Autor Thema: Witwatersrand-Konglomerat - bevor der Sauerstoff kam...  (Gelesen 3358 mal)

Suevit

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Witwatersrand-Konglomerat - bevor der Sauerstoff kam...
« am: Januar 24, 2015, 17:49:35 Nachmittag »
Hallo,

(gehört vielleicht auch/eher in die Kategorie Gold/Berggold, möge ein Mod darüber entscheiden)

ich möchte ein besonderes geologisches Lehrstück vorstellen, das mir heute zufällig in einer Grabbelkiste in die Hände fiel und geradezu danach schrie, mitgenommen und herumzeigend erklärt zu werden:
Ein geschnittenes und poliertes Handstück Witwatersrand-Konglomerat (ca. 920 g, 17x10,5x3,4 cm), ausweislich des rückseitig aufgeklebten Etiketts von Gold Reef /Crown Mines, Johannesburg, aus einer Teufe von 10.000 Fuß. Einschaltungen mehrerer solcher Konglomerate innerhalb der neoarchaischen, 2,91 bis 2,71 Milliarden Jahre alten Central Rand Group (jüngere Witwatersrand Supergroup) bilden die weltberühmten Goldlagerstätten des Witwatersrand-Beckens bei Johannesburg, die bei einem Goldgehalt von max. 15 g/t bislang rund die Hälfte des jemals auf der Erde geförderten Goldes geliefert haben. Die einzelnen Konglomeratschichten erreichen selten 30 cm Mächtigkeit, zusammen mit liegenden, ebenfalls goldführenden Bakterienkohlen ergeben sich Flözmächtigkeiten von kaum 1 m. Da diese in bis zu 4000 m Teufe abgebaut werden, werden die Stollenhöhen aus ökonomischen und statischen Gründen möglichst gering gehalten - die resultierenden Arbeitsbedingungen bei über 40°C kann man sich vorstellen...

In geologischer Hinsicht außergewöhnlich ist an diesem Konglomerat, dass es zu einer Zeit entstand, als in der Erdatmosphäre noch kein freier Sauerstoff vorhanden war. Cyanobakterien hatten gerade erst damit begonnen, Sauerstoff in die Meere zu pumpen, wo er durch die Reaktion mit gelösten Eisenverbindungen zunächst restlos aufgebraucht wurde. An Land lagen mangels oxidierender Atmosphäre so exotische Dinge wie Sand aus reinem Pyrit und Uraninit herum.
Zu dieser Zeit wurde am Westrand des Kaapvaal-Kratons in ausgedehnten Flußebenen und -mündungen immer wieder Verwitterungsmaterial der Berge im Hinterland abgelagert, bei episodisch höherer Transportenergie auch gröbere Quarzgerölle und schwere Erzsande, bestehend aus Pryit, Uraninit - und eben Gold.

So zeigt dieses Handstück hervorragend seine Entstehungsbedingungen: In die Zwickel zwischen den Quarzgeröllen wurde Pyritsand eingespült. Die Pyritkörner zeigen alle Rundungsgrade von ungerundet-idiomorph kristallin bis stark gerundet, gleiches gilt für die seltener vorkommenden Uraninitkörner (Gold konnte ich nach erster Musterung in dem Handstück noch nicht nachweisen). Im Prinzip nichts anderes, als was man auf rezenten Schotterbänken vorfindet, nur eben mit exotischen Materialien.

Für mich gehört dieses Material zu den faszinierendsten Belegen für die Umweltbedingungen und die Oberflächendynamik der frühen Erde! Seit ich in einer Vorlesung mal ein Handstück live betrachten konnte, hatte dieses Gestein für mich stets einen extrem hohen Habenwollenfaktor  :lechz:

Weiterführende Erläuterungen bieten bspw. diese beiden Seiten:
http://www.mnh.si.edu/earth/text/dynamicearth/6_0_0_GeoGallery/geogallery_specimen.cfm?SpecimenID=2080&categoryID=4&categoryName=Rocks&browseType=type&typeID=154&typeName=Conglomerate
http://info.goldavenue.com/info_site/in_mine/in_min_sa_geol.htm

Ein wissenschaftliches Paper zur Entstehung der Goldlagerstätten am Witwatersrand:
KIRK, J. et al. (2003): The Origin of Gold in South Africa. - American Scientist, 91: 534-541.

Gruß,
Rainer

Offline JFJ

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Re: Witwatersrand-Konglomerat - bevor der Sauerstoff kam...
« Antwort #1 am: Januar 24, 2015, 18:52:11 Nachmittag »
Hallo Rainer,

ein spannendes Stück Erdgeschichte!
Wie lässt sich eigentlich die Graufärbung der Quarze erklären - duch Radioaktivität?

Gruß
Jörg
Ich mag Geschiebe, weil sie die entgegenkommendsten Gesteine sind.

Offline speul

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Re: Witwatersrand-Konglomerat - bevor der Sauerstoff kam...
« Antwort #2 am: Januar 24, 2015, 19:39:32 Nachmittag »
Moin moin,
das Jahr fängt ja gut für Dich an. Tolles Stück!
Zitat
hatte dieses Gestein für mich stets einen extrem hohen Habenwollenfaktor  :lechz:
was ich nur zugut verstehen kann.
Die Pyritkristalle wirken ja geradezu plastisch auf der zweiten Abbildung.
Grüße
speul
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Offline gsac

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Re: Witwatersrand-Konglomerat - bevor der Sauerstoff kam...
« Antwort #3 am: Januar 24, 2015, 22:06:04 Nachmittag »
Sehr spannend zu lesen, vielen Dank, Rainer!

Alex

Suevit

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Re: Witwatersrand-Konglomerat - bevor der Sauerstoff kam...
« Antwort #4 am: Januar 25, 2015, 16:22:38 Nachmittag »
Hallo,

@Jörg:
Zitat
Wie lässt sich eigentlich die Graufärbung der Quarze erklären - duch Radioaktivität?
Das hat mich auch interessiert, und ich habe ein Paper gefunden, das darauf eingeht und Deine Annahme bestätigt:
VOLLBRECHT, A. et al. (1996) - Gefügekundliche Untersuchungen an Geröllquarzen der Witwatersrand-Lagerstätte in Südafrika. - Z. angew. Geol., 42: 156-161
Wobei das ein komplexer Prozess zu sein scheint, der sowohl Gefügezerstörung im Randbereich der ursprünglichen Körner umfasst, als auch Alteration durch nachträglich eingedrungene radioaktive Lösungen.

@Speul:
Zitat
Die Pyritkristalle wirken ja geradezu plastisch auf der zweiten Abbildung.
Das ist ein fotografischer Effekt - die Quarzkomponenten sind bis in eine Tiefe von mehreren Millimetern durchsichtig, die Pyritkörner scheinen dadurch ein wenig über die Oberfläche hinauszuragen. Unter dem Bino ist das Material absolut faszinierend, da "schweben" Pyritkörner und -kristalle sozusagen in der klaren Matrix.

@Alex:
Gern geschehen!  :hut:

Gruß,
Rainer

 

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