und um einen Krater, wenn ich dieses Bild anschau:
https://www.science.org/cms/10.1126/sciadv.1600616/asset/ed20d62d-9d4a-4a35-872f-cd20c8b1e3c7/assets/graphic/1600616-f2.jpeg


Es stellt schematisch einen komplexen Krater von 10-150km Durchmesser dar,
mit Bspn. von vier Shattercones aus unterschiedlichen Kraterbereichen.
Natürlich werden die Gegebenheiten von Krater zu Krater unterschiedlich sein.

Ist ev. ein hilfreiches Paper für deine erste Frage?
https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.1600616

Bei den untersuchten Kratern dort, findet man Shattercones immer im Zentralhügel und in den breccia dikes (mir ist der dt. Term nicht geläufig). Und danach je nach Krater gelegentlich in der Füllschicht im Krater und/oder der Auswurfschicht um den Krater oder aber auch nicht.

Zur zweiten Frage,
ich denk, das wird schnell zu komplex, um sie pauschal zu beantworten zu können.
Für Shattercones brauch man einen Druck von mindestens 2GPa (so liest man meist).
Da spielen dann sehr viele Faktoren herein, bspw. Einschlagsmasse, -geschwindigkeit, -winkel und die Eigenschaften des Untergrundes, wie schnell sich die Energie der Shockwelle abbaut bei ihrer Ausbreitung. Und bei größeren Impakten, ein Teil verdampft, ein Teil schmilzt, einiges wird mit hoher Energie und in steilem Winkel ausgeworfen, manches teilgeschmolzen, andres brekziiert, manches fällt und rutscht in den Krater zurück, wieder anderes in flachem Winkel direkt um den Krater...
Vgl. z.B. P.S. DeCarli: Shock Metamorphism (Auszug, bisserl scrollen, find die ganze Arbeit grad nicht ohne Paywall)  https://www.sciencedirect.com/topics/earth-and-planetary-sciences/thermonuclear-explosion

Da wird es praktischer sein - gibt ja nur 200 Krater bislang -,
wenn uns die Impaktspezialisten hier im Forum einfach die kleinsten Krater nennen, bei denen man shattercones gefunden hat.

 :prostbier:
Mettmann

 
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Mettmann am August 08, 2023, 18:54:55 Nachmittag
Aha...haben praktischerweis schon andere aufbereitet:

https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/maps.12678

Da ist in der Mitte des Textes ein Rollfeld:
Table 1. Database of shatter cone occurrences at terrestrial impact structures

Worin zu den jeweiligen Kratern angegeben, ob Schütterkegel gefunden oder nicht.

Also, der kleinste ist Karikkoselkä mit anderthalb Kilometer Durchmesser.

 :hut:
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: speul am August 08, 2023, 19:39:44 Nachmittag
Moin,
da kann ich noch kleiner:
Agoudal 500-600 m
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0169555X16312533

Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Mettmann am August 08, 2023, 21:18:02 Nachmittag
 :fluester: Pssst, und erst der Tüttensee mit seinen 400m und seinen beiden vorzüglichen shatter cones, welche gar counter cones!!
Mei, Airburst halt.

http://www.chiemgau-impact.com/2012/02/new-monthly-images-shatter-cones-from-the-lake-tuttensee-crater-chiemgau-impact/

(Nicht traurig sein, speul, die Ähnlichkeit zum Shatter Cone von Crooke Creek in Fig 3. rechts zu den Chiemgauern links und Fig.2 wird erst nach langjährigem intensiven Impaktstudium frappierend. Da ist er nochmal oben links. http://www.impact-structures.com/wp-content/uploads/2011/12/shatter-cones-crooked-creek2.jpg)







...und nix wie weg.
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Wunderkammerad am August 08, 2023, 23:37:20 Nachmittag
Karikkoselkä

 
Nehmen Sie das eventuell zurück, HERR Mettmann?
Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Mettmann am August 09, 2023, 01:45:42 Vormittag
Paasselkä. :nixweiss:










Titel: Re: Fragen zu Shatter Cones (Strahlenkalken)
Beitrag von: Wunderkammerad am August 09, 2023, 01:56:57 Vormittag
Yeah  :hut: