Autor Thema: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten  (Gelesen 5589 mal)

Offline Dirk

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Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« am: Januar 02, 2016, 17:44:22 Nachmittag »
Hallo Forum,

seit einiger Zeit fallen mir öfters frisch gefallene Steinmeteorite auf, die auf ihrer Oberfläche einen irisierenden Schimmer zeigen, so ähnlich wie auf einer Pfützte, auf der ein Ölfilm schwimmt. Ich würde gerne wissen, wie man das Zustandekommen von solchen irisierenden Effekten auf der Kruste von Steinmeteoriten erklären kann. Wieso entsteht so ein Effekt auf bestimmten Meteoriten und auf anderen nicht?
Ich vermute, dass es wohl mit den mineralischen Bestandteilen des Meteoriten zu tun haben könnte. Wahrscheinlich wird die Mischung bestimmter Mineralbestandteile in der Schmelze während des Athmosphärenfluges für den irisierenden Effekt der dann erstarrten Kruste verantwortlich sein. Aber welche Minerale könnten denn dabei eine Rolle spielen?

Entstehen solche Irisierungen eher zufälllig oder kann man sie bei bestimmten Meteoritenklassen eher erwarten als bei anderen?

Insgesamt halte ich den irisierenden Effekt auf der Oberfläche von Steinmeteoriten für ein ziemlich seltenes Phänomen bei der Entstehung von Schmelzkruste.

Wie erklärt ihr das Zustandekommen von solchen Irisierungen? Habt ihr vielleicht sogar selber Meteoriten in der Sammlung mit irisierenden Effekten auf der Oberfläche? Ich fände es ganz schön, wenn wir mal Bildmaterial zum Thema zusammen tragen könnten. Vielleicht lässt sich ja etwas Regelhaftes ableiten ....


Ich erinnere mich, das unser Greg in einem anderen thread einen Chelyabinsk präsentiert hat, der ebenfalls irisierende Effekte auf Teilbereichen der Oberfläche zeigte. Ich schau mal, ob ich es finden kann ....
.... habe Gregs Bild unten angehängt.


Jetzt sind eure Gedanken zum Thema gefragt .....  :talk:

 :user:
Dirk



« Letzte Änderung: Januar 02, 2016, 18:26:24 Nachmittag von Dirk »

Offline Thin Section

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #1 am: Januar 02, 2016, 19:15:56 Nachmittag »
... auf ihrer Oberfläche einen irisierenden Schimmer

Hallo Dirk und Forum,

Hierbei dürfte es sich um den sg. Schillereffekt handeln. Schau mal bei Wikipedia unter "schiller effect" oder auch hier im Forum, indem Du den Suchbegriff "Schiller" eingibst. Bei meinem AlMahbas Pallasit (NWA 2683) zeigen die Olivine bei richtigem Lichteinfall diesen Schillereffekt auch. Ferner habe ich ein 2.24 gr Djati-Pengilon Scheibchen, bei dem ich diesen irisierenden Effekt ebenfalls beobachtet habe und zwar auf der polierten Seite.

Bernd  :winke:
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Offline karmaka

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #2 am: Januar 02, 2016, 19:16:25 Nachmittag »
Dann will ich auch mal spekulieren.  :weissefahne:

Vielleicht ist dieser Regenbogen-Effekt besonders dann zu sehen, wenn es zu einer Oxidation des Eisens oder der Sulphide kommt, die sich in den Glasvenen der äußeren Substratschicht, die unterhalb der äußeren Schmelzkruste liegt, befinden. Somit müsste der Effekt vor allem dann zu sehen sein, wenn die äußere Schmelzkruste die Substratschicht nicht oder kaum bedeckt.

 :nixweiss:

Offline Dirk

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #3 am: Januar 02, 2016, 20:06:49 Nachmittag »
Ich habe hier noch Bilder von zwei Steinmeteoriten, die dieses Phänomen zeigen. Der eine ist ein 79g schweres orientiertes Murchison-Individual (CM2) und der andere ein 83.43g schweres Park Forest- Individual. Beide Bilder stammen von Gary Fujihara (Big Kahuna) und ich habe seine Erlaubnis die Bilder hier zu zeigen:


Offline Dirk

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #4 am: Januar 02, 2016, 20:56:17 Nachmittag »
Hallo Bernd und karmaka,

vielen Dank erstmal für eure Ideen  :super:

Ich frage mich, ob das wirklich der Schiller-Effekt sein kann. Beim Schiller-Effekt scheint der Lichteinfall von besonderer Bedeutung zu sein. Dadurch funkeln Kristalle, wie z.B. die Olivine in den von Bernd genannten Olivinen, in unterschiedlichen Farben, halt in Abhängigkeit vom Lichteinfall. Aber ist das wirklich mit dem Farbenspiel auf der Kruste zu vergleichen?

https://en.wikipedia.org/wiki/Adularescence

Leider habe ich selber keinen Meteoriten, der den irisierenden Effekt aufweist und kann das nicht richtig überprüfen. Man müsste solch einen Meteoriten mal in die Hand nehmen und ins Licht halten. Wenn es der Schiller-Effekt ist, dann müssten sich die Farben auch in Abhängigkeit vom Lichteinfall verändern. Ich hatte bis jetzt eher die Vermutung, die von mir beschriebenen Farbphänomene sind konstant, egal wie das Licht jetzt fällt. Kann das mal jemand überprüfen? Vielleicht Greg mit seinem Chelyabinsk?


@karmaka: Deine Überlegungen geben auf jeden Fall schon mal eine Richtung vor, wie man sich das Zustandekommen des Farbphänomens erklären könnte. Wahrscheinlich wird das "irgendwie" mit dem Aufbau oder der Struktur der äußeren Schicht(en) zu tun haben.
Die Unterscheidung von äußerer Schmelzkruste und darunter liegender Substratschicht wird auch von unserm Forumskollegen Haschr auf seiner website in der Dokumentation von "Meteorite Fusion Crust"  auf der 2. Seite dargestellt (Inner and outer crust layer):
http://www.meteorite-recon.com/home/meteorite-documentaries/meteorite-fusion-crust/p2





Offline speul

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #5 am: Januar 02, 2016, 21:23:55 Nachmittag »
Moin moin,
ich glaube eher, dass das etwas mit Interferenz an dünnen Schichten zu tun hat, dünne Schicht hier wäre Glas, was sich beim Eintritt an der Schmelzkruste bildet. Da die Schichtdicke als kritische Bedingung fungieren sollte kommt es halt seltenst dazu.
Dürfte das selbe Phänomen sein wie bei Schlacke.
Grüße
speul
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Offline Auricular

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #6 am: Januar 02, 2016, 21:39:09 Nachmittag »
Abend Forum,

mir fallen spontan 2 meiner Chergachs ein! Entschuldigt die miesen Fotos  :imsorry:





Liebe Grüße

Bernie IMCA#6177

Offline ganimet

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #7 am: Januar 02, 2016, 21:43:37 Nachmittag »
Hallo,

vielleicht kann man aus dieser (nicht Themenbezogenen) Erklärung irgendetwas zur Irisierung der Steinmeteorite ableiten:

http://paraselene.de/cgi/bin?_SID=xxx&_bereich=artikel&_aktion=detail&idartikel=114012&_sprache=de
Daß alles vergeht;weiß man schon in der JUGEND;
aber wie schnell alles vergeht,erfährt man erst im ALTER.

Offline Dirk

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #8 am: Januar 02, 2016, 22:24:16 Nachmittag »
@speul: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann meinst Du, dass die Glasschicht nicht zu dick sein darf. Ist die Glasschicht zu dick, dann kommt keine Interferenz zu Stande und damit kein schillerndes Farbenspiel.
Könnte Deine Erklärung auch in eine ähnliche Richtung gehen wie karmakas Ansatz, der ja auch betont, das die Schmelzkruste über der darunter liegenden Schicht (Substrat mit Glasvenen) nicht zu dick sein darf?

@Auricular: Ich finde, man kann ganz gut den irisierenden Effekt auf Deinen Bildern sehen; vor allem auf dem zweiten, etwas größeren Chergach  :super:

@ganimet: Das ist eine gute Idee!!! Hier geht es ja auch um Interferenzen an dünnen (Silikat)-Schichten. Ähnlich wie speul das ja schon erklärt hat.

In dem link wird "Interferenz" erklärt; vor allem im unteren Drittel geht es um Interferenzfarben:

https://de.wikipedia.org/wiki/Interferenz_%28Physik%29#Interferenzfarben

Offline Greg

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #9 am: Januar 03, 2016, 01:29:50 Vormittag »
Hallo,

vielleicht hat es etwas mit dem Trolit-Anteil in der Schmelze zu tun?

Anbei eine Chelyabinsk Scheibe, wo am Rand ein leicht blau-goldener Schimmer zu sehen ist. Darunter befindet sich relativ viel Troilit.

Greg  :hut:

Nachtrag:
Wobei ich ein Problem feststellen muss: Beim Murchison kommt meines Wissen nicht viel Troilit vor. Die Kruste des Murchison sieht auf den Fotos oben stark irisierend aus...  :weissefahne:


Offline Greg

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #10 am: Januar 03, 2016, 01:47:56 Vormittag »
(...)
Leider habe ich selber keinen Meteoriten, der den irisierenden Effekt aufweist und kann das nicht richtig überprüfen. Man müsste solch einen Meteoriten mal in die Hand nehmen und ins Licht halten. Wenn es der Schiller-Effekt ist, dann müssten sich die Farben auch in Abhängigkeit vom Lichteinfall verändern. Ich hatte bis jetzt eher die Vermutung, die von mir beschriebenen Farbphänomene sind konstant, egal wie das Licht jetzt fällt. Kann das mal jemand überprüfen? Vielleicht Greg mit seinem Chelyabinsk?
(...)

Das "Farbphänomen" ist nur sehr schwach auf dem kleinen Chelyabinsk Individual zu sehen. Es verändert sich nicht bei verschiedenen Lichteinfall; es schimmert also nicht in verschiedenen Farben, sondern die glänzende Kruste ist an den entsprechenden Stellen leicht blau-golden (wie angelaufen).

Offline speul

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #11 am: Januar 03, 2016, 09:38:43 Vormittag »
@speul: Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann meinst Du, dass die Glasschicht nicht zu dick sein darf. Ist die Glasschicht zu dick, dann kommt keine Interferenz zu Stande und damit kein schillerndes Farbenspiel.
Könnte Deine Erklärung auch in eine ähnliche Richtung gehen wie karmakas Ansatz, der ja auch betont, das die Schmelzkruste über der darunter liegenden Schicht (Substrat mit Glasvenen) nicht zu dick sein darf?


ja, richtig interpretiert, die Schicht muß dünn sein. Die Chemie der Schicht sollte nicht so die Rolle spielen, max. der Einfluß der Zusammensetzung auf den Brechungsindex des gebildeten Glases, karmaka hatte ich eher interpretiert als den Einfluß der Zusammensetzung direkt auf den Schiller.
Grüße
speul
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Offline stollentroll

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #12 am: Januar 08, 2016, 09:17:46 Vormittag »
Ich stimme hier Speul voll zu, es ist eine Interferenz an dünnen Schichten. Die untere Grenze für die Schichtdicke ist die halbe Wellenlänge des Lichts, also ein paar 100 Nanometer. Die obere Grenze dürfte bei einigen Mikrometern liegen.
Die Schicht muss signifikante Unterschiede im Brechungsindex zu den beiden benachbarten Medien aufweisen. Das eine Medium ist Luft, da ist das eindeutig. Die Frage ist, was auf der andern Seite der Schicht liegt. Das unveränderte chondritische Material wird es nicht sein, das ist zu inhomogen und die Dicke der Schmelzkruste insgesamt düfte auch zu groß sein dafür. Es können also zwei Schichten Glas sein, die sich chemisch etwas unterscheiden und dadurch einen unterschiedlichen Brechungsindex aufweisen, oder zumindest eine deutliche Grenzfläche zueinander aufweisen. Auch ein Oxidationsprozess ist möglich, die Frage ist dann nur, was da oxidiert ist.

Grüße
Thomas

Offline Hungriger Wolf

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #13 am: Januar 08, 2016, 17:11:48 Nachmittag »
Die Interferenz-Farben/Schichtstruktur sind auf einem schwarzen Untergrund besonders gut zu erkennen -> Meteoriten-Kruste!

Auf einem hellen Untergrund wären hingegen die Interferenz-Farben mit der dünnen Deckschicht/-en nicht so deutlich wahrzunehmen, da dort eine Rückreflektion des weißen Lichts/Grundschicht den visuellen Farbeindruck minimiert!

Vergleich:

Schwarze Perle

http://www.netperles.com/upload/Couleur-perle-Tahiti.jpg

Weiße Perle

http://www.schmuckbid.de/out/pictures/wysiwigpro/Perle%20Edelstein%20www.schmuckbid.de.jpg



Referenz: Goethit  α-Fe3+O(OH)

Ursache der irisierenden Kruste/Stein-Meteorite?

https://www.mineralienatlas.de/VIEWmaxFULL.php?param=1257540091

Grüsse  :hut:
Achim

« Letzte Änderung: Januar 08, 2016, 17:31:40 Nachmittag von Hungriger Wolf »

Offline Hungriger Wolf

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Re: Irisierende Kruste auf Steinmeteoriten
« Antwort #14 am: Januar 09, 2016, 17:58:31 Nachmittag »

Zum Thema habe ich, als Ergänzung, ein praktisches Experiment dazu heute, selbst durchgeführt:


Ausgangsmaterial:
Eisensulfid

Bunsenbrenner -> Hitze-Einwirkung seitlich auf den Eisensulfid-Kristall[/b]

Experiment-Ergebnis:

Es tritt eine Eisenoxid-Bildung (Eisensulfid-Zersetzung) mit Farb-Effekt auf dem Eisensulfid-Untergrund auf!

gelb/blau/schwarz/braun -> höchste Hitze-Einwirkung (siehe Photo)


Grüsse  :prostbier:
Achim

PS: Das praktische Experiment hat Spaß gemacht! :einaugeblinzel:
« Letzte Änderung: Januar 09, 2016, 18:19:38 Nachmittag von Hungriger Wolf »

 

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