Autor Thema: Reisebericht Westsahara 2014  (Gelesen 14375 mal)

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #15 am: April 11, 2014, 22:40:39 Nachmittag »
Der Wind ließ einfach nicht nach, alle wirkten wie ferngesteuert. Die tägliche Suche auf den Hochplateaus wurde dadurch auch nicht einfacher. Wir konnten streckenweise nur mit geschlossenem Fenster suchen und wenn man mal die Autotür öffnen wollte, flog sie fast aus den Angeln oder aber man bekam sie kaum auf – je nach Fahrtrichtung. Am Abend und in der Nacht war es nach unserem Eindruck sibirisch kalt, lediglich am Morgen herrschte für kurze Zeit Windstille.

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #16 am: April 11, 2014, 22:42:26 Nachmittag »
Am Morgen des 19.03.14 um 8.54 Uhr endlich der erste Fund (abgesehen von den potentiellen „Kandidaten“, die erst noch analysiert werden müssen)! Ich entdeckte etwas Dunkles, ca. 5 m vor dem Wagen. Es handelte sich um einen einfachen Chondriten mit einem Gewicht von 194,0 g. Ich funkte Marc und Sergey an, die sofort herbeieilten und den Fund inspizierten. Ein Fund war längst überfällig und mobilisierte neue Kräfte.

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #17 am: April 11, 2014, 22:43:59 Nachmittag »
Nach 6 Tagen schmeckt uns übrigens noch immer das Fleisch ohne Kühlung, das uns Ali allabendlich im Rahmen eines fantastischen Gerichtes kredenzte.

Am nächsten Tag beschlossen wir, kurz in die Zivilisation zurückzukehren um aufzutanken, zu duschen, neues Fleisch und Gemüse zu kaufen. Manche Grundbedürfnisse scheinen jedoch in der Wüste einfacher abzuwickeln sein, als in der Zivilisation: Der Toilettengang auf einem landestypischen Plumpsklo ohne Klopapier (dafür mit Wasserhahn und einem kleinen Eimer) war recht gewöhnungsbedürftig, insbesondere weil das Geschäft keinen Aufschub duldete und ich just kurz vor dieser Situation vom Klobesitzer belehrt wurde, dass man dieses Klo wegen akuter Verstopfungsgefahr auf keinen Fall mit Papier füttern darf. Irgendwie war ich nach dieser Erfahrung froh, dass wir die Zivilisation bald wieder hinter uns ließen, um auf dieser Expedition ein zweites Mal für eine Woche in die Wüste aufzubrechen.

Wir treffen immer wieder auf Nomaden, die uns im Austausch gegen kleine Gastgeschenke frische Kamelmilch offerieren. Kamelmilch schmeckt salzig, ist sehr würzig und reinigt von innen, wie Ali mir erklärte: Wenn sie schnell wieder den Ausgang sucht, so heißt es, war das eigene Gedärm bereits angegriffen, aber man wird durch diese Entschlackungskur gesunden! Wenn man hingegen nur in ungewohnt heftiger Weise Winde von sich geben muss, ist alles in Ordnung.

Bei Ali und mir war offenbar alles in Ordnung.

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #18 am: April 11, 2014, 22:54:09 Nachmittag »
Bei unserem zweiten Vorstoß in die Wüste hatten wir mehr Erfolg, was die Anzahl unserer Meteoritenfunde angeht, gleichwohl will ich über diese Tage nicht weiter ins Detail gehen, um an dieser Stelle nicht völlig den Rahmen zu sprengen. Außerdem: So ein Eigenfund ist etwas ganz Besonderes für jeden, der sich dem Thema Meteoriten verschrieben hat. Aber irgendwie auch ein Ereignis, das man schlecht in Worte fassen kann. Das bei einem Fund empfundene Gefühl ist höchstpersönlich und sicher empfindet es jeder anders und individuell. Ich für meinen Teil genieße eher still und nachdenklich. Es ist und bleibt für mich etwas ganz besonderes, auch nach mittlerweile einigen Eigenfunden.

Wie selten und rar ist so ein Meteoritenfund und was muss man dafür alles in Kauf nehmen, um sich wenigstens eine kleine Fund-Chance zu eröffnen. Auf dem ersten Vorstoß in die Wüste nach ca. 2.000 km Fahrt  konnte unser Team nur einen einzigen Fund verbuchen. Das macht jeden „banalen“ Chondriten, der auf den Messetischen in München oder Ensisheim herumliegt und der für vergleichsweise wenig Geld zu kaufen ist, zu einem ganz besonderen Stück. Dies gilt umso mehr, wenn man sich vor Augen hält, dass es kaum noch Gegenden in der Wüste gibt, die nicht schon abgesucht wurden (Spuren von den Autos der Nomaden sind auf den Plateaus jahre- wenn nicht sogar jahrzehntelang zu erkennen und fast jedes schwarze Objekt wurde bereits mindestens einmal angefahren). Selbst die entlegensten Gegenden werden mittlerweile gezielt von Nomaden abgesucht, fast jeder Einheimische weiß, wie ein Meteorit aussieht und nicht selten führt er auch den einen oder anderen Himmelsstein mit sich.

Vielleicht noch so viel: In den folgenden Tagen der Suche und weiteren ca. 1.800 km Fahrt finden wir insgesamt noch weitere 5 Chondrite sowie einige potentielle Kandidaten, die zum Zweck der Bestimmung noch der wissenschaftlichen Untersuchung zuzuführen sind.

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #19 am: April 11, 2014, 22:56:22 Nachmittag »
Amüsiert betrachte ich auf einer riesigen Düne einen kleinen, schwarzen Mistkäfer, der beharrlich versucht, sich im Sand einzugraben. Er schafft es nicht, denn permanent rieselt lockerer Sand der steilen Düne von oben nach, füllt das kleine Loch, das er grub, und macht sein Werk wieder zunichte. Trotzdem gräbt er unermüdlich. Er schiebt den Sand mal mit dem linken, dann mit dem rechten Beinchen nach hinten - immer wieder, 2-mal mit dem linken, dann 2-mal mit dem rechten und so fort.

Ich beobachte ihn geraume Zeit und erkenne Parallelen zu unseren Versuchen, die im Sand festgefahrenen Autos wieder frei zu graben. Als ich den Käfer vorsichtig aufnehmen will, um ihn auf flacheren Untergrund umzusiedeln, stellt er sich bei der ersten Berührung tot. Da er sich nun nicht mehr bewegt, weht ihn der Wind nach und nach zu und er verschwindet im Sand der Düne. Er erreicht sein Ziel, ohne ein Bein bewegen zu müssen!

Ich beschließe, diese Taktik zu adaptieren und mich künftig einfach tot zu stellen, wenn wir uns mal wieder im Sand festfahren. Vielleicht löst sich dann das Problem von ganz allein  :einaugeblinzel:

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #20 am: April 11, 2014, 22:57:52 Nachmittag »
Abschließend noch ein paar Impressionen…

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #21 am: April 11, 2014, 23:00:11 Nachmittag »
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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #22 am: April 11, 2014, 23:02:12 Nachmittag »
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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #23 am: April 11, 2014, 23:04:43 Nachmittag »
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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #24 am: April 11, 2014, 23:06:24 Nachmittag »
 :hut:

Gruß,
Andi :prostbier:

Offline grobibaer

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #25 am: April 11, 2014, 23:25:47 Nachmittag »
  :applaus: :applaus: :applaus: :applaus: :applaus: :applaus: :applaus: :applaus: :applaus:

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #26 am: April 11, 2014, 23:28:48 Nachmittag »
Wie selten und rar ist so ein Meteoritenfund und was muss man dafür alles in Kauf nehmen, um sich wenigstens eine kleine Fund-Chance zu eröffnen. Auf dem ersten Vorstoß in die Wüste nach ca. 2.000 km Fahrt  konnte unser Team nur einen einzigen Fund verbuchen. Das macht jeden „banalen“ Chondriten, der auf den Messetischen in München oder Ensisheim herumliegt und der für vergleichsweise wenig Geld zu kaufen ist, zu einem ganz besonderen Stück.

 :super:  :applaus:

... und die oben zitierten Worte sprechen für sich !!!

Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline karmaka

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #27 am: April 12, 2014, 01:11:52 Vormittag »
شكرا , Andi !!!

 :hut:

Offline JaH073

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #28 am: April 12, 2014, 05:21:35 Vormittag »
Hallo Andi,

super Reisebericht.
Klasse gemacht.

Beste Grüße

Hanno
Je mehr Ecken und Kanten ein Diamant hat, umso mehr funkelt und strahlt der Stein.

Offline Chondrit 83

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #29 am: April 12, 2014, 09:17:37 Vormittag »
 :super: :wow: :lechz:

Genial !!!

Gruß

Marco
Mit einem Gibeon hat’s begonnen....

 

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