Autor Thema: Reisebericht Westsahara 2014  (Gelesen 14389 mal)

Offline Buchit

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #45 am: April 15, 2014, 14:06:24 Nachmittag »
Hallo Andi,

ja, zeig' uns auf jeden Fall noch, wa Du an Bildern parat hast :pro:

Eine neugierige Anschlußfrage habe ich auch noch: Was ist denn aus den "noch zu testenden" Funden geworden? Und wie habt ihr sie getestet?

Gruß,
Holger

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #46 am: April 16, 2014, 10:41:18 Vormittag »
O.k. - here we go...

Zunächst ein Stück Atlantikküste der Westsahara. Bei der kleinen Anlage am Strand handelt es sich um einen Militärposten. An der gesamten Küste befinden sich in regelmäßigen Abständen ca. jeden Kilometer ein Haus, in dem zur Küstensicherung jeweils 2 Soldaten wohnen.

Foto 2 zeigt einen der obligatorischen Kontrollposten auf der Küstenstraße...

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #47 am: April 16, 2014, 10:47:52 Vormittag »
Auf den folgenden Bildern erkennt man schön die Plateaus, auf welchen wir suchten. Die Böden oben auf einem solchen Plateau sind zumeist recht alt. Wenn man dann auch noch neolithische Abschläge oder Artefakte findet, hat man den Beweis...

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #48 am: April 16, 2014, 10:51:52 Vormittag »
Die Plateaus können riesige Dimensionen erreichen, dass man um sich herum kein Ende sieht...

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #49 am: April 16, 2014, 11:08:35 Vormittag »
Das Gefühl dieser Leere und Stille ist nur schwer zu vermitteln. Eine Mischung aus bedrohlich und schön. Mir fällt spontan dazu das Lied von Reinhard Mey ein ("Über den Wolken"), nur mit dem Unterschied, dass man nicht in einer fliegenden, lärmenden Aludose eingesperrt ist.

Wenn man das Auto abstellt und in irgendeine Richtung spaziert, ist die Situation fast unwirklich und man muss sich zwingen zu glauben, was man sieht und hört, nämlich: Nichts!

So konzentriert man sich mangels "Input" auf kleine Kiesel am Boden, oder über 6.000 Jahre alte Bruchstücke von Straußeneier-Schalen, die man fast überall finden kann (am Besten in der Nacht mit einer Schwarzlicht-Taschenlampe in der Hand, denn sie leuchten wie auch die Skorpione).

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #50 am: April 16, 2014, 11:13:00 Vormittag »
Das Gefühl der Einsamkeit wird durch solche Entdeckungen noch verstärkt...

Offline gsac

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #51 am: April 16, 2014, 11:14:23 Vormittag »
Beeindruckend, danke Andi! Das ist ja durchaus auch politisch heikles Gebiet,
wie man an den Kontrollpostenbildern sieht und aus der Geschichte weiß.
Daraus leitet sich meine Frage ab: läuft man, wenn man "querfeldein" fährt,
nicht eine gewisse Gefahr, in ein Minenfeld zu geraten, in dem schlimmstenfalls
noch etwas hochgehen kann? Ist das Gefahrenpotenzial abschätzbar, kann
man es minimieren, gibt es (verläßliche) Karten und Aussagen, wo was liegt
und welche Gebiete man doch besser meiden sollte? Meidet man die dann
auch tatsächlich, oder nicht? Fährt ein akutes Risiko nicht stets unsichtbar mit?

Würde mich freuen, dazu was zu lesen! Ansonsten: tolle Bilder, feine Sache!
Und in der Tat kann ich mir auch vorstellen, daß es einerseits ein erhebendes
Gefühl sein muß, wenn man selber zum Finder eines himmlischen Gesteins
wird (PS: dieses Gefühl ist mir übrigens leider bisher versagt geblieben im
Leben), andererseits die Wüste als solche, die Weite, der Sternenhimmel
nachts, ein ganz besonderes Erlebnis ist. Das ist vielleicht vergleichbar mit
einer totalen SoFi oder dem Besuch des Grand Canyons, nur um zwei Beispiele
mal zufällig zu nennen: man muß da gewesen sein, um diese Dimensionen selber
für sich körperlich zu erfahren, das geht noch mal deutlich über Schilderungen und
Berichte hinaus, die man nur liest. Ich denke, das schafft auch eine gewisse Demut
im persönlichen Verhältnis zur Natur, die unabhängig von einem selbst existiert und
den Menschen eigentlich nicht braucht, auch wenn man ein kleiner Teil davon ist.

Weiter so!  :super:
Alex

PS: sorry, habe Dich unterbrochen im Einstellen von Posts, tut mir leid, realisiere ich
erst jetzt...

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #52 am: April 16, 2014, 11:20:56 Vormittag »
Am Abend sucht man sich deshalb als Lagerplatz instinktiv ein wenig Schutz und Geborgenheit, z.B. in einer Senke oder einem kleinen Tal. Aber genau das ist der schlechteste Platz für ein Camp, denn genau da wimmelt es auch von potentiell beißendem oder stechendem Getier, wie z.B. Schlangen und Skorpione. Besser, wenn das Camp oben auf dem Plateau errichtet wird, auch wenn man dort schutzlos dem Wind ausgeliefert ist...

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #53 am: April 16, 2014, 12:04:19 Nachmittag »
Zitat
PS: sorry, habe Dich unterbrochen im Einstellen von Posts, tut mir leid, realisiere ich
erst jetzt...

Macht nix, war eh am Ende. :hut:

Abschließend noch das Portrait eines Nomaden, der stolz in seinem Land Rover Santana posiert. Die Innendeko seines Gefährts war - wie üblich -  mit viel Liebe gestaltet. Man beachte seinen leicht bläulichen Teint, der von dem Indigo-gefärbten Chech stammt. Das Abfärben des Chech ist durchaus erwünscht, ich beobachtete diesen Effekt im Gesicht der meisten Nomaden. Das Indigo sei gut für die Haut und beuge Sonnenbrand vor, wie mir mein (ebenfalls blau gefärbter) Kollege Ali versicherte.

Gruß,
Andi :prostbier:
« Letzte Änderung: April 16, 2014, 12:34:03 Nachmittag von ironsforever »

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #54 am: April 16, 2014, 12:27:47 Nachmittag »
Hallo Alex,

zu Deiner berechtigten Frage zum Thema Minen: Wir fahren nicht blauäugig durch die Botanik, sondern machen uns vor einer Tour sehr wohl ausgiebig Gedanken dazu. Haschr beschäftigte sich in der Vergangenheit sehr gründlich mit dem Thema, wie man es ja von ihm gewohnt ist, und ich durfte seine Erkenntnisse hierzu auch bei dieser Tour verwenden. Gleichwohl muss sich jeder, der die Westsahara besucht, selbst und eigenverantwortlich mit den individuellen Gegebenheiten der geplanten Suchgegend auseinandersetzen. Es gibt nicht mal Landkarten vom Landesinneren, geschweige denn Karten von gefährlichen Gegenden. Gute Quellen findet man bei zahlreichen Institutionen, die sich mit der weltweiten Minenproblematik auseinandersetzen (Medico, Rotes Kreuz, Landmine.de, ...).

Es ist bekannt, wo die militärischen Befestigungs-Wälle in der WS verlaufen (Google-Suche: "Marokkanischer Wall"). Die Wälle sind auf Google Earth sogar recht gut zu erkennen in Form einer verbundenen Kette von befestigten Militärcamps. Minen können sich im Bereich dieser Wälle befinden, zumeist in östlicher bzw. südöstlicher Richtung vom Wall. Somit sind die Wälle schon mal tabu. Manchmal lässt sich eine Passage nicht umgehen, sichere Durchlässe sind aber bekannt bzw. sichtbar (frische Spuren).

Daneben gibt es einzelne Militäranlagen in der Wüste oder Militärstädte wie z. B. Bir Anzarane, die wir ebenfalls tunlichst meiden. Alle Grenzregionen zu Mauretanien sind sehr weiträumig (80km) tabu. Hinzu kommen einzelne Problemzonen, wie z.B. bestimmte Brunnen, Quellen oder Wadis. Auch hierzu haben wir Informationen, u.a. von Einheimischen.

Oben auf den Plateaus, fernab jeder auffälligen Geländemarke macht es schon wegen der riesigen Dimensionen dieser Plateaus keinen Sinn, dort Minen zu vergraben. Allenfalls Blindgänger liegen dort oben herum, sind aber weit sichtbar und können dort oben auch nicht durch Sand verweht werden. Passagen durch Wadis oder Auffahrten sind sicher, wenn sie regelmäßig von Nomaden benutzt werden (man achtet auf frische Spuren).

Dann bleibt ein geringes Restrisiko, das man allerdings auch noch vermindern kann, indem man sich sehr umsichtig verhält. Jeder unbekannte Fundgegenstand kann gefährlich sein und darf nicht berührt werden. Kleine Anti-Personen-Minen können leicht durch eine Flut kilometerweit vertragen werden und in Schwemmtälern liegen, die man deshalb, wenn möglich, meidet. Nomaden kennen ihre Heimat und können hierzu auch hilfreiche Tipps geben.

Im Übrigen werden die Minen in der Westsahara mittlerweile nach und nach geräumt (vgl. Foto vom geräumten Minenfeld). So sind bereits viele Gebiete, die früher als gefährlich galten, wieder mehr oder weniger sicher. Sicher ist man natürlich nie, aber wo ist man das schon? Ich fühle mich auf einer deutschen Autobahn mit zahlreichen tonnenschweren "Geschossen" nicht sicherer oder unsicherer als in der Westsahara.

Zitat
man muß da gewesen sein, um diese Dimensionen selber
für sich körperlich zu erfahren, das geht noch mal deutlich über Schilderungen und
Berichte hinaus, die man nur liest. Ich denke, das schafft auch eine gewisse Demut
im persönlichen Verhältnis zur Natur, die unabhängig von einem selbst existiert und
den Menschen eigentlich nicht braucht, auch wenn man ein kleiner Teil davon ist.

Volle Zustimmung! :winke:

Gruß,
Andi :prostbier:
« Letzte Änderung: April 16, 2014, 12:44:36 Nachmittag von ironsforever »

Offline gsac

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #55 am: April 16, 2014, 12:46:10 Nachmittag »
Prima Antwort, ausführlich und lehrreich!
Besten Dank, Andi!
 
:prostbier: Alex

Offline MetGold

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #56 am: April 16, 2014, 13:34:31 Nachmittag »
Hallo Andi,

vielen Dank für deinen wunderbaren Bildbericht, der wohl bei vielen wieder das Fernweh wecken wird.  :os01:  Bei mir geht das Fernweh kommenden Sommer wieder einmal nur bis ins meteoritenfreie/minenfreie Tirol. :os03:

Besonders dein letzter Beitrag sollte für Greenhornes, die sich die Sahara zur Meteoritensuche auserkoren haben, zur Pflichtlektüre erhoben werden!  :os01:


 :os07:  MetGold
Ein ereignisreicher Tag ist mehr als namenlose Jahre - (Spruch aus einem chinesischen Kalender)

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #57 am: April 16, 2014, 16:59:18 Nachmittag »
Hallo Andi,

ja, zeig' uns auf jeden Fall noch, wa Du an Bildern parat hast :pro:

Eine neugierige Anschlußfrage habe ich auch noch: Was ist denn aus den "noch zu testenden" Funden geworden? Und wie habt ihr sie getestet?

Gruß,
Holger

Hallo Holger,

naja, man sieht sich die Funde halt nochmal in Ruhe ganz genau an, macht einen Abschlag oder trennt ein Stück davon ab. Und wenn man dann noch immer nicht sicher ist, dass es sich um irdisches Gestein handelt, kommt man um eine wissenschaftliche Begutachtung in einem Institut nicht rum (Mikrosonde, Dünnschliff, etc.). Was dann genau mit den Proben passiert, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Und es dauert ein Weilchen  :einaugeblinzel:...

Gruß,
Andi :prostbier:

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #58 am: April 17, 2014, 00:21:19 Vormittag »
Hallo Andi,

Noch mal ein herzliches Dankeschön für diese beeindruckende Dokumentation in Wort und Bild! An vielen Stellen glaubte ich wieder, Antoine de Saint-Exupéry zu hören, der genau das, wa Du ge- und beschrieben hast hautnah "erfühlt"  und "erlebt" hat! Wie schade, daß die politischen und militärischen Konflikte dieser Welt uns diesen wertvollen Menschen genommen haben!  :crying:

Bernd
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline gsac

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #59 am: April 17, 2014, 19:04:34 Nachmittag »
Wie schade, daß die politischen und militärischen Konflikte dieser Welt uns diesen wertvollen
Menschen genommen haben!

[Ganz banal war´s Horst Rippert, der ältere Bruder von "Ivan Rebroff", der ihn abgeschossen
hat, ein Deutscher! Aber wir wollen das nicht vertiefen, es wäre auch gegen die Forumsregeln.]


Was Saint-Exupéry ganz wunderbar gemacht hat: seine leidenschaftliche Liebe zur Fliegerei zu
dokumentieren, und in seinem Werk ganz en passant auch einen Bogen zu den Meteoriten zu
schlagen, was nachlesbar ist. Er hat die Wüste geliebt, diese ganz und gar großartige Szenerie,
und das ist ja letztlich auch das Thema, welches hinter all diesen wunderbaren Bildern hier steht.
Deshalb darf man sowas beantworten! Ich kann Andi und alle Wüstenfahrer sehr gut verstehen,
die es dort immer wieder hinzieht, egal, ob sie mit einem Sack voll Meteorite heimkehren oder nicht..

Alex

 

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