Autor Thema: Reisebericht Westsahara 2014  (Gelesen 14372 mal)

Offline schwede-jens

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #60 am: April 18, 2014, 18:05:29 Nachmittag »
 :weissefahne:    Fernweh.....  und Sehnsucht.... NEIN!  VERLANGEN!    :laughing:

Hej Andi, danke fürs berichten und zeigen.
Mich erinnern deine (wie auch die vom Svend) Berichte immer an Jack London......

 :hut:  Jens
MÖGE DER HIMMEL MIR AUF DEN KOPF FALLEN...

Offline SR-Meteorite

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #61 am: Mai 12, 2014, 22:03:45 Nachmittag »
Hallo Andi,

vielen Dank für den interessanten Reisebericht. Sehr anschaulich, beim Lesen hatte ich förmlich einen Hauch von "Gammelfleisch" in der Nase. Gib´s zu, Du hast die Kiste mit dem Fleisch nur gekauft, um der Geschichte noch eine etwas abenteuerlichere Würze zu geben. :einaugeblinzel:

Was mir sehr gut gefallen hat, dass Du sehr anschaulich auf den Punkt gebracht hast, wie selten und schwer zu finden Meteoriten selbst in den Wüsten sind. Das sollte uns allen Ehrfurcht vor jedem noch so verwitterten Chondritenfragment, geschweige denn vor den ultra-seltenen Klassen gebieten! :super:

Trotz allem hoffe ich, dass Dein Bericht nicht viele Nachahmer auf den Plan ruft, denn die Westsahara ist gefährlich, das lässt sich einfach nicht wegdiskutieren. Ich selbst habe vor etlichen Jahren zwei Touren in die W-Sahara unternommen, als es zugegebenermassen vielleicht noch etwas gefährlicher war als heute, wegen der zahlreicheren, ungeräumten Minenfelder. Ich habe auch Areale gesehen, die übersäht waren mit Kriegsschrott, und da kann wohl niemand garantieren, dass da nicht auch potenziell gefährliches Material herumliegt. Von den unzähligen Minen am "Wall" gar nicht zu reden.

Grüsse,
Stefan

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #62 am: Mai 13, 2014, 09:49:57 Vormittag »
Hallo Stefan,

freut mich sehr, dass auch Dir der Bericht gefiel. Ali war zuständig für die Verpflegung, mir war die Art der Fleisch-Lagerung zunächst auch äußerst suspekt. Wahrscheinlich haben aber Europäer in puncto Hygiene einen "Hau", wohl nicht zuletzt aufgrund begründeter Gammelfleisch-Skandale und der Werbung, die uns suggeriert, dass üüüüberall gefährliche Keime lauern. Aber elektrische Kühlschränke gibts auch erst seit den 50er Jahren und die Menschheit musste zuvor ja auch irgendwie überlebt haben. Die einfache Fleischtrocknung als Konservierungsmethode wäre in unseren Breiten mangels Sonne und auch wegen der hohen Luftfeuchtigkeit problematisch, aber Pökelschinken ist eigentlich auch nichts anderes als Trockenfleisch, nur ein bisschen mehr Salz im Spiel...

In der Wüste hingegen geht's relativ einfach: Wichtig ist, dass die zu trocknenden Fleischstücke gesalzen sind und sehr luftig gelagert werden. Auf keinen Fall darf das Fleisch mit Plastik in Berührung kommen! Deshalb auch der Karton, der die Feuchtigkeit ableitet. Indem man die Stückebei jeder Gelegenheit in die pralle Sonne legt und immer wieder wendet, werden sie durch UV-Strahlen der Sonne regelmäßig desinfiziert. Übrigens haben wir immer einen probaten Indikator dabei, der uns mit Sicherheit vor möglichen Gefahren warnt: Die eigene Nase! Wir kauften auf unseren Wüstentrips bislang immer nur (teure) Konserven, Nudeln, Dosenfisch etc. Künftig werden wir Alis Vorratshaltung und die zugehörigen Methoden anwenden, denn dieses Essen ist weitaus schmackhafter und günstiger. Außerdem wird weniger Müll produziert.

Gruß,
Andi


Offline Mettmann

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #63 am: Mai 13, 2014, 13:12:55 Nachmittag »
Zitat
Europäer in puncto Hygiene einen "Hau"
Ja, sind eben denaturiert. Fleisch muß sowieso vor dem Verzehr eine zeitlang verwesen, da es sonst schlecht zu verzehren ist. Würde man das Schnitzel während der Leichenstarre braten, so wär es hart, trocken, zäh und zudem sauer. Erst muß das Kollagen der Muskelfasern teilweise zersetzt werden, zudem bildet sich zunächst viel Milchsäure, die erst später abgebaut wird. Und deswegen läßt man z.B. ein Rind erst 1-2 Wochen kontrolliert verwesen, bis es in den Handel kommt - Wild noch länger, da der Verwesungsgeschmack, der Hautgout, erwünscht ist. Zudem bilden sich bei diesem Abhängen Aromastoffe, die wir mögen. Bei der Salamiherstellung z.B. - hihi, Zutatenverordnung schreibt man dann euphemistisch drauf "Starterkulturen", denn wenn man u.a. "Staphylokoggen", die man einer Salami ja zusetzen muß, damit sie reifen kann - tätmer alle wieder "iiiih" kreischen unds nimmer kaufen. Und bei solchen Spezialitäten, wie dem Matjes-Hering, der anaerob in einem Fässlein vergammelt, muß man ein bisserl von den Innereien mithineingeben, sonst gammelt er nicht fein. Und in den unschuldigen Käse, müssmer auch ein bisserl Lab hineingeben, sonst wird er nicht.

Die Lagerung an der Luft, wenn man keine Kühlmöglichkeit hat, ist unbedingt angezeigt! Es dämmt die Vermehrung des gefürchteten und ubiquitären Botulinus-Bakteriums (lat. "Wurst"-Bakterium) ein, welches als Stoffwechselprodukt eines der allerstärksten Nervengifte produziert (mit 1g, kann man ca. 1 Mio Leut über den Jordan, nen?). Jenes Gift, welches sich die Dame von Welt in den Kopf spritzen läßt, da es die umgebenden Muskeln lähmt, sodaß man die Falten weniger sieht.
Salz mag das Botulinus-Bakterium auch nicht, insbesondere das Nitrit aus dem Pökelsalz nicht.

Zu Bemerken wäre ferner, daß die Kulinarik, sei es die uns liebgewordene theutsche Hausmannskost bis hin zum Sushi, sich zur Hauptsache darauf gründet, Lebensmittel lange lagern zu können, schädliche Zersetzungsprodukte unschädlich zu machen und solch gelagerte Lebensmittel wieder genießbar zu machen.

Und letztlich gründen nicht nur die Rezepte auf der Konservierung und Zubereitung solcher Speisen, sondern unser heutiges Finanzwesen.
Abgesehen davon, daß Salz (und keineswegs nur zur Geschmacksverbesserung sondern eben zur Konservierung) ein immens wichtiges Handelsgut war, welches zum Aufstieg der Städtegesellschaften und der Überwindung des Feudalismusses beitrug, spielt dabei der Pfeffer die Rolle. Ein Gewürz, das in der Lage war, die grauslichen Geschmäcker der konservierten Lebensmittel zu überdecken. Ein sehr teures Oberschichtengewürz, was im späten Mittelalter und der Frühen Neuzeit in etwa den Status besaß, wie in unseren 1980ern und 1990ern das Kokain. - Hauptimportort über den Seeweg war Venedig und man war derart pfefferverrückt, daß man schließlich Wetten darauf abschließen konnte, wieviel Pfeffer und in welchen Qualitäten die Schiffe, die nach den Frühlingsstürmen einlaufen würden, geladen haben  würden = die ersten Spekulationen: Die erste Börse war geboren. Ois nur wegen dem Gammelfleisch.

Zurück zur Expedition - es ist interessant, der Amerikaner ißt ja gern Dörrfleisch, als wärens Chips - das sogenannte Beef Jerky. Das findet sich in den letzten Jahren nun auch immer mehr bei uns, aus USA importiert. Zuvor gabs dieses Trockenfleisch eigentlich nur in Expeditionsläden als Spezialnahrung - ist sehr proteinreich, fettarm und platzsparend. Wenns einem also graust, kann man das ja mitnehmen. Eignet sich aber nicht zum Verkochen, da es stark sauciert und gewürzt ist. Durchsetzen wirds sich hier wohl nicht, Import ist teuer, so billiges Rindfleisch wie in USA haben wir nicht und v.a. haben wir ja einen großen Reichtum an regionalen luftgetrockneten Spezialitäten - von den diversen Schinken, über den berüchtigten Zampone, bis hin zum Bündnerfleisch..usw.

Um Bezug herzustellen, Trockenfleisch macht man auch gern in Afrika - wird unter dem Handelsbegriff "Biltong" geführt. Aus allerlei Tieren. Macht man dort auch gerne selber, wofür man sich oft einer einfachen Vorrichtung bedient, das dünn geschnittene und gewürzte Fleisch wird in eine Kiste gelegt, worinnen eine Glühbirne mit geringer Wattzahl installiert ist. Durch die Abwärme der Birne wird das Fleisch getrocknet.

Ab zur Paläontologie - Gefriertrocknung ist ja auch ein Konservierungsmittel - durch den Klimawandel taut ja nunmehr der Permafrostboden in Asien auf - sodaß immer mehr besterhaltene Mammuts gefunden werden. Es gibt vereinzelte Berichte, daß das Fleisch dieser Funde durchaus noch verzehrbar war.

So, ab damit ins Sonstige, ich hab jetzt Hunger.
 :prostbier:
Mettmann

PS: Andi, bisserl mehr Lokalpatriotismus - Kühlschränke gabs schon länger, und die Senioren bei uns, sagen ja manchmal noch "Eisschrank".
Oh Schlachtschiff des DAXes - Carl von Linde hat doch an der TU hier, gesponsert von den hiesigen Brauereien 1873 die Eismaschine erfunden. Kühlschränke waren halt damals Schränke mit einem Fach in dem ein großer Eisblock vor sich hinschmolz. Angeliefert wurden die Eisblöcke aus der Fabrik vom Eismann - gibt ja auch einen Slapstickfilm, in dem sich Stan & Ollie als solche Eismänner verdingen.

Möge der Thread folgen zur Kühlung von vakuum-eingeschweißten Dronino-Scheiben im Eisfach zur Herabsetzung der Reaktionsgeschwindigkeit - und wenn wir brav sind, baut uns der Uphäufel noch ein Peltierelement ins Gfrierfach.

(PPS: EU ist seltsam, nicht nur dass in D kein deutscher Rohmilchkäse verkauft werden darf, wohl aber französischer, da der als regionale Spezialität geschützt - die ham leider auch das köstliche Wiener Saftgulasch verboten!)
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Offline Contadino

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #64 am: Mai 13, 2014, 14:05:21 Nachmittag »
Zitat
- die ham leider auch das köstliche Wiener Saftgulasch verboten!

Um Himmels willen, warum den das Saftgulasch :crying: :crying: Hab ich da womöglich bei meinem letzten Besuch in Wien was unappetitliches gegessen... :eek:

Ciao, Heiner
Doe maar gewoon, dan doe je al gek genoeg

Offline Mettmann

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #65 am: Mai 13, 2014, 15:10:28 Nachmittag »
Nu, Heiner, das erste k&k-Gulasch wurde ja im "Prager Kochbuch" veröffentlicht. Ich gehe daher davon aus, daß das sog. Böhmische Gulasch dem Urgulasch, aus dem die Weaner Varianten entwickelt wurden, stemmatisch am Nächsten steht. Das Böhmische Gulasch muß viele Stunden köcheln, hernach wird es heruntergekühlt und muß zur Entfaltung der Aromen und zur besonderen Mürbheit des Fleisches mehrere Tage ruhen und ziehen. Seit 2004 gibt es aber eine lebensmittelhygienische Verordnung der EU, die untersagt, Speisen, die länger als vier Stunden erwärmt gehalten werden, zu verkaufen.

Vergaß, nur damit ich nicht schuld bin: Die Einfuhr von Fleisch- und Fleischprodukten, auch von geringen Mengen, bedarf in den meisten Zielländern einer vorherigen Beschau durch einen Veterinär. (Allerdings sinds in den Maghrebländern eher wepsig, wenns um Dattel-Krankheiten geht).
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Offline herbraab

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #66 am: Mai 13, 2014, 18:57:05 Nachmittag »
Ab zur Paläontologie - Gefriertrocknung ist ja auch ein Konservierungsmittel - durch den Klimawandel taut ja nunmehr der Permafrostboden in Asien auf - sodaß immer mehr besterhaltene Mammuts gefunden werden. Es gibt vereinzelte Berichte, daß das Fleisch dieser Funde durchaus noch verzehrbar war.

Ist das eine Vermutung, oder wurde das auch experimentell nachgewiesen?

 :hut:
Herbert
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Offline palaeomet

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #67 am: Mai 13, 2014, 19:22:50 Nachmittag »
Hallo zusammen,

das mit dem Mammutfleisch stimmt wohl tatsächlich, das muss es mal bei einem Paläontologenkongress in Sibirien gegeben haben. Nur ob es geschmeckt hat, konnte ich leider noch nicht in Erfahrung bringen, aber angeblich war eine Professorin von mir dabei, da muss ich bei Gelegenheit mal nachfragen. :D

Grüße
Xaver

Offline JFJ

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #68 am: Mai 13, 2014, 21:51:36 Nachmittag »
Hallo,

ja, die Esskultur wird in Europa immer steriler.
Die "saubere" Küche entfernt sich immer mehr von natürlicher Ernährung.
Jeder Jäger weiß, dass ein Stück Wild erst einige Tage abhängen muss.
In tierischen Zellen befinden sich sog. Lysosome. Das sind mit Verdauungsenzymen gefüllte Vesikel.
Wenn die Hülle darum vergammelt, dringt diese Flüssigkeit ins Muskelgewebe ein und macht es schön zart.
Fleischzartmacher ist nichts anderes, nur dass dieser Vorgang beschleunigt wird und die Enzyme schön verpackt im Glas verfügbar sind.

Mein Sohn hat mir mal aus Island eine Tüte traditionellen Trockenfisch mitgebracht.
Futtern die wohl wie Chips.
Kopf ab, ausgenommen, in kleine Schnippel geschnitten, gesalzen, und wer weiß wie lange in die Luft gehängt.
War gar nicht mal so übel.

Gruß in die Runde
Jörg

Ich mag Geschiebe, weil sie die entgegenkommendsten Gesteine sind.

Offline ironsforever

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Re: Reisebericht Westsahara 2014
« Antwort #69 am: Oktober 07, 2014, 23:47:56 Nachmittag »
Hallo,

hier ein kleiner Nachtrag: Alle noch fraglichen Funde, die wir wissenschaftlicher Untersuchung zuführten, waren leider irdischen Ursprungs. Damit bleibt es "nur" bei den oben erwähnten Chondriten-Funden (letztere werden irgendwann in der Metbull zu finden sein). 2 Chondriten in meiner Vitrine erinnern an unvergessliche Erlebnisse mit einem super Team!

Gruß,
Andi :prostbier:

 

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