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Meteoriten => Meteorite => Thema gestartet von: KarlW am Mai 20, 2012, 10:38:35 Vormittag

Titel: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: KarlW am Mai 20, 2012, 10:38:35 Vormittag
Ein schönes Beispiel dafür, daß es lohnt, immer nochmal genauer nachzuschauen:

http://www.lpi.usra.edu/meetings/acm2012/pdf/6143.pdf

 :applaus:

Grüße
Karl
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: Hungriger Wolf am Mai 20, 2012, 11:13:50 Vormittag
http://adsabs.harvard.edu/full/1998A%26A...334..713B (http://adsabs.harvard.edu/full/1998A%26A...334..713B)


Benešov (a) LL3.5:

http://www.lpi.usra.edu/meteor/metbull.php?code=54854 (http://www.lpi.usra.edu/meteor/metbull.php?code=54854)

Benešov (b) H5:

http://www.lpi.usra.edu/meteor/metbull.php?code=54855 (http://www.lpi.usra.edu/meteor/metbull.php?code=54855)


http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg104353.html (http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg104353.html)


Grüsse  :hut:
Achim
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: gsac am Mai 20, 2012, 11:47:35 Vormittag
Ein schönes Beispiel dafür, daß es lohnt, immer nochmal genauer nachzuschauen:

http://www.lpi.usra.edu/meetings/acm2012/pdf/6143.pdf

 :applaus:

Grüße
Karl

Sehr beeindruckend!  :super:
Alex

[PS: wie würdest Du eigentlich Geislingen in dieser Hinsicht nachträglich beurteilen, Karl?
]
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: KarlW am Mai 20, 2012, 13:52:32 Nachmittag

[PS: wie würdest Du eigentlich Geislingen in dieser Hinsicht nachträglich beurteilen, Karl?
]

Hallo Alex,

im Vergleich zu unserem Fall auf der Alb war Benesov gewaltig (um 1-2 Größenordnungen mehr Masse) und wegen des steilen Fallwinkels gut lokalisiert. Nachdem bei unserem Fall aufgrund der großen Endhöhe klar war, daß nur sehr kleine Stückchen den Boden erreicht haben, wurde die Winddrift zum maßgeblichen Faktor. Und da lag der Fallzeitpunkt leider unglücklich zwischen den Zeiten der lokalen Sondenaufstiege. Die nächstgelegene Sondierung zwischendrin (Kümmersbruck) nährt den Verdacht, daß da etwas durchgezogen ist, was zu einer Verlagerung um mehrere Kilometer gereicht hätte. Um das einzufangen, hätten wir ein lokales Windmodell aus dem großen Wettercomputer gebraucht, an das wir aber nicht rangekommen sind. Wenn wir das heute bekämen, wären die Chancen trotzdem nicht berauschend. Man erinnere sich: Wir haben damals auf den überwiegend  landwirtschaftlichen Flächen zum Teil vor dem Pflug her gesucht.

Daß die tschechischen Freunde diesen phänomenalen Coup landen konnten, liegt bestimmt auch daran, daß wir im letzten Jahrzehnt mehr Erfahrung im Umgang mit Winddrift und Formfaktoren und Routine bei den Berechnungen gesammelt haben.

Aber es gibt bestimmt noch den einen oder anderen Fall im Fundus, über den man nachdenken könnte (Pribram-Hauptmasse?).

Grüße
Karl
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: gsac am Mai 20, 2012, 14:07:51 Nachmittag
Danke, Karl, profunde Antwort, wie nicht anders von Dir zu erwarten!  :super:

(Dann ist das wenige, was bei Geislingen gelandet sein mag, letztlich unter den
Pflug gekommen - schade eigentlich, aber that´s life, so isses nun mal, das es
die Erde sich einverleibt hat. Dieses passiert allerdings seit Urzeiten stets auch
ohne den Menschen, wenn das jetzt und hier ein schwacher Trost sein kann...)

:einaugeblinzel: Alex
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: Hungriger Wolf am Mai 20, 2012, 14:10:25 Nachmittag
Benešov:

http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg104361.html (http://www.mail-archive.com/meteorite-list@meteoritecentral.com/msg104361.html)

Grüsse  :hut:
Achim
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: herbraab am Mai 20, 2012, 18:29:53 Nachmittag
Ganz tolle Sache!  :super:

Aber wieso bekommt der Fund zwei Namen (Benešov (a) und Benešov (b)) wenn das Material doch von einem Fall stammen soll...?  :nixweiss: :gruebel:

:hut:
Herbert
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: erich am Mai 20, 2012, 20:43:01 Nachmittag
 :gruebel: Wird sicher schon alles authentisch sein. Andererseits taucht eine global bedeutungsvolle Frage auf: Wie will man restlos ausschließen, dass in einem Suchgebiet von irgendeinem "Spaßvogel" fremdes Material wie etwa aus NWA hin gestreut wird, sei es nun aus reinem Jux, oder aber um dieses Material - auch etwaige Nachfunde - sozusagen zu "patriieren"?  :gruebel: :nixweiss:
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: KarlW am Mai 21, 2012, 11:26:03 Vormittag
:gruebel: Wird sicher schon alles authentisch sein. Andererseits taucht eine global bedeutungsvolle Frage auf: Wie will man restlos ausschließen, dass in einem Suchgebiet von irgendeinem "Spaßvogel" fremdes Material wie etwa aus NWA hin gestreut wird, sei es nun aus reinem Jux, oder aber um dieses Material - auch etwaige Nachfunde - sozusagen zu "patriieren"?  :gruebel: :nixweiss:

Na ja, ich bin da im Allgemeinen nicht sonderlich pessimistisch. Es ist eine Sache, Arglosen in ebay etwas unterzujubeln. Eine Fälschung mit wissenschaftlicher Qualität ist die andere. Das ist ein bißchen wie auf dem Kunstmarkt. Angesichts der fortgeschrittenen Analysemethoden bräuchte es dafür ausgesprochene Experten mit viel Insiderwissen. Die machen so etwas nicht (einzelne extreme Exzentriker nicht ausgeschlossen). Und die, die auf solche Ideen kommen könnten, haben es eher nicht drauf.
Im Speziellen ist die Truppe um Pavel Spurny und Jiri Borovicka über jeden Verdacht erhaben. Der Fall Benesov ist eine weitere originelle Pionierleistung.

@ Herbert:
Die Unterscheidung nach a und b ist einfach eine sehr saubere vorsichtige Herangehensweise angesichts der zwei sehr verschiedenen Lithologien. Die genaue Eingrenzung des terrestrischen Alters über die kurzlebigen kosmogenen Nuklide ist nach 20 Jahren bei den kleinen Proben wohl kaum noch drin. Auf der anderen Seite dürfte die Wahrscheinlichkeit, im engen Benesov-Fallgebiet zwei unabhängige Funde im oberen Ackerboden zu machen, jenseits von Gut und Böse sein. Ich habe es nicht abgeschätzt, aber anderenfalls würde ich umgehend zum Ganztags-Sondengänger.
Am Ende wird die Interpretation der tschechischen Freunde wohl Bestand haben, daß es sich um einen Fall aus einer wild gemischten Brekzie handelt. Spätestens seit Almahatta Sitta muß das niemand mehr für abwegig halten.

Grüße
Karl
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: erich am Mai 21, 2012, 12:56:29 Nachmittag
Ich habe mich vermutlich unklar ausgedrückt: Du kannst gern Pessimismus in unsere Aussagen hinein interpretieren, jedoch entspricht das von Dir betonte ja genau dem, was ich gesagt/geschrieben habe (dass die 100% integeren Wissenschafter Sburny et al natürlich - wie auch jeder, der sie kennt, weiß, über jeden Verdacht absolut erhaben sind). Ich wollte auf etwas ganz anderes viel komplexeres (als das von Dir in meiner Frage zu erkennen geglaubte) hinaus. Dies ging wohl beim raschen Lesen, gleichzeitig mit Verlaub oberflächlichem Interpretieren synchron zu meiner zu undeutlichen und unakzentuierten Ausdrucksweise meiner Frage unter. :hut:
Ich werde mich bemühen meine komplexen Fragen (die einfacheern vermag ich schon selbst zu beantworten) in Zukunft verständlicher (interpretations-unabhängiger) zu formulieren
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: KarlW am Mai 21, 2012, 14:35:01 Nachmittag
Lieber  Erich,

es stimmt schon: Ich habe die Komplexität der Frage nicht wahrgenommen.
Ich wollte eigentlich nur sagen, wie erfreulich ich es finde, daß ähnlich wie in der Kunst sich dank verfeinerter Methoden heute kein Fälscher mehr sicher fühlen kann.
Jede weitergehende Interpretation lag mir fern.  :weissefahne:

Beste Grüße
Karl
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: karmaka am Mai 22, 2012, 19:37:44 Nachmittag
Ein großartige Leistung!  :super: :super: :super:

Ein Filmbericht zum Thema:

http://www.rozhlas.cz/img/flash/player/VP_ondemand.swf?server=stream&stream=2633745&playerColor=4175AC&img=http://projekty.rozhlas.cz/videonahled/data/2633745/thumb.jpg&ext=flv

weitere Informationen:

aktueller Teil 3:
http://translate.google.de/translate?hl=de&sl=cs&tl=de&u=http%3A%2F%2Fwww.rozhlas.cz%2Fmeteor%2Fprispevky%2F_zprava%2Fbolid-benesov-vydal-tajemstvi-video--1061668

Teil 1:
http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&rurl=translate.google.de&sl=cs&tl=de&u=http://www.rozhlas.cz/meteor/prispevky/_zprava/--1055401&usg=ALkJrhgXRMtTYoh3cv7tUTpzPGP_dvGbVA

Teil 2:
http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&rurl=translate.google.de&sl=cs&tl=de&u=http://www.rozhlas.cz/meteor/prispevky/_zprava/za-vsechno-muze-cas--1058300&usg=ALkJrhiSH8_zNAMEmwZQriE1f0kcGBpJPQ

Ein Radiobericht zum Thema von Radio Prag (leider nur in Tschechisch):

http://translate.googleusercontent.com/translate_c?hl=de&rurl=translate.google.de&sl=cs&tl=de&u=http://prehravac.rozhlas.cz/audio/2633922&usg=ALkJrhhEoaobGFlc4CLLyOMnLiBi5Fv06w
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: karmaka am Mai 22, 2012, 20:40:51 Nachmittag
...ein Versehen, diesen Beitrag bitte löschen. Danke!
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: herbraab am Mai 23, 2012, 00:08:12 Vormittag
Am Ende wird die Interpretation der tschechischen Freunde wohl Bestand haben, daß es sich um einen Fall aus einer wild gemischten Brekzie handelt. Spätestens seit Almahatta Sitta muß das niemand mehr für abwegig halten.

In diesem Lichte ergibt die Tatsache, dass Neuschwanstein (EL6) und Pribram (H5) eine nahezu identische Umlaufbahn um die Sonne hatten, wohl auch wieder mehr Sinn, nicht wahr? Kurz nach dem Neuschwanstein-Fall wurde aufgrund der unterschiedlichen Klassen ja eher die Hypothese favorisiert, dass die Ähnlichkeit in den Bahnen nur Zufall gewesen sei. (Das war zumindest mein subjektiver Eindruck - ich habe jetzt nicht nachgezählt, wie viele Paper die eine oder die andere Möglichkeit vertreten haben...)

:hut:
Herbert
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: KarlW am Mai 31, 2012, 11:15:46 Vormittag
In diesem Lichte ergibt die Tatsache, dass Neuschwanstein (EL6) und Pribram (H5) eine nahezu identische Umlaufbahn um die Sonne hatten, wohl auch wieder mehr Sinn, nicht wahr?

Ja, das denke ich auch. Ich habe noch im Hinterkopf, daß die Wahrscheinlichkeitsbetrachtung sehr eindrucksvoll für einen Zusammenhang der Orbits sprach. Überhaupt spielen solche Wahrscheinlichkeiten eine ziemliche Rolle. Im aktuellen Fall Benesov ist es so. Und auch bei den Impaktoren von Ries und Steinheim ist es im Rahmen der zeitlichen Unschärfe sehr unwahrscheinlich, daß beide nichts miteinander zu tun hatten; man muß sich da einen 1km großen Asteroiden vorstellen, der von einem zehnmal kleineren "Mond" umkreist wurde. Und letzterer war nach Buchner et al. womöglich ein Eisen.
Von solchen gravitativ gebundenen Systemen über die Schutthaufen bis zu unseren wild zusammengesetzten meteoritischen Brekzien: Alles zeigt, daß unser Sonnensystem von Anfang an eine wirkungsvolle Mischmaschine ist.
Man kennt inzwischen ja eine ganze Reihe von asteroidalen Zwei- und Mehrfachsystemen. Da wäre es interessant, ob es da z.B. aus spektralen Analysen Beispiele für unterschiedliche Zusammensetzung der beteiligten Körper gibt. Ich habe nichts parat, aber wie ich Martin einschätze, kommt er wie üblich, schneller als sein Schatten, gleich mit der einschlägigen Literetur rüber.   :einaugeblinzel:

Grüße
Karl
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: karmaka am Mai 31, 2012, 17:16:47 Nachmittag
Nicht 'schneller als mein Schatten'  :einaugeblinzel:, in aller Eile und auch ohne einen bestätigenden Literaturbeleg:

Ich habe bisher noch kein paper gefunden, in dem Belege für ein asteroidales Mehrfachsystem
mit einer unterschiedlichen Zusammensetzung der Körper vorliegen.

Bei den meisten Asteroidsystemen (binary asteroids, triple asteroids etc.) mit zwei oder drei Monden handelt es sich um sehr 'poröse Geröllhaufen' mit geringer Dichte.

Bei den meisten bekannten Asteroiden dieser Art geht man von relativ homogener Materie
bei Mutterkörper und Monden aus, die in einem 'collision mechanism' entstanden sind.

Auch beim Doppelsystem (90) Antiope lassen die Spektren der beiden Körper vermuten,
dass es sich um dieselbe Materie handelt.

Systeme mit Körpern unterschiedlicher Materie sollten wohl vor allem in einem 'capture mechanism' entstehen können.

http://cosmicdiary.org/fmarchis/2009/08/21/the-discovery-of-a-new-triple-asteroid-93-minerva/
http://www.mendeley.com/research/origin-90-antiope-componentresolved-nearinfrared-spectroscopy/
http://www.cesr.fr/~klotz/behrend_aa2005.pdf

Bilder:

45 Eugenia: http://nssdc.gsfc.nasa.gov/planetary/news/image/eugenia_19991006_b.jpg

(90) Antiope: http://www.astronoo.com/images/images_asteroides/asteroide90antiope.jpg

762 Pulcova:  http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/e/ea/762Pulcova-SwRI.gif

87 Sylvia: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/52/CMSylvia.png

 :hut:
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: KarlW am Mai 31, 2012, 18:30:09 Nachmittag
Nicht 'schneller als mein Schatten'

Oh doch! Und gleich mit einer ersten Zusammenfassung!  :applaus:
Daß Kollisionen eher homogene System erzeugen, ist einleuchtend (hohe Mischintensität). Mal sehen, ob sich mit anwachsender Datenmenge Gegenbeispiele finden, evtl. auch bei kleineren Systemen, die künftig beobachtbar werden.
Danke für die prompte Nachschau.

Respektvolle Grüße  :hut:
Karl
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: karmaka am Oktober 09, 2014, 19:41:09 Nachmittag
Einer neuer Bericht mit Bildern zum Benesov Fund:

LINK (https://translate.google.de/translate?sl=auto&tl=en&js=y&prev=_t&hl=de&ie=UTF-8&u=http%3A%2F%2Fvesmir.cz%2F2014%2F10%2F08%2Fnocni-mura-benesova%2F&edit-text=)

LINK (Original) (http://vesmir.cz/2014/10/08/nocni-mura-benesova/)

Am 14.10. wird der bisher nur für Abonnenten veröffentlichte Artikel von Pavel Spurný in Vesmír (https://translate.googleusercontent.com/translate_c?depth=1&hl=de&ie=UTF8&prev=_t&rurl=translate.google.de&sl=auto&tl=en&u=http://casopis.vesmir.cz/uzivatel/neni-opravneni&usg=ALkJrhg6bwxh00P3-lFAwp9VbFFHb3WqUA) auch  im Journal Astronomy & Astrophysics (http://www.aanda.org/) veröffentlicht werden.
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: karmaka am Oktober 14, 2014, 07:16:16 Vormittag
Reanalysis of the Benešov bolide and recovery of polymict breccia meteorites – old mystery solved after 20 years

Pavel Spurný, Jakub Haloda, Jiří Borovička, Lukáš Shrbený and Patricie Halodová

Published online: 14 October 2014
DOI: http://dx.doi.org/10.1051/0004-6361/201424308

LINK (http://www.aanda.org/articles/aa/full_html/2014/10/aa24308-14/aa24308-14.html)

PDF-LINK (http://www.aanda.org/articles/aa/pdf/2014/10/aa24308-14.pdf)
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: aknoefel am Oktober 15, 2014, 11:45:09 Vormittag
Hier ein Überblick auf Deutsch:

http://www.wissenschaft.de/erde-weltall/geowissenschaften/-/journal_content/56/12054/4724397/Meteoritenjagd-mit-%C3%9Cberraschungen/
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: Greg am Oktober 16, 2014, 10:04:35 Vormittag
Hallo,

habe da mal ne Frage... Wie fange ich an? Also, das Thema Benesov Funde war bisher an mir vorbei gezogen. Habe eben erst diesen Thread gelesen. D.h., vor ein paar Tagen hatte ich ein Foto der Stücke gesehen. Mein spontaner Gedanke war, dass die Fundstücke merkwürig für Bodenfunde im heimisches Klima aussehen (meine Vorstellung davon ist zumindest anders). Auf dem Foto sehen sie in meinen Augen eher so aus, als wenn sie durch Windschliff gezeichnet und sich eine Wüstenpatina gebildet hätte. Auch die Färbung der Matrix hätte ich mir anders vorgestellt (kräftigeres Rot, aber nicht so durchoxidiert).
Vielleicht täuscht das Foto auch nur?
http://www.astrowatch.net/2014/10/benesov-meteorites-old-mystery-solved.html (http://www.astrowatch.net/2014/10/benesov-meteorites-old-mystery-solved.html)

Heute gibt es auf der Met-List lautes Gemurre, dass alles Betrug sei, da es sich um uralte NWA-Funde handeln müsse.

Die Leute des Suchtrupps kenne ich nicht und ich möchte nicht unreflektiert in den lauten Kritik-Kanon miteinsteigen...

Es gab anscheinend auch diverse wissenschaftliche Untersuchungen. Aber, hätte man es durch die durchgeführten Untersuchungen wirklich herausgefunden, wenn ein "Spaßvogel", wie es bereits hier im Thread einmal als Frage formuliert wurde, dort alte NWA-Funde hin gestreut hätte?

Oder könnten in unserem Klima ganz normale Prozesse der Bodenverwitterung in der Art die Oberfläche der Stücke abtragen und zu einer solchen glänzenden Patina führen?

Grüße  :hut:
Greg
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: APE am Oktober 16, 2014, 13:28:19 Nachmittag
Hi Greg,

vergleichbar wäre doch der polnische Fall Pultusk oder der neue Fund in Bayern - Machtenstein! Selbst die neusten Fundstücke aus Polen sehen für mich wesentlich besser aus als jenes Material aus Tschechien. Wo ist die Schmelzkruste geblieben? Dabei sollte die Verwitterung der polnischen Funde doch größer sein, weil Pultusk schon 1868 gefallen ist. Merkwürdig finde ich auch den zerplatzenden Meteoroiden in 24km Höhe, wenn es jetzt auch noch verschiedene Materialklassen sein sollen. Das geht nach meinem Verständnis nur mit monolithischem Material, weil "ein Stein" einen Gewaltbruch hinlegt. Ein meteoroider Schutthaufen erzeugt einen von Anfang an einen sehr hellen Meteor, mit sehr viel Masseverlust, mit sehr vielen Brüchen über eine gewisse Zeit verteilt, es sind ja schließlich verschiedene Materialien und Teilstücke. Da es aber nur Langzeitbelichtungen vom Boliden gibt, kann man vielleicht nicht wissen, ob dahinter noch andere Massen flogen, die nicht so viel Licht erzeugt haben, wie das Hauptobjekt ... hm

Entscheidender ist allerdings die Ablagerung im Boden. Warum sollten die Steine noch an der Oberfläche sein? Wer findet mit einem Metalldetektor so kleine LL-Chondrite? Wo es doch bei einem normalen mitteleuropäischen Feld vom Zivilisationsschrott nur so wimmelt? Das Feld müsste erst einmal vom Metall gereinigt werden, und dann ...

... ach ja, immer dasselbe, wie bei Königsbrück!
Wenn man wirklich wissen möchte, wann das Material zur Erde kam, dann bitte messt doch stets vorher die Metallisotope oder Radionuklide, bestimmt das Erdalter der Steine, wie lange sie nun schon geschützt vor der kosmischen Strahlung hier existieren. Dann weiß man es genau und darf sowas auch bei Meteoritics & Planetary Science publizieren! Den Astronomen dort kann man sowas vieleicht verkaufen, aber doch nicht Experten für Meteorite.

Ich weiß wirklich nicht, wie so ein Artikel geschrieben werden konnte. Die Datenlage und Fakten über den Boliden mögen ja völlig richtig sein, aber die Funde muss man dann ebenso genau bewerten. Wennschon - dennschon!

Ein eindeutiger Skeptiker!
 :user:
Thomas
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: herbraab am Oktober 16, 2014, 16:43:22 Nachmittag
Die Leute des Suchtrupps kenne ich nicht und ich möchte nicht unreflektiert in den lauten Kritik-Kanon miteinsteigen...

Pavel Spurny ist ein Wissenschafter, der auf seinem Fachgebiet weltweit führend ist und einen exzellenten Ruf genießt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein Forscher seine Karriere durch eine bewusste Täuschung leichtfertig aufs Spiel setzt...

(Was natürlich nicht ausschließt, dass irgendein "Spaßvogel" dort NWAs ausgestreut haben könnte.)

:hut:
Herbert
Titel: Re: Benesov - alter Fall, neues Glück
Beitrag von: APE am Oktober 17, 2014, 13:57:45 Nachmittag
Herbert, genau das verstehe ich auch nicht. Ein solcher Wissenschaftler muss doch vorhersehen, das dies zu einer Diskussion führt. Selbst neue Funde, ja wie auch meine, werden stets nachgeprüft, um zu erfahren, ob die wirklich zum Ereignis dazugehören, damit keiner beschiss machen kann. Sowas macht er doch nicht zum ersten Mal. Oder ist es ihm egal? Vielleicht haben sich sonst andere darum gekümmert!

Wie auch immer Benesov wird ihm noch schwer zu schaffen machen. Grundsätzlich muss jeder Wissenschaftler offen kritisierbar bleiben, auch der Prof. oder eine Koryphäe, wie er. Leider kann er, nach meiner langen Erfahrung mit ihm, mit soetwas nicht so gut umgehen. Es wird also noch interessant werden. Ja, so sehe ich das auch.
 :user:
Thomas