Autor Thema: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe  (Gelesen 4670 mal)

Offline JFJ

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Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« am: Juni 07, 2013, 18:58:18 Nachmittag »
Als bekannteste Geschiebe mit grüner Grundmasse gelten Grorudit (Oslo-Rift) und Särna-Tinguait (Dalarna). Doch neben den bekannten Anstehenden des Särna-Tinguait (Ekorråsen und Siksjöberget) finden sich im Oslo-Rift eine Reihe weiterer grün gefärbter Gesteine, zu denen auch der Tinguait von Graver, wie auch die Gesteinsgruppe der Sölvsbergite zählt. Alle genannten Gesteine ähneln sich in ihrem Chemismus, was auf eine genetische Nähe des Magmas schließen lässt. W. C. Brögger behandelte die diesbezüglichen norwegischen Gesteine 1884 zusammen unter dem Begriff „Die Gesteine der Grorudit-Tinguait-Serie“.

Gemessen am Quarzgehalt der Grundmasse (Quarzeinsprenglinge kommen in den genannten Gesteinen nicht vor) beinhaltet Grorudit den höchsten:
Typ Varingskollen 37,45%;
Typ Kallerud 23,5%;
Typ Grusletten (bei Grorud) 19,57%.

Der Gehalt an SiO2 (Kieselsäure), nimmt bei der Gruppe der Sölvsbergite weiter ab. Je nach Beprobungsort finden sich Gehalte an Quarz von: 4,5%; 0,25%; bis hin zur völligen Abwesenheit von Quarz. Die Grenze, hinsichtlich des SiO2-Gehalts, zwischen Grorudit und Sölvsbergit, wurde von Brögger 1884 mit 66% benannt. Ganz grob lässt sich sagen, dass der Quarzanteil der Matrix im Grorudit zwischen 10(20)% und 40%, je nach Lokalität, schwankt.
Am anderen Ende dieser Serie, welche sich durch den SiO2, bzw. Quarzgehalt definiert, liegen die Tinguaite. Bei diesen ist der Gehalt an Kieselsäure so gering, dass sich Foide (Feldspatvertreter) bilden konnten.

Diesen Ganggesteinen gemeinsam ist ein deutlicher Überschuss an Natrium, was das proportional hohe Auftreten des Pyroxens Ägirin, wie auch die Na-betonten Feldspäte erklärt. Dieser Natriumüberschuss findet sich sowohl im Grorudit, Sölvsbergit und Tinguait. Obwohl sich Grorudit und Tinguait von Graver ähneln, lassen sie sich an den Feldspäten auseinander halten, welche zusammen mit den oftmals schlanken Ägirinnadeln, einzige makroskopische Erkennungsmerkmale bilden.

Mit einfachen Mitteln (Lupe) bestimmbar sind Grorudit, Särna-Tinguait, wie auch der Tinguait von Graver. Widmen wir uns zunächst der Gesteinsgrupppe mit dem höchsten Gehalt an Quarz, und gleichzeitig dem Anfangsglied aus der „Grorudit-Tinguait-Serie“.

1. Grorudit (Leitgeschiebe)

Typlokalität ist der nördliche Osloer Stadtteil Grorud. Die Feldspateinsprenglinge sind weiß bis grünlich oder rosa gefärbt. I.d.R. bestehen sie aus Mikroklin, bei welchem sich der Natriumanteil (Albit) in perthitischen Entmischungslamellen zeigt. Weiße Feldspäte können auch ganz aus Albit bestehen. Die nichtentmischten Feldspäte sind eher eckig ausgebildet, Mikroklin eher rundlicher. Einige der Feldspateinsprenglinge können Zeichen von metamorpher Überprägung aufweisen. Brögger schreibt dieses einer sehr frühen Ausbildung der diesbezüglichen Kristalle im Magma zu. Die Anwesenheit von Mikroklin lässt Rückschlüsse auf die Entstehungsbedingungen zu: Das Magma wird nicht extrem heiß gewesen sein, mit einer anschließend langsamen Abkühlung der Schmelze.
! An dieser Stelle sei bereits erwähnt, dass die Feldspäte im Tinguait von Graver aus Sanidin bestehen, also aus einer sehr heißen Schmelze hervor gegangen sind, mit anschließender langsamer Abkühlung - Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Gesteinen.
Als weiteres Bestimmungsmerkmal gilt das Vorhandensein von schlanken Ägirinnadeln. Dabei ist nicht die Menge des sichtbaren Pyroxens wichtig, sondern ob sich auch nur eine einzige Ägirinnadel im Geschiebe finden lässt. Die Grünfärbung des Gesteins lässt sich auf den hohen Anteil an Ägirin zurück führen.

Foto 1 Anstehendprobe aus Grorud
Foto 2 Einsprenglingsarmer Grorudit
Foto 3 Einsprenglingsreicher Grorudit
Foto 4 Xenolithenreicher Grorudit
Foto 5 geschliffener Anschnitt
« Letzte Änderung: Juni 07, 2013, 19:21:14 Nachmittag von JFJ »
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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #1 am: Juni 07, 2013, 19:03:30 Nachmittag »
2. Sölvsbergit (kein Leitgeschiebe)

Da alle Sölvsbergite so gut wie frei von sichtbaren Einsprenglingen sind, bieten sie nicht genügend Hinweise für eine makroskopische Bestimmung ohne zusätzliche Hilfsmittel. Der Vollständigkeit halber, sollen sie hier jedoch kurz mit erwähnt werden.

Sölvsbergite stehen petrographisch betrachtet zwischen Grorudit und Tinuait. Der SiO2-Gehalt liegt unter 66%, so dass sie quarzarme bis –freie Gesteine sind. In der petrographischen Einordnung zählen sie zwar zu den foidfreien Tinguaiten, weisen jedoch gleichzeitig auch eine Nähe zum Grorudit auf. Die Zusammensetzung ist bis auf den geringen oder fehlenden Quarzgehalt ähnlich: Na-betonte Alkalifeldspäte (Albit und/oder Mikroklin), Pyroxen (Ägirin), Hornblende (Katophorit).

Neben dem Sölvsbergit, tritt im Oslo-Rift auch Lindöit auf. Beide unterscheiden sich dadurch, dass im Lindöit Ägirin fehlt.

Der unten abgebildete Sölvsbergit stammt von einer Norwegenexkursion aus dem Jahr 2012. Dort wurde in der Nähe der Ortschaft Nisterud (NW Skien), ein phonolithischer Gang mit deutlich plattig-bankiger Absonderung beprobt. Die spätere Untersuchung ergab, dass das Gestein 100% frei von Quarz ist, mit den Hauptgemengeanteilen: Feldspäte, Klinopyroxen (Ägirin) und Chlorit.

Lindöite definieren sich durch Quarz und Chlorit. In Sölvsbergiten kann, jedoch nur in Anwesenheit von Quarz, auch Chlorit vorkommen. Für Sölvsbergite gilt also: Quarz + Chlorit oder kein Quarz und kein Chlorit. Durch den Ägiringehalt scheidet eine Nähe zum Lindöit aus.
Diese Neuentdeckung besagt einmal mehr, dass das Oslo-Rift noch voller Überraschungen ist.
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Offline JFJ

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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #2 am: Juni 07, 2013, 19:19:21 Nachmittag »
3. Tinguait

3.1 Särna-Tinguait (Leitgeschiebe)

Tinguaite stellen das Gangäquivalent von Phonoliten dar. Sie zählen als Ganggesteine, wie Grorudit und Sölvsbergit, somit zu den Vulkaniten bzw. Subvulkaniten. Vom Chemismus ist der Särna-Tinguait, wie alle Tinguaite, ein Nephelin-Syenit (Intrusivgestein) mit den Foiden Nephelin und Cancrinit.  Das  Alter liegt bei 287 +/- 14 Millionen Jahre. Herkunft: Region Dalarna, Schweden.
Das Magma, aus welcher Tinguaite hervorgegangen sind, muss sehr arm an Kieselsäure gewesen sein, wodurch die Bildung von Quarz verhindert wurde. Stattdessen konnten sich in dem basischen Milieu Foide (Feldspatvertreter) bilden. Diese zeigen sich als braunrote Kristalle (Cancrinit) und Nephelin. Die kleinen schwarzen Nadeln bestehen aus Aegirin und sind zum Nachweis dieses Gesteins zwingend erforderlich. Als weißes Mineral kommt gelegentlich Calcit im Gestein vor, mitunter als Mandelausbildung. Die typische graugrüne Färbung erhält dieser Porphyr durch eingeschmolzenes Epidot und das ebenfalls grüne Chlorit. Deutlich grüne Grundmassen sind seltener anzutreffen als die grau-grüne Variante. Die Einsprenglinge folgen manchmal einer fluidalen Einregelung. Der Särna-Tinguait ist ein Subvulkanit, im oberen Magma-Schlot ausgekühlt. Bekannte Anstehende finden sich als ca. 3 Meter breite Gänge im Nordwesten der Schwedischen Region Dalarna, südlich der Stadt Särna gelegen. Särna-Tinguait zählt zu den klassischen Leitgeschieben. Das Anstehende der Särna-Tinguaite befindet sich an mehreren Stellen rund um Särna, z. T. innerhalb der anstehenden Särnaite an den Bergen Ekorråsen und Siksjöberget. Normalerweise ist Tinguait nicht oder nur kaum merklich liniert; allenfalls zeigen die Einsprenglinge eine annähernd parallele Lagerung. Bei Brattberg kommt eine fluidale Variante vor. Die Grundmasse ist dicht oder etwas körnig und mutet gewöhnlich quarzitisch an. Als Einsprenglinge sind vorhanden:
1. Vor allem Feldspat oder
2. Nephelin, Feldspat und Ägirin (manchmal auch Cancrinit) oder
3. Feldspat, Cancrinit, Sodalith und Ägirin (manchmal auch Natrolith) oder
4. überwiegend Nephelin…“

Am Auffälligsten sind Särna-Tinguait Geschiebe vom südlichen der bekannten Anstehenden um Särna, dem Berg Ekorråsen. Dort zeigen die Tinguait-Gänge eine intensive, blaugrüne Farbe.

Aufgrund der zum Teil überproportional häufigen, lokalen Funde im Norden Jütlands wird vermutet, dass es noch weitere Anstehende, bzw. durch Korrosion abgetragene Muttergesteine gegeben haben könnte, z.B. im Särna-Porphyr und Dala-Sandstein (Hjelmqvist 1966, Magnusson 1923).

Da Särna-Tinguait eng mit den Gesteinen der Grorudit-Tinguait-Serie verwandt ist, ist die Möglichkeit eines gemeinsamen Stammmagmas durchaus diskussionsfähig:

Die bekannten anstehenden Gänge des Särna-Tinguait befinden sich im Grenzgebiet des Transskandinavischen Magmatitgürtel (TMG) zum Kaledonischen Gebirge und gleichzeitig in der Verlängerung des nordöstlichen Endes des Rendal-Graben, welcher den Transskandinavischen Magmatitgürtel penetriert, und den N Abschluss des Oslo-Rift bildet. Die Riftstrukturen enden hier in quer zur Scherrichtung verlaufenden Verwerfungen. Zu erwähnen sei an dieser Stelle, dass die Ausläufer des Oslo-Rift in den letzten Jahren um etliche km nach NO korrigiert wurden. Diese geographische Einbindung in die Störungszonen des Oslo-Rift legt die Vermutung nahe, dass beide Gesteine, der Tinguait von Särna, und die aus der Telemark stammenden Tinguaite, beide in der Riftbildung begründet liegen. Das Alter des Särna-Tinguait wird mit 287 +/- 14 Millionen Jahre (Ma) benannt und fällt damit ebenfalls in die Zeitspanne des permischen Magmatismus des Oslo-Graben (299 – 251 Ma). In der weitläufigen Umgebung von Särna, fällt der Särna-Tinguait durch sein weitaus jüngeres Alter auf, als die ihn umgebenden svekofennischen Wirtsgesteine. Dieses impliziert ein Ereignis, welches nicht mit der Bildung des Kristallin im sonstigen Transskandinavischen Magmatitgürtel einher gegangen sein wird. Tinguaite stellen generell das Ergebnis von intrakontinentalem Alkalivulkanismus dar. Zugrunde liegen Zerrungsvorgänge der Erdkruste, wobei gelegentlich die diesbezüglich lokalen kontinentalen Lithosphärenplatten reißen, und als Konsequenz daraus alkalibetonte Magmen aus tiefliegenden Herden im oberen Erdmantel gefördert werden. Bei diesem speziellen vulkanischen Ereignis, erfahren die Magmen innerhalb ihrer Kammern vielfältige Differezierungsprozesse, aus denen sich basische Gesteine ausbilden können. Da die Ereignisse, welche zur Genese der Tinguaite aus der Telemark, und denjenigen aus Dalarna, einst auf intrakontinentalem Alkalivulkanismus beruhten, kann eine gemeinsames Ereignis, welches zur Bildung beider Gesteine geführt hat, vermutet werden. Da intrakontinentaler Alkalivulkanismus generell mit Riftbildungen vergesellschaftet ist, kann die Bildung des Särna-Tinguait, durchaus mit diesem Ereignis in Verbindung gebracht werden; zumal die norwegischen wie auch schwedischen Tinguaite eine genetische Nähe zueinander aufweisen, was auf ein gemeinsames Stammmagma hinweist. Diese Vermutung brachte auch LUNDQVIST 1997 zu Papier, und stellte ebenfalls einen Zusammenhang zwischen permischer Riftbildung und der Entstehung von Skandinavischen Tinguaiten her:
“Boulders of the tinguaites connected with the alkaline Siksjöberget-Ekorråsen massif near Särna, northern Dalarna, have been distributed southward by the inland ice as an erratic fan. The fan and the different tinguaite types indicate that spreading has taken place from two or possibly three different centres. Theoretically, these may correspond to protuberances from a plume of alkaline mantle materia in the extension of the Permo-Carboniferous rift in the Oslo region, Norway, a model that must be checked using geophysical measurements. A plume may also account for the updoming of porphyry which emerges through the overlying Jotnian sandstone. Two of the tinguaite centres are situated within this dome.”  
1
1Quelle: Jensch J.-F. 2012: Die Leitgeschiebe-Zusammensetzung in der Vigsø Bucht in Nord-Jütland / The Indicator Glacial Erratics Composition oft the Vigsø Bay in Northern Jutland, Geschiebekunde aktuell 28 (5): 137-145, 5 Abb. Hamburg / Greifswald. (ISSN 0178-1731)

Weitere Literatur zu der Theorie: LUNDQVIST, J., 1997: The tinguaite boulder fan in northern Dalarna, Sweden, and the Permo-Carbouniferous rifting of Scandinavia, GFF, Vol. 119 S. 123 – 126 (ISSN1103-5897).


Allgemeine Literatur zu Särna-Tinguait:

• Hjelmqvist, Sven,1966: Beskrivning till berggrundskarta över Kopparbergs Lan. Sverigas geologiska Undersökning Ser.Ca. Nr. 40
• Magnusson, Nils, 1923: The alkaline rocks of Siksjöberget and Ekorråsen in Särna. Geol.Fören.Förhandl. Bind 45 side 295 - 334.
• Lundqvist, Jan, 1951: Särnatinguaiterna och deras blockspridning. Geologiska Föreningens Förhandlingar. Bind 73 Häfte 1. side 15 - 50.
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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #3 am: Juni 07, 2013, 19:29:58 Nachmittag »
3.2 Tinguait von Graver (Leitgeschiebe)

Auf einer Exkursion im Herbst 2012 konnte der historische, durch Brögger 1932 beschriebene Gang des Tinguait von Graver in der Telemark aufgefunden und beprobt werden.

Sein Chemismus ähnelt dem Särna-Tinguait:
Nephelin, Sodalith, Cancrinit, Orthoklas, Albit, Anorthit, Pyroxen (namentlich Ägirin), Apatit, Pyrit, und einem nicht näher beschriebenen Titan-Mineral (TiO2). In einer Probe konnte jedoch Titanit sicher bestimmt werden.

Dass Sanidin in dieser Analyse nicht als eigenständiger Begriff verwendet wurde liegt darin begründet, dass BRÖGGER die Feldspatbestandteile aufgeführt hat (Orthoklas, Albit und Anorthit).
Als wichtigstes Bestimmungsmerkmal fallen die weißen, im frischen Bruch transparenten Feldspäte auf, die aus Sanidin bestehen, der Hochtemperaturphase von Orthoklas.
Ägirinnadeln sind auf angewitterten Geschiebeoberflächen nicht sichtbar, allenfalls nur innerhalb der Feldspäte. Zur sicheren Bestimmung ist ein geschliffener Anschnitt hilfreich.

Einige der Einsprenglinge bestehen aus Mikroklin, ein eigentlich unmöglicher Zustand, da Sanidin bei sehr hohen Entstehungstemperaturen entsteht und schneller Abkühlung, was eine perthitische Entmischung verhindert. Mikroklin hingegen entsteht bei eher geringeren Temperaturen und langsamer Abkühlung. 2 Varianten von Feldspat, die so nicht nebeneinander entstehen können. Die Sachlage ist schnell erklärt: Die Mikroklineinsprenglinge sind Xenokristalle. Wenn man genau hinschaut, wird man schnell den Reaktionssaum um diese erkennen. Gleichzeitig sollte sich immer ein probater Anteil an winzigen Pyritkristallen in der Grundmasse finden, oft gruppiert und mit bloßem Auge sichtbar. Grorudit hingegen ist sehr arm an Pyrit, im Tinguait von Graver was er an allen beprobten Stellen sichtbar.

Literatur:
BRØGGER WC 1932 Die Eruptivgesteine des Oslogebietes VI. Über verschiedene Ganggesteine des Oslogebietes, Kap. I Über einige Ganggesteine aus der Umgegend von Skien. S. 1


« Letzte Änderung: April 29, 2014, 20:20:53 Nachmittag von JFJ »
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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #4 am: Juni 07, 2013, 19:33:51 Nachmittag »
3.3 Tinguait von Hedrum (kein Leitgeschiebe)

Der Vollständigkeit halber, sei der 2. in Norwegen bekannte Tinguait kurz erwähnt.
Aufgrund seiner schwarzgrauen, einsprenglingsarmen Grundmasse, eignet sich dieser nicht als Leitgeschiebe.
Anbei ein Foto eines Originalhandstücks von Brögger.

LITERATUR:
BRØGGER WC 1932 Die Eruptivgesteine des Oslogebietes VI. Über verschiedene Ganggesteine des Oslogebietes, Kap. I Über einige Ganggesteine aus der Umgegend von Skien. S.1 
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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #5 am: Juni 07, 2013, 19:51:30 Nachmittag »
3.4 Sphärolitischer Tinguait (kein Leitgeschiebe)

Sphärolitische Tinguaite sind vemutlich aus einer jeweiligen Laune des ursächlichen Vulkanismus entstanden.
Sie lassen sich keiner Herkunft zuordnen, da diesbezügliche Anstehende, die mit "unseren" Geschieben in Zusammenhang zu bringen wären, nicht bekannt sind.

Das erste Foto zeigt einen Tinguait, welcher auch unter dem nicht wissenschaftlichen Begriff "Turtle Tinguait" bekannt ist.
In dieser Variante liegt Ägirin interstitial im Gestein vor, in einem Mosaik aus Foiden und Alkalifeldspäten.

Bekannte Anstehende befinden sich zwar in Russland am Berg Takhtarvumchorr im Chibiny-Massiv (auf der Kola-Halbinsel), sind jedoch außerhalb der Reichweite "unserer" nordischen Geschiebe.

Das 2. Foto zeigt einen Tinguait mit Calcitmandeln.

Beide Exemplare entstanden vermutlich während der fluiden Phase des Magmatismus.
Aufgrund der Fundlokalität von auch vergleichbaren Exemplaren in NW Jütland, käme eine Herkunft aus dem Oslo-Rift in Betracht.
« Letzte Änderung: Juni 07, 2013, 20:42:56 Nachmittag von JFJ »
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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #6 am: Juni 07, 2013, 20:34:31 Nachmittag »
3.5 Apotroctolit (kein Status als Leitgeschiebe)

Troctolite sind gabbroide Gesteine. Sie bestehend hauptsächlich aus Plagioklas und dem farbgebenden Olivin. Die in der Oslo Region vorkommenden, Troctolit ähnliche Gesteine weisen zusätzlich zu den genannten Gemengebestandteilen weitere, variable Bestandteile auf, weshalb sie von BARTH 1945, als Apotroctolit bezeichnet wurden.

Zu dieser Gruppe gehören:
1. Olivingabbro mit einem Gehalt an Plagioklas und Augit, sowie bis zu 20% Olivin.
2. Olivin-dioritischer Sörkedalit mit Plagioklas, Augit und mind. 25% Olivin.
3. Olivin-syenitisch-dioritischer Apotroctolit mit zusätzlich Kalifeldspat.

Apotroctolite sind extrem zähe, sehr dichte und schwere Gesteine. Der intensive Grünton bei manchen Varianten kommt durch viel eingeschmolzenes Olivin und Augit zustande. Als Hauptbestandteile sind Olivin (bis über 25%), Plagioklas und Augit vorhanden. Als Accessorien kommen roter Alkalifeldspat und Titanomagnetit vor.

Die als Geschiebe zu findenden Apotroctolite entstammen dem Sörkedal aus der norwegischen Oslo Region.

Für eine Bestimmung werden sie um einen frischen Bruch nicht umhin kommen.
Doch bitte tragen sie dazu unbedingt eine Schutzbrille und Handschuhe.
Feuerstein ist ein Kinderspiel dagegen. Ernst gemeint.

Die Oberfläche des Gesteins, noch dazu in abgerollten und bereits alterierten Zustand erinnert zunächst an Grorudit. Wenn sie Glück haben, lässt sich Olivin bereits mit der Lupe auf der Geschiebeoberfläche als solcher bestimmen.
Im frischen Bruch lässt sich Apotroctolit dann jedenfalls sicher bestimmen - und zwar am Schichtaufbau.
Der äußere Rand von Geschieben ist bei Apotroctoliten i.d.R. wenige mm tief bis ins Gestein gelb verfärbt (Alteration von Olivin).
Auch die Plagioklase werden zu den Rändern hin deutlich grüngelb bis gelb (Verwitterungsrinde).
In der Grundmasse finden sich graue Kristallaggregate von Titanomagnetit.

Literatur: BARTH, T.F.W. 1945: Studies on the Igneous Rock Complex of the Oslo Rift. II. Systematic Petrography of the Plutonic Rocks



« Letzte Änderung: Juni 07, 2013, 21:01:44 Nachmittag von JFJ »
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Plagioklas

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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #7 am: Juni 08, 2013, 12:17:05 Nachmittag »
Ein sehr unauffälliges und kontrastloses grünes Geschiebe ist der Nephrit.

Nephrit ist ein sehr feinkörniges Gestein, das hauptsächlich aus verfilzten Aktinolithkristallen besteht. Davon abgesehen, dass er grün, hart und polierbar ist, gibt es kaum Erkennungsmerkmale.

Er kann im Feld leicht mit Hornsteinen, Feuersteinen und anderen uninteressanten Gesteinen verwechselt und somit übersehen werden.

Abgebildet ist ein selbst gefundenes 6 cm großes Exemplar aus der Nähe von Zerbst in Sachsen Anhalt. Er ist oberflächlich beinahe so poliert, wie die Feuersteine des selben Fundortes, und auch der Anschliff ließ sich ebenfalls gut polieren. Rechts unten ist eine kleine angeschliffene Fläche. Egal unter welcher Belichtung und mit welchem Betrachtungsmittel (Kamra, Mikroskop, bloßes Auge) man dieses Stück ansieht, viel mehr als auf diesem Bild kann man nicht erkennen. Er ist unauffällig und hat so gut wie keine erkennbaren inneren Strukturen. Lediglich einige Einschlüsse von Magnetit fallen durch den Magnettest und am Anschliff auf.

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Re: Bestimmungshilfe "Grüne" Geschiebe
« Antwort #8 am: April 29, 2014, 20:26:08 Nachmittag »
Hallo,

der Tinguait von Graver ist jetzt auf skan-kristallin beschrieben: http://www.skan-kristallin.de/norwegen/gesteine/ganggesteine/tinguait/tinguait_2.html

 :winke: Jörg
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