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Meteoriten => Meteorite => Thema gestartet von: MarkV am August 27, 2010, 21:56:53 Nachmittag

Titel: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 27, 2010, 21:56:53 Nachmittag
Hallo,
ich habe gerade einen interessanten Artikel zur Entstehung der Chondren gelesen. Demnach sind die Chondren nicht in der friedlich vor sich hinrotierenden Staubscheibe durch Schockwellen, Blitze oder sonstige kurzzeitige Erhitzung entstanden, sondern erst nachdem sich bereits Asteroiden gebildet haben. Diese erste Generation von Asteroiden mit über 30km Durchmesser bestand grösstenteils aus flüssigem Magma, erhitzt durch radioaktiven Zerfall. Wenn zwei solcher Asteroiden zusammengestossen sind, bildete sich eine Art Explosionswolke aus flüssigen Tröpfchen. Daraus sind dann durch schnelle Abkühlung die Chondren entstanden.
http://www.topnews.in/asteroidsized-balls-magma-may-have-formed-earth-and-its-rocky-siblings-2191491

Demnach wird für die Chondren ein ganz ähnlicher Entstehungsprozess angenommen wie für die Metall- und Silikatkügelchen in Gujba. Bei Gujba ist nur mehr Metall mit im Spiel gewesen, vielleicht durch einen tieferen Einschlag als bei den Einschlägen, die zur Bildung der gewöhnlichen Chondriten geführt haben? Ich finde diese Theorie recht schlüssig. Allerdings müsste man dann, wenn man wirklich ursprüngliches Material aus dem frühen Sonnensystem haben möchte, eher Achondrite sammeln. Fragt sich, ob von dieser ersten Generation achondritischer Asteroiden welche überlebt haben, ohne bei Einschlägen zu Chondren aufgerieben zu werden. Vielleicht gibt es ja solche Achondrite in unseren Sammlungen?
Wie das Ganze mit den CAIs zusammenpasst, die ja älter sind als die Chondren, sich aber in Chondriten finden, ist mir allerdings noch nicht ganz klar. Irgendwie müssten dann die CAIs von aussen mit in die Explosionswolke eingebacken worden sein.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ironsforever am August 27, 2010, 22:09:11 Nachmittag
Hallo Mark,

da finde ich die verbreitete Theorie schlüssiger, wonach sich die Chondren durch Verklumpung von Staubteilchen bildeten und möglicherweise aufschmolzen durch kosmische Ereignisse (Strahlung, Blitze etc.). Man kann doch ziemlich genau feststellen, wie lange Material im All der kosmischen Strahlung ausgesetzt war. Danach sind Achondriten doch i.d.R. stets jünger als (kohlige) Chondriten, oder nicht? :nixweiss:

Gruß,
Andi :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 27, 2010, 22:25:53 Nachmittag
Hallo Andi,
klar, in der Regel haben sich danach dann neue Asteroiden aus dem chondritischen Material gebildet und sind dann wiederum durch Aufschmelzung zu Achondriten geworden und haben ein deutlich jüngeres Alter. Aber es müsste dann noch achondritische Asteroiden aus der ersten Generation geben. Angrite wäre da vielleicht ein Kandidat?

Die Sache ist, dass man Chondren erst 2 Millionen Jahre nach den CAIs findet. Nach der oben erwähnten Theorie ist es so, dass sich aus der Zeit davor keine Chondren erhalten haben, weil die Radioaktivität in den sich zu dieser Zeit bildenden Asteroiden noch zu hoch war und diese Asteroiden gleich wieder aufgeschmolzen sind. Erst nach 2 Millionen Jahren war die Radioaktivität so weit abgefallen, dass die aus Zusammenstössen gebildeten Chondren in den neu geformten Asteroiden erhalten geblieben sind.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ironsforever am August 27, 2010, 22:45:30 Nachmittag
Zitat
Angrite wäre da vielleicht ein Kandidat?

Hallo Mark,

nun, die sollen ja dem irdischen Basalt ähnlich sein, also vulkanischen Ursprungs. Demnach stammen sie aus einem differenzierten Mutterkörper und nicht aus der Frühzeit des Sonnensystems. Außerdem müsste man  doch viel mehr ursprüngliche Achondrite finden als Chondrite, die ja erst einen weiteren Prozess der Umformung durchmachen mussten. Allein die Masse von Chondriten spricht m.E. gegen die vorgestellte Theorie.

Gruß,
Andi :prostbier:

P.S.: Da lob ich mir die Eisen :einaugeblinzel:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 27, 2010, 23:55:48 Nachmittag
Außerdem müsste man  doch viel mehr ursprüngliche Achondrite finden als Chondrite, die ja erst einen weiteren Prozess der Umformung durchmachen mussten. Allein die Masse von Chondriten spricht m.E. gegen die vorgestellte Theorie.

Tja, das ist ein gutes Gegenargument. Wenn die Chondren durch Zusammenstösse entstanden sind, dann müssten solche Zusammenstösse in der Frühzeit des Sonnensystems extrem häufig gewesen sein. Soweit ich gelesen habe, nimmt die Theorie an, dass es häufig solche Zusammenstösse gab. Diese erfolgten mit geringer Geschwindigkeit, so dass die Tröpfchenwolke sehr bald wieder in sich zusammengefallen ist. Dann bildete sich ein neuer Asteroid, in den dann wiederum ein Asteroid eingeschlagen ist. Erst nach Generationen von solchen Zusammenstössen war dann die Radioaktivität so weit gefallen, dass der Asteroid nicht mehr verflüssigt wurde und ein Asteroid aus chondritischem Material übriggeblieben ist.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ironsforever am August 28, 2010, 00:24:07 Vormittag
Zitat
Soweit ich gelesen habe, nimmt die Theorie an, dass es häufig solche Zusammenstösse gab. Diese erfolgten mit geringer Geschwindigkeit, so dass die Tröpfchenwolke sehr bald wieder in sich zusammengefallen ist. Dann bildete sich ein neuer Asteroid, in den dann wiederum ein Asteroid eingeschlagen ist. Erst nach Generationen von solchen Zusammenstössen war dann die Radioaktivität so weit gefallen, dass der Asteroid nicht mehr verflüssigt wurde und ein Asteroid aus chondritischem Material übriggeblieben ist.

Hallo Mark,

wenn man sich vor Augen hält, dass das gesamte Sonnensystem mit all der vorhandenen Materie erst von Gas und Staub und schließlich von vielen kleinen Asteroiden bevölkert war, ist es nachvollziehbar, dass Zusammenstöße - relativ gesehen - häufiger statt fanden als heute. Gleichwohl ist doch die vorhandene Materie im Sonnensystem im Vergleich zu dessen Volumen äußerst rar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich annähernd die gesamte Materie durch mehrfache Kollisionen im All bzw. mehrfacher Bildung und Zerstörung von Asteroiden in Chondrite verwandeln konnte. Zusammenstöße und ständige Neubildung von Asteroiden erscheinen mir in Anbetracht der gähnenden Leere im All ziemlich unwahrscheinlich, von "Generationen solcher Zusammenstöße" will ich garnicht erst reden. Unterstellt die vorgestellte Theorie ist zutreffend, müsste m.E. trotzdem mehr von der "achondritischen Ursuppe" vorhanden sein.

Gruß,
Andi :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 28, 2010, 01:02:43 Vormittag
Gleichwohl ist doch die vorhandene Materie im Sonnensystem im Vergleich zu dessen Volumen äußerst rar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich annähernd die gesamte Materie durch mehrfache Kollisionen im All bzw. mehrfacher Bildung und Zerstörung von Asteroiden in Chondrite verwandeln konnte. Zusammenstöße und ständige Neubildung von Asteroiden erscheinen mir in Anbetracht der gähnenden Leere im All ziemlich unwahrscheinlich, von "Generationen solcher Zusammenstöße" will ich garnicht erst reden.

Damals sah das Sonnensystem ja noch ganz anders aus als heute. Die allermeisten dieser Planetesimale haben entweder zur Bildung der Planeten beigetragen oder sind inzwischen in Richtung Oortsche Wolke verschwunden. Es muss damals viel mehr Irrläufer gegeben haben als man sich heute überhaupt vorstellen kann. Irgendwo hab ich mal gelesen, dass gerade kleinere Körper schon nach wenigen Millionen Jahren aus dem Sonnensystem herausbefördert werden. Die Meteorite, die wir heute finden, sind auch erst vor relativ kurzer Zeit von ihrem Mutterkörper losgeschlagen worden. Alles was länger kreist und nicht besonders gross ist, wird herausbefördert. Ich müsste nachschauen, wie gross so die höchsten Cosmic-Ray-Exposure-Raten bei Meteoriten sind. Ich glaub das sind kaum mal mehr als 100 Mio Jahre. Von daher dürfte inzwischen nur noch ein Bruchteil von dem ursprünglich vorhandenen Material vorhanden sein.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 28, 2010, 13:01:11 Nachmittag
Hallo,
es ist auch möglich, dass Chondren im Sonnensystem ein eher seltenes Phänomen sind. Die meisten Asteroiden sind ja C-Klasse Asteroiden, die vermutlich aus CI oder CM Material bestehen, also keine oder nur wenig Chondren haben. Das chondrenlose CI-Material ist vor allem deshalb bei den Meteoriten so selten, weil diese Meteorite den Flug durch die Atmosphäre nicht überstehen. H,L und LL Chondrite sind viel fester und gelangen besser zur Erde. Die Meteorite in unseren Sammlungen spiegeln daher überhaupt nicht die Häufigkeitsverteilung der Materialien im Sonnensystem wider.  Bei den gewöhnlichen Chondriten wird darüber hinaus von vielen angenommen, dass sie nur von sehr wenigen Mutterkörpern stammen. Es kann sein, dass alle H-Chondrite von einem einzigen Asteroiden stammen. Durch Resonanzen gelangt das Material der H,L und LL Mutterkörper besonders gut zur Erde. Dadurch ergibt sich ein verzerrtes Bild. In Chondriten sind machmal Einschlüsse von anderem Material enthalten. Die meisten dieser Clasts sind aus kohligem Material und ohne Chondren, was auch dafür spricht, dass Chondren im Sonnensystem eher selten sind.
Siehe: http://iopscience.iop.org/0004-637X/498/2/773/pdf/0004-637X_498_2_773.pdf

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Haschr Aswad am August 28, 2010, 13:07:22 Nachmittag
Für einen Teil der Chondren der L5-Chondrite Mt. Tazerzait und Baszkówka wird eine solche Entstehung innerhalb einer heißen Ejecta-Wolke in Folge einer Kollison angenommen. Die Aggregation erfolgte aus dieser "pyroklastischen" Wolke auf einem der beiden bei der Kollision beteiligten Körper. Vgl. auch (insbesondere die beiden Pilski-Papiere):

Dybczynski, R. et al.: A study on chemical composition of Baszkówka and Mt. Tazerzait chondrites. In: Geological Quarterly, 45 (3), 2001

Friedrich, J.M. et al.: Pore Size Distribution In An Uncompacted Equilibrated Ordinary Chondrite. In: Planetary and Space Science, vol. 56, Issue 7, 2008

Manecki, A. et al.: Effects Of Extraterrestrial Hydrothermal Processes In Chondrites. In: POLSKIE TOWARZYSTWO MINERALOGICZNE – PRACE SPECJALNE MINERALOGICAL SOCIETY OF POLAND – SPECIAL PAPERS, vol. 22, 2003

Pilski, A.S. et al.: Baszkowka, Mt. Tazerzait, and Tjerebon - Chips Off the Same Block? In: Meteorite, Vol. 4, p. 12-15, 1998

Pilski, A.S. et al.: Comparative analysis of the Baszkówka and Mt.Tazerzait chondrites: genetic conclusions based on astrophysical data and the mineralogical and petrological data. In: Geological Quarterly, 45 (3), 2001

Przylibski, T.A. et al.: Petrology of The Baszkówka L5 Chondrite, In: MAPS 38, Nr. 6, 2003

Sasso, M.R. et al.: Physical Properties Of Incompletely Compacted Equilibrated Ordinary Chondrites. In: 40th Lunar and Planetary Science Conference, 2009

Wlotzka F. et al.: Euhedral Crystals In Interstitial Pores Of The Baszkówka And Mt. Tazerzait L5 Chondrites. In: Geological Quarterly, 45 (3), 2001
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am August 28, 2010, 17:06:01 Nachmittag
Zitat
Die Meteorite in unseren Sammlungen spiegeln daher überhaupt nicht die Häufigkeitsverteilung der Materialien im Sonnensystem wider.

Ja das sowieso nicht.
Die Gesamtmasse des Asteroidenhauptgürtels macht ja nur einen kleinen Teil der Erdmasse aus.
Is ja eher die Resteecke des Sonnensystems.

(Kuipergürtel liest man unterschiedliche Zahlen, von einem Zehntel bis Halber Erdmasse,
nu und was mit der Oortschen Wolke abgeht jwd., da hat man ja noch nichma einen direkten Nachweis)

Ein typischstes (gibts diesen Superlativ überhaupt?) Pröblein des Planetensystems wär wohl von der Massenverteilung her, ein Riechfläschlein mit Jupitergas.
(Der soll ja ziemlich stinken, wegen des Ammoniaks).

 :prostbier:
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 28, 2010, 18:25:46 Nachmittag
P.S.: Da lob ich mir die Eisen :einaugeblinzel:

Genau, denn das sind die Reste dieser Planetesimale, die entstanden sind, noch bevor sich die Mutterkörper der Chondriten gebildet haben:

Zitat
Iron meteorites provide insights into the earliest stages of accretion in the solar system as they come from bodies that formed and differentiated before the parent bodies of the chondrites had formed. We know this from Hf-W isotopic data: the parent isotope, 182Hf, which decays with a half-life of 9 Myr, prefers silicate to metallic iron whereas the reverse is true for the daughter isotope 182W. Since the proportion of 182W relative to other tungsten isotopes is indistinguishable in most irons from the initial isotopic ratio in calcium-aluminum-rich inclusions (CAIs), which were the first objects to form in the solar system, molten metal in their parent bodies must have separated from silicate almost immediately after CAIs formed. Allowing for errors in the measurements, we can infer that molten metal cores formed in most parent bodies within 1.5 Myr of CAI formation. Radiometric ages for chondrules, however, show that chondrites come from bodies that accreted 1-4 Myr after CAIs formed. Formation of molten metal cores before chondrites accreted is entirely consistent with the work of Phonsie Hevey and Ian Sanders (Trinity College, Dublin, Ireland) and Henning Haack (Geological Museum, Copenhagen) who modeled how planetesimals would have melted due to heat from the decay of the short-lived isotope 26Al, which has a half-life of 0.72 Myr. Bodies >20 km across that accreted within 1.5 Myr of CAI formation would have melted. So the IVA results show that protoplanets 1000 km or more across formed within 1.5 Myr of solar system formation, as dynamicists suspected, and that debris from these bodies survived as asteroids.
Quelle: http://www.psrd.hawaii.edu/April07/irons.html

Und die Pallasite, jedenfalls einige von ihnen, sollen sich auch nicht an der Kern-Mantel-Grenze von differenzierten Asteroiden gebildet haben, sondern ebenfalls durch gewaltige Zusammenstösse von mond- bis marsgrossen Asteroiden entstanden sein:
http://www.psrd.hawaii.edu/June10/pallasites-origin.html

Also irgendwie ist da gerade einiges im Umbruch in der Meteoritenforschung.  Die Computersimulationen zeigen wohl, dass sich schon sehr früh mond- bis marsgrosse  Planetesimale/Protoplaneten gebildet haben. Nach 2 Millionen Jahren, also zu der Zeit, aus der wir die ersten Chondren haben, war die Staubscheibe dann schon ziemlich ausgedünnt. Da nicht mehr so viel Staub vorhanden war, ist es schwer, die Entstehung der Chondren mit der Schockwellentheorie zu erklären.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am August 28, 2010, 21:51:00 Nachmittag
Zitat
Also irgendwie ist da gerade einiges im Umbruch in der Meteoritenforschung

Es entwickelt sich eben rasant (nicht zuletzt durch immer neuer Funde).
Jetzt bei diesem neuen Ansatz zur Chondrenbildung speziell, würde ich aber nicht unbedingt von einem Umbruch sprechen,
es ist eben eine weitere Theorie zur Entstehung von Chondren zusätzlich zu einer ganzen Reihe von bereits existierender.
Die Chondrenentstehung ist seit sehr vielen Jahren eine Hauptfragestellung in der Meteoriterei, die noch weit davon entfernt ist,
zufriedenstellend beantwortet werden zu können. Wurden ja auch die letzten Jahre immer wieder neue Artikel dazu veröffentlicht.
Welche Theorie oder welches Model letztlich die Prozesse der Chondrenentstehung am Besten erklärt,
wird sich mit den immer neuen Ergebnissen der Forschung in der Zukunft weisen.

Aber das ist eben auch das so spannende an der Meteoriterei und am Meteoritesammeln,
daß sich immer soviel tut, man fast unmittelbar beteiligt ist, und es sich um die grundlegensten Fragen,
die nah am Ursprung allens und unserer selbst gebaut ham, dreht.
Gell?

 :prostbier:
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: DCOM am August 28, 2010, 22:31:39 Nachmittag
Hallo,
ich habe gerade einen interessanten Artikel zur Entstehung der Chondren gelesen. Demnach sind die Chondren nicht in der friedlich vor sich hinrotierenden Staubscheibe durch Schockwellen, Blitze oder sonstige kurzzeitige Erhitzung entstanden, sondern erst nachdem sich bereits Asteroiden gebildet haben. Diese erste Generation von Asteroiden mit über 30km Durchmesser bestand grösstenteils aus flüssigem Magma, erhitzt durch radioaktiven Zerfall. Wenn zwei solcher Asteroiden zusammengestossen sind, bildete sich eine Art Explosionswolke aus flüssigen Tröpfchen. Daraus sind dann durch schnelle Abkühlung die Chondren entstanden.
http://www.topnews.in/asteroidsized-balls-magma-may-have-formed-earth-and-its-rocky-siblings-2191491

Demnach wird für die Chondren ein ganz ähnlicher Entstehungsprozess angenommen wie für die Metall- und Silikatkügelchen in Gujba. Bei Gujba ist nur mehr Metall mit im Spiel gewesen, vielleicht durch einen tieferen Einschlag als bei den Einschlägen, die zur Bildung der gewöhnlichen Chondriten geführt haben? Ich finde diese Theorie recht schlüssig. Allerdings müsste man dann, wenn man wirklich ursprüngliches Material aus dem frühen Sonnensystem haben möchte, eher Achondrite sammeln. Fragt sich, ob von dieser ersten Generation achondritischer Asteroiden welche überlebt haben, ohne bei Einschlägen zu Chondren aufgerieben zu werden. Vielleicht gibt es ja solche Achondrite in unseren Sammlungen?
Wie das Ganze mit den CAIs zusammenpasst, die ja älter sind als die Chondren, sich aber in Chondriten finden, ist mir allerdings noch nicht ganz klar. Irgendwie müssten dann die CAIs von aussen mit in die Explosionswolke eingebacken worden sein.

Grüsse,
Mark


Hi Mark,

ich halte diese Theore für sehr plausibel, denn es wird ja allgemein davon ausgegangen, dass protoplanetare Materie innerhalb von Minuten auf bis zu 2000°C erhitzt und innerhalb von Stunden wieder abgekühlt sein muss. Die Schockwellen und Blitze, die dafür postuliert wurden, erschienen mir schon immer suspekt. Nicht nur, dass die Ursache dafür unbekannt ist, es erklärt sich m.E. daraus auch nicht schlüssig das rasche Erhitzen und Abkühlen, die Kleinheit der Silikatkügelchen und die rasche Segregation von Eisenschmelze und Silikatmatrix in der Frühphase der Akkretion.

Ich nehme daher an, dass Asteroiden mit einer Größe zwischen 10 km und mehreren 100 km während der ersten Millionen Jahre extrem häufig miteinander kollidierten. (Das "Late Heavy Bombardement" der Erde hielt sogar bis vor 3,8 Mrd. Jahren an und führte zu extremen Hitzeperioden, an die sich wiederum Kälteperioden anschlossen). In den hierbei entstehenden Magmschmelzen und den aus dem Asteroiden herausgeschleuderten Magmatröpfchen erscheint mir eine Separation von Eisen- und Silikatphase sowie die Chondrenbildung problemlos möglich.

Es ist auch sehr unwahrscheinlich dass die "erste Generation" achondritischer Asteroiden überlebt hat. Kleinere Asteroiden wurden entweder aufgrund ihrer stark exzentrischen Bahnen aus dem Sonnensystem hinaus katapultiert oder aber von größeren Planetesimalen eingefangen und kollidierten erneut.

Grüße, D.U.  :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Alex08 am August 29, 2010, 12:39:23 Nachmittag
Hallo zusammen,  :hut:

also bei solchen Dingen verliere ich leicht den Faden.  :gruebel:

Meine Frage an Euch, ist das was Prof. H. Lesch hier erklärt noch aktuell oder überholt?

http://www.br-online.de/br-alpha/alpha-centauri/alpha-centauri-chondrulen-2006-ID1208177782213.xml (http://www.br-online.de/br-alpha/alpha-centauri/alpha-centauri-chondrulen-2006-ID1208177782213.xml)

Alex08
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 29, 2010, 13:06:33 Nachmittag
Hallo Alex,
was Lesch da erklärt ist die Schockwellen-Theorie. Das ist wohl zur Zeit schon noch die am weitesten verbreitete Theorie. Die Einschlags-Theorie hat aber auch viele namenhafte Anhänger. Von daher ist der Streit alles andere als entschieden und die Sache ist nicht so eindeutig wie von Lesch dargestellt.

Bei der Einschlags-Theorie gibt es auch einige Kritikpunkte.

Warum bildeten sich Chondren nur in der Zeit von 1.5-4 Millionen Jahre nach der CAI-Bildung, wo es doch im Sonnesystem auch danach noch zahlreiche Zusammenstösse von Asteroiden gegeben hat?

Warum findet man innerhalb von einem Meteoriten manchmal Chondren verschiedenen Alters?

Wie kommen die CAIs in die Chondrite?

Den Ansatz der oben erwähnten Theorie, die beschränkte Zeitspanne der Chondrenentstehung mit dem Zerfall des Aluminium-Isotops 26 in Zusammenhang zu setzen, finde ich ganz interessant. Die postulierten Magma-Bälle gab es nur in den ersten Millionen Jahren des Sonnensystems, danach waren zumindest die kleineren Asteroiden nicht mehr flüssig. Es müsste dann einen Zusammenhang mit dem Aussehen der Chondren und dem Entstehungsalter geben, da die Magmabälle um so kühler waren, je weiter die Zeit fortgeschritten ist. Und sowas beobachtet man ja meiner Meinung nach auch in den Meteoriten. Es gibt die relativ jungen Chondren der L,LL,H und kohligen Chondrite, mit etwa 1.5-3 Millionen Jahren nach der CAI-Bildung und dann doch deutlich anders anssehende Chondren der CR2-Meteoriten, die erst nach etwa 4 Millionen Jahren entstanden sind und dann nochmals ganz anders aussehende Chondren von den CB-Chondriten, die nach etwa 5 Millionen Jahren entstanden sind. Danach ist dann keine Chondre mehr bei einem Einschlag entstanden, da es keine kleinen flüssigen Asteroiden mehr gab. Aus  den grösseren Asteroiden mit flüssigem Kern bildeten sich dann bei Zusammenstössen immer nur noch Achondrite und die kleineren, inzwischen festen Asteroiden, führten beim Einschlag nur noch zur Bildung von Brekzien.

Hier ist auch ein interessanter Artikel, in dem die neuen Erkenntnisse der Meteoritenforschung angesprochen werden. Insbesondere die Stardust-Mission hat hier einige überraschende Ergebnisse gebracht. Jedenfalls scheint die Ansicht überholt zu sein, dass sich Achondrite und Eisenmeteorite immer erst später aus chondritischem Material entwickelt haben:
http://www.geokommission.de/5.2_Kondensation_Akkretion_und_Differentiation_im_solaren_Nebel.html

Auf jeden Fall aufregende Zeiten.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am August 29, 2010, 15:32:37 Nachmittag
Hallo,
wenn es wirklich stimmt, dass Chondren durch Zusammenstösse von Asteroiden entstanden sind, dann sind hier sehr viele verschiedene Szenarien möglich: Unterschiedliche Auftreffwinkel und Geschwindigkeiten, unterschiedliche Grössen der Asteroiden, Asteroiden aus verschiedenen Regionen des Sonnensystems, Asteroiden mit bereits dicken achondritischen Krusten die zusammenparallen, Asteroid, bei dem bereits das Eisen in den Kernbereich gesunken, Asteroiden in einem noch stark von Staub umgebenden Bereich. Diese verschiedenen Entstehungsbedingungen müssten sich irgendwie in den Chondriten widerspiegeln.

Das sollte man dazu auch lesen:
http://adsabs.harvard.edu/full/2005ASPC..341..915S

Die Konsequenzen dieser Theorie sind enorm: Die Unterschiede im Metallgehalt zwischen LL, L und H Chondriten lassen sich dann beispielsweise ganz einfach dadurch erklären, dass der Zusammenstoss bei LL eher streifend erfolgte und das schwere Eisen nicht in so grossen Mengen in die Tröpfchenwolke gelangte. Auch hat das Zwiebelschalen-Modell dann nicht mehr eine so grosse Bedeutung wie bisher.

Da wir Sammler ja quadratmeterweise Chondritenscheiben im Regal haben, kann man vielleicht selbst noch die eine oder andere Entdeckung machen (Einschlüsse von achondritischer Kruste des einschlagenden Asteroiden, eine ungewöhnliche Chondre, die von aussen mit eingebacken wurde etc.)

Jedenfalls kann ich meinen Gujba jetzt weiterhin beruhigt in dem Regal neben den Chondriten stehen lassen. Diejenigen, die der Schockwellen-Theorie folgen, müssten ihn eher zu den Steineisenmeteoriten stellen.  

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 01, 2010, 15:46:36 Nachmittag
Hallo,
ich will das Thema doch nochmal kurz aufgreifen.

Es ist inzwischen unter den Wissenschaftlern herrschende Meinung, dass die Eisenmeteorite älter sind als die Chondrite. Es steht zwar noch in vielen Lehrbüchern, dass sich zuerst die Chondren aus Staubkörnern in der protoplanetaren Scheibe gebildet haben und sich danach aus dem chondritischen Material die ersten Planetesimale gebildet haben, aber diese Ansicht ist heute überholt. Vielmehr ist es so, dass sich die Mutterkörper der Chondrite praktisch als letztes gebildet haben, als es schon längst Planetesimale/Protoplaneten gab, von denen Eisenmeteorite die Überreste sind.

Die Chondrite sind etwa 2 Millionen Jahre nach den CAIs entstanden. Aber schon 0.5 Millionen Jahre nach der CAI-Bildung gab es bereits zahlreiche grosse Planetesimale. Das ist soweit unstrittig. Diese Planetesimale müssen aufgrund der hohen Zerfallsrate von Al 26 grösstenteils flüssig gewesen sein, wenn sie über 30km gross waren. Das wird auch kaum jemand bestreiten können. Solche grösstenteils flüssigen Planetesimale müssen häufig zusammengestossen sein. Das wird auch kaum zu bestreiten sein. Was passiert, wenn solche aufgeschmolzenen Planetesimale zusammenstossen? Es muss zur Bildung zahlreicher Tröpfchen gekommen sein. Dieses Video verdeutlicht das:
http://www.youtube.com/watch?v=sJHDsMACC6w

Von daher würde man grosse Mengen solcher erstarrten Tröpfchen in Meteoriten geradezu erwarten. Wenn die Chondren nicht diese Tröpfchen sind, dann frag ich mich, wo sie geblieben sind? Von daher halte ich es für extrem wahrscheinlich, dass die Chondren wirklich durch solche Zusammenstösse entstanden sind, auch wenn das im Moment noch nicht die einhellige Auffassung unter den Wissenschaftler ist. Ich habe aber den Eindruck, dass die Einschlags-Theorie immer mehr Anhänger gewinnt. Zudem wurde unlängst festgestellt, dass sich die Chondren in einer Umgebung mit sehr hoher Materiedichte gebildet haben müssen, viel dichter als man es bei der Staubscheibe im frühen Sonnensystem erwarten würde. Tröpfchenwolken, wie sie bei einem Einschlag entstehen, würden dagegen eine ausreichende Dichte haben. Vor 10 Jahren hielt man die Einschlags-Theorie noch für am wenigsten wahrscheinlich. Heute hat sie neben der Schockwellen-Theorie wohl noch die meisten Anhänger. Auf der Seite von Weir findet man die Einschlags-Theorie inzwischen auch gleich an zweiter Stelle neben der Schockwellen-Theorie: http://www.meteoritestudies.com/protected_append1.htm .

Ich hab den Eindruck, dass wir hier kurz vor einem Paradigmenwechsel stehen, wie es ihn schon bei den Eisenmeteoriten gegeben hat, als man herausfand, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite älter sind als die Mutterkörper der Chondrite.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ironsforever am September 01, 2010, 15:56:01 Nachmittag
Zitat
Hallo,
ich will das Thema doch nochmal kurz aufgreifen.

Es ist inzwischen unter den Wissenschaftlern herrschende Meinung, dass die Eisenmeteorite älter sind als die Chondrite. Es steht zwar noch in vielen Lehrbüchern, dass sich zuerst die Chondren aus Staubkörnern in der protoplanetaren Scheibe gebildet haben und sich danach aus dem chondritischen Material die ersten Planetesimale gebildet haben, aber diese Ansicht ist heute überholt. Vielmehr ist es so, dass sich die Mutterkörper der Chondrite praktisch als letztes gebildet haben, als es schon längst Planetesimale/Protoplaneten gab, von denen Eisenmeteorite die Überreste sind.

Die Chondrite sind etwa 2 Millionen Jahre nach den CAIs entstanden. Aber schon 0.5 Millionen Jahre nach der CAI-Bildung gab es bereits zahlreiche grosse Planetesimale. Das ist soweit unstrittig. Diese Planetesimale müssen aufgrund der hohen Zerfallsrate von Al 26 grösstenteils flüssig gewesen sein, wenn sie über 30km gross waren. Das wird auch kaum jemand bestreiten können. Solche grösstenteils flüssigen Planetesimale müssen häufig zusammengestossen sein. Das wird auch kaum zu bestreiten sein. Was passiert, wenn solche aufgeschmolzenen Planetesimale zusammenstossen? Es muss zur Bildung zahlreicher Tröpfchen gekommen sein. Dieses Video verdeutlicht das:
http://www.youtube.com/watch?v=sJHDsMACC6w

Von daher würde man grosse Mengen solcher erstarrten Tröpfchen in Meteoriten geradezu erwarten. Wenn die Chondren nicht diese Tröpfchen sind, dann frag ich mich, wo sie geblieben sind? Von daher halte ich es für extrem wahrscheinlich, dass die Chondren wirklich durch solche Zusammenstösse entstanden sind, auch wenn das im Moment noch nicht die einhellige Auffassung unter den Wissenschaftler ist. Ich habe aber den Eindruck, dass die Einschlags-Theorie immer mehr Anhänger gewinnt. Zudem wurde unlängst festgestellt, dass sich die Chondren in einer Umgebung mit sehr hoher Materiedichte gebildet haben müssen, viel dichter als man es bei der Staubscheibe im frühen Sonnensystem erwarten würde. Tröpfchenwolken, wie sie bei einem Einschlag entstehen, würden dagegen eine ausreichende Dichte haben. Vor 10 Jahren hielt man die Einschlags-Theorie noch für am wenigsten wahrscheinlich. Heute hat sie neben der Schockwellen-Theorie wohl noch die meisten Anhänger. Auf der Seite von Dweir findet man die Einschlags-Theorie inzwischen auch gleich an zweiter Stelle neben der Schockwellen-Theorie: http://www.meteoritestudies.com/protected_append1.htm .

Ich hab den Eindruck, dass wir hier kurz vor einem Paradigmenwechsel stehen, wie es ihn schon bei den Eisenmeteoriten gegeben hat, als man herausfand, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite älter sind als die Mutterkörper der Chondrite.

Grüsse,
Mark

Hallo Mark,

vielen Dank für diesen Beitrag, der es auf den Punkt bringt, und das erklärende Video :super:. Ich find die Einschlags-Theorie sehr schlüssig.

Gruß,
Andi :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ben.g am September 01, 2010, 16:30:38 Nachmittag
Hallo  :winke:

Ich hab den Eindruck, dass wir hier kurz vor einem Paradigmenwechsel stehen, wie es ihn schon bei den Eisenmeteoriten gegeben hat, als man herausfand, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite älter sind als die Mutterkörper der Chondrite.
Sieht ganz so aus. Spannende Sache!

Hier noch drei kurze MetSoc-Artikel von Sanders zu dem Thema:
http://www.lpi.usra.edu/meetings/metsoc2009/pdf/5247.pdf
http://www.lpi.usra.edu/meetings/metsoc2010/pdf/5369.pdf
http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2010/pdf/2376.pdf

Gruß
Ben
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Dave am September 01, 2010, 16:33:30 Nachmittag
Nun muss ich aber mal was fragen.
Nach der Einschlags-Theorie sind also die Tröpfchen, die beim Einschlag 2er flüssiger und somit großer Planetesimale entstehe die späteren Chondren. Nun würde mich aber mal interessieren ob es eine Erklärung dafür gibt, das wir keine Chondren finden die was weiß ich 4cm groß sind.
Ich denke nicht das man davon ausgehen kann, das die gesamten Tröpfchen in der Tröpfchenwolke die beim Einschlag entstanden ist, in etwa die gleiche Größe hatten. Meiner Meinung nach müsste es doch auch größere gegeben haben? :nixweiss:


Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 01, 2010, 17:43:52 Nachmittag
Moin!

@ Dave: Das ist ein sehr schöner Einwand!

Was mich bei allen Theorien immer etwas stört ist das Faktum, dass sie immer irgendwie "absolutistisch" sind. Eben immer Beweise dafür gefunden werden, dass sich etwas nur so (und nicht anders) zugetragen haben kann. Könnte es nicht viel mehr doch so sein, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeiten gebildet haben können. Also durch Schockwellen, Nebelblitze und Kollisionen? Einen Wassertropfen kann ich auf der Erde ja auch nicht nur dadurch erzeugen, dass ich einen Stein ins Wasser klatsch. Warum muss es also immer ein entweder oder sein und nicht auch mal ein "auch".
Ja und wenn die Chondrite nicht das älteste Material repräsentieren, wie es bisher den Anschein hat, dann stoße ich da aurf noch ein Problem. Woher kommen dann bitte die ganzen organischen Verbindungen in den Kohligen vom Typ 1 und 2 (CM CI), denn dieses Material muss sich doch allen anderen (dann folgenden) Prozessen entzogen haben, um erhalten geblieben zu sein?! Muss nun die gesamte Klassifikation der Chondrite überdacht/geändert werden und die Kohligen kommen nun in eine gänzlich neue Gruppierung? :gruebel: Mal ganz davon ab, dass wenn die Eisen eben nicht das Ergebnis einer Differenziation sind (da sie das älteste Material darstellen) hier noch keiner schlüssig erklären konnte, warum es dann Meso und Pallis gibt. ODER Bin ich grad irgendwie oder wo im Geiste hängengeblieben???

Gruß

Ein etwas irritierter Ingo :dizzy:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 01, 2010, 18:09:57 Nachmittag
Nun muss ich aber mal was fragen.
Nach der Einschlags-Theorie sind also die Tröpfchen, die beim Einschlag 2er flüssiger und somit großer Planetesimale entstehe die späteren Chondren. Nun würde mich aber mal interessieren ob es eine Erklärung dafür gibt, das wir keine Chondren finden die was weiß ich 4cm groß sind.
Ich denke nicht das man davon ausgehen kann, das die gesamten Tröpfchen in der Tröpfchenwolke die beim Einschlag entstanden ist, in etwa die gleiche Größe hatten. Meiner Meinung nach müsste es doch auch größere gegeben haben? :nixweiss:

Hallo Dave,
es gibt Chondren, die über 4cm gross sind. Die grösste Chondre hat 48mm Durchmesser: http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg67705.html . So grosse Chondren sind allerdings selten. Die Schockwellen-Theorie hat deutlich mehr Probleme, die Entstehung von so grossen Chondren zu erklären als die Einschlags-Theorie. Ich denke mal, dass es grössere Chondren durch die Konvektion in der Einschlagswolke zerreißt. Nach der Einschlags-Theorie wären Chondren ja eng verwandt mit den Tektiten. Da ist es auch so, dass die alle ähnliche Grösse haben. Einen 50cm Moldavit hat man meines Wissens noch nicht gefunden.

Grüsse,
Mark
 
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 01, 2010, 18:31:50 Nachmittag

Ja und wenn die Chondrite nicht das älteste Material repräsentieren, wie es bisher den Anschein hat, dann stoße ich da aurf noch ein Problem. Woher kommen dann bitte die ganzen organischen Verbindungen in den Kohligen vom Typ 1 und 2 (CM CI), denn dieses Material muss sich doch allen anderen (dann folgenden) Prozessen entzogen haben, um erhalten geblieben zu sein?! Muss nun die gesamte Klassifikation der Chondrite überdacht/geändert werden und die Kohligen kommen nun in eine gänzlich neue Gruppierung? :gruebel:

Die Matrix in den CM Chondriten ist schon noch original Urnebel-Suppe. Ebenso bestehen die CI Chondriten daraus, die ja gar keine Chondren haben. Ich glaube da ist man sich nach wie vor einig. Das ist das primitivste Material, das es gibt. Ich dachte allerdings bisher, dass z.B. die CM-Chondrite ursprünglich auch dicht gepackt mit Chondren wie ein L3 waren und diese Chondren sich durch Einfluss von Wasser stark zersetzt haben und nur noch wenige Chondren übriggeblieben sind. Das scheint mir so nicht richtig zu sein. Vielmehr waren in dem Bereich, in dem die CM-Chondriten entstanden sind, von vornherein weniger Chondren vorhanden. Ich stelle mir das so vor, dass die Chondren in den CM2 von frühen Einschlägen stammen, wobei die Chondren dann in den Nebel abgegeben wurden. Aus dem Nebel hat sich dann später der Mutterkörper der CM2 Chondriten gebildet. In dieser Region des Sonnensystems scheint es weniger Kollisionen oder weniger flüssige Magma-Bälle gegeben zu haben.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ben.g am September 02, 2010, 07:36:09 Vormittag
Nun muss ich aber mal was fragen.
Nach der Einschlags-Theorie sind also die Tröpfchen, die beim Einschlag 2er flüssiger und somit großer Planetesimale entstehe die späteren Chondren. Nun würde mich aber mal interessieren ob es eine Erklärung dafür gibt, das wir keine Chondren finden die was weiß ich 4cm groß sind.
Ich denke nicht das man davon ausgehen kann, das die gesamten Tröpfchen in der Tröpfchenwolke die beim Einschlag entstanden ist, in etwa die gleiche Größe hatten. Meiner Meinung nach müsste es doch auch größere gegeben haben? :nixweiss:

Hallo Dave,
es gibt Chondren, die über 4cm gross sind. Die grösste Chondre hat 48mm Durchmesser: http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg67705.html ....

Ja, und es gibt durchaus noch mehr große Chondren, wenn auch nicht so groß wie dieses Extrembeispiel:

Parnallee, LL3 - 3 mm
Bremervörde, H3 -  4 mm
Estacado, H6 -  7 mm and 10mm
Barratta, L4 -  8 mm
Belle Plaine, L6 -  9 mm
Bluff, L5  - 10 mm
Crumlin, L5  - 11 mm
Richardton, H5  - 11 mm
NWA 4679, CK3.8 - 12 mm (GIPO presale; Bernd Pauli Meteorite Collection)
De Nova, L6  - 13 mm
Hajmah, L5-6 - 18 mm
Djati-Pengilon, H6 - 48 mm (ellipsoidal chondrule, List comm.: David Weir)

Evidence for limited chondrule size ranges has been obtained by measuring a set of 62 chondrules spearated from LL chondrites. Using the data set suggests that > 99% of chondrules in those meteorites have diameters smaller or equal to 4.1 mm.
- Macrochondrules occupy only about 1% (!) of meteorite surfaces
- Macrochondrules or clasts were found in about 4% of the 833 ordinary chondrites they examined
- The H chondrites, as expected, contain a smaller proportion of large objects than the L and LL chondrites

Conclusions (excerpt): Macrochondrules or clasts were found in about 4% of the 833 OCs examined. 36 macrochondrules and 24 clasts were identified. Macrochondrules (> 5 mm in diameter) are mineralogically identical to normal chondrules, having porphyritic/poikilitic, barred olivine, and radiating pyroxene textural types. The most important criterion that distinguishes clasts from chondrules is usually the presence of fractured surfaces that indicate derivation from preexisting, larger objects ... Macrochondrules and clasts were found through the range of petrographic types. Fewer were located in H-chondrites than in L- or LL-chondrites.

Quelle:
BRIDGES J.C. et al. (1997) A survey of clasts and large chondrules in ordinary chondrites (Meteoritics 32-3, 1997, 389-394)

Diese Infos hat mir Bernd (Thin-Section) gestern noch freundlicherweise zugänglich gemacht. (Danke!)

Gruß
Ben
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Andyr am September 02, 2010, 08:52:40 Vormittag
Moin!

Ja und wenn die Chondrite nicht das älteste Material repräsentieren, wie es bisher den Anschein hat, dann stoße ich da aurf noch ein Problem. Woher kommen dann bitte die ganzen organischen Verbindungen in den Kohligen vom Typ 1 und 2 (CM CI), denn dieses Material muss sich doch allen anderen (dann folgenden) Prozessen entzogen haben, um erhalten geblieben zu sein?! Muss nun die gesamte Klassifikation der Chondrite überdacht/geändert werden und die Kohligen kommen nun in eine gänzlich neue Gruppierung? :gruebel:

Die Komponenten in CI und CM-Chondriten entstanden ja nicht miteinander, sondern zu unterschiedlichen Zeiträumen und möglicherweise auch in unterschiedlichen Regionen des frühen Sonnensystems. Und ab einer Temperatur, bei der chemische Reaktionen erschwert werden (also niedrigen Temperaturen), kam es zur Vergessellschaftung dieser Komponenten, die somit auch erhalten geblieben sind und relativ wenig Wechselwirkung erfahren haben (von hydrothermaler Alteration einmal abgesehen).
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Dave am September 02, 2010, 09:17:00 Vormittag
Hi,

also das es so große Chondren auch gibt wusste ich nicht. 1,..cm habe ich selber schon gesehen aber bis 4cm noch nicht.
Aber gut jetzt weiß ich es.
Allgemein finde ich die neue Einschlags-Theorie schon schlüssig, aber wer weiß ob das schon die Letzte ist, denn es stehen ja wie man sieht, noch einige Fragen offen.

Mal ganz davon ab, dass wenn die Eisen eben nicht das Ergebnis einer Differenziation sind (da sie das älteste Material darstellen) hier noch keiner schlüssig erklären konnte, warum es dann Meso und Pallis gibt.

Allgemein mal gesagt würde ich bei der Entstehung der Mesos und Pallas mal davon ausgehen das es sich hier vielleicht um einmalige Ereignisse gehandelt haben kann. Ich meine vielleicht gibt es jeweils nur einen Mutterkörper von dem alle Pallas oder eben Mesos "abstammen". So wie das zum Beispiel auch bei den HED´s ist. Das ist nur mal so ne Überlegung von mir. :dizzy:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 11:40:27 Vormittag
Mal ganz davon ab, dass wenn die Eisen eben nicht das Ergebnis einer Differenziation sind (da sie das älteste Material darstellen) hier noch keiner schlüssig erklären konnte, warum es dann Meso und Pallis gibt.

Hallo,
die Eisen sind natürlich durch Differenzierung entstanden. Vielleicht habe ich mich da etwas unklar ausgedrückt. Das ursprünglichste Material in der protoplanetaren Scheibe neben den CAIs ist das Material, aus dem die CI-Chondriten bestehen. Aus diesem Material haben sich aber bereits 0.5 Mio Jahre nach der CAI-Entstehung Asteroiden gebildet, die sich differenziert haben (Eisen in der Mitte, Silikate oben). Von diesen relativ kleinen Asteroiden von vielleicht 30km bis einigen 100km Durchmesser stammen alle Eisenmeteorite. Da die Asteroiden relativ klein waren, sind die schon nach wenigen Millionen Jahren fest geworden. Vielleicht waren es 100, vielleicht auch 1000 solcher Asteroiden, vielleicht auch noch mehr. Wir haben ja von über 50 verschiedenen Asteroiden Eisenmeteorite. Man kann anhand der chemischen Zusammensetzung der Eisen unterscheiden, ob sie vom selben oder von verschiedenen Asteroiden stammen.

Die Eisenmeteorite stammen daher sehr wahrscheinlich auch nicht von sehr grossen Asteroiden, weil wegen der frühen Entstehung auch relativ kleine Asteroiden flüssig wurden, denn der radioaktive Zerfall war um so höher, je früher sich der Asteroid gebildet hat. Zuvor nahm man eher an, dass die Eisen von viel grösseren Asteroiden/Protoplaneten stammen, da man glaubte, dass sich solche differenzierten Asteroiden erst später gebildet haben und daher wegen der geringeren Radioaktivität ein grösseres Volumen notwendig ist, damit sich ein flüssiger Kern bilden kann. Es ist aber viel wahrscheinlicher, bei einem 30km Objekt durch Einschläge das Eisen freizulegen als bei einem 1000km Objekt. Bei einem 1000km Objekt bräuchte es schon gewaltige Einschläge, um das Eisen freizusetzen. Von daher wird man wohl selbst bei Vesta nicht auf den Eisenkern schauen, obwohl sie einen sehr grossen Krater hat.

Merkwürdig ist, dass wir zwar von 50 verschiedenen differenzierten Asteroiden Eisenmeteorite haben, aber die Achondrite nur von sehr wenigen verschiedenen Asteroiden stammen.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: DCOM am September 02, 2010, 12:28:59 Nachmittag
Merkwürdig ist, dass wir zwar von 50 verschiedenen differenzierten Asteroiden Eisenmeteorite haben, aber die Achondrite nur von sehr wenigen verschiedenen Asteroiden stammen.

Das hat wohl damit zu tun, dass aufgrund störender Bahnresonanzen mit Jupiter aus den Kirkwoodlücken im Asteroidengürtel massenhaft Material von Vesta ins Innere des Sonnensystems transportiert wird. Deshalb ist HED-Material überrepräsentiert. Das heißt natürlich nicht, dass es weniger verschiedene Achondrite gibt, sondern nur, dass die Erde überwiegend nur mit bestimmtem Material "beliefert" wird. Die Eisen entstanden möglicherweise in einer Zeit, als es diesen Transport-Mechanismus noch nicht gab bzw. in einer anderen Raumregion.

Grüße, D.U.  :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 13:30:43 Nachmittag
Naja, wenn aber doch die Eisen von 50-60 verschiedenen Asteroiden zu uns kommen, warum kommt dann kaum etwas vom Mantelmaterial dieser differenzierten Asteroiden bei uns an, sondern nur das Eisen aus dem Kern? Die Bahnresonanzen müssten doch für Mantel- und Kernmaterial gleich sein.

Hier finden sich einige Ansätze ( http://oro.open.ac.uk/21349/1/GREENWOODETAL2009.pdf ):

- Es könnte sein, dass die Krusten dieser Asteroiden in den letzten 4.5 Milliarden Jahre durch Weltraum-Verwitterung abgetragen worden sind.
- Die Meteoritenfälle spiegeln nicht das tatsächliche Mengenverhältnis der Materialen im Asteroidengürtel wider.
- Steinmeteorite erhalten sich auf der Erde nicht so gut wie die Eisen, daher sind die Eisen überrepräsentiert.
- Die Kruste dieser differenzierten Asteroiden wurde schon früh durch Einschläge zerstört.

In dem Paper wird näher auf die vierte Variante eingegangen. Es könnte sein, dass Mesosiderite durch Einschläge in solche differenzierten Asteroiden entstanden sind, ohne den Asteroiden ganz zu zerstören. In den Mesosideriten findet man machmal olivinreiche Einschlüsse. Dabei könnte es sich um Reste von Mantelmaterial dieser differenzierten Asteroiden handeln.

Grüsse,
Mark


Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 02, 2010, 14:26:52 Nachmittag
Ich hab da so meine Schwierigkeiten.
Also da schwabbeln also als erstes glutflüssige Asteroiden durchs Sonnensystem,
stossen dann zusammen, es spritzt, die Tröpflein erstarren zu Chondren.
Und das bildet dann die Asteroiden und Planetesimale - und das muß innerhalb von 2 Millionen Jahren geschehen.

Wo sind denn dann diejenigen dieser ersten Asteroiden hin, die nicht durch Zusammenstöße eliminiert wurden?
Kann ja schlecht sein, daß die sich alle samt und sonders in so kurzer Zeit vernichtet hätten, das würde ja eine Materiedichte voraussetzen im Frühsonnensystem, die uns vor Schwierigkeiten stellen würde.
Grad wenn man bedenkt, daß die Große Leerkegelung z.B., bis a Ruah war, das Heavy Bombardment 700 Millionen Jahre angedauert hat.

Da müßten dann schon ein paar dieser übriggeblieben sein,
- allein hamwa sowas nicht unter den Meteoriten.

Die müßten sich ihrerseits ja entweder differenziert haben, oder wenns zu klein waren nicht, aber dann eben achondritisch sein.
So alte Achondrite mit Kristallisationsaltern 2 Millionen (+ aweng zum Abkühlen) nach Anbegin hamwa aber nicht.

Und die differenzierten Meteorite die wir haben, und das kann man ja auch modellieren die Abkühlraten,
sind ja zu jung. (Und manchmal hamse noch Reliktchondren drin).

Selbe Schwierigkeit hab ich, die Eisenmeteorite unterzubringen, die ja auch anscheinend viel jüngere Kristallisationsalter haben.

Auch wüßt ich dann nicht, wenn sich alles durch große Kollisionen zerspellt hat, wie ich die riesigen Gasplaneten zusammenbekomme.

Und auch weiß ich nicht, warum die durchschnittliche Chondrengröße in den unterschiedlichen Meteoriten so unterschiedlich ist, nicht aber in dem jeweiligen einzelnen Meteoriten.
Was sich durch so aprupte Ereignisse nicht so recht, aber viel besser erklären läßt, wenn die Chondren sich frei gebildet haben und durch photophoretische Effekte sortiert wurden (mei war des gschwolln ausgedrückt, wißt scho, die Lichtmühlen oder wie die Dinger heißen, die in den 70igern und Frühachzgern als Dekoartikel so beliebt waren).

?

 :prostbier:
Mettmann
 
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Greg am September 02, 2010, 15:16:07 Nachmittag
Hallo,  :hut:

zunächst einmal vielen Dank an vor allem Mark, der hier die neuen Thesen verständlich zusammengefasst und mit Links versehen hat.  Klasse. :super: Das Thema ist sehr spannend.

Bei mir vermischen sich nun verschiedene Gedanken und Bilder.  :dizzy: Man versucht sich die Abläufe ja vorzustellen, kann sich dabei aber auch schnell gedanklich verrennen. Einiges ist klar, anderes fraglich. Es wurde ja schon gesagt, dass alle Thesen ein "aber" sowie einige "??" beinhalten...

Auf eine Sache möchte ich spontan eingehen:
Zitat
Das ursprünglichste Material in der protoplanetaren Scheibe neben den CAIs ist das Material, aus dem die CI-Chondriten bestehen. Aus diesem Material haben sich aber bereits 0.5 Mio Jahre nach der CAI-Entstehung Asteroiden gebildet, die sich differenziert haben (Eisen in der Mitte, Silikate oben). Von diesen relativ kleinen Asteroiden von vielleicht 30km bis einigen 100km Durchmesser stammen alle Eisenmeteorite.

Damit ist doch nicht gemeint, dass die CI Mutterkörper differenziert waren, oder etwa doch? Das könnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ebensowenig bei den CM Mutterkörpern. Aufgrund von Chondren, Eisen etc. dürften diese nicht differenziert gewesen sein. Oder kann man Eisen diesen Mutterkörpern zuordnen?  :gruebel:

Vielleicht ist der Gedanke anders gemeint. Aus dem CAI und CI Material haben sich die ersten differenzierten Körper gebildet. Von diesen stammen die Eisenmeteoriten. Die Frage, wo das entsprechende achondritische Mantelmaterial hin ist (der Urmantel sozusagen), ist dann natürlich sehr berechtigt.

Viele Güße
Greg
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: speul am September 02, 2010, 15:49:21 Nachmittag
Hallo,
schade, daß auf Ingos Einwand noch keiner reagiert hat.
Zitat
Was mich bei allen Theorien immer etwas stört ist das Faktum, dass sie immer irgendwie "absolutistisch" sind. Eben immer Beweise dafür gefunden werden, dass sich etwas nur so (und nicht anders) zugetragen haben kann. Könnte es nicht viel mehr doch so sein, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeiten gebildet haben können. Also durch Schockwellen, Nebelblitze und Kollisionen? Einen Wassertropfen kann ich auf der Erde ja auch nicht nur dadurch erzeugen, dass ich einen Stein ins Wasser klatsch. Warum muss es also immer ein entweder oder sein und nicht auch mal ein "auch".
verschiedene Genesen zu unterschiedlichen oder gleichen Zeitpunkten an anterschiedlichen Orten würden das Problem doch auch gut lösen. Zum anderen: Wenn bisher die eine Theorie favorisiert war, heiß es doch auch, daß dafür hinreichend Beweise da waren, sonst hättens ja nicht die meisten geglaubt. Nun gibts paar Fakten, die nicht mit der Theorie übereinstimmen, muß halt ne neue her, aber warum denn alles in den Papierkorb werfen.
Das ist aber so ein Problem bei den Geologen.
Früher gab es die Neptunisten und die Plutonisten. Die einen sagen, alles Gestein stammt aus dem Meer, und haben gute Beweise, die anderen sagen: Alles vulkanisch. Hat lange gedauert bis se begriffen haben, manches steammt aus dem Vulkan und anderes aus dem Meer.
Früher galt nur der Aktualismus, nur was heute passiert, ist auch immer schon passiert, also mußten für seltsame (Impakt)-Gesteine, seltsame Typen von Vulkanismus generiert werden, nur um extraterrestrische Ursachen nicht nutzen zu müssen, - sonst wäre man im Abseits gelandet. Erst in den letzten Jahrzehnten ists nun Gemeingut gewurden, daß es Impakte gibt und auch ungewöhnliche vulkanische Ablagerungen.

Deswegen nochmal, beide Theorien in einen Topf, umrühren und dann sehen, welche Chodren in der einen Weise entstanden sind und welche in der anderen Weise.
NAtur ist halt nicht so linear wie es uns manchmal lieb ist.
speul
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 16:05:33 Nachmittag
Vielleicht ist der Gedanke anders gemeint. Aus dem CAI und CI Material haben sich die ersten differenzierten Körper gebildet. Von diesen stammen die Eisenmeteoriten. Die Frage, wo das entsprechende achondritische Mantelmaterial hin ist (der Urmantel sozusagen), ist dann natürlich sehr berechtigt.

Hallo Greg,
ja, genau so ist das gemeint. Hier nochmal chronologisch:

1. Staubscheibe aus CI-artigem Material
2. Ab etwa 0.5 Millionen Jahren: Ausbildung von einigen tausend Asteroiden von 30-1000km Durchmesser und ersten Protoplaneten aus diesem Material. Diese Asteroiden sind alle komplett flüssig. Dazwischen gibt es weiterhin CI-artiges Nebelmaterial.
3. Zusammenstösse dieser Magma-Bälle, wodurch immer wieder Tröpfchen entstehen (Chondren), diese Chondren fallen aber wieder auf die zusammenstossenden Asteroiden zurück und schmelzen wieder
4. Ab etwa 1.5 Millionen Jahren nach dem Anfang: Zusammenstoss von Asteroiden, die bereits etwas abgekühlt sind, dabei komplette Auflösung in Tröpfchen. Nun reicht die Energie beim Zusammenfallen nicht mehr zur kompletten Aufschmelzung. Die ersten Mutterkörper der Chondrite bilden sich. Je nach Einschlagstyp entstehen unterschiedliche Chondrite. Ein solcher Zusammenstoss muss sich auch in dem Bereich ereignet haben, wo die CM2 Chondrite herstammen. In dieser Region gibt es aber noch viel von dem CI-artigem Urnebel. Diese Chondren vermischen sich mit dem Urnebel. Später bilden sich aus dem Urnebel/Chondren-Gemisch Asteroiden aus CM2 Material (nicht flüssig). Die CI-Chondrite bilden sich in einem Bereich, der nur aus dem Urnebel besteht. Hier gab es keine Zusammenstösse von flüssigen Asteroiden.
5. Die kleinen flüssigen Asteroiden kühlen immer mehr ab und werden fest. Diejenigen, die nicht zu Chondren zerstäubt wurden, sind kleine Mini-Vestas (hunderte oder tausende). Das Innere von den grösseren Protoplaneten ist weiterhin flüssig.
6. Etwa 5 Millionen Jahre nach dem Anfang: Von einem Zusammenstoss von zwei  Protoplaneten erhalten sich die letzten Chondren (CB-Chondrite)
7. Weitere Zusammenstösse von Protoplaneten. Z.B. der Zusammenstoss, bei dem der Mond gebildet wurde. Auch hier bilden sich Unmengen von Tröpfchen (Chondren), aber diese fallen alle auf den vom Einschlag komplett verflüssigten Mond und den Magma-Ozean auf der Erde zurück und schmelzen. Auch von anderen ähnlichen Einschlägen bleiben keine Chondren zurück. Bei Zusammenstössen von den Mini-Vestas, die inzwischen komplett fest sind, wird das Eisen freigelegt (unsere heutigen Eisenmeteorite). Die achondritische Kruste wird zerpulvert. Einschläge in die Mutterkörper der Chondrite führen zu Brekzien.
8. Ausdünnung: Die meisten Mini-Vestas, von denen oft nur noch der Metallkern übrig ist, und Chondrite schlagen entweder auf Planeten ein oder werden aus dem Sonnensystem herausgeschleudert.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 02, 2010, 17:07:16 Nachmittag
...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 18:29:48 Nachmittag
...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?
Da kann ich auch nur spekulieren:
Es ist in der Tat sehr merkwürdig, dass die CAIs nur in den kohligen Chondriten vorkommen, aber nicht in den gewöhnlichen Chondriten. Mal angenommen, die CAIs waren am Anfang in der Staubscheibe gleichmässig verteilt. Dann muss es in der Region, in der sich die gewöhnlichen Chondrite gebildet haben, andere Abläufe gegeben haben als in der Region, in der sich die kohligen Chondrite gebildet haben.

Ich könnte mir das so vorstellen, dass die Anzahl der flüssigen Asteroiden in den ersten 2 Millionen Jahren im inneren Sonnensystem höher war als weiter aussen. Die CI-Chondrite und die CM2-Chondrite haben ja nur wenige oder keine Chondren, was für mich ein Hinweis darauf ist, dass es hier weniger Magma-Bälle und damit weniger Chondrenentstehung gab. Man geht davon aus, dass die kohligen Chondrite weiter aussen im Sonnensystem entstanden sind. Wenn es in der Region, wo die gewöhnlichen Chondrite entstanden sind, eine deutlich höhere Anzahl solcher Asteroiden gab, dann könnte es sein, dass der ganze Staub dort von den Magma-Bällen aufgesammelt wurde und mehrfach bei Zusammenstössen zu Chondren geworden ist (mehrere Generationen von Chondrenbildung, wobei die Chondren dann immer wieder aufgeschmolzen sind, als sie wieder zu einem flüssigen Asteroiden zusammengefallen sind). Dabei wurden dann alle CAIs zerstört.

Im äusseren Sonnensystem gab es dagegen nur wenige Magma-Bälle und hier wurde nicht aller Staub in die wenigen Magma-Bälle eingesammelt. Die CV3 Chondrite könnten direkt aus der ersten Generation eines Zusammenstosses zweier Magma-Bälle entstanden sein. Daher war hier noch der ursprüngliche Staub mit den CAIs in der Umgebung erhalten. Nach dem Einschlag hat sich dann ein Gemisch von Chondren (entstanden aus dem Einschlag) und CAIs aus der umgebenden Staubscheibe zum Mutterkörper der CV3 Chondrite zusammengeballt. Das könnte auch deutlich später passiert sein, so dass es zunächst zu einer längeren Durchmischung von Chondren und CAIs gekommen ist.

Aber das ist alles reine Spekulation von mir. In der Literatur habe ich dazu noch nichts gefunden.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 20:00:34 Nachmittag
Und auch weiß ich nicht, warum die durchschnittliche Chondrengröße in den unterschiedlichen Meteoriten so unterschiedlich ist, nicht aber in dem jeweiligen einzelnen Meteoriten.

Ich denke, die verschiedenen Chondren sind einfach Ausprägungen von verschiedenen Einschlagssituationen. Nehmen wir z.B. die winzigen Chondren der CO3 Chondrite im Vergleich zu den grossen Chondren der CV3 Chondrite. Beide sind in einem ähnlichen Bereich des Sonnensystems entstanden. Ich glaube, dass das Magma beim Einschlag, der zu den CO3 Chondriten geführt hat, einfach heisser war (weniger zähflüssig) als bei den CV3 Chondriten und/oder es eine höhere Einschlagsenergie gab. Dadurch wurde das Material bei den CO3 Chondriten stärker zerstäubt.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: DCOM am September 02, 2010, 22:08:54 Nachmittag
Ich hätte da mal eine andere Frage: Bezüglich der Entstehung des Erdkerns wird davon ausgegangen, dass Eisen und Nickel zunächst als Oxide vorlagen, weil sie durch den Sauerstoff in der protoplanetaren Scheibe rasch oxidiert wurden. Zu einer Differenzierung in Erdkern, Mantel und Kruste konnte es erst kommen, nachdem die Oxide durch CO reduziert und das jetzt metallische Nickeleisen in die Tiefe sank.

Nun sind kleinere Asteroide aufgrund ihrer geringen Gravitation allerdings nicht in der Lage, Gase wie CO zu halten. Daraus wäre zu folgern, dass sich kleinere Asteroide nicht differenzieren und einen metallischen Kern ausbilden können. Nur große Asteroide können folglich einen Eisenkern besitzen.

Frage: Ist das zutreffend? Wenn ja, lässt sich abschätzen, wo etwa die kritische Masse liegt, oberhalb derer es zur Reduktion von Metalloxiden bzw. zur Ausbildung metallischer Kerne kommt?

Grüße, D.U.  :hut:

P.S.: Kurioserweise besitzt Jupiter keinen metallischen, sondern einen Silikatkern, der etwa 20 Erdmassen schwer ist. Seine Existenz muss also mit einem Super-Hyper-Asteroiden begonnen haben, der nach und nach Wasserstoff, Helium und andere Gase einsammelte. Möglicherweise sitzt im Innern dieses Asteroiden aber doch ein kleines Nickeleisen-Kernlein von ein paar Mondmassen  :einaugeblinzel:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Greg am September 02, 2010, 22:29:02 Nachmittag
Hallo Mark,

der Ablaufplan bringt eine gute Übersicht.  :super: Das hört sich alles sehr nachvollziehbar an.

Eine Sache kann ich darin aber nicht unterbringen:

Zitat
Es ist inzwischen unter den Wissenschaftlern herrschende Meinung, dass die Eisenmeteorite älter sind als die Chondrite. Es steht zwar noch in vielen Lehrbüchern, dass sich zuerst die Chondren aus Staubkörnern in der protoplanetaren Scheibe gebildet haben und sich danach aus dem chondritischen Material die ersten Planetesimale gebildet haben, aber diese Ansicht ist heute überholt. Vielmehr ist es so, dass sich die Mutterkörper der Chondrite praktisch als letztes gebildet haben, als es schon längst Planetesimale/Protoplaneten gab, von denen Eisenmeteorite die Überreste sind.

Nach der Auflistung entstehen unter Punkt 4 die Chondrite mit ihrem Mutterkörper ab 1,5 Millionen Jahre:
Zitat
Nun reicht die Energie beim Zusammenfallen nicht mehr zur kompletten Aufschmelzung. Die ersten Mutterkörper der Chondrite bilden sich. Je nach Einschlagstyp entstehen unterschiedliche Chondrite.

Zu diesem Zeitpunkt haben sich die etwas festeren Magmabälle aber noch nicht abgekühlt und soweit differenziert, dass ein Eisenkern gebildet wurde. In den Chondriten ist ja das Eisen fein verteilt.
Erst im folgenden Punkt 5 bilden sich nach Deiner Auflistung zeitlich später die kleineren, differenzierten "Mini-Vestas", dessen Kerne uns die Eisenmeteoriten liefern.

Ich kann das nicht mit der oben zitierten Aussage, dass das Eisen älter ist, überein bringen.
Die chondritischen Mutterkörper können von der Logik her doch zeitlich nicht nach der Differenzierung entstanden sein.

Dieser Widerspruch, dass sich Chondrite gebildet haben sollen, als es schon Eisenkerne gab und das Eisen folglich älter sein soll, lässt sich vielleicht nur dadurch erklären, dass die Prozesse nicht überall zeitgleich abliefen, da in der Scheibe unterschiedliche Temperaturen und Bedingungen herrschten. Also, dass ein Teil schon ausdifferenziert war, während wo anders sich Magmabälle gerade erst abkühlten und durch Kollisionen sich Chondren und deren Mutterkörper bildeten.

Viele Grüße  :prostbier:
Greg
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 02, 2010, 22:39:16 Nachmittag
Moin!

...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?

Wenn wir davon ausgehen, dass CAIs ursprünglich eine relativ weite Verteilung hatten, so dass sie ggf. auch in Prozesse involviert waren, bei denen OCs entstanden sind, dann könnte man nur so argumentieren, dass der Prozess der anhaltenden Chondrenbildung ein eher CAI-zerstörender ist. Demnach müsste man daraus folgern, dass sich die Mutterkörper der CVs und auch der Rs dann irgendwie/irgendwann diesen Prozessen entzogen haben oder diese Prozesse sich verlagert haben. Sprich, dass es in der Nähe der sich gebildeten CV- und R-Mutterkörper nicht mehr zu Einschlägen gekommen ist. Huch, das hat MarkV ja auch schon geschrieben. Bin jetzt doch iwi konfus. :dizzy:
Ein weiterer Grund könnte auch sein, dass CAIs wesentlich anfälliger für metamorphose Prozesse waren/sind, die später auf dem Mutterkörper stattfanden - wurden dann also dabei völlig zerstört. Hier stellt sich die Frage, ob es dann nicht OC-3er mit CAIs geben könnte/müsste.

Und auch weiß ich nicht, warum die durchschnittliche Chondrengröße in den unterschiedlichen Meteoriten so unterschiedlich ist, nicht aber in dem jeweiligen einzelnen Meteoriten.

Ich denke, die verschiedenen Chondren sind einfach Ausprägungen von verschiedenen Einschlagssituationen. Nehmen wir z.B. die winzigen Chondren der CO3 Chondrite im Vergleich zu den grossen Chondren der CV3 Chondrite. Beide sind in einem ähnlichen Bereich des Sonnensystems entstanden. Ich glaube, dass das Magma beim Einschlag, der zu den CO3 Chondriten geführt hat, einfach heisser war (weniger zähflüssig) als bei den CV3 Chondriten und/oder es eine höhere Einschlagsenergie gab. Dadurch wurde das Material bei den CO3 Chondriten stärker zerstäubt.

Hmmm, da bekomme ich aber schon wieder Probleme:
Selbst wenn man die Schwankungen in der Chondrengröße mit unterschiedlichen Viskositäten des Magmas dieser Bälle erklären möchte, und das ist kein Pfad den ich gerade zu beschreiten bereit bin (Wasser ist bei gleicher Temperatur auch immer gleich fluid und bei einem Einschlag sind nie alle Tropfen gleich groß - bei irdischem Magma übrigens auch nicht) :baetsch: , dann leuchtet mir absolut nicht ein, warum der innere Bau der Chondren (BO; PO; RPx etc.) innerhalb eines Meteoriten so unterschiedlich sein sollte. Ein sehr flüssiges Magma sollte doch von der Zusammensetzung her sehr homogen sein, zumindest homogener als ein sehr viskoses. Das sollte doch dann eher zu gleichartigen Chondren führen, oder? Ja, ich weiß, nun kommt wieder die Sache mit der Abkühlungsgeschwindigkeit ins Spiel.
ABER, an diesem Punkt möchte ich eine weitere sehr naive Überlegung in die Diskussion einbringen: Wenn sich alle (chemisch ident.) Tröpfchen, die gleich weit vom Impaktgeschehen entfernt sind (also quasi orbital um das Zentrum verteilt sind), mit tendenziell gleichen Geschwindigkeiten abkühlen, und dadurch andere Chondrentypen bilden und diese dann auf eine Art von Mutterkörper zurückstürzen, wo sie dann irgendwann nicht mehr zerstört werden und überdauern, müssten wir dann nicht eine Art von Sortierung beobachten können - erst mehr die einen, dann die anderen? Eine solche Art von Sortierung gibt es doch in Meteoriten nicht, die Chondren sind alle sehr durcheinander.

Spricht dies nicht eher für viele unterschiedliche und sehr kleinräumige Geneseprozesse, die sich gegenseitig überlagern? :gruebel:

Womit ich wieder bei meinem "und auch"-Prinzip wäre...

Gruß

Ingo
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 22:55:07 Nachmittag
Ich kann das nicht mit der oben zitierten Aussage, dass das Eisen älter ist, überein bringen.
Die chondritischen Mutterkörper können von der Logik her doch zeitlich nicht nach der Differenzierung entstanden sein.

Dieser Widerspruch, dass sich Chondrite gebildet haben sollen, als es schon Eisenkerne gab und das Eisen folglich älter sein soll, lässt sich vielleicht nur dadurch erklären, dass die Prozesse nicht überall zeitgleich abliefen, da in der Scheibe unterschiedliche Temperaturen und Bedingungen herrschten. Also, dass ein Teil schon ausdifferenziert war, während wo anders sich Magmabälle gerade erst abkühlten und durch Kollisionen sich Chondren und deren Mutterkörper bildeten.

Das erstarrte Eisen ist so gesehen nicht älter als die Chondrite. Es ging mir darum, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite älter sind als die Mutterkörper der Chondrite. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Chondrite waren die Mutterkörper der Eisenmeteorite noch flüssig, insbesondere im Inneren. Die flüssigen Asteroiden, die zusammengestossen sind, haben sich in Chondrite umgewandelt. Diejenigen der flüssigen Asteroiden, die nicht zusammengestossen sind, sind erstarrt (Eisen in der Mitte, Silikate im Mantel) und sahen ähnlich aus wie Vesta, nur die meisten wohl nicht so gross.

Zitat
Daraus wäre zu folgern, dass sich kleinere Asteroide nicht differenzieren und einen metallischen Kern ausbilden können. Nur große Asteroide können folglich einen Eisenkern besitzen.
Schon 30-60km kleine Asteroiden konnten sich komplett verflüssigen, da bis 0.5 Millionen Jahre nach der CAI-Bildung noch sehr viel Energie durch den Zerfall von Al 26 frei wurde.

Da wir Eisen von gut 60 verschiedenen Mutterkörpern haben und man annimmt, dass nur ein kleiner Bruchteil dieser Mutterkörper noch erhalten ist, muss es damals tausende solcher differenzierten Asteroiden gegeben haben.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 02, 2010, 23:23:29 Nachmittag
Selbst wenn man die Schwankungen in der Chondrengröße mit unterschiedlichen Viskositäten des Magmas dieser Bälle erklären möchte, und das ist kein Pfad den ich gerade zu beschreiten bereit bin (Wasser ist bei gleicher Temperatur auch immer gleich fluid und bei einem Einschlag sind nie alle Tropfen gleich groß - bei irdischem Magma übrigens auch nicht) :baetsch: , dann leuchtet mir absolut nicht ein, warum der innere Bau der Chondren (BO; PO; RPx etc.) innerhalb eines Meteoriten so unterschiedlich sein sollte. Ein sehr flüssiges Magma sollte doch von der Zusammensetzung her sehr homogen sein, zumindest homogener als ein sehr viskoses. Das sollte doch dann eher zu gleichartigen Chondren führen, oder? Ja, ich weiß, nun kommt wieder die Sache mit der Abkühlungsgeschwindigkeit ins Spiel.

Hier ist sicherlich noch sehr viel Forschungsarbeit nötig. Vielleicht kann man solche Einschläge mit dem Computer simulieren und schauen, welche Grösse die Tröpfchen haben. Mehrere Ursachen für die unterschiedlichen Chondrenarten erscheinen mir möglich:
- Es kann sein, dass die Chondren in die Umgebung abgegeben wurden und sich nicht gleich ein neuer Asteroid daraus gebildet hat, sondern sich Chondren von verschiedenen Einschlägen vermischt haben.
- Die Einschlagswolke kann sich mit dem umgebenden Nebel vermischt haben.
- Die zusammenstossenden Magma-Bälle hatten ja aussen durchaus eine dünne Kruste. Von daher waren die nicht so homogen. Dies kann Einfluss auf das Aussehen der Chondren in verschiedenen Bereichen der Impakt-Wolke haben.

Zitat
ABER, an diesem Punkt möchte ich eine weitere sehr naive Überlegung in die Diskussion einbringen: Wenn sich alle (chemisch ident.) Tröpfchen, die gleich weit vom Impaktgeschehen entfernt sind (also quasi orbital um das Zentrum verteilt sind), mit tendenziell gleichen Geschwindigkeiten abkühlen, und dadurch andere Chondrentypen bilden und diese dann auf eine Art von Mutterkörper zurückstürzen, wo sie dann irgendwann nicht mehr zerstört werden und überdauern, müssten wir dann nicht eine Art von Sortierung beobachten können - erst mehr die einen, dann die anderen? Eine solche Art von Sortierung gibt es doch in Meteoriten nicht, die Chondren sind alle sehr durcheinander.

Bei den CO3-Chondriten gibt es ja durchaus verschiedene "Körnungen". Ich habe welche mit grossen und welche mit so kleinen Chondren in der Sammlung, dass man sie mit dem blossen Auge gar nicht mehr sieht.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 03, 2010, 00:01:38 Vormittag
Hmmmmm! Ich seh schon, das wird bestimmt ein schöner und spannender Abend bei unserem Treffen in Wien im November. Mal sehen, wie weit dann diese Diskussion hier gediegen ist...

Gruß und :prostbier:

Ingo
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 03, 2010, 00:12:05 Vormittag
Zitat
Vielleicht kann man solche Einschläge mit dem Computer simulieren und schauen

Naja, ich glaub man müßte eher simulieren, wie das denn hinhauen soll, daß die Asterioden der "ersten Generation" (die glutflüssigen Kollidierer),
sich allesamt und in der wahnsinnig kurzen Zeit von nur 2 Millionen Jahren durch Zummenstöße allesamt vernichtet haben.
Ich glaub das geht gaa nich. Viel zu kurz, oder man müßte mit irrsinig dichten Populationen rechnen.

Ich müßt mich mal genauer einlesen, gibt ja nun bald ein Dutzend Theorien zur Chondrenentstehung.
Ist nicht vielen gemein, daß man den Chondren ablesen kann, daß sie nicht nur schlagartig erhitzt worden sein müssen, sondern mehrfach?
Das geht dann auch wieder nicht so recht zusammen, mit der einfachen Kollisionstheorie.

 :prostbier:
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 03, 2010, 00:48:43 Vormittag
Naja, ich glaub man müßte eher simulieren, wie das denn hinhauen soll, daß die Asterioden der "ersten Generation" (die glutflüssigen Kollidierer),
sich allesamt und in der wahnsinnig kurzen Zeit von nur 2 Millionen Jahren durch Zummenstöße allesamt vernichtet haben.
Ich glaub das geht gaa nich. Viel zu kurz, oder man müßte mit irrsinig dichten Populationen rechnen.

Haben sie ja nicht. Mindestens 60 davon sind immer noch da (wo unsere Eisen herkommen). Die restlichen paar tausend sind im Laufe von 4.5 Milliarden Jahren auf andere Planeten oder in die Sonne gestürzt (die meisten davon in der Frühzeit, "late heavy bombardment" und vor allem noch davor) oder wurden aus dem Sonnensystem herausverfrachtet.

Ist nicht vielen gemein, daß man den Chondren ablesen kann, daß sie nicht nur schlagartig erhitzt worden sein müssen, sondern mehrfach?
Das geht dann auch wieder nicht so recht zusammen, mit der einfachen Kollisionstheorie.

Ja, das sehe ich auch als grösstes Problem bei der Theorie. Ist es denn wirklich sicher, dass die Chondren mehrfach in grossem zeitlichen Abstand erhitzt wurden? Hat man mal innerhalb einer Chondre Altersbestimmungen von den verschiedenen Schichten gemacht? Wenn das stimmt, wird es sicher nicht einfach, dafür eine Erklärung im Rahmen der Kollisonstheorie zu finden.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Andyr am September 03, 2010, 08:52:03 Vormittag
...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?

Man geht davon aus, dass CAI´s in den inneren Bereichen der Scheibe gebildet wurden und dann durch Transportprozesse (Sonnenwind o.ä.) in die äußeren Regionen transportiert wurden.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 03, 2010, 09:42:28 Vormittag
Moin Sammlers!

Ist nicht vielen gemein, daß man den Chondren ablesen kann, daß sie nicht nur schlagartig erhitzt worden sein müssen, sondern mehrfach?

Genau so ist es! Viele Chondren zeigen Anzeichen dafür, dass sie mehrere thermische Events durchlaufen haben. Das erklärt dann auch die vielen Struktur-Typen viel einleuchtender und besser. Man muss sich ja immer vor Augen halten, dass es in Chondren nicht nur bestens auskristallisierte Olivine und Pyroxene sondern auch Glasphasen gibt.
Nun, ich bin mir sicher, dass die Kollisionstheorie nicht die letzte Theorie sein wird, von der man bei der Chondrengenese hören wird. :einaugeblinzel:

Gruß

Ingo
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 03, 2010, 11:03:17 Vormittag
Genau so ist es! Viele Chondren zeigen Anzeichen dafür, dass sie mehrere thermische Events durchlaufen haben. Das erklärt dann auch die vielen Struktur-Typen viel einleuchtender und besser. Man muss sich ja immer vor Augen halten, dass es in Chondren nicht nur bestens auskristallisierte Olivine und Pyroxene sondern auch Glasphasen gibt.
Nun, ich bin mir sicher, dass die Kollisionstheorie nicht die letzte Theorie sein wird, von der man bei der Chondrengenese hören wird. :einaugeblinzel:

Naja, so schnell gebe ich mich hier nicht geschlagen. Es ist aber richtig, dass eine Theorie zur Chondrenentstehung alle Eigenschaften von Chondren erklären muss. Dazu gehören  neben den ganzen unterschiedlichen Chondritenarten auch die rekristallisierten Ränder von einigen Chondren. Wenn die Einschlags-Theorie diese Ränder nicht erklären kann, dann muss man sie verwerfen, keine Frage.

Nur: Ich habe gerade mal ein wenig in der Literatur nachgesehen. Soweit ich sehe, gibt es bisher keine Messung, wie alt die rekristallisierten Ränder im Vergleich zum inneren der Chondren sind. Wenn die Einschlagstheorie stimmt, dann müssen diese Ränder ebenfalls in der Einschlagswolke entstanden sein und damit nahezu gleich alt sein (höchstens einige Minuten oder Stunden Altersunterschied). Würde man feststellen, dass die Ränder einige zigtausend Jahre später entstanden ist, dann dürfte die Einschlagstheorie kaum noch haltbar sein.  Die entscheidende Frage ist also, ob die Ränder bei zwei zeitlich getrennten Ereignissen entstanden sind oder nicht.

Nehmen wir zum Vergleich ein Hagelkorn:
http://de.academic.ru/pictures/dewiki/72/Hagelkorn_mit_Anlagerungsschichten.jpg
Das hat auch verschiedene Schichten. Ich könnte mir einen ähnlichen Prozess in der Impaktwolke vorstellen, bei dem ein bereits fester Tropfen nochmals kurz erhitzt wird, wenn er in einen heisseren Bereich der Wolke gelangt. Blitze gibt es in so einer Impaktwolke sicherlich auch sehr viele, aber ich glaube eher nicht, dass die zu solchen Rändern führen. Da dürfte sich dann eher Glas bilden (Fulgurite).

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 03, 2010, 11:52:34 Vormittag
Zitat
Das erstarrte Eisen ist so gesehen nicht älter als die Chondrite.

Aber steht nicht in den Büchern drin, daß die Kristallisationsalter der Eisen (und der HEDs) jünger als die der Chondrite ist?
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 03, 2010, 12:19:04 Nachmittag
Moin Mark! :winke:

Naja, so schnell gebe ich mich hier nicht geschlagen. Es ist aber richtig, dass eine Theorie zur Chondrenentstehung alle Eigenschaften von Chondren erklären muss. Dazu gehören  neben den ganzen unterschiedlichen Chondritenarten auch die rekristallisierten Ränder von einigen Chondren. Wenn die Einschlags-Theorie diese Ränder nicht erklären kann, dann muss man sie verwerfen, keine Frage.

Ich bin mir nicht sicher, ob uns das weiterhelfen wird:
Ich habe die rekristallisierten Ränder an Chondren immer als Phänomen der Metamorphoseprozesse auf dem Mutterkörper verstanden. ODER Liege ich hier nun falsch? Wenn dem so sein sollte, dann hilft uns ein Altersunterschied nicht dabei, die Einschlags-Theorie zu verwerfen.
ABER: Selbst wenn die rekristallisierten Ränder nicht auf dem Mutterkörper entstanden sein sollten, sondern schon vorher besteht ja dennoch die Möglichkeit, dass die Chondren-Wolke nicht gänzlich (also nicht alle Chondren daraus) wieder auf den Mutterkörper, durch dessen Existenz sie ihre Entstehung verdankt, zurück fällt. Es besteht doch die Möglichkeit, dass einige Chondren durchs All treiben und bei weiteren Kollisionen wieder in Mitleidenschaft gezogen werden (hatte ich das hier nicht schon irgendwo gelesen?). In diesem Fall würden wir wieder einen Altersunterschied zwischen innerer Chondre und Rand feststellen. Hilft uns also auch nichts.

Das Problem bei der ganzen Sache ist doch, dass wir ggf. Altersunterschiede in der Kristallision von Chondren messen können, die wir auf unterschiedliche thermische Events zurückführen können. Wir können also sagen, wann etwas kristallisiert ist bzw. aufgeschmolzen war. Wir sind aber durch diese Untersuchungen nicht in der Lage (und werden es auch nie sein) zu klären, woher die thermische Energie für diesen Prozess letztlich gekommen ist. Aber genau diese Frage ist es doch, die man klären müsste um die Genese der Chondren zu klären bzw. ist es, die man versucht mit den Bildungstheorien zu beschreiben. Hier beißt sich die Katze doch in den Schwanz...

Gruß

Ingo

P.S. ODER gibt es doch eine Möglichkeit zu messen, durch welchen Prozess etwas aufgeheizt wurde - also eine Art von Signatur?
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 03, 2010, 12:23:09 Nachmittag
Aber steht nicht in den Büchern drin, daß die Kristallisationsalter der Eisen (und der HEDs) jünger als die der Chondrite ist?

So habe ich es auch im Kopf. Aber wenn ich es recht verstehe, soll doch dies hier gerade gekippt werden, oder? :gruebel: :dizzy: :platt:

Gruß

Ingo
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 03, 2010, 12:40:51 Nachmittag
Ja ich weiß nicht?

Wenn man so rumschaut, also die neueste Zahl (Wadhwa/Bouvier) für die CAIs ist 4,568.2 Mrd Jahre.

Und was man so an Zahlen für die Chondrenalter findt, liegt im Bereich von 2 Millionen nach CAI-Bildung.

Eisen (nehmer mal Smoliar, Walker, Morgan)
IVA 4,527 ± 29
IVB 4,456 ± 25
IIA 4,537 ± 8
IIIA 4,558

Bei den Eucs liest man, wenn man spätere Erhitzung durch Impakte wegläßt,
Zahlen zwischen 4,25 und 4,55

Und hier ist ein ganz neuer Paper,
das nahelegt, daß sich die Chondren praktisch alle simultan gebildet haben:
http://www.lpi.usra.edu/meetings/mssymp2010/pdf/8011.pdf

Also irgenwie paßt das nicht zusammen mit der neuen Theorie.

 :prostbier:
Mettmann

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 03, 2010, 12:58:02 Nachmittag
Aber steht nicht in den Büchern drin, daß die Kristallisationsalter der Eisen (und der HEDs) jünger als die der Chondrite ist?

In den Büchern steht, dass sich als aller erstes aus der Staubscheibe die Chondren gebildet haben und sich danach aus den Chondren die Mutterkörper der Chondrite gebildet haben. Dann haben sich diese chondritischen Asteroiden zu grösseren Körpern vereinigt. Wenn sich dann ein grosser Protoplanet gebildet hat, ist dieser aufgeschmolzen und differenziert. Diese Abfolge ist falsch, das habe ich oben schon geschrieben:

Zitat
Iron meteorites provide insights into the earliest stages of accretion in the solar system as they come from bodies that formed and differentiated before the parent bodies of the chondrites had formed. We know this from Hf-W isotopic data: the parent isotope, 182Hf, which decays with a half-life of 9 Myr, prefers silicate to metallic iron whereas the reverse is true for the daughter isotope 182W. Since the proportion of 182W relative to other tungsten isotopes is indistinguishable in most irons from the initial isotopic ratio in calcium-aluminum-rich inclusions (CAIs), which were the first objects to form in the solar system, molten metal in their parent bodies must have separated from silicate almost immediately after CAIs formed. Allowing for errors in the measurements, we can infer that molten metal cores formed in most parent bodies within 1.5 Myr of CAI formation. Radiometric ages for chondrules, however, show that chondrites come from bodies that accreted 1-4 Myr after CAIs formed.
siehe auch (leider nicht im Volltext zugänglich):
http://books.google.de/books?id=skpq2GCjUl8C&pg=PA401&lpg=PA401&dq=Iron+Meteorites+and+Paradigm+Shifts&source=bl&ots=EUTfHfGLKn&sig=bGD8iP7Xn1YK64D8UqE7hlOB6Hc&hl=de&ei=yM6ATPeiNo3yOeeJ2Xg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CCQQ6AEwAQ#v=onepage&q=Iron%20Meteorites%20and%20Paradigm%20Shifts&f=false (http://books.google.de/books?id=skpq2GCjUl8C&pg=PA401&lpg=PA401&dq=Iron+Meteorites+and+Paradigm+Shifts&source=bl&ots=EUTfHfGLKn&sig=bGD8iP7Xn1YK64D8UqE7hlOB6Hc&hl=de&ei=yM6ATPeiNo3yOeeJ2Xg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=2&ved=0CCQQ6AEwAQ#v=onepage&q=Iron%20Meteorites%20and%20Paradigm%20Shifts&f=false)

Die Mutterkörper der Eisenmeteorite sind also bereits differenziert (wenn auch wohl zu dieser Zeit noch im inneren flüssig), bevor sich die erste Chondre findet. Von daher haben sich die Mutterkörper der Eisenmeteorite direkt aus dem Nebelmaterial entwickelt, nicht erst über den Umweg über chondritische Asteroiden.

Folgt man der Einschlags-Theorie ist es sogar so, dass sich die Chondrite aus differenzierten Asteroiden gebildet haben. Also genau umgekehrt wie früher gedacht, wo man annahm, dass sich die differenzierten Asteroiden aus chondritischem Material gebildet haben.

Grüsse,
Mark

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 03, 2010, 13:34:24 Nachmittag
Zitat
Diese Abfolge ist falsch, das habe ich oben schon geschrieben

Ja, aber das kann man doch so apodiktisch nicht sagen.
Das ist halt ein Ergebnis und eine These von einem Forscher, dem Alexander.

Dieweil andere zu anderen Ergebnissen und Modellen kommen, die nicht zusammengehen mit denen Alexanders.

Wie ich pers. auch immer recht skeptisch bin gegen derart holistische Theorien, die gleich aaaaalles umfassend erklären sollen
und damit gleichzeitig so simplifizieren.
Der Alexander hat halt andere Werte, wie weit die stimmen und welche vorzuziehen sind, kann ich als Laie nicht beurteilen,
und dann verarbeitet er eine Idee, die höchst ähnlich der Vorstellung ist, wie der Gujba entstanden sein könnt und verallgemeinert die auf alles.
Und macht eine neue Theorie auf.

Ich denk indes, daß die Chondrenentstehung sicherlich ein sehr komplexeres Thema ist und keineswegs so einheitlich verlaufen sein wird, als es diese Theorie vorschlägt.

Und generell scheint man einfach noch nicht so weit zu sein, daß man die jeweiligen Theorien durch Meßergebnisse belegen oder widerlegen kann.
Es ist ja noch nicht einmal gesichert, welche Grundbedingungen für die Chondrenbildung vorausgesetzt werden können,
welche Materiedichte, welche Drücke, welche Temperaturen und -verläufe, obs in deinem offenen oder einem geschlossenen System stattgefunden hat.
Jetzt die Jahre nehmens sich ja nun z.B. den Mineralbestand der Chondren vor, was man daraus in diesen Fragen schließen könnt. Siehe jenes Paper oben oder grad über eine Habilitation aus Göttingen gestolpert, die auch zu andern Ergebnissen kommt.

Und was mich immer ein bisserl wundert, ist diese ungewöhnliche Voreiligkeit solcher Papers.
Oft wird da ein einziger Meteorit angeschaut und gemessen, paar Werte aus der Literatur zusammengeklaubt und darauf fußend sofort eine Globaltheorie aus dem Bodengestampft.
Nicht, was weiß ich, da hat man sich die CAIs in Allende, dem bestuntersuchtesten Mett der Welt, nun 40 Jahre lang, gefühlte 10.000 Mal angeschaut und gemessen. Nun mißt einer die CAIs ein einzigsmal innem NWA-CV3, kommt zu einem leicht abweichenden Ergebnis und macht sofort ein neues Faß auf, und fordert man müßte die Geschichte des Sonnensystems komplett umschreiben.
- ich mein legst denen Stefan's NWA 2900er vor, wost sowohl CV3 als auch CK als auch Dark Inclusions drin hast,
dann täten die sagen Öha! Dann halt nicht, baumer eine andere allumfassende Theorie.
Ned? Der eine schreibt ein grundlegendes Paper über Chondren und das frühe Sonnensystem, hat sich aber nur den Semarkona angeschaut. Es gibt aber hunderte andere 3er, die halt doch anders als ein Semarkona sind.
Gleichzeitig hast den Fortschritt in der Meßtechnik, sodaß alte Meßwerte mit der Zeit veralten können, oder man knöpft sich ganz andere Isotope und Zerfallsketten vor, kommt teilweise zu anderen Ergebnissen - weiß aber nicht die verschiedenen Ergebnisse der verschiedenen Mehtoden zu evaluieren (oder zu erklären).

Es ist also doch recht anders, als in der Physik, Astronomie, Medizin wo man eben lange Reihen hat, Statistiken und unendliche Füllen von Daten und Meßwerten um Schlüsse zu ziehen.

Bei den Mets scheint mir die Datendichte noch viel zu gering, um gleich so allumfassende Theorien aussem Hut zaubern zu können.

Niwwa?
:prostbier:

Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 03, 2010, 13:46:22 Nachmittag
Nein, das Paper ist ja aus 2002. Es ist inzwischen ganz herrschende Meinung, dass sich die Eisen differenziert haben, bevor sich die Chondrite gebildet haben. Das ist nicht nur eine Theorie von einem einzelnen. http://www.psrd.hawaii.edu/April07/irons.html
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V66-4HW80JK-H&_user=10&_coverDate=12%2F15%2F2005&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1449771076&_rerunOrigin=scholar.google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=4b3c46c15d382538d1d27cf7557986ca&searchtype=a (http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V66-4HW80JK-H&_user=10&_coverDate=12%2F15%2F2005&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1449771076&_rerunOrigin=scholar.google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=4b3c46c15d382538d1d27cf7557986ca&searchtype=a)

Was umstritten ist, das sind die Theorien zur Chondrenentstehung, aber es ist nicht mehr umstritten, dass die Mutterkörper der Eisen so früh entstanden sind. Die relativ neuen Erkenntnisse zu den Eisen sind aber einer der Hauptgründe, warum die Chondrenentstehung durch Einschläge in der letzten Zeit wieder deutlich mehr Beachtung und Anhänger gefunden hat.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 03, 2010, 14:27:47 Nachmittag
Wissenschaft is doch nicht Fußball, wo man Anhänger einer Mannschaft ist, und wer den Pokal holt, spielt auch nicht immer den schönsten Fußball.
Die Physik ist undemokratisch. Nicht die Mehrheit entscheidet.

Wir haben ein paar neue Ansätze, aber alles ist im Fluß.

(Ja ich weiß schon, daß der Alexander auch ein Paper zum Paradigmenwexxel in der Ansicht über die Eisenmettbildung geschrieben hat),
aber die Kristallisationsalter der Eisen, die wir haben, - und wir ham halt nix anders als die Mets selber - und es sind eben nur Stichproben - und deswegen darf mans den Leuten auch nicht gesetzlich verbieten, immer neue Mets zu finden, sonst kommer ned weiter -
die kann man ja auch nicht so ohne weiteres wegwischen.

Wir stehen doch noch ziemlich an Anfang. Das fängt ja schon an damit, daß wir auch grad erst lernen über die Dynamik in frühen Sonnensystemen.
Die Planeten und Asteroide saßen ja auch ned immer da, wose heut sitzen. Und es ist ja nun auch nicht sooo lange möglich von der Rechenleistung her, Modelle mit derart vielen Körpern durchlaufen zu lassen.
Und es ist doch anzunehmen, daß die Bedingungen innerhalb des frühen Sonnensystems sicherlich nicht so homogen waren, wie das diese vereinfachenden Theorien nahelegen.

Mei, aufregend ist es allemal, aber man kanns ja unemotionalisiert anschaun. Wir ham ein Dutzend Theorien zur Chondrenentstehung, Schwabbelmagmakollision, Gravitations"wellen"in der Scheibe, Elektrische Blitze Bugwellen der Planetesimale, simple Akkretion, Ausbrüche der frühen Sonne und was weiß ich noch alles.

Welche Theorie die Chondrenentstehung am Besten erklären kann, das wird halt die sein, bei der man die meisten Meßwerte unterbringen kann, bzw. auch die, die in Einzelfällen, diese am genauesten erlaubt. (Kann ja auch sicher unterschiedliche Mechanismen bei der Chondrenbildung gegeben haben. Monokausal is in der Natur selten was).

Das muß mn einfach abwarten.
Das is aber auch das schöne in der Naturwissenschaft, daß das eben so ist und nicht so wie in der Geisteswissenschaft, wo man eher nur mit gedanklichen Konstrukten spielen muß.

 :prostbier:
Mettmann

PS: Ehm warum hammer bei der Kollisionstheorie dann eigentlich nur Silikatische Chondren, wenn vorher differenzierte Asteroide zammgrumpelt sind oder Magmabälle, aber keine Eisentropfen so wie bei Gujba?

- und problematisch könnt auch sein, wie krieg ich bei einer solch kurzfristigen Kollision von differenzierten Asteroiden
die interstellaren Staubteilchen in die Matrix der Chondrite?
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 03, 2010, 15:27:28 Nachmittag
Das muß man einfach abwarten.
Das is aber auch das schöne in der Naturwissenschaft, daß das eben so ist und nicht so wie in der Geisteswissenschaft, wo man eher nur mit gedanklichen Konstrukten spielen muß.

Klar, einerseits macht es ja auch gerade den Reiz beim Meteoritensammeln aus, dass man noch nicht alles über diese Steine weiss. Sonst wäre es auch nicht so spannend. Andererseits erhofft man sich nach 200 Jahren Meteoritenforschung schon irgendwann mal eine Antwort auf die Frage, woher die Chondren kommen, aus denen über 80% aller Meteorite zusammengesetzt sind. Ich sehe da inzwischen aber doch etwas Licht am Ende des Tunnels. Die Anzahl der Theorien, die noch verstärkt diskutiert werden, hat sich von einem Dutzend auf vielleicht 3 Stück reduziert. Von daher erleben wir es hoffentlich noch, dass sich die Wissenschaft in der Frage einig wird.

Hier noch ein Bild zum Thema, das ich vorhin aufgenommen habe (NWA 4216 LL3.3):
http://www.parhelia.de/mets/nwa4216d.jpg

 :prostbier:

Grüsse,
Mark


Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Greg am September 03, 2010, 15:33:20 Nachmittag
Hallo,  :hut:

Zitat
Die Mutterkörper der Eisenmeteorite sind also bereits differenziert (wenn auch wohl zu dieser Zeit noch im inneren flüssig), bevor sich die erste Chondre findet. Von daher haben sich die Mutterkörper der Eisenmeteorite direkt aus dem Nebelmaterial entwickelt, nicht erst über den Umweg über chondritische Asteroiden.

Folgt man der Einschlags-Theorie ist es sogar so, dass sich die Chondrite aus differenzierten Asteroiden gebildet haben. Also genau umgekehrt wie früher gedacht, wo man annahm, dass sich die differenzierten Asteroiden aus chondritischem Material gebildet haben.

Moment, halt stop! Mir fehlt an dieser Stelle nun die Stringenz.

Erst wurde gesagt, dass die chondritischen Mutterkörper entstanden sind bei Kollisionen von Magmabällen. Es formten sich Kügelchen und pappten als kleine chondritische Mutterkörper in der Wolke zusammen.
Die übriggebliebenen Magmabälle kühlten weiter ab, differenzierten sich und übrig blieben die "Mini-Vestas", von denen letztlich die Eisenmeteorite stammen.
Dies hört sich für mich plausibel an.

Doch nun heißt es plötzlich, dass die Asteroiden ja schon differenziert waren, bevor sich die chondritischen Mutterkörper bildeten. Und als Begründung für die Herkunft der chondritischen Mutterkörper werden zwar flüssige, aber differenzierte Asteroiden genannt. Also doch keine Entstehung aus kleinen Magmabällen, sondern aus differenzierten Körpern... :gruebel: :dizzy:

Hier liegt doch ein logischer Fehler vor.
Für einen Gujba kann ich dieses Szenario gut annehmen. Aber für die anderen Chondriten, mit ihrem Eisen- und Metallanteil - nein. Man kann sich gut vorstellen, wie sich aus undifferenzierten Magmabällen die Tröpfchen beim Impakt abtrennen etc. Aber wie sollen sich aus differenzierten Körpern mit Eisenkern und Silikatkruste chondritische Mutterkörper bilden?? Wo die Chondrite innen gleichmäßig, fein verteilte Eisensplitter aufweisen?

Gruß
Greg


Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 03, 2010, 16:02:07 Nachmittag
Hier liegt doch ein logischer Fehler vor.
Für einen Gujba kann ich dieses Szenario gut annehmen. Aber für die anderen Chondriten, mit ihrem Eisen- und Metallanteil - nein. Man kann sich gut vorstellen, wie sich aus undifferenzierten Magmabällen die Tröpfchen beim Impakt abtrennen etc. Aber wie sollen sich aus differenzierten Körpern mit Eisenkern und Silikatkruste chondritische Mutterkörper bilden?? Wo die Chondrite innen gleichmäßig, fein verteilte Eisensplitter aufweisen?

Diese Magma-Bälle hatten aussen bereits eine Silikatkruste. Die war aber nur recht dünn. Sanders nimmt für einen 50km Körper eine Kruste von 500m an. 95% des Magma-Balls waren flüssig. Die Konvektion war sehr stark. Inwieweit sich das Eisen unter diesen Bedingungen bereits in der Mitte sammeln kann, ist nicht ganz klar. Aber Sanders schreibt: "The answers may also illuminate the distinct shortfall of iron and other siderophile elements in, for example, the L and LL chondrites. The L and LL parent bodies perhaps accreted form splash ejecta sourced mainly in molten planetesimales where the iron had already sunk." Das heisst, die L und LL chondrite könnten aus einem Magma-Ball entstanden sein, bei dem sich das Eisen bereits im Kern angesammelt hat. Dann wurde nicht so viel Eisen in die Einschlagswolke abgegeben.
http://adsabs.harvard.edu/full/2005ASPC..341..915S

Die unterschiedlichen Chondriten (H,L,LL) könnten sich also aufgrund verschiedener Einschlagssituationen gebildet haben. Frühere Zusammenstösse, wo das Eisen noch besser vermischt war oder Einschläge, die zentral den Kern des Asteroiden getroffen haben, würden zu eher eisenreichen Chondriten führen, spätere oder streifende Einschläge eher zu eisenärmeren Chondriten.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 03, 2010, 17:08:43 Nachmittag
(Kann ja auch sicher unterschiedliche Mechanismen bei der Chondrenbildung gegeben haben. Monokausal is in der Natur selten was).

Ganz meine Rede!

Es liegt ja in der Natur der naturwissenschaftlichen Forschung :einaugeblinzel: , dass sie immer nur in der Lage ist spezifische Sachverhalte relativ losgelöst von anderen zu betrachten und zu beschreiben. Meiner Ansicht nach geht dabei des öfteren der Blick für das große Ganze verloren, aber damit muss man wohl (oder übel) leben.

Gruß

Ingo
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 04, 2010, 17:39:44 Nachmittag
Hallo,
ich hab hier einige Infos zu den Randzonen (rims) und mehrfachen Erhitzung von Chondren zusammengetragen.  

Rubin et al 1994
http://adsabs.harvard.edu/full/1994LPICo.844...31R
Es gibt zwei Arten von Randzonen (rims), feinkörnige und grobkörnige. Die feinkörnige Randzone umgibt die meisten Chondren von Typ 3 Chondriten. Sie hat sich vermutlich aus dem Nebel an die Chondren angelagert.

Die grobkörnige Randzone tritt bei etwa 10% der Chondren von gewöhnlichen Chondriten auf. Bei den CV3 Chondriten weisen 50% der Chondren eine grobkörnige Randzone auf. Diese Art der Randzone ist wahrscheinlich durch teilweise Aufschmelzung von feinkörnigem, staubreichen Vorgängermaterial entstanden. Jede grobkörnige Randzone von Typ 1 Chondren ist bei gewöhnlichen Chondriten von einer feinkörnigen Randzone umgeben. Die grobkörnigen Randzonen bei Typ 2 Chondren sind weniger stark geschmolzen.  Der Mechanismus, der die grobkörnigen Randzonen angeschmolzen hat, ist der gleiche, der für die Entstehung der Chondren verantwortlich ist. Das Vorkommen von grobkörnigen Randzonen um Chondren-Fragmente und isolierte Mineralkörner weist darauf hin, dass einige Chondren fragmentiert wurden, bevor sich ein Staubmantel um sie bilden konnte, der dann zu einer Randzone geschmolzen wurde.

(Chondrules and the protoplanetary disk, S.266, 1996
Viele Chondren könnten wenigstens drei getrennte Erhitzungsereignisse zeigen. Ein erstes, um einige "relict grains" zu erklären, ein zweites, das die eigentliche Chondre erzeugt hat und ein drittes, das die Schmelzränder um die Chondre erklärt.

Auf S. 174 wird eine BO Chondre mit einer grobkörnigen Randzone (coarse-grained rim) gezeigt. Die Randzone schliesst die gebrochenen Olivinkristalle ein. Daraus wird gefolgert, dass sich die Randzone gebildet hat, nachdem die Chondre kristallisiert und fragmentiert ist. Der Autor kommt zu dem Schluss, dass Chondren mit grobkörniger Randzone mehr als einmal über die Schmelztemperatur erhitzt wurden. Bei einigen dieser wiederholten Aufheizungen könnte sogar die ganze Chondre geschmolzen sein, weshalb die Anzahl der Chondren mit Randzone nur die untere Grenze für die Anzahl von Chondren mit mehrfacher Erhitzung darstellt.

Hutchison ( http://articles.adsabs.harvard.edu/full/2005ASPC..341..933H ) betont, dass es keine Chondren gibt, die nur teilweise geschmolzen sind. Man hat noch in keiner Chondre im inneren Reste eines ungeschmolzenen Vorgängermaterials gefunden. Das Ereignis, das zur eigentlichen Chondrenentstehung geführt hat, ist langandauernder gewesen als das Ereignis, das zu den Randzonen geführt hat. Daher seien hier zwei verschiedene Mechanismen am Werk und die eigentliche Chondrenentstehung hat daher nichts mit den Randzonen zu tun.

Bunch et al 1991 http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11538105
Bunch sagt, dass Experimente darauf hinweisen, dass die Randzonen von Chondren durch Hochgeschwindigkeits-Einschläge in den Regolith des Mutterkörpers entstanden sein könnten. Beim experimentellen Beschuss eines Materials mit geringer Dichte haben sich um das Projektil ähnliche Randzonen gebildet wie man sie bei Chondren beobachtet. Er unterscheidet "granular" und "opaque-rims" und sagt, dass diese Arten von Randzonen sich nicht mit einer Entstehung im Nebel erklären lassen, weil Chondren- und Matrix-Fragmente in den Randzonen gefunden wurden.


HC Connolly Jr - 1998 The Formation of Chondrules PetrologicTests of the Shock Wave
http://www.google.de/url?url=http://trs-new.jpl.nasa.gov/dspace/bitstream/2014/18995/1/98-0150.pdf&rct=j&sa=U&ei=YxWCTJbnEMamsAaPsPSSBg&ved=0CE4QFjAIOAo&q=rims+chondrules&usg=AFQjCNE6r389oamO-nW5WoSIH-ToBk3D2Q&cad=rja
Viele Chondren enthalten "relict grains". Die "relict grains" könnten aus früheren Generationen von Chondren stammen die fragmentiert sind. Dann wurden die fragmentierten Chondrenbestandteile wieder akkretiert und zu einer neuen Chondre geschmolzen. Chondren haben daher mehrmals einen Schmelzprozess durchlaufen, unterbrochen von Perioden der Fragmentation und Akkretion.
Viele Chondren haben Schmelzränder. Diese entstanden dadurch, dass zunächst kalter, feinkörniger Staub akkretiert wurde. Dann gab es ein Erhitzungs-Ereignis, das den Staub geschmolzen hat, ohne die darunterliegende Chondre zu schmelzen.


Sears et al, 1992 http://articles.adsabs.harvard.edu/full/1992Metic..27R.288S
Die feinkörnigen Randzonen bei Chondren von Murchison könnten durch eine Modifizierung aufgrund Wassereinfluss entstanden sein. Einige grobkörnige Randzonen in anderen Meteoriten könnten durch Umwandlung solcher feinkörnigen Randzonen entstanden sein.

Rubin et al 1987
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V66-488Y3PK-13R&_user=10&_coverDate=07%2F31%2F1987&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1450522973&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=b17ed07659f1236a4fdc237f9fa59242&searchtype=a
Die grobkörnigen Randzonen von Chondren entstanden durch ein Hitzeereignis im All. Danach hat sich Staub an die Chondre angelagert. Dies begrenzt die Theorien zur Chondrenentstehung auf solche, die eine mehrfache Erhitzung im Nebel zulassen.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 05, 2010, 12:00:14 Nachmittag
ABER: Selbst wenn die rekristallisierten Ränder nicht auf dem Mutterkörper entstanden sein sollten, sondern schon vorher besteht ja dennoch die Möglichkeit, dass die Chondren-Wolke nicht gänzlich (also nicht alle Chondren daraus) wieder auf den Mutterkörper, durch dessen Existenz sie ihre Entstehung verdankt, zurück fällt. Es besteht doch die Möglichkeit, dass einige Chondren durchs All treiben und bei weiteren Kollisionen wieder in Mitleidenschaft gezogen werden (hatte ich das hier nicht schon irgendwo gelesen?). In diesem Fall würden wir wieder einen Altersunterschied zwischen innerer Chondre und Rand feststellen. Hilft uns also auch nichts.

Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass der Rand bei einem zweiten Einschlag entstanden ist. Angenommen die Chondre wird in den Nebel abgegeben, dann ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie gerade in der Nähe eines anderen Asteroiden vorbeifliegt, während dort gerade ein Einschlag passiert, etrem gering. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Chondren zunächst noch im Orbit des Mutterkörpers kreisen, aus denen sie entstanden sind. Dann schlägt ein weiterer Asteroid in den Mutterkörper ein und es gibt einen Hitzeschwall, der die Chondre trifft. Gut, sowas kann passieren, aber es ist doch sehr unwahrscheinlich. Wenn 10% der Chondren von gewöhnlichen Chondriten und 50% der Chondren von CV3 Chondriten solche Ränder aufweisen, dann kann ich mir die Ränder nicht mit zweiten Einschlägen erklären. Von daher denke ich, dass diese Ränder im Zusammenhang mit dem Event stehen, der die Chondren gebildet hat. Wenn einige zig tausend Jahre zwischen den Ereignissen liegen würden, dann kann ich mir auch kaum vorstellen, wie sich so eine Chondre in dem doch noch recht dichten Nebel oder im Orbit um den Mutterkörper so lange erhalten kann, ohne komplett durch Zusammenstösse mit Staubteilchen zerstört zu werden.

Man könnte nun sagen, dass die Staubscheibe noch relativ dicht war und die Teilchen mehr im Gleichtakt gekreist sind als heute, so dass die Teilchen innerhalb der Staubscheibe besser gegen Kollisionen geschützt waren. Aber wenn es damals schon einige 1000 Planetesimale gab dann muss es häufig zu Kollisionen und Ablenkungen der Staubkörner bei nahen Vorbeiflügen gekommen sein, so dass es viele "Querschläger" gegeben haben muss. Wie soll eine Chondre das lange überleben? Das gilt übrigens auch für die CAIs. Irgendwie müssen die CAIs im äusseren Sonnensystem vor der Zerstörung durch Kollisionen geschützt worden sein. Für die im inneren Sonnensystem habe ich ja schon geschrieben, dass die CAIs durch mehrfache Akkretierung in Planetesimalen zerstört wurden. Aber im äusseren Bereich müssen sie sich über mindestens 2-4 Millionen Jahre erhalten haben. Mögliche Erklärung: Die CAIs habe sich im äusseren Sonnensystem als Staubschicht um die Planetesimale angelagert und eine dicke Schicht gebildet. Dort waren sie gegen Zerstörung geschützt. Dann kam es zum Zusammenstoss, wobei sich eine Wolke aus Tröpfchen aus dem flüssigen Magma vom inneren des Planetesimals gebildet hat, die sich mit der dicken CAI-Schicht von der Oberfläche gemischt hat. Aus so einem Einschlag sind dann die CV3 Chondriten entstanden. Bei den CM2 Chondriten sind die CAIs viel kleiner, vermutlich weil sie aus dem umgebenden Staub akkretiert wurden, wo die CAIs nicht gegen Zusammenstösse geschützt waren.

Ich habe jetzt noch bei Sanders etwas zu Schmelzrändern bei Chondren gefunden. Er schreibt:
http://articles.adsabs.harvard.edu/full/1997M%26PSA..32Q.113S

"Impacts on molten or partially molten planetesimals would loft dust and cold fragments from the surface region as well as droplets from the liquid interior. The constituents in the ejecta cloud would collide and droplets would engulf mineral fragments. This would explain matrix lumps and relict grains inside chondrules and dusty mantels on their surfaces. Compound chondrules also find a ready explanation. The interior of the chondrule cloud would presumably cool relative slowly, due to radiative shielding, in agreement with experimentally inferred chondrule cooling rates. Dust clumps and the rims of dust-coated chondrules caught up in the chondrule cloud would become sintered or melted, consistent with observations. The scenario is also consistent with the great abundance of chondrules in chondrites, and with an apparently restricted range of chondrule peak temperature. Large blobs of melt as well as chondrules would be expected, and these occur as macrochondrules in some chondrites."

Also von daher nimmt er an, dass die Schmelzränder der Chondren dadurch entstanden sind, diese Chondren nochmals in heissere Bereiche der Einschlagswolke gelangt sind und dabei angeschmolzen sind.


Hier sieht man mal was passiert, wenn man kochendes Wasser bei sehr kalten Temperaturen ausschüttet. Es bildet sich dann kein einzelner Eisklumpen, sondern viele feine Eiskristalle:
http://www.youtube.com/watch?v=aRwlrFimnZk
http://www.youtube.com/watch?v=_TYaDgEQSIo
 
Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 05, 2010, 23:28:30 Nachmittag
Hallo,
es ist übrigens sensationell, wie genau man mit den neuesten Instrumenten Altersbestimmungen an Meteoriten vornehmen kann. Das geht inzwischen auf +-100.000 Jahre!

Gross durch die Presse ging ja die Altersbestimmung eines CAI in NWA 2364 (CV3) auf 4,568.2 Millionen Jahre. Dieser CAI ist das älteste Objekt, das man bisher im Sonnensystem gefunden hat:
http://www.nature.com/ngeo/journal/v3/n9/full/ngeo941.html
Hier ein Bild dieses CAI:
http://www4.nau.edu/meteorite/Meteorite/Oldest.html

Das hat sich auch gleich auf den Preis von NWA 2364 ausgewirkt:
http://www.arizonaskiesmeteorites.com/AZ_Skies_Links/NWA_2364/4.7gNWA-2364/index.html  :dizzy:

Dieselbe Forschergruppe hat begonnen, eine Allende-Chondre genau zu vermessen. Nach bisherigem Ergebnis ist sie 4567.59 ± 0.10 Millionen Jahre alt. Dabei hat man die Chondre in 4 Teile aufgeteilt, drei Proben aus dem inneren Bereich und ein Teil aus der Randzone. Die drei Proben aus dem inneren Teil ergaben alle das gleiche Alter, die Probe aus der Randzone ein leicht abweichendes Alter. Leider geht aus der frei verfügbaren Zusammenfassung nicht das genaue Alter der Randzone hervor.
http://www.google.de/url?url=http://www.public.asu.edu/~abouvier/Bouvier_Goldschmidt_2008.pdf&rct=j&sa=U&ei=pgqETPe2L4n2Oazi7JEG&ved=0CCgQFjAC&q=Pb-Pb+isotope+systematics+in+an++++++Allende+chondrule+&usg=AFQjCNEaKXAChhPD4AFM0Zrv_hNXN8GpGg (http://www.google.de/url?url=http://www.public.asu.edu/~abouvier/Bouvier_Goldschmidt_2008.pdf&rct=j&sa=U&ei=pgqETPe2L4n2Oazi7JEG&ved=0CCgQFjAC&q=Pb-Pb+isotope+systematics+in+an++++++Allende+chondrule+&usg=AFQjCNEaKXAChhPD4AFM0Zrv_hNXN8GpGg)

Von solchen Messungen kann man schon sehr bald grundlegend neue Erkenntnisse erwarten, da sich ja die wesentlichen Vorgänge im Sonnensystem in den ersten 5 Millionen Jahren nach CAI-Bildung abgespielt haben.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 07, 2010, 00:19:50 Vormittag
Hallo,
übrigens das Alter von Muonionalusta ist 4565.3 ± 0.1 Millionen Jahre. Das ist der Zeitpunkt, als sich die ersten Bestandteile auskristallisiert haben. Im flüssigen Zustand muss er schon 1-2 Millionen Jahre vorher existiert haben.

"These data make the age of Muonionalusta the oldest documented yet for all differentiated bodies in the Solar System.."

http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-50C5XD9-2&_user=10&_coverDate=08%2F01%2F2010&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1452554038&_rerunOrigin=scholar.google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=988b16287b1cb85e1786100e9cfc7e96&searchtype=a (http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-50C5XD9-2&_user=10&_coverDate=08%2F01%2F2010&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1452554038&_rerunOrigin=scholar.google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=988b16287b1cb85e1786100e9cfc7e96&searchtype=a)

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 07, 2010, 00:30:29 Vormittag
http://kups.ub.uni-koeln.de/volltexte/2009/2684/pdf/Dissertation_Toni_Schulz.pdf
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 07, 2010, 00:54:48 Vormittag
Ja, auch hier wieder:
"Dies unterstützt die neue Sonnensystemchronologie, welche besagt, daß Chondrite nicht das Ursprungsmaterial der meißten differenzierten Asteroiden sein kann."

(Rechtschreib- und Grammatikfehler hab ich mit übernommen, ist schliesslich ne Dissertation :weissefahne:)

Grüsse,
Mark

P.S.: Ich glaub ich brauche eine neue Spalte in meiner Meteoritensammlungs-Datenbank namens "Alter". Ist doch toll, wenn wir bald von den meisten Meteoriten in unserer Sammlung das Kristallisationsalter auf +-100.000 Jahre genau kennen.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 09, 2010, 23:40:00 Nachmittag
Hallo,
hier noch ein sehr interessanter Bencubbinite: NWA 5492.
http://meteoriteguy.com/catalog/nwa5492.htm

Die Chondren auf dem Bild oben sehen aus wie ganz normale Chondren eines 3er Meteoriten. Also wenn sich wirklich manifestiert, dass alle Bencubbinite durch einen Einschlag entstanden sind, dann ist NWA 5492 der Beweis dafür, dass ganz "normal" aussehende Chondren durch Einschläge entstehen können. Aber noch hat NWA 5492 provisorischen Status.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 18, 2010, 12:29:31 Nachmittag
Ich tu des mal daher, weils zwei Theorien abbildet (und auch einige Beobachtungen, die mit der Schwabbelballkollisionstheorie nicht vereinbar sind):

http://rsta.royalsocietypublishing.org/content/359/1787/2077.full.pdf

 :prostbier:
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 18, 2010, 15:23:32 Nachmittag
Zitat von: Mettmann
Hab Dir in den Chondrenthread ein 10jahrealtes Paper reingelinkt.  (Hutchison, Russell, Williams). Zur Planetenentstehung.
Die eigentlich dazu dient,  zu zeigen, daß die Aufheizungen der Staubsteibe durch die Ausbrüche der Sonne im T-Tauri-Stadium allein nicht ausreichen, um das zu erklären, was man chemisch und mineralogisch an den Meteoriten und an den Chondren ablesen kann.
Sondern daß es auch Kollisionen gegeben haben muß und da findst dann auch schon den ominösen Zeitrahmen von 2 Millionen Jahren.
Schön detailliert - habs nur überflogen.
Und se jehen davon aus, daß schon vorher dementsprechend was da gewesen sein muß.

Naja, das passt doch alles wunderbar zur Einschlagstheorie. Die Einschlagstheorie erfordert ja gerade, dass sich schon sehr früh grosse Asteroiden und Protoplaneten gebildet haben (zunächst noch flüssig). Hätten sich die Asteroiden erst 5 Millionen Jahre nach den CAIs gebildet, dann gäbe es gar keine Chondren, weil Asteroiden von sagen wir 100km Durchmesser dann gar nicht mehr flüssig gewesen wären. Da sich die Planetenbildung aber viel rascher vollzogen hat als früher noch gedacht, waren schon in den ersten 2 Millionen Jahren heftige Zusammenstösse möglich (auch wegen dem Proto-Jupiter, der die kleineren Asteroiden ordentlich durcheinandergewirbelt hat).
 
Wenn so eine Chondre erst eine Millionen Jahre im Nebel herumschweben würde, bevor sie irgendwann zur Bildung eines chondritischen Asteroiden beitragen würde, dann frag ich mich, wie sie dass unter solchen Bedingungen unbeschadet überstehen kann. Wenn es zu dieser Zeit schon Asteroiden gab, die mit kosmischer Geschwindigkeit in andere Asteroiden eingeschlagen sind (durch Störungen vom Proto-Jupiter aus der Bahn geworfen), dann muss es auch zahlreiche kleine Staubteilchen gegeben haben, die quer zur Bewegung der friedlich vor sich hinschwebenden Chondre geflogen sind. Das würde eine Chondre doch keine 1000 Jahre überstehen, bis sie komplett zu Staub geworden ist. Ein Satellit hätte das unter diesen Bedingungen sicher nicht lange ausgehalten. Nun sind aber die meisten Chondren relativ unbeschädigt.

Zitat
(Ich kriegs sowieso geistig nicht auf die Reihe, wie ich die CAIs, deren neue Altersbestimmung ja der Aufhänger der Schwabbelkollisionstheorie war, in die Chondriten reinkriegen soll. Erstens wirds bei so einer Kollision ja ordentlich heiß, wieso sollen da die Silikate und das Zeug aufgeschmolzen sein, um Chondren zu bilden, nicht aber die CAIs, und warum gibts dann Eisenflöckchen und keine Eisentröpfchen. Kollision von glutflüssigen Körper sowieso nicht, da wären ja keine CAIs in der Suppe drin. Und wieso sind die praktisch nur in den Untergruppen der Kohligen, nicht aber bei den andern Chondriten drinne.)

Die für mich wahrscheinlichste Erklärung ist, dass sich die CAIs als Regolith auf den im inneren flüssigen Asteroiden abgelagert haben. Dann gab es einen Einschlag und dabei ist dann der Regolithstaub mit in die Einschlagswolke geraten und vermischt worden. Fertig ist der CV3. Weiter zur Sonne hin gab es mehr Einschläge und da wurden nach einigen Generationen von Einschlag, Zusammenfallen, Aufschelzung die CAIs aufgelöst. Hab ich weiter oben schon geschrieben.

Zitat
Und ev. auch interessant - die Dynamik. Die Asteroiden oder Schwabbler der ersten Generation, die sich ja aller zur annähernd selben Zeit gebildet haben müssen, müssen ja dann, mehr oder weniger ähnliche Bahngeschwindigkeiten gehabt haben.
Daher ists schwierig, wie die sich in so kurzer Zeit durch solche Gewaltigen Kollisionen, Hochgeschwindigkeitskollisionen, ausgelöscht haben sollen - die eben auf so hohe Relativgeschwindigkeiten zueinander zu bringen.
Im gelinkten Paper besorgt das, der ungeheuer massereiche Protojupiter - nuju und der is ja auch nich ex nihilo erschienen.

Da die Asteroiden ja flüssig waren, ist keine übermässig grosse Einschlagsenergie erforderlich gewesen. Der grösste Teil der Wolke fällt nach einiger Zeit wieder in sich zusammen.

Man muss sich auch anschauen, was es sonst noch an Alternativerklärungen zur Chondrenentstehung gibt. Das oben erwähnte X-Wind-Modell ist inzwischen ziemlich tot (siehe Weir Webseite). Dann bleibt sonst nur noch die Schockwellentheorie. Die hat das Problem, dass sie keine schlüssige Ursache für die Schockwellen benennen kann. Für mich ist die Einschlags-Theorie noch die einfachste und logischte Theorie von allen. Warum soll man unnötig komplizierte Erklärungen konstruieren, wenn es auch eine einfache gibt?

Ist natürlich nicht ganz einfach, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass die Chondren das ursprüngliche Nebelmaterial sind, aus denen sich alles andere gebildet hat. Mir wäre es auch lieber, wenn die Chondren im Nebel entstanden wären, statt aus aufgeschmolzenen Asteroiden. Es ist nun nicht so einfach, wenn man als Sammler möglichst ursprüngliches Material aus der Staubscheibe haben möchte. Da bleiben dann nur noch die CI und die weniger durch Chondren "verunreinigten" CM2, sowie einige andere kohlige und ausserdem die Typ 3 Chondriten, in der Hoffnung bei denen zwischen den Chondren den einen oder anderen interessanten Einschluss zu finden. Aber niemand muss dieser Theorie folgen. Sie ist ja im Moment wohl noch eher die Mindermeinung im Vergleich zur Schockwellen-Theorie.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 18, 2010, 16:41:55 Nachmittag
Man kann aber auch die T-Tauri-Winde durchaus für die CAIs hernehmen, wenn man deren Entstehungsort nur nah genug an die junge Sonne ranschiebt.
Ui hat einer ein Bild gemalen.
http://www.psrd.hawaii.edu/Sept02/isotopicAges.html

Und was halt nicht recht paßt, mit der Schwabbelkollisionshypothese, daß die Chondren mehrfach und jeweiles rapide erhitzt worden sein müssen.
Einmal nach Schwabbelzerspellung in den Zweitgenerationsasteroiden inkorporieret, bräuchte man weitere Auslöser für so schnelle Erhitzungen.
Zerfallswärme ist wohl nicht möglich - grad wenns kleine Körper sind, wenns größere dann schmilzt ja wiedrum alles auf und die Chondren sind futsch.
Impaktwärme - wir haben Chondrite, die sehr schwach nur geschockt sind, und haust einen zufest rein, gibts Impaktschmelzen und wiedrum sind Chondren furt.

Jut, bin kein Astronom, also als Blitzheizer, was kann da alles in Frage kommen?
T-Tauri-Ausbrüche. Benachbarte Supernovae und Gedöns. Wir ham ja in den Meteoriten Nachweise, daß da Supernovaprodukte drin sind, die sich zeiltlich auch relativ gut einordnen, um die Zeit eben herum. Tät ja auch passen, dazu daß das überhaupt der Auslöser zur Bildung der Sonne gewesen ist, die anders als die meisten Sterne sichtlich nicht in einem Haufen entstanden ist aber auch in ihrer Richtung und Rotationsgeschwindigkeit ums galaktische Zentrum vollkommen im Rahmen bleibt, also auch nirgends aus einem Haufen rausgeschleudert worden sein kann.
Der Zusammenfall des Protosolaren Nebels in eine Scheibe. 
Was weiß ich, müssen uns bewanderte sagen.

Allerdings und das machts ja so besonders spannend, gehen wir inszwischen ja sogar protoplanetare Staubscheiben um andere Sonnen an!

Guckma hier, das neue Spitzer Teleskop hat in einer solchen Staubscheibe Quarz nachgewiesen!
http://www.astronomy.com/asy/default.aspx?c=a&id=7596
Oiso gabs da auch solche plötzlichen Aufheizungen.

Doll, gell?
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 18, 2010, 21:12:44 Nachmittag
Man kann aber auch die T-Tauri-Winde durchaus für die CAIs hernehmen, wenn man deren Entstehungsort nur nah genug an die junge Sonne ranschiebt.
Ui hat einer ein Bild gemalen.
http://www.psrd.hawaii.edu/Sept02/isotopicAges.html

Das ist schon sehr umständlich, die CAIs ausgerechnet in Sonnennähe entstehen zu lassen, wo man sie doch nur bei den sonnenfernsten Asteroiden findet. Dann muss der CAI ganz schön weit, entgegen der Akkretionsrichtung, transportiert werden, um ihn in einen CV3 zu bekommen. Woher die CAIs kommen, ist mir allerdings auch nicht wirklich klar. Am einfachsten wäre es, wenn die als erstes aus dem heissen Nebel auskristallisiert sind und überall gleichmässig verteilt waren. Nur: In CI-Meteoriten findet man keine CAIs :eek: Schon sehr merkwürdig.

Zitat
Und was halt nicht recht paßt, mit der Schwabbelkollisionshypothese, daß die Chondren mehrfach und jeweiles rapide erhitzt worden sein müssen.
Einmal nach Schwabbelzerspellung in den Zweitgenerationsasteroiden inkorporieret, bräuchte man weitere Auslöser für so schnelle Erhitzungen.
Zerfallswärme ist wohl nicht möglich - grad wenns kleine Körper sind, wenns größere dann schmilzt ja wiedrum alles auf und die Chondren sind futsch.
Impaktwärme - wir haben Chondrite, die sehr schwach nur geschockt sind, und haust einen zufest rein, gibts Impaktschmelzen und wiedrum sind Chondren furt.

Soweit ich die Literatur bisher durchgesehen habe, ist nicht erwiesen, dass die Ränder durch zwei verschiedene, zeitlich getrennte Ereignisse entstanden sind. Vermutlich sind die Ränder direkt beim selben Einschlag entstanden, wenn die Chondre nochmals in heissere Bereiche verwirbelt wurde. Wenn Schockwellen die Ursache für die Ränder wären, dann muss es Schockwellen mit verschiedener Stärke gegeben haben. Aber man hat noch nie eine Chondre gefunden, die nur äusserlich angeschmolzen war und innen noch den Staubkern hatte, also nur von einer schwachen Schockwelle getroffen wurde, die nicht zur völligen Aufschmelzung gereicht hat.

Zitat
Jut, bin kein Astronom,
Das ist wohl das Hauptproblem, dass die Meteoritenforscher eine schöne Theorie über Schockwellen aufstellen, aber die Forschung über die Ursache der Schockwellen an die Astronomen abschieben.

Zitat
Allerdings und das machts ja so besonders spannend, gehen wir inszwischen ja sogar protoplanetare Staubscheiben um andere Sonnen an!
Ja, von den Astronomen ist hier auch einiges an neuem Wissen zu erwarten. Bald soll ja der HST-Nachfolger an den Start gehen. Mal schauen, wie gut der die Staubscheiben auflösen kann. Eine sehr überraschende Erkenntnis waren auch die jupitergrossen Planeten direkt in Sternnähe (etwa so nah wie Merkur). Das hat auch alle alten Theorien zur Sonnensystementstehung über den Haufen geworfen. Solche grossen Planeten sind wahrscheinlich weiter aussen entstanden, aber dann durch "Abbremsung" im Nebel näher an ihren Stern gelangt.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 18, 2010, 23:53:56 Nachmittag
Zitat
Das ist wohl das Hauptproblem, dass die Meteoritenforscher eine schöne Theorie über Schockwellen aufstellen, aber die Forschung über die Ursache der Schockwellen an die Astronomen abschieben.

Eigentlich nicht, das ist wunderbar interdisziplinär. Und der Astrophyskus der kümmert sich drum
und kann mittlerweile, wenn man ihn fragt, die Chondrenentstehung per Schockwellen
wunderbar erklären.

(Hoffentlich krieg ich jetzt keine Schläg, wenn ich das hinlink....):

http://www.astronews.com/news/artikel/2005/03/0503-008.shtml

Und die Burschen arbeiten weiter, allein ich find immer nur noch Bezahlartikel von denen...


Zitat
Das ist schon sehr umständlich, die CAIs ausgerechnet in Sonnennähe entstehen zu lassen,

Och, dytt scheint schon zu gehn, wenn man nur will (und misst):

http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2005/pdf/1024.pdf


 :prostbier:
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ben.g am September 19, 2010, 07:17:23 Vormittag
Hallo

Auch der Ansatz einer Induzierung der Schockwellen durch eine Supernova ist noch nicht tot:
http://carnegiescience.edu/news/little_bang_triggered_solar_system_formation

Gruß
Ben
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: stollentroll am September 19, 2010, 08:42:42 Vormittag
Zitat
Guckma hier, das neue Spitzer Teleskop hat in einer solchen Staubscheibe Quarz nachgewiesen!
Nein, nicht Quarz, sondern Cristobalit und Tridymit.
Quarz kann nur unterhalb von 573 °C entstehen. Tridymit (in der HT-Form) benötigt mindestens 867°C und der kubische Cristobalit mindestens 1470°C (es gibt bei Tridymit und Cristobalit auch noch Niedrigtemperatur-Formen, die aber strukturell etwas anders sind). Das ist ja das gute daran, dass man das Druck-Temperatur-Diagramm von SiO2 so gut kennt und aus dem Vohandensein der einzelnen Phasen dann Rückschlüsse auf die Bedingungen ziehen kann.

Grüße
der Stollentroll

PS: ist das in dem "Quarz-Eucriten" eigentlich wirklich Quarz oder auch Tridymit ?
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 19, 2010, 10:10:10 Vormittag

(Hoffentlich krieg ich jetzt keine Schläg, wenn ich das hinlink....):

In dem Artikel steht ganau nichts dazu, was die Schockwelle ausgelöst hat. Ausserdem ist er von 2005. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite schon akkretiert waren, bevor sich die Chondren gebildet haben. Für eine Schockwelle braucht man ein Medium in dem sich die Welle ausbreitet. Wenn es aber schon zig tausende Asteroiden gab, bevor sich die Chondren gebildet haben, dann ist es unwahrscheinlich, dass der Nebel noch dicht genug war, um solche Schockwellen weiterzuleiten.

Bei einem relativ hohen Anteil der Chondren in Meteoriten, sind zwei oder mehr Chondren aneinandergeschmolzen (compound chondrules). Damit solche compound chondrules entstehen können, muss die Anzahl von Chondren-Vorläufer-Staubbällen bei 0.1-30 pro Qubikzentimeter gelegen haben (siehe unten verlinktes Paper). Computersimulationen zeigen aber, dass ein Nebelbereich, der eine so hohe Dichte ausweist, schon in kürzester Zeit gravitativ in sich zusammenfallen würde und einen Asteroiden bildet.

Ausserdem weisen Untersuchungen darauf hin, dass Chondren bei ihrer Aufschmelzung kein Natrium an ihre Umgebung abgegeben haben und in einem geschlossenen System entstanden sind, das einen hohen Staubanteil erfordert:
Zitat
To achieve essentially closed-system behavior, particularly for the alkalis but also FeS, Fe, FeO and SiO2, requires very high solid/gas ratios – ~106-109 for pH2 10-4-10-8 bars - that are very hard to achieve in the nebula by known mechanisms such as turbulent concentration [6].
http://www.google.de/url?url=http://www.lpi.usra.edu/meetings/mssymp2010/pdf/8007.pdf&rct=j&sa=U&ei=s72VTI-yFIXGsgaqosidCQ&ved=0CBoQFjAA&q=chondrule+formation+dense&usg=AFQjCNHLGVobYtdVCaPZbOIoV4YgHigWgg&cad=rja (http://www.google.de/url?url=http://www.lpi.usra.edu/meetings/mssymp2010/pdf/8007.pdf&rct=j&sa=U&ei=s72VTI-yFIXGsgaqosidCQ&ved=0CBoQFjAA&q=chondrule+formation+dense&usg=AFQjCNHLGVobYtdVCaPZbOIoV4YgHigWgg&cad=rja)

Krot et al sagen, dass für die Entstehung von Typ1 Chondren ein hoher Gasdruck in der Umgebung vorhanden gewesen sein muss. Das erfordert auch ein sehr dichtes Medium.
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-4M51FJS-1&_user=10&_coverDate=11%2F15%2F2006&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1466001559&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=37f6e245a4e7d463189c9e5c971ba137&searchtype=a (http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-4M51FJS-1&_user=10&_coverDate=11%2F15%2F2006&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1466001559&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=37f6e245a4e7d463189c9e5c971ba137&searchtype=a)

Das passt alles sehr gut zur Einschlagstheorie, nicht aber zur Nebeltheorie. Denn wenn die Materie und Gasdichte so hoch war, dann wäre dieser Teil des Nebels gleich in sich zusammengefallen.

Zitat von: Ben
Auch der Ansatz einer Induzierung der Schockwellen durch eine Supernova ist noch nicht tot:
Da geht es um die Supernova, die der Auslöser für den Zusammenfall der Staubscheibe war, was allgemein anerkannt ist. Das ist aber nicht zu verwechseln mit den Schockwellen, die zur Entstehung von Chondren geführt haben. Hier wüsste ich nicht, dass aktuell noch jemand vertritt, dass die Schockwellen, die zum Aufschmelzen der Chondren geführt haben, von einer Supernova ausgelöst wurden.


Grüsse,
Mark

P.S.:
Ich häng mal noch eine Grafik an, die den Anteil der Chondren und CAIs in den verschiedenen Meteoritenklassen zeigt. Ausserdem ist der petrologische Grad (1-6) angegeben, der bei diesen Meteoritenklassen vorkommt. Dabei steht Grad 3 für unverändertes Material. Je mehr die Zahl nach oben abweicht (4,5,6), um so stärker ist die Veränderung durch Hitzeeinfluss. Je mehr die Zahl nach unten abweicht (2-1), um so grösser ist die Veränderung des Ausgangsmaterials durch Wassereinfluss. Das könnte vielleicht in der weiteren Diskussion noch eine Rolle spielen.
Quelle: http://www.goodschist.com/2008/06/26/the-importance-of-being-ivuna/
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: ben.g am September 19, 2010, 12:10:05 Nachmittag
Hallo  :winke:

Zitat von: Ben
Auch der Ansatz einer Induzierung der Schockwellen durch eine Supernova ist noch nicht tot:
Da geht es um die Supernova, die der Auslöser für den Zusammenfall der Staubscheibe war, was allgemein anerkannt ist. Das ist aber nicht zu verwechseln mit den Schockwellen, die zur Entstehung von Chondren geführt haben. Hier wüsste ich nicht, dass aktuell noch jemand vertritt, dass die Schockwellen, die zum Aufschmelzen der Chondren geführt haben, von einer Supernova ausgelöst wurden.
Ah ja, danke für die Richtigstellung. Ich hatte es nur kurz überflogen.


Aber nun doch zur Chondrenbildung durch Schockwellen:
Ich denke, man sollte sich sowieso weniger Gedanken um die Ursache einer Schockwelle machen, sondern ob die vorliegenden Fakten und neueren Erkenntnisse überhaupt noch (ausschliesslich) eine Schockwelle als Ursache der Chondrenbildung zulassen. Nachdem was ich jetzt hier gelesen habe, gibt es da ja zumindest einige Ungereimtheiten.

Nun scheinen aber dummerweise auch die anderen Theorien ihre Schwachstellen zu haben.
Alle dieser Theorien können einiges erklären. Viele der Theorien können vieles erklären. Aber so wie's scheint, kann keine Theorie alles erklären.  :smile:

Damit wären wir wieder hier:
Zitat von: lithoraptor
Was mich bei allen Theorien immer etwas stört ist das Faktum, dass sie immer irgendwie "absolutistisch" sind. Eben immer Beweise dafür gefunden werden, dass sich etwas nur so (und nicht anders) zugetragen haben kann. Könnte es nicht viel mehr doch so sein, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeiten gebildet haben können. Also durch Schockwellen, Nebelblitze und Kollisionen? Einen Wassertropfen kann ich auf der Erde ja auch nicht nur dadurch erzeugen, dass ich einen Stein ins Wasser klatsch. Warum muss es also immer ein entweder oder sein und nicht auch mal ein "auch".
verschiedene Genesen zu unterschiedlichen oder gleichen Zeitpunkten an anterschiedlichen Orten würden das Problem doch auch gut lösen. Zum anderen: Wenn bisher die eine Theorie favorisiert war, heiß es doch auch, daß dafür hinreichend Beweise da waren, sonst hättens ja nicht die meisten geglaubt. Nun gibts paar Fakten, die nicht mit der Theorie übereinstimmen, muß halt ne neue her, aber warum denn alles in den Papierkorb werfen.
...
Natur ist halt nicht so linear wie es uns manchmal lieb ist.
speul

Manchmal nimmt sich die Natur tatsächlich die Freiheit mehrere Wege zu gehen. Könnte hier ja auch der Fall sein, dass mehrere Prozesse - auch zu unterschiedlichen Zeiten - eine Rolle spielten. Leider ist sowas für die Wissenschaft(ler) meist etwas lästig, weil unhandlich, wenn die Natur einen auf vielfältig macht...  :einaugeblinzel:

Gruß
Ben
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Greg am September 19, 2010, 13:21:54 Nachmittag
Hallo,

ich hätte da noch mal eine Frage:

Wieso befinden sich in den Chondriten unregelmäßig geformte Eisensplitter und keine runden Eisenkügelchen?

Müsste nicht eigentlich, egal ob die Chondren selber durch Schockwellenerhitzung oder Magmaballzusammenstoß entstanden sind, der neu zusammengefügte Chondrit-Mutterköper auch größere, runde Metalltröpfchen enthalten? Ähnlich wie bei Gujba?
Warum sind es nur kleine Eisenflöckchen, kantig und unregelmäßig geformt? Wie sind diese in der Form in die Chondriten gekommen?

Viele Grüße  :hut:
Greg
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 19, 2010, 14:39:32 Nachmittag
Zitat
In dem Artikel steht ganau nichts dazu, was die Schockwelle ausgelöst hat.


Nein, der Artikel war dazu da, zu zeigen, wie sich die Materialien in der protoplanetaren Staubscheibe vermischen können
und wie die CAIs von der Sonnennähe in die Scheibe transportiert werden.

Die Schockwellen, wie die durch die Störung des sich bildenden Jupiter in die Scheibe induziert werden,
so wie die in der einen Meldung, die ich hingelinkt hab, das hat der selbe Autor simuliert und durchlaufen lassen.
Allein ist das ein anderes Paper,
und das finde ich nirgendswo zugänglich.
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.   

Zitat
Für eine Schockwelle braucht man ein Medium in dem sich die Welle ausbreitet


Schau Dir mal die Io an, die um den Jupiter kreist.
Winziger Mond, müßte längst ausgekühlt sein, aber das arme Ding wird derart von elektromagnetischen und gravitativen Kräften durchgeknetet, daß es Feuer und  Gift und Galle spuckt, dasse der geologisch aktivste Körper im Sonnensystem ist.
Da hast auch kein medium.

Apropos, wo bleiben in der Schwabbelkollisionstheorie die Kuiperbeltobjekte und die Kometen ab?

Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Plagioklas am September 19, 2010, 14:53:00 Nachmittag
Zitat
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.

Da stimm ich dir voll zu. Viele Ermittlungen im Net enden inzwischen völlig erfolglos oder nur in diesen verschissenen kostenpflichtigen Sackgassen. Selbst alte Papers kosten inzwischen oft ein fettes Vermögen. Und gerade weil es eben unsere Steuergelder sind, die wir für die Ergebnisse verbraten, ist es doppelt traurig, denn wir löhnen fast überall ohne dass wir dafür noch eine "Gegenleistung" (Einsicht in die Ergebnisse, Bilder usw.) bekommen, während das Geld woanders fehlt. Klar seh ich das Geld gern in Forschung investiert, aber was nützts, wenn man selbst nichts mehr von hat bzw. für die Ergebnisse nochmal zahlen muss?
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 19, 2010, 15:27:53 Nachmittag
Zitat
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.

Ebenfalls völlige Zustimmung. Offenbar will man das Volk dumm halten, jedenfalls die, die sich solche Zeitschriften nicht leisten können. Siehe auch: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,709761,00.html


Zitat von: Greg
Wieso befinden sich in den Chondriten unregelmäßig geformte Eisensplitter und keine runden Eisenkügelchen?

Gute Frage. Wenn man überhaupt irgendwas zu Chondren aussagen möchte, muss man sich die 3er Meteorite anschauen und zwar am besten 3.00. Die anderen petrologischen Typen sind zu stark erhitzt worden und zeigen gar nicht mehr wie die Chondren, Matrix und Metall ursprünglich ausgesehen haben. Ich hab leider gerade keinen Semarkona zur Hand (Mettmann, kannst du nicht mal so einen W0, S1, LL3.00 in der Wüste auftreiben, sowas fehlt uns noch :prostbier:). Aber hier mal drei Bilder von nicht ganz so stark veränderten Meteoriten.

Zunächst NWA801, der ist rein bezüglich Erhitzung ein 3.00, zeigt aber leichte wässrige Veränderungen und ist schon ziemlich verwittert. Hier sind ja durchaus einige Eisentröpfchen zu sehen, wenn auch nicht so schon rund wie im Gujba.

http://www.parhelia.de/mets/nwa801a.jpg

Ansonsten sieht es bei den L3ern so aus, als seien die Chondren aussen von Eisen etwas benetzt worden. Hier zwei Bilder, die im Schnitt diese Eisenringe um die Chondren zeigen.

http://www.parhelia.de/mets/nwa4699e.jpg (NWA 4699, L/LL3 ohne näheren petrologischen Grad )
http://www.parhelia.de/mets/nwa5697a.jpg (NWA 5697, gepairtes Material wurde mit L3.2 klassifiziert)

Also so in der Art sah die Eisenverteilung in allen gewöhnlichen Chondriten mal aus. In einem H5 findet man dann nur noch verteilte Eisenflitter, weil der nachträglich thermisch total verändert wurde.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 19, 2010, 15:33:08 Nachmittag
Zitat
In dem Artikel steht ganau nichts dazu, was die Schockwelle ausgelöst hat.


Nein, der Artikel war dazu da, zu zeigen, wie sich die Materialien in der protoplanetaren Staubscheibe vermischen können
und wie die CAIs von der Sonnennähe in die Scheibe transportiert werden.

Die Schockwellen, wie die durch die Störung des sich bildenden Jupiter in die Scheibe induziert werden,
so wie die in der einen Meldung, die ich hingelinkt hab, das hat der selbe Autor simuliert und durchlaufen lassen.
Allein ist das ein anderes Paper,
und das finde ich nirgendswo zugänglich.
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.   

Zitat
Für eine Schockwelle braucht man ein Medium in dem sich die Welle ausbreitet


Schau Dir mal die Io an, die um den Jupiter kreist.
Winziger Mond, müßte längst ausgekühlt sein, aber das arme Ding wird derart von elektromagnetischen und gravitativen Kräften durchgeknetet, daß es Feuer und  Gift und Galle spuckt, dasse der geologisch aktivste Körper im Sonnensystem ist.
Da hast auch kein medium.

Apropos, wo bleiben in der Schwabbelkollisionstheorie die Kuiperbeltobjekte und die Kometen ab?

Zitat
Ausserdem ist er von 2005.


Was doch rein gar nix über die Qualität aussagt.

Ich mein was sehmer dann hier - so weit ich mit meinem bescheidenen Horizont es begreifen kann,
hat halt einer nun einmal an CAIs in einem einzigen Met, ein geringfügig höheres Alter gemessen.
(Ob das Ergebnis überhaupt schon reproduziert wurde, und wie es um die ganzen anderen CAIs in den andern Mets, bestellt ist, ob die auch nachgemessen wurden und was dabei rauskam - und was es eigentlich bedeutet, wenn nur diese CAIs 2 Millionen Jahre älter sind, die andern aber nicht!)
So und dann hamse eben eine Hypothese aufgestellt, eine Vermutung, wie man das erklären kann,
sich dabei älterere Hypothesen bedient.
Nicht mehr und nicht weniger.

Nun muß halt geschaut werden, wie das mit den Ergebnissen, die man bislang und bisher schon hat, in Einklang zu bringen ist.
Wie das zu werten ist mit anderen Modellen, die die Chondrenenstehung und Planetenbildung beschreiben, welche dieselbe besser erklären kann. Wie es mit den Modellen und Ergebnissen aus den anderen Bereichen vereinbar ist usw.

Es ist ein Vorschlag und kein Postulat. Man kann auf Grund eines Einzelergebnis nicht ad hoc die Jeschichte des Universums sofort umschreiben. Das ist völlig verfrüht.
Was dran ist oder nicht, wird die Zukunft weisen.

"umstritten" "nimand vertritt" "man weiß"....

NIX weiß man.
Nix weiß man noch.
Das ist ja das schwierige an der Chose. Physikalisch kömmer ein bisserl rumrechnen. Und just erst diese Jahre haben wir die Instrumente, womer erst überhaupt einmal anfangen können, nicht mehr nur ganz grob über die Spektren, die Zusammensetzung riesiger Staub- und Gaswolken zu bestimmen, sondern überhaupt mal an solche protoplanetare Scheiben ein bisserl hinriechen zu können,
Beta Pictoris, erinnerts Euch noch? Wan wird das gewesen sein 1987? Und fangen just erst diese Jahre an, überhaupt ein paar Planeten um andere Sterne indirekt messen zu können, was heißt Planeten, in der Regel Riesenboller, verunglückte Sterne, dies knapp nicht geschafft haben, zu zünden und so allmählich bisserl was über die Dynamik solcher jungen Sonnensystem zu sammeln.

Und sonst, schnüff, hammer nur unsere geliebten Steinchen aussem All. Die uns erzählen sollen, was sich for 4.5 Mrd Jahren und in der Folgezeit abgespielt haben soll. Die kleinen Stichproben.
Das ist ja das schwierige dabei. Hier auf Erden kann man sich zu jeder Fragestellung das nötige Experiment bauen, das nötige Material besorgen.
Mittem Planetensystem ist das nicht möglich. Paar Landers, paar Fernerkundungssonden, paar Detektoren in die Umlaufbahn, um die Atmosphäre wegzubekommen. Ein Irrsinnig mühseliges Unterfangen.
Und da stehen wir ganz am Anfang!   Wir können ja noch kaum was in unserem eigenen Sonnensystem sehen.
Genesis mühsam ein paar Staubkörner eingefangen. Asteroiden, ein paar Vorbeiflüge, näher und ferner - 5 Stück oder wieviel warens.
Kometen - zwei und auch nur ausgerauchte Kurzperiodische.
Kuipergürtel - Lichtpünktchen der allergrößten Brocken identifiziert, was da rumschwirrt und wie es beschaffen ist, kennen wir überhaupt nicht. Ooortsche Wolke, Kometen - keinerlei Nachweis, obs die überhaupt gibt.

Drum ists aber auch so irrsinnig spannend. Hier im Forum, dort auf der US-Liste, da sehen wir die Premieren neuer Steine, genau die Sachen, die ausschlaggebend sind und just dieses Material an dem gearbeitet wird, daß wir irgendwann verstehen, wie sich das zugetragen hat, mit Sonne, Planeten, Erde, und ihm dem Schwanthaler, dem Menschen.
Ganz handfest.

Mei jetzt eben wieder ein neuer Vorschlag.
Aber das ist ja keine Glaubensfrage.
Man muß eben abwarten, was die nahe Zukunft dazu bringt.

Apropos, wie könnt mans vergleichen. Jetzt, worauf ich hinaus will.
Bleibmer im Thema.

Mond.
Wie isser entstanden. Keine Sau gewußt.
Im wesentlichen vier Hypothesen.
Erstens, eingefangen.
Zwotens, Schwabbelerde mit Unwucht, aus der flüssigen Erde herausgeschleudert.
Drittens, Crashtheorie, Riesenbatzen auf Erde gedonnert, aus Trümmern Mond akkkretiert.
Viertens Erde und Mond ham sich gemeinsam nebeneinand gebildet.

Nu wie wars denn. Man hat ja genauso zu wenig Information gehabt.
Eingefangen - der Mond ist ein Riesenteil für so eine kleine Erde,
das konnt man errechnen, daß das praktisch unmöglich ist, daß die Erde so ein Monster per Schwerkraft einfägt.

Erde und Mond nebeneinand - geht auch nicht, wegen der gravitationellen Störung, da kommt nix raus.

Kollisionstheorie hat man für völlig abwegig gehalten. Konnte man auch nicht simulieren.

Also stand in allen Büchern, der Bauchschwabbelablösungstheorie, so sei der Mond entstanden.

Keine der Theorien konnte man letztendlich beweisen oder völlig widerlegen.

Was ist im Endeffekt geschehen?
Man hat Sonden zum Mond gechickt, erst recht primitive, schaun, was Schwerkraft, welche Masse, Dichte, ob er einen Eisenkern hat oder nicht. Dann Landers zum bissel rumschnüffeln. Später dann Sample-Return und dann Leute hingschickt, dasse a bisserl was vom Mond mitbringen.
Das Gestein hat man sich halt dann angschaut, ui gleiche Isotope, Erde und Mond also aussem gleichen Loch,
dann lecker KREEP gefunden.
Und später dann, als die Rechner gut und schnell genug waren, konnt mans endlich durchrechnen und die Simulationen durchlaufen lassen, wo dann rauskam, öha, Kollisonstheorie funktioniert sähr gut.

Und das alles zusammengenommen, hats gebraucht, damitmer nun wissen, woher der Mond kommt.

Nicht anders ists mit der Chondrenentstehung.
Wir sammeln gerade Indormationen, aus allen Bereichen gibts Ergebnisse, immer neue Theorien werden aufgestellt.
Das ergibt Puzzlesteine.
Nur haben wir noch bei weitem nicht genügend, daß sich aus diesen Puzzlesteinen ein Bild abzeichnet.

Und aus nur ein, zwei, drei Puzzlesteinen, wiese eben diese eine neuere Theorie jetzt angibt, kriegt man halt kein Bild.

Wir wissen eben noch zu wenig und müssen weiter sammeln.

Helfts ihr alle mit?

....müßt mal wieder ein paar Mets zum Verkauf ausschreiben.
Hehe, wer die als Sammler kauft, trägt dazu bei, dassmer dereinst wissen, wie das Sonnensystem sich gebildet hat,
denn das ermöglicht den Mettleuten immer weiter neue Steine aufzutun und den Puzzlern zu übergebn.

Prosit! O zapft iiiiis.
Mettmann

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 19, 2010, 15:43:37 Nachmittag
Zitat
(Mettmann, kannst du nicht mal so einen W0, S1, LL3.00 in der Wüste auftreiben, sowas fehlt uns noch ).

Ja W0 naja...
Unser Erstlings W0-1er war ja eh erst der zweite aus allen heißen Wüsten überhaupt.
Und scheeeener als Bovedy, wannst mi frogst.

Wie stark unäquilibriert unsere vielen Dreier sind, wissmer leider nicht,
vielleicht war ja schon ein Niedrigkommasteller dabei?
Liegt daran, daß da, wo mirs immer in Klassifiz gegeben haben,
keine Kommastellen gemacht werden,
sondern immer nur glatt  "3" hingschrieben wird.

Sind auch sehr unschlüssig, obmers woanders hingeben sollen.
Gut könnt man mehr Gewese machen, oh der erste 3.6 in derart (und mehr Göit verlangen),
aber wir halten die Kommawut für größtenteils etwas übertrieben (und manchmal auch für nicht sooooowhansinnig zuverlässig).
Interessant ist doch bspw. nicht, ob ein Dreier nun 3.4 oder 3.7 ist,
sondern nur in diesem Zusammenhang, wie nah er ans ursprünglichste, an glatt Dreikommanull rankommt, niwwa?

Aber eeeegal.
Und wieder, welch glüüüüüüükliche Zeiten.
Jungs! Dame!
Wir ham ja nix ghabt!

Ohne die Wüsten, hättmer keine Hundert 3er oder Brekzien, wo auch ein bisserl Drei dabei!
(Und von denen gabs seinerzeit sowieso nur ganz ganz wenige für die Sammler).

Und da gibts noch pöse, pöse Menschen, die die Wüsten und auch sonst alles zusperren wollen, auwei!!!!


 :prostbier:
Mettmann
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 19, 2010, 16:03:53 Nachmittag
Also innerhalb der 3er gibts schon riesen Unterschiede. Hier z.B.:

http://tw.strahlen.org/fotoatlas/Meteorit_NWA5679.jpg (NWA 5679)
http://tw.strahlen.org/fotoatlas/Meteorit_NWA5697_1.jpg (NWA 5697)

Beides L3. Von daher würde ich mir immer eine Kommastelle bei den 3ern wünschen.

Grüsse,
Mark

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 19, 2010, 16:13:17 Nachmittag
Ja aber die Kommastelle gibt ja nicht Chondrenreichtum, Chondrengröße, Chondrendichte an
und ist per se kein Schönheitsindikator.

Guxxt wie immer Weir, der die Kriterien für die Nachkommabestimmung, in gewohnt guter Weise zusammenfaßt.
http://www.meteoritestudies.com/

("Appendix" klicken, gleich die erste Seite da stehts.

Zitat
bei den 3ern wünschen.

Naja, ist ja kein Wunschkonzert, heutzutage muß man ja schon froh sein, überhaupt einen Meteoriten in halbwegs noch erträglicher Zeit klassifiziert zu bekommen, weil alles dicht ist und es zu wenig Klassistellen gibt.

 :crying:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 19, 2010, 18:21:07 Nachmittag
Apropos, wo bleiben in der Schwabbelkollisionstheorie die Kuiperbeltobjekte und die Kometen ab?

Darüber habe ich noch nichts gefunden. Aber weiter draussen im Sonnensystem laufen alle Vorgänge ja wesentlich langsamer ab.

Hier die mittlere Bahngeschwindigkeit der Planeten und von Pluto:
Merkur: 47,89 km/s
Venus:35,03 km/s
Erde:29,79 km/s
Mars:24,13 km/s
Jupiter:13,06 km/s
Saturn:9,64 km/s
Uranus:6,81 km/s
Neptun:5,43 km/s
Pluto:4,74 km/s

Von daher kann man davon ausgehen, dass weiter aussen die Akkretion zu Asteroiden länger gedauert hat als weiter innen. Ich hab ja schon gesagt, dass ich glaube, dass man CAIs nicht in den gewöhnlichen Chondriten findet, weil es innen viel schneller zur Bildung von Asteroiden kam. Dadurch gab es in der Entstehungsregion der gewöhnlichen Chondriten viel mehr Kollisionen als in dem Bereich, aus dem die kohligen Chondrite stammen. Dabei wurden weiter innen alle CAIs aufgeschmolzen. Geht man über den Bereich, in dem sich die kohligen Chondrite gebildet haben, noch weiter hinaus, dann glaube ich, dass sich dort gar nicht rechtzeitig Asteroiden formen konnten. Das ist erst nach dem Abklingen der Wärmeproduktion durch den Zerfall von Al geschehen. Von daher werden sich so weit draussen gar keine flüssigen Asteroiden gebildet haben, sondern sind erst später durch kalte Akkretion entstanden. Daher würde ich so weit draussen auch keine differenzierten Asteroiden (ex Magmabälle) und damit auch keine Chondren erwarten.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Mettmann am September 19, 2010, 20:20:50 Nachmittag
Aber die COs und die CVs haben doch auch soviele Chondren, wie die OCs. Also muß es nach der Theorie ja genauso oft bei denen gerummst haben?

Nuju und wer sagt, daß alles früher da war, wo es jetzt nach 4.5 Mrd Jahren ist?
Vielleicht haben etlich Asteroiden und Planeten einen Migrationshintergrund......   

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 19, 2010, 20:50:49 Nachmittag
Aber die COs und die CVs haben doch auch soviele Chondren, wie die OCs. Also muß es nach der Theorie ja genauso oft bei denen gerummst haben?

Es genügt ja schon ein einziger Einschlag, um einen flüssigen Asteroiden in Chondren umzuwandeln. Aber eine Einschlagsgeneration reicht nicht, um auch die Regolithschicht (CAI und CI-artiges Material) aufzulösen. Dazu muss sich die Impaktwolke erstmal wieder zusammenballen und aufschmelzen. Bei dem nächsten Einschlag hat man dann nur noch Chondren, aber keine CAIs und kein Urnebel-Material mehr.

Je näher an der Sonne, um so mehr Einschlagsgenerationen und um so weniger CAIs und Urnebel-Material.
Je früher der Einschlag, um so heisser und weniger differenziert der Magmaball.

Aus diesen beiden einfachen Regeln lässt sich meiner Meinung nach die ganze Palette der Chondrite ableiten.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 25, 2010, 12:37:41 Nachmittag
Hallo,
der Mars ist auch voll von chondrenartigen Kügelchen. Es ist keineswegs sicher, dass es sich bei den sogenannten "Blueberries" um Konkretionen handelt, die durch durch den Einfluss von Wasser entstanden sind. Es könnte sich auch um Einschlagsprodukte handeln. Wenn es auf Mars erst vor kurzer Zeit einen gewaltigen Einschlag gegeben hat, also wenn z.B. Phobos so ein Einschlagsprodukt ist und die Shergottite tatsächlich alle kaum älter als 200 Millionen Jahre sind, dann würde man doch auf dem Mars riesige Mengen von Tektiten erwarten.

http://en.wikipedia.org/wiki/Martian_spherules
http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2007/pdf/1922.pdf

Ich könnte mir es so vorstellen, dass der Einschlag gewaltige Vulkanaktivität ausgelöst hat, die zu starken Schlammfluten geführt hat. Die Blueberrie-Tektit-Schicht, die sich schon kurz nach dem Einschlag abgelagert hat, wurde dann durch Schlammflutwellen aufgesammelt und so in das Gestein eingeschlossen. Dadurch sind die Blueberries relativ gleichmässig im Sedimentgestein verteilt.

Grüsse,
Mark

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: MarkV am September 25, 2010, 13:58:41 Nachmittag
Hallo,
hier eine Nahaufnahme von den Blueberries, teils noch im Gestein eingeschlossen:
http://geology.com/nasa/mars-mystery-rock/mars-blueberries-lg.jpg

Wäre toll, mal einen Marsmeteoriten aus diesem Sedimentgestein zu haben. Auf den ersten Blick würde man so einen Mars sicherlich für einen Chondriten halten.

Grüsse,
Mark
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am April 16, 2012, 19:19:45 Nachmittag
Neue Theorie: Chondrenbildung in Materiejets der protostellaren Scheibe

http://news.anu.edu.au/?p=14471

Zitat
“We show that as these jets shoot out of the disks, from about the Earth-Sun distance away, the materials brought with them are heated to the point of melting. The heavier items in them then drop back into the disks, where they cool and re-form.”

Dr. Salmeron said that this theory challenged old assumptions about the formation of chondrules.

“For decades it has been assumed that jets could only form chondrules through the heating of materials in the vicinity of the Sun, followed by their transportation into protostellar disks,” Dr. Salmeron said.

automatisierte Übersetzung:
http://translate.google.de/translate?sl=en&tl=de&js=n&prev=_t&hl=de&ie=UTF-8&layout=2&eotf=1&u=http%3A%2F%2Fnews.anu.edu.au%2F%3Fp%3D14471

Chondrule formation via extended winds in the early solar system
     Raquel Salmeron, Trevor Ireland   (last revised 18 Jan 2012 (this version, v2)

paper:  http://arxiv.org/pdf/1111.5917v2.pdf

Zitat
Conclusions: The outlined disk-wind processing
model has attractive features in explaining basic chon-
drule and chondrite properties. It naturally explains the
tight size range of chondrules in a given chondrite and
their peak temperatures. It can also account for the large
proportion of chondrule material in chondrites (which
follows from continued operation of the wind), the for-
mation of compound chondrules (as the precursors can
be repeatedly ‘caught’ in the wind) and the observed
dusty rims of some samples (accreted as the chondrule
returns to the disk interior). This mechanism, being
local, may also help explain the long-standing conun-
drum presented by the observed complementary com-
position of chondrules and their matrix [24, 25]. The
calculated heating and cooling rates (∼ 1 K/hr) are in
qualitative agreement with inferred rates [26]. These
rates could be substantially faster if the particle moves
into a lower density region so that radiative equilibrium
does not hold. Finally, formation sites at radii of ∼ 1-
3 AU are consistent with the observed presence of dust
embedded in the gas phase [27]. Disk winds constitute
a promising mechanism by which material could have
been thermally processed in the solar nebula at distances
out to the position of the proto-asteroid belt. More de-
tailed modelling is warranted to further explore it.

abstract: http://arxiv.org/abs/1111.5917

Zitat
Chondrite meteorites are believed to represent the building blocks of the solar nebula, out of which our solar system formed. They are a mixture of silicate and oxide objects (chondrules and refractory inclusions) that experienced extremely high temperatures, set in a matrix that remained relatively cold. The prevalence of chondrites suggests that they formed through a very general process, closely related to stellar and planet formation, however the nature and properties of the responsible mechanism have remained unclear for many decades. The evidence for a hot solar nebula provided by chondrules and refractory inclusions is, however, seemingly at odds with astrophysical observations of forming stars. These strongly indicate that protostellar disks - the inspiralling disks of gas and dust out of which stars and planets form - are relatively cool, and exhibit typical temperatures that are insufficient to melt and vapourise silicate minerals at the radial distances sampled by chondrule-bearing meteorites in the main asteroid belt. Here we present calculations of the dynamical and thermal structure of protostellar disks that accelerate a wind from the disk surfaces. These winds are commonly associated with young stellar objects and are the analogues of the early solar system. We also present models of the processing of dust particles in such winds, showing that these outflows are suitable sites for chondrule formation.

Martin
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: DCOM am März 25, 2013, 14:10:31 Nachmittag
Die oben diskutierte Theorie der Chondren-Entstehung (Kollision flüssiger Protoplanetesimale/Planetenembryos) wird durch ein relativ neues Paper (Dez. 2012) gestützt:

Sanders, I.S./Scott, E.R.D (2012) The origin of chondrules and chondrites: Debris from low-velocity impacts between molten planetesimals? Meteoritics & Planetary Science 47 (12), 2170–2192

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/maps.12002/abstract

Zitat von: p. 2186
We find it remarkable that the chronological evidence for the timing of early planetesimal meltdown (by t approximately 0.3 Myr) and the timing of chondrite accretion (after t approximately 2.5 Myr) coincide so well with the timing of these processes calculated from the inferred 26Al heat source in nebular dust. This coincidence, along with the evidence in our meteorite collections for a very large number of early molten bodies, has led us to envisage the inner solar system during its first 2 Myr as being populated with a great abundance of substantially molten planetesimals. We might name those first approximately 2 Myr, from which so little tangible evidence survives, the solar system’s ‘‘meltdown era.’’ As planetary embryos were probably already forming during this period, the molten planetesimals must have been continuously colliding and merging, becoming fewer in number, and growing larger in size. Within this conceptual framework for the young disk, chondrule production from the ‘‘splashing’’ of molten planetesimals seems an inevitable consequence, with new generations of chondritic planetesimals being spawned from the debris ejected and dispersed during mergers.

We believe that the ‘‘splashing’’ hypothesis can be reconciled with much of what we understand about chondrules, including their ages, chemical compositions, peak temperatures, abundances, sizes, cooling rates, indented shapes, ‘‘relict’’ grains, igneous rims, blebs of metal, retention of Na, presence of FeO, diversity, and large phenocrysts, as well as other issues that constrain chondrule origins such as the formation of macrochondrules, the scarcity of dust-clumps, and the need for a feasible heat source. However, we contend that several of these chondrule properties, most notably the concentration of Na in olivine, challenge the longstanding conventional interpretation of chondrules as shock-melted dust-clumps. We speculate that the bimodal division of chondrules into types I and II reflects a bimodal chemical division of molten planetesimals, such that reduced refractory planetesimals supplied type I chondrules and may also have been the source of many iron meteorites, while oxidized volatilebearing planetesimals supplied type II chondrules and probably incorporated varying amounts of water-ice, reflected in the correlation between D17O values and FeO⁄ (FeO + MgO) in some groups of meteorite. Finally, we propose that at the close of the ‘‘meltdown era,’’ chondritic planetesimals began to appear. We imagine that each chondritic parent planetesimal is a mixture of chondrules and debris launched and reaccreted more than once in a discrete chemically restricted annulus in the disk, to account for its unique traits, its broad solar composition, its level of metal depletion and, in some cases, its ‘‘complementarity’’ between chondrules and matrix.

Grüße, D.U.  :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am März 28, 2013, 23:21:48 Nachmittag
Noch eine neue Theorie zur Chondrenbildung: Die Kurzschluss-Theorie

Chondrenbildung durch 'flache' elektrische Ströme ('current sheets'), hervorgerufen durch magnetische Turbulenzen

Erläuterung der Theorie (http://www.space.com/20390-solar-system-rock-origins-explained.html?cmpid=514630)

PAPER (http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2013/pdf/2844.pdf)

MINERAL PROCESSING BY SHORT CIRCUITS IN PROTOPLANETARY DISKS

Colin P. McNally, Alexander Hubbard, Mordecai-Mark Mac Low, Denton S. Ebel, and Paola D'Alessio

The Astrophysical Journal Letters Volume 767 Number 1
Colin P. McNally et al. 2013 ApJ 767 L2 doi:10.1088/2041-8205/767/1/L2

Abstract (http://iopscience.iop.org/2041-8205/767/1/L2;jsessionid=6F76AECE761AC84BBDBA6CD14BF2D51F.c1)

Zitat
Meteoritic chondrules were formed in the early solar system by brief heating of silicate dust to melting temperatures. Some highly refractory grains (Type B calcium-aluminum-rich inclusions, CAIs) also show signs of transient heating. A similar process may occur in other protoplanetary disks, as evidenced by observations of spectra characteristic of crystalline silicates. One possible environment for this process is the turbulent magnetohydrodynamic flow thought to drive accretion in these disks. Such flows generally form thin current sheets, which are sites of magnetic reconnection, and dissipate the magnetic fields amplified by a disk dynamo. We suggest that it is possible to heat precursor grains for chondrules and other high-temperature minerals in current sheets that have been concentrated by our recently described short-circuit instability. We extend our work on this process by including the effects of radiative cooling, taking into account the temperature dependence of the opacity; and by examining current sheet geometry in three-dimensional, global models of magnetorotational instability. We find that temperatures above 1600 K can be reached for favorable parameters that match the ideal global models. This mechanism could provide an efficient means of tapping the gravitational potential energy of the protoplanetary disk to heat grains strongly enough to form high-temperature minerals. The volume-filling nature of turbulent magnetic reconnection is compatible with constraints from chondrule-matrix complementarity, chondrule-chondrule complementarity, the occurrence of igneous rims, and compound chondrules. The same short-circuit mechanism may perform other high-temperature mineral processing in protoplanetary disks such as the production of crystalline silicates and CAIs.

Vielleicht liefert ALMA (http://de.wikipedia.org/wiki/Atacama_Large_Millimeter/submillimeter_Array) in Zukunft Antworten über Größe und Verteilung des Staubs.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Juli 08, 2013, 19:29:02 Nachmittag
Ein weiterer Bericht zum großen Thema:

Cosmochemist discovers potential solution to meteorite mystery

Chondrules may have formed from high-pressure collisions in early solar system


LINK (http://news.uchicago.edu/article/2013/07/08/cosmochemist-discovers-potential-solution-meteorite-mystery?utm_source=feedburner&utm_medium=feed&utm_campaign=Feed%3A+UChicago+%28University+of+Chicago+News+Office%29)

Vapor saturation of sodium: Key to unlocking the origin of chondrules

    Alexei V. Fedkin, Lawrence Grossman

    Dept. of the Geophysical Sciences, The University of Chicago, 5734 South Ellis Ave., Chicago, IL 60637, United States

    http://dx.doi.org/10.1016/j.gca.2013.02.020

Zitat
Abstract

Sodium saturation of the vapor coexisting with chondrules at their liquidus temperatures implies that vapor-condensed phase equilibrium was reached at those temperatures for all elements more refractory than sodium. In order to investigate the possibility that chondrules formed in impact-generated plumes, equilibrium calculations were applied to droplets made from two different target compositions. Combinations of dust enrichment and Ptot were found that lead to sodium saturation, and the subsequent chemical and mineralogical evolution of the droplets was explored at those conditions. If an impact on a body of CI composition caused instantaneous heating, melting and devolatilization of the target rock and ejection of a plume of gaseous, liquid and solid matter that mixed with residual nebular gas at conditions where 50% or 90% of the sodium was retained by the resulting droplets at their liquidus temperature, their mineralogical and chemical properties would strongly resemble those of Type II chondrules. If the droplets cooled and equilibrated with the mixture of residual nebular gas and their devolatilized water, sulfur and alkalis, the fayalite content of the olivine and the chemical compositions of the bulk droplets and their glasses would closely resemble those of Types IIA and IIAB chondrules at CI dust enrichments between 400× and 800×. For 50% sodium retention, the corresponding values of Ptot are 2 bars (for 400×) and 1 bar (for 800×). For 90% retention, they are 25 and 10 bars, respectively. If, instead, the target has an anhydrous, ordinary chondrite-like composition, called H′, the ejected droplets are bathed in a gas mix consisting mostly of devolatilized sulfur and alkalis with residual nebular gas, a much more reducing plume. If the conditions were such that sodium were retained by the resulting droplets at their liquidus temperature, the fayalite contents of the olivine and the chemical compositions of the bulk droplets and their glasses would closely resemble those of Types IA and IAB chondrules at H′ dust enrichments between 103× and 4 × 103×. For 90% sodium retention, the corresponding values of Ptot are 15 bars (for 103×) and 2 bars (for 4 × 103×). For 50% retention, they are 2 and 8 × 10−2 bars, respectively.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: erich am Juli 09, 2013, 09:09:29 Vormittag
Weiß nicht ob das schon hier diskuttiert wurde: http://news.uchicago.edu/article/2013/07/08/cosmochemist-discovers-potential-solution-meteorite-mystery  :gruebel:
Ich persönlich habe freilich noch eine etwas andere Theorie
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am August 17, 2014, 19:22:40 Nachmittag
Neues zum Schockwellen-Modell der Entstehung von Chondren:

A critical analysis of shock models for chondrule formation

Sebastian M. Stammler, Cornelis P. Dullemond

Icarus, Volume 242, 1 November 2014, Pages 1–10, DOI: 10.1016/j.icarus.2014.07.024

LINK (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0019103514004096)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: pema am August 18, 2014, 11:24:13 Vormittag
Danke für den Link, Martin!

G. J. Taylor (Hawai'i Institute of Geophysics and Planetology) schrieb im Oktober 2005(!):

"Not everyone agrees with an origin by shock waves in the solar nebula, of course. Some meteoriticists think chondrules originated during impacts between solid or molten small bodies. Everyone agrees, however, that chondrules made their appearance early in the history of the solar system. Isotopic dating of chondrules shows that they formed within three million years of the formation of calcium-aluminum-rich inclusions (CAIs), the first solids to be produced in the solar nebula. This was a busy period. Most meteoriticists and astrophysicists believe that not only did shock waves create CAIs and normal chondrules from fluffy balls of dust, but chondrules and dust accreted into asteroid-sized planetesimals, some of which were melted by short-lived isotopes (mostly 26Al), forming metallic cores, mantles, and basaltic crusts. Other planetesimals were just heated a bit. All this in a period lasting only 3 million years. (Only geologists and astronomers attach the adjective "only" to 3 million years. But 3 million years is only 0.07% of the age of the Solar System.)"

 …der letzte Satz () des Zitats gefällt mir besonders gut!  :smile:

Gruss,
PeMa (Peter)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am August 29, 2014, 10:11:55 Vormittag
Kürzlich ist eine interessante kommentierte Zusammenfassung der Literatur
zum Thema Chondrengröße erschienen. Das PDF ist open access!  :smile:

Chondrule size and related physical properties: a compilation and evaluation of current data across all meteorite groups

Jon M. Friedrich, Michael K. Weisberg, Denton S. Ebel, Alison E. Biltz, Bernadette M. Corbett, Ivan V. Iotzov, Wajiha S. Khan, Matthew D. Wolman

invited review accepted for publication in Chemie der Erde
Earth and Planetary Astrophysics
arXiv:1408.6581
Submitted on 27 Aug 2014

PDF-LINK (http://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/1408/1408.6581.pdf)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am September 16, 2014, 15:42:51 Nachmittag
Eine neue Lektüre zum Thema:

Semarkona: Lessons for chondrule and chondrite formation

Alexander Hubbard, Denton S. Ebel

PDF LINK (http://arxiv.org/pdf/1409.3853.pdf) (open access)

LINK (http://arxiv.org/abs/1409.3853)

Zitat
We consider the evidence presented by the LL3.0 chondrite Semarkona, including its chondrule fraction, chondrule size distribution and matrix thermal history. We show that no more than a modest fraction of the ambient matrix material in the Solar Nebula could have been melted into chondrules; and that much of the unprocessed matrix material must have been filtered out at some stage of Semarkona's parent body formation process. We conclude that agglomerations of many chondrules must have formed in the Solar Nebula, which implies that chondrules and matrix grains had quite different collisional sticking parameters. Further, we note that the absence of large melted objects in Semarkona means that chondrules must have exited the melting zone rapidly, before the chondrule agglomerations could form. The simplest explanation for this rapid exit is that chondrule melting occurred in surface layers of the disk. The newly formed, compact, chondrules then settled out of those layers on short time scales.



Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am September 17, 2014, 14:45:50 Nachmittag
Weiteres zum Thema:

Revisiting Jovian-Resonance Induced Chondrule Formation

M. Nagasawa, K. K. Tanaka, H. Tanaka, T. Nakamoto, H. Miura, T. Yamamoto

Submitted on 16 Sep 2014

PDF LINK (http://arxiv.org/pdf/1409.4486.pdf) (open access)

LINK (http://arxiv.org/abs/1409.4486)

ABSTRACT:
Zitat
It is proposed that planetesimals perturbed by Jovian mean-motion resonances are the source of shock waves that form chondrules. It is considered that this shock-induced chondrule formation requires the velocity of the planetesimal relative to the gas disk to be on the order of > 7 km/s at 1 AU. In previous studies on planetesimal excitation, the effects of Jovian mean-motion resonance together with the gas drag were investigated, but the velocities obtained were at most 8 km/s in the asteroid belt, which is insufficient to account for the ubiquitous existence of chondrules. In this paper, we reexamine the effect of Jovian resonances and take into account the secular resonance in the asteroid belt caused by the gravity of the gas disk. We find that the velocities relative to the gas disk of planetesimals a few hundred kilometers in size exceed 12 km/s, and that this is achieved around the 3:1 mean-motion resonance. The heating region is restricted to a relatively narrow band between 1.5 AU and 3.5 AU. Our results suggest that chondrules were produced effectively in the asteroid region after Jovian formation. We also find that many planetesimals are scattered far beyond Neptune. Our findings can explain the presence of crystalline silicate in comets if the scattered planetesimals include silicate dust processed by shock heating.

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Morlok am September 22, 2014, 17:24:15 Nachmittag
10 Meteoritenforscher = 11-12 Theorien zur Chondrenbildung. Das Problem ist, dass man Silikate halt auf viele verschiedene Arten aufschmelzen kann. Wir haben z.B. Staub durch Plasmabögen rieseln lassen.

Ich wäre nicht überrascht, wenn die Chondrenbildung vielleicht gar kein großräumiger oder zentraler Vorgang im Sonnensystem war, und vielleicht nur ein regionales Zufallsereignis.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: lithoraptor am September 22, 2014, 19:17:55 Nachmittag
Moin!

Ich bin noch immer der Meinung, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise gebildet haben können.

Was mich bei allen Theorien immer etwas stört ist das Faktum, dass sie immer irgendwie "absolutistisch" sind. Eben immer Beweise dafür gefunden werden, dass sich etwas nur so (und nicht anders) zugetragen haben kann. Könnte es nicht viel mehr doch so sein, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeiten gebildet haben können. Also durch Schockwellen, Nebelblitze und Kollisionen? Einen Wassertropfen kann ich auf der Erde ja auch nicht nur dadurch erzeugen, dass ich einen Stein ins Wasser klatsch. Warum muss es also immer ein entweder oder sein und nicht auch mal ein "auch".

Gruß

Ingo
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am September 25, 2014, 21:59:27 Nachmittag
10 Meteoritenforscher = 11-12 Theorien zur Chondrenbildung.

In diesem Sinne:

Forming Chondrules in Impact Splashes. I. Radiative Cooling Model

Cornelis Petrus Dullemond, Sebastian Markus Stammler, and Anders Johansen

The Astrophysical Journal Volume 794 Number 1
doi:10.1088/0004-637X/794/1/91
Published 25 September 2014.

LINK (http://iopscience.iop.org/0004-637X/794/1/91/article)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: DCOM am September 26, 2014, 08:52:45 Vormittag
Interessante Arbeit, danke!  :hut:

Auch die Isotopenverhältnisse in den Chondren von Bencubbin-Meteoriten scheinen für das Kollisionsmodell zu sprechen:

Olsen, M.B. et al. (2013) Magnesium isotope evidence for single stage formation of CB chondrules by colliding planetesimals. Astrophysical Journal Letters 776, L1 doi:10.1088/2041-8205/776/1/L1 (http://iopscience.iop.org/2041-8205/776/1/L1)

Grüße, D.U.  :prostbier:
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Oktober 23, 2014, 11:28:12 Vormittag
Chondrule destruction in nebular shocks

Emmanuel Jacquet, Christopher Thompson

The Astrophysical Journal
arXiv:1410.6015
(Submitted on 22 Oct 2014)

LINK (abstract) (http://arxiv.org/abs/1410.6015)
PDF-LINK (http://arxiv.org/pdf/1410.6015)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am November 13, 2014, 23:04:43 Nachmittag
Solar nebula magnetic fields recorded in the Semarkona meteorite

Roger R. Fu, Benjamin P. Weiss, Eduardo A. Lima, Richard J. Harrison, Xue-Ning Bai, Steven J. Desch, Denton S. Ebel, Clement Suavet, Huapei Wang, David Glenn, David Le Sage, Takeshi Kasama, Ronald L. Walsworth, Aaron T. Kuan

Science DOI: 10.1126/science.1258022
Published Online November 13 2014

LINK (http://www.sciencemag.org/content/early/2014/11/12/science.1258022.abstract)

Materials/Methods, Supplementary Text, Tables, Figures, and/or References (http://www.sciencemag.org/content/suppl/2014/11/12/science.1258022.DC1/Fu.SM.pdf)

Zitat
Magnetic fields are proposed to have played a critical role in some of the most enigmatic processes of planetary formation by mediating the rapid accretion of disk material onto the central star and the formation of the first solids. However, there have been no experimental constraints on the intensity of these fields. Here we show that dusty olivine-bearing chondrules from the Semarkona meteorite were magnetized in a nebular field of 54 ± 21 μT. This intensity supports chondrule formation by nebular shocks or planetesimal collisions rather than by electric currents, the x-wind, or other mechanisms near the sun.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Dezember 09, 2014, 23:07:58 Nachmittag
Und wieder etwas Neues zum Thema:

The origin of chondrules: Constraints from matrix composition and matrix-chondrule complementarity

Herbert Palme, Dominik C. Hezel, Denton S. Ebel

Earth and Planetary Science Letters
Volume 411, 1 February 2015, Pages 11–19
doi:10.1016/j.epsl.2014.11.033

LINK (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012821X14007250)

Zitat
Recent data confirm that matrix in carbonaceous chondrites has high Si/Mg and Fe/Mg ratios when compared to bulk carbonaceous chondrites with solar abundance ratios. Chondrules have the opposite signature, low Si/Mg and Fe/Mg ratios. In some carbonaceous chondrites chondrules have low Al/Ti ratios, matrix has the opposite signature and the bulk is chondritic. It is shown in detail that these complementary relationships cannot have evolved on the parent asteroid(s) of carbonaceous chondrites. They reflect preaccretionary processes. Both chondrules and matrix must have formed from a single, solar-like reservoir. Consequences of complementarity for chondrule formation models are discussed. An independent origin and/or random mixing of chondrules and matrix can be excluded. Hence, complementarity is a strong constraint for all astrophysical–cosmochemical models of chondrule formation. Although chondrules and matrix formed from a single reservoir, the chondrule-matrix system was open to the addition of oxygen and other gaseous components.
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Januar 14, 2015, 19:39:49 Nachmittag
Weiteres zur großen Frage:

Impact jetting as the origin of chondrules

Brandon C. Johnson, David A. Minton, H. J. Melosh, Maria T. Zuber

Nature 517, 339–341(15 January 2015), doi:10.1038/nature14105

LINK (http://www.nature.com/nature/journal/v517/n7534/full/nature14105.html)

Zitat
Chondrules are the millimetre-scale, previously molten, spherules found in most meteorites1. Before chondrules formed, large differentiating planetesimals had already accreted2. Volatile-rich olivine reveals that chondrules formed in extremely solid-rich environments, more like impact plumes than the solar nebula3, 4, 5. The unique chondrules in CB chondrites probably formed in a vapour-melt plume produced by a hypervelocity impact6 with an impact velocity greater than 10 kilometres per second. An acceptable formation model for the overwhelming majority of chondrules, however, has not been established. Here we report that impacts can produce enough chondrules during the first five million years of planetary accretion to explain their observed abundance. Building on a previous study of impact jetting7, we simulate protoplanetary impacts, finding that material is melted and ejected at high speed when the impact velocity exceeds 2.5 kilometres per second. Using a Monte Carlo accretion code, we estimate the location, timing, sizes, and velocities of chondrule-forming impacts. Ejecta size estimates8 indicate that jetted melt will form millimetre-scale droplets. Our radiative transfer models show that these droplets experience the expected cooling rates of ten to a thousand kelvin per hour9,10. An impact origin for chondrules implies that meteorites are a byproduct of planet formation rather than leftover building material.

Meteorite material born in molten spray as embryo planets collided (http://phys.org/news/2015-01-meteorite-material-born-molten-embryo.html)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am April 12, 2015, 20:51:50 Nachmittag
Ein weiterer Artikel zum oben genannten 'Impact jetting as the origin of chondrules'

Ancient Jets of Fiery Rain

by G. Jeffrey Taylor
(Hawai'i Institute of Geophysics and Planetology)

PDF (http://www.psrd.hawaii.edu/April15/PSRD-impact-jetting.pdf)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Dezember 10, 2015, 23:15:24 Nachmittag
Nach der Theorie - ist vor der Theorie...

A New Mechanism for Chondrule Formation: Radiative Heating by Hot Planetesimals

William Herbst, James P. Greenwood

Icarus, available online 10 December 2015
doi:10.1016/j.icarus.2015.11.026

PDF (http://arxiv.org/pdf/1512.02064.pdf)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Oktober 03, 2016, 18:42:59 Nachmittag
Eine 'fallfrische' Münsteraner Gratislektüre zum Thema  :super:

Molybdenum isotopic evidence for the origin of chondrules and a distinct genetic heritage of carbonaceous and non-carbonaceous meteorites (http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012821X16305003)

Gerrit Budde, , Christoph Burkhardt, Gregory A. Brennecka, Mario Fischer-Gödde, Thomas S. Kruijer, Thorsten Kleine

Institut für Planetologie, University of Münster, Wilhelm-Klemm-Straße 10, 48149 Münster, Germany

PDF (http://ac.els-cdn.com/S0012821X16305003/1-s2.0-S0012821X16305003-main.pdf?_tid=56be2b12-8987-11e6-b30f-00000aab0f26&acdnat=1475512685_e9787eed274f50f94542502e39e86f68)

(http://yoursmiles.org/tsmile/read/t9504.gif)

Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: karmaka am Oktober 26, 2016, 14:28:21 Nachmittag
'Chondrules would not be predicted to exist if they did not exist.'

Ein aktueller Rück- und Ausblick als Gratislektüre:

Chondrules: The canonical and noncanonical views

Harold C. Connolly Jr., Rhian H. Jones

LINK (http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/2016JE005113/full)
Titel: Re: Entstehung von Chondren
Beitrag von: Greg am November 19, 2018, 14:05:03 Nachmittag
Hallo Forum,

gerade las ich etwas auf der Astro-News Seite.

Titel des Beitrags: Wie Planeten aus Staubteilchen entstehen.
https://www.astronews.com/news/artikel/2018/11/1811-022.shtml (https://www.astronews.com/news/artikel/2018/11/1811-022.shtml)

Es ist aktuell ein Experiment von Studenten zur ISS gebracht worden.

Zitat
Mit ihrem EXCISS genannten Versuchsaufbau wollen die Studentinnen und Studenten der Universität Frankfurt die Entstehung von so genannten Chondren untersuchen. Diese spielen bei der Entstehung von Planeten eine Rolle. Dafür wird eine kleine Menge an Sandstaubpartikeln, die sich in einer Glaskammer befindet, Hochspannungsblitzen ausgesetzt. Mit einem Mikroskop wird beobachtet, wie die Partikel dabei aufschmelzen und mit anderen zusammenklumpen. (...)

Zitat
"Die Idee hinter dem Projekt ist einfach", erklärt EXCISS-Teamleiterin Tamara Koch. "Wir möchten Staubpartikel in Schwerelosigkeit unter ähnlichen Bedingungen kollidieren lassen, wie sie im solaren Nebel geherrscht haben. Die so gebildeten Staubklümpchen beschießen wir dann wiederholt mit Blitzen. Neu an der Idee ist, dies unter realistischen Bedingungen der Schwerelosigkeit und bei geringem Gasdruck durchzuführen. Solche Experimente sind auf der Erde auch in Falltürmen nicht möglich. Die ISS bietet damit ein einzigartiges Umfeld, die Blitz-Hypothese zu überprüfen."

Spannend. Mal abwarten, was passieren wird.

Grüße
Greg :hut: