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Meteoriten => Tektite ... => Thema gestartet von: powercbx am April 18, 2011, 22:58:57 Nachmittag

Titel: Ries-Tektite
Beitrag von: powercbx am April 18, 2011, 22:58:57 Nachmittag
Man möge mir mein Unwissenheit verzeien, aber ich komme mit einem "Widerspruch" nicht klar.  :confused:

Wenn  Ries-Tektite in Tschechien, also sehr weit östlich,  die Reuterschen Blöcke aber weit SOS bzw SWS, also Augsburg und Ulm, vom Nördlinger Ries gefunden wurden, welche Flugbahn hatte dann der Meteorit, bzw. wie lassen sich dann die doch sehr unterschiedlichen Fundstellen erklären.

Meiner Meinung nach, müßte für die Erklärung der Tektite in Tschechien ein Einschlag eben dort sein. :weissefahne:
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: lithoraptor am April 18, 2011, 23:29:05 Nachmittag
Moin! :hut:

Moldavite finden sich nicht nur in Tschechien, sondern auch in Sachsen und Österreich. Du musst Dir immer vor Augen halten, dass seit dem Einschlag schon sehr viel Zeit ins Land gegangen ist. Die Bereiche der Erdoberfläche, wo die Moldavite einst niedergegangen sind oder später auch hin umgelagert wurden, sind im Verlaufe der Jahrmillionen stark erodiert worden und sind somit nur noch selten erhalten geblieben. Sicher gab es eine weit großräumigere Verteilung der Moldavite nur existieren die entsprechenden Sediment heute nicht mehr...

Gruß

Ingo
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: Thin Section am April 19, 2011, 00:17:27 Vormittag
Der "Impaktor" soll ja aus nördlicher Richtung "eingeschwebt" sein, also sind die Reuter'schen Blöcke nicht unbedingt ein größeres Problem, da sie ja in SSO bis SSW Richtung gefunden werden/wurden!

Bernd  :hut:
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: Plagioklas am April 19, 2011, 00:34:10 Vormittag
Bei den Tektiten kommt noch hinzu, dass sie an vielen Lokalitäten längst vergammelt sind. Die heute gefundenen bizarren Exemplare sind meist Überreste von Gebilden, die einst deutlich größer waren und anders aussahen.
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: powercbx am April 19, 2011, 22:06:19 Nachmittag
Der "Impaktor" soll ja aus nördlicher Richtung "eingeschwebt" sein, also sind die Reuter'schen Blöcke nicht unbedingt ein größeres Problem, da sie ja in SSO bis SSW Richtung gefunden werden/wurden!

Bernd  :hut:

EINGESCHWEBT....wunderschön beschrieben  :laughing:  und da setzte ich wieder an. Wenn doch die arg verwitterten Tektite angeblich bis zu 450 km geflogen sind, dann würde ich sie in den Südalpen suchen, aber nicht in Tschechien und schon garnicht in der Lausitz.
Mir ist jetzt allerdings nicht bekannt, in welchen Gebieten die ausgeworfenen Gesteinsmassen des Impaktors theoretisch wieder zur Erde zurückgefallen sind.

Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: gsac am April 19, 2011, 22:22:30 Nachmittag
Der "Impaktor" soll ja aus nördlicher Richtung "eingeschwebt" sein

Ich kenne mich nicht sonderlich gut mit Impaktereignissen aus, aber nach all dem, was ich
bisher gelesen habe, sind das Steinheimer Becken und das Nördlinger Ries auf der geologischen
Zeitskala sozusagen parallel entstanden, insofern sind es also wahrscheinlich die Folgeprodukte
ein und desselben Grossereignisses in der Natur. Beide Lokalitäten liegen geografisch auf einer
Linie WSW-ENE. Da widerstrebt mir schon sehr die Idee eines Einflugs aus einer primär nördlichen
Richtung!

Interessant wiederum ist, ob der Anflug des Meteoroiden von Osten oder von Westen her kam.
Gab es da nicht mal unterschiedliche Interpretationen auch theoretischer Natur, gerade für die
Entstehungsgeschichte (und damit Flugbahn) der Tektite? Wie ist der Stand der Dinge dazu?
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: Thin Section am April 19, 2011, 23:54:31 Nachmittag
... würde ich sie in den Südalpen suchen, aber nicht in Tschechien und schon garnicht in der Lausitz.

Guten Abend, ... späten guten Abend  :hut:

Eine Theorie geht davon aus, dass Moldavite aus "Material" entstanden, welches vaporisiert wurde und dann kondensierte. Insofern halte ich es für möglich, daß diese "Dämpfe" seitlich (nach links von N => S gesehen ... also Richtung Tschechien, wenn es denn stimmt, daß der Impaktor aus nördlicher Richtung kam) und nach hinten (Richtung Lausitz) auskondensierten und sich zu diesen glasigen, hoch siliziösen Gebilden verfestigten.


Gute Nacht,

Bernd  :winke:
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: powercbx am April 22, 2011, 10:15:42 Vormittag
Hallo,

für mich sind weiterhin Fragen offen. Aus welcher Richtung kam der Impaktor und wie müßte danach das Streufeld aussehen? Wer kennt dazu Literatur?

Wenn davon auszugehen ist, das die Brocken hintereinander geflogen sind, denn läge die Flugbahn auf einer Linie vom Steinheimer Becken zum Ries, oder doch aus nördlicher Richtung? Wäre das dann mit der Neigung der Erdachse und Erddrehung vereinbar?

Meine Vorstellung reicht "noch" nicht aus, um die Moldavite in Sachsen, Lausitz etc. zuerklären.  Was spricht gegen einen Impakt in Tschechien?


Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: aknoefel am April 22, 2011, 10:27:37 Vormittag
Gesetzt dem Fall, die Formationen des Rieses und des Steinheimer Beckens sind tatsächlich bei einem Ereignis entstanden, dann dürfte das größere Objekt, das das Ries erzeugt hat von einem kleineren umkreist worden sein. Man kennt ja inzwischen einige Asteroiden, die von 'Monden' umkreist werden. In dem Fall kann man nicht sagen, das die beiden Objekte 'hintereinander' geflogen sind - sie könnten zum Zeitpunkt des Einschlages ebensogut von der Erde aus gesehen parallel geflogen sein. Dann könnte man aus den Positionen der Krater nicht auf die Flugrichtung schliessen.

Gruß
  André
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: speul am April 22, 2011, 11:08:12 Vormittag
Hallo,

für mich sind weiterhin Fragen offen. Aus welcher Richtung kam der Impaktor und wie müßte danach das Streufeld aussehen? Wer kennt dazu Literatur?

Artemieva N   Pierazzo E   Stöffler D   Numerical modeling of tektite origin in oblique impacts: Implication to Ries-Moldavites strewn field   Bull. Czech Geol. Surv.   77   2002   303-311   
Kalenda P   Pecina P      Mathematical Model of tektites formation   Schriften Staatl. Mus. Min. Geol. Dresden   10   1999   50-51   
Stöffler D   Artemieva NA   Pierazzo E   Modeling the Ries-Steinheim impact event and the formation of moldavite strewn field   MAPS   37   2002   1893-1907   
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: Dirk am April 22, 2011, 11:17:26 Vormittag
Hallo powercbx  :winke: ,

also gegen einen Impakt in Tschechien würde z.B. sprechen, das dort meines Wissens nach gar kein nachgewiesener Krater existiert, der dafür in Frage kommen könnte.

Hast Du schon folgende Schriften gelesen?

http://www.amazon.de/Moldavit-Thomas-Dehner/dp/3940841706/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1303463329&sr=1-1

und

http://www.amazon.de/Wanderungen-Erdgeschichte-Bd-10-Meteoritenkrater-N%C3%B6rdlinger/dp/393151658X/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1303463755&sr=1-1

 :prostbier:
Dirk
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: powercbx am April 22, 2011, 12:09:40 Nachmittag
Jetzt bin ich noch nicht viel weiter, aber schonmal vielen Dank für die Literaturhinweise....

@ Dirk

.....kein nachgewiesener Krater laut Wiki-Liste der Einschlagkrater..stimmt!

Aber ich glaube einen größeren Impaktkrater gefunden zuhaben...leider kann ich es nicht überprüfen.
Einerseits mangels Zeit, andererseits mangels Wissen.

Jörg  :smile:
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: lithoraptor am April 22, 2011, 12:27:16 Nachmittag
Moin!

Aber ich glaube einen größeren Impaktkrater gefunden zuhaben...

Woran machst Du das fest? Das finden einer rundlichen Struktur etwa via Google Earth oder bei einer Geländebegehung sagt ja noch nichts über deren Genese aus.
Für einen Impaktkrater gibt es ganz klare Belege bzw. Beweise, die erbracht werden müssen. So kann man nur von einem Impaktkrater sprechen, wenn man Shatter Cones, Stishovit http://de.wikipedia.org/wiki/Stishovit und planare Deformationen (in Gesteinsdünnschliffen) findet.

Gruß

Ingo
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: Dirk am April 22, 2011, 14:06:58 Nachmittag
Hallo powercbx/Jörg,

hast Du Dir schon einmal Gedanken über all die Argumente gemacht, die für eine Verbindung Nördlinger Ries/Moldavite sprechen?

- So z.B. das Alter des Rieses und das Alter der Moldavite (beide ca. 15 Mio Jahre alt)
- ein ähnlicher Chemismus: im Ries bestand die damalige oberste Sedimentschicht aus Molasse-Sedimenten. Die Hauptbestandteile dieser Molasse findet man auch in den Moldaviten wieder.
- Moldavite müssen bei der Entstehung eine Flughöhe von mindestens 20km erreicht haben, denn die im Material eingeschlossenen Luftbläschen weisen einen Unterdruck auf, der dem irdischen Luftdruck in 20-40km Höhe entspricht. Um aber eine Höhe von mindestens 20km zu erreichen ist eine längere ballistische Flugbahn von 250-400km notwendig gewesen. Hier muss man noch wissen, das Tektite nur dann "weg fliegen" und Streufelder bilden, wenn der Impaktor flach einschlägt. Schlägt er in einem größeren Winkel (größer 20°) oder nahezu senkrecht ein, so bilden sich zwar auch Tektite, die aber den Einschlagskrater nicht mehr verlassen können, weil der Körper des einschlagenden Meteoriten im Wege ist.

Besuch mal das Ries-Museum in Nördlingen und besorge Dir mehr Literatur. Hast ja schon ein paar Tipps zum Schmökern bekommen  :smile: .


 :winke:  :prostbier:
Dirk


Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: speul am April 22, 2011, 14:44:17 Nachmittag
Zitat
Aber ich glaube einen größeren Impaktkrater gefunden zuhaben...leider kann ich es nicht überprüfen.
Einerseits mangels Zeit, andererseits mangels Wissen.


Widerspricht sich irgendwie, einerseits mangelt es an Wissen, anderseits habe ich was gefunden , was allen akzeptierten Theorien widerspricht  :os06:
Ich nehme mal an, Du meinst die Struktur Sevetin, oder?

Grüße
speul
Titel: Re: Ries-Tektite
Beitrag von: powercbx am April 22, 2011, 16:21:29 Nachmittag
@ Speul

Seventin war nicht gemeint, war mir bisher nicht bekannt.

@ Dirk

Deswegen meine Fragen nach Flugbahn etc...demnach könnten Steinheimer Becken und Ries dem selben Ereignis zugeordnet werden(ähnlich Shoemaker-Levy 9 :weissefahne:), also hintereinander, wobei die Flugbahn grob von SW nach NO anzunehmen ist,  nach Funden der Tektite.