Tach zusammen
Ich schliesse mich der Verwunderung vom Wunderkamerad an.
War grad mal weg. Was wird gerade gespielt?
Ich folge aber aus einer persönlichen Verpflichtung gerne der persönlichen Einladung (Whats App-Nötigung!) von Alexanderp, der mir den Nachmittag fast pausenlos durch die Leitung schrieb, ich solle etwas schreiben.
Was soll ich zu Besten geben, Alexp? Allende, der wohl best-untersuchteste Meteorit aller Zeiten fiel vor 50 Jahren. Ich bin zwar etwas älter als Allende auf Erden ist, aber Allende war der erste Steinmeteorit in meiner bescheidenen Sammlung (nach zwei Eisen: Toluca und Canyon Diablo), der mich in der Startphase meines nun schon nahezu 35-jährigen Meteoriten-Sammlerlebens erreicht hatte. Im Sommer 1984 fing die Sammelei an, Allende kam irgendwann im Herbst 1984 dazu. Eine Riesenfreude! Ein 12.5g Individual, ich hab das Stück immer noch.
Ich sag mal, dass früher alles besser war: die damaligen (wenigen) Sammler Mitte der 80er Jahre in Deutschland, spontan fallen mir nur 4 plus ein deutscher Händler ein (alle aus Datenschutzgründen jetzt ungenannt) stürzten sich auf jeden der wenigen erreichbaren Fälle = Norton County, Allende, Zagami (!), Millibillibillie, Pena Blanca Spring, Nuevo Mercurio und wenige mehr. Und natürlich auch auf jeden der wenigen der erreichbaren, meist US-Funde (ein paar wenige Eisen Odessa, Canyon Diablo, Arispe, und braune OCs aus nordamerikanischen Wüsten, Texas, New Mexico usw.) die von auch nur einer Hand voll Händler angeboten wurden. Es gab in den 80er jahren kein Internet, kein NWA-Material, kein Fratzenbuch (Face Book), Kommunikation nur per Telefon oder per Brief (mit teils wochenlanger Wartezeit auf die Rückantwort) und wer hatte, dann auch per Fax möglich. Was ist daran nun besser als in der neuen, heutigen Zeit?
Nun, ein paar Argumente für die gute alte Zeit:
• Keine windigen Typen, weder bei den Händlern noch bei den Sammlern. Man durfte sich gegenseitig vertrauen. Die Gruppe der Interessenten war auch vergleichsweise sehr klein, man kannte sich.
• Zivile und verstehbare Preise. An dem „alten Preisgefüge“ konnte man schnell ableiten, was z.B. ein weiterer, neuer Eukrit (Camel Donga) auf dem Markt kosten durfte und auch dann wirklich kostete.
• Tausch mit Museen, Universitäten, Händlern und auch von Sammler zu Sammler waren oft die einzigen Möglichkeiten, um an „neues“ Material zu kommen und es war ohne grosse Probleme möglich. Tolle Zeit!
Was ist heute besser?
Hmm, durch NWA-Materialflut sind heutzutage
• nahezu alle Metklassen für nahezu jeden Sammler erreichbar. Beispiel: Lodranite, Mond und Mars und vieles mehr. Das ist super!
• Auf den grossen Mineralienbörsen, aber insbesondere durch das Internet braucht man sich heute kaum mehr anzustrengen und hat schnell eine bunte Palette seltener und seltenster Meteoritenklassen zusammen. E-Banking hat den persönlichen Kontakt abgelöst. Die Frage ist nur ob das noch das „echte, wahre“ Sammeln ist, wo man sich stolz wie ein König fühlen durfte, weil man wieder ein tolles Stück (5g Millibillibillie, 1986 von Robert Haag erstanden) für die eigene Sammlung auftreiben konnte?
• Und bezahlbar ist vieles. Ja wirklich? Wüstenmaterial ist billig bis zum geht nicht mehr. Aber andererseits fallen mir nicht mehr viele bezahlbare Beispiele von nicht-Wüstenmeteoriten mehr ein…
• Toll ist auch, dass man per Mausklick schnell nahezu unbegrenzt neue „friends“ finden kann. Per Internet keine grosse Sache. Briefe schreiben und gespannt mit Freude auf eine Antwort warten?
Die seltenen Meteoritentypen werden aber klein und kleiner geschnitten und stammen oft aus nicht mehr nachvollziehbaren Materialströmen. Der mit der grünen Kruste zum Beispiel. Da wurde gefightet, dass ja niemand als Trittbrettfahrer auf dieselbe Nummer aufspringt. So einzigartig, dass weitere Funde sogar vom Klassifikatör Tony Irving als „authentisch“ angesprochen wurden, aber die Nummer war das Problem. Jetzt gibt es zig „grüne“ Nummern, alle wissen, dass es Fragmente des gleichen Steines sind. Die Motivation für neue Nummern ist aus meiner Sicht „Heimatschutz“ (man gönnt den anderen nicht die gleiche Nummer) oder man will extra eine neue Nummer, weil eine neue Nummer stolz macht, „geil“ ist und die finanzielle Optimierung dann besser funktioniert. Dann gibt es auch die Nummernsammler. Die wollen auch alle zufrieden sein. Je mehr Nummern, desto toller, oder? Zurück zu Allende, dem Fall von vor 50 Jahren: Da sind mindestens 2000 kg vom Himmel gefallen. Einige Quellen sprechen von bis zu 4000 kg oder sogar noch mehr. NIEMANDEN würde einfallen, je anzuzweifeln, dass das Stück Allende in den Händen des Besitzers nicht Allende ist, weil es einfach nach Allende aussieht. Allende kennt man ja, oder? Als krasses Gegenbeispiel sei nur wieder der „grüne“ Stein genannt. Kennt man, unverwechselbar mit anderen Meteoriten, man darf aber andere als die ausdrücklich autorisierten Stücke aber nicht als gleich bezeichnen, weil „Heimatsch…“ usw. DAS ist, was die heutige Zeit wirklich von der Zeit der „besseren“ 80er oder 90er Jahre unterscheidet. Heute wird alles nur noch kommerziell bewertet, jeder will abkassieren, das Sammeln oder die Liebe zum Sammeln und der Stolz sind Vergangenheit. Unser Alexp würde sagen: „vergangene Vergangenheit“. Wüstenmaterial zählt nicht mehr. Der Mondmeteorit DaG 262, der erste, der den Markt erreicht hatte, kostete ohne Übertreibung Ende der 90er Jahre in Klein und Kleinstmengen (bis 1g) locker 50kDM/g! Zuletzt in München im Oktober 2018 hab ich herrliche Mondstücklis für 22 Euro/g gekauft. Verkehrte Welt! Der jüngst gefallene Kuba-Meteorit (wahrscheinlich ein H mit Imp Melt Pockets, sehr ähnlich innen drin wie Chergach) kosten 50 UDS/g in Tucson. Doppelter Preis von Mondmaterial! DAS hat sich alles zum Anderen (ich sag jetzt nicht „zum Schlechteren“) geändert.
Mehr hab ich für heute nicht zu schreiben, ich muss auch ins Bett, weil ich morgen wieder um 05:30 Uhr für meinen Job im Arbeitslager aufstehen muss.
‘lexanderp, ist es das was Du von mir hören oder lesen wolltest?
Gruss, Allende (ich ziehe meinen Hut vor dem Material Allende)

PS: jetzt folgt sicher ein Shitstorm...