Autor Thema: Verwitterung von Meteoriten  (Gelesen 3257 mal)

Offline MetAur

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Verwitterung von Meteoriten
« am: Mai 27, 2019, 20:03:16 Nachmittag »
Dass Meteorite abhängig von ihrer Zusammensetzung und der Umgebung sehr unterschiedlich schnell verwittern, ist offenkundig.
Ich frage mich und nun auch Euch, wie schnell dies in unseren Gegenden etwa vonstatten geht.
Nehmen wir als Beispiel einen gewöhnlichen Steinmeteoriten, der kurz nach dem Fall durch seine Kruste ja recht gut auffällt. Über welche Zeit hinweg würde man ihn - mit geübtem Auge - unter "normalen" Steinen noch als "anders" bemerken.
Kennt Ihr eine Internet- oder Literaturquelle, bei der ein frischer Meteorit über Jahre einer mit uns vergleichbaren Witterung ausgesetzt und regelmäßig fotografiert wurde?

Online Sikhote

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #1 am: Mai 27, 2019, 20:39:51 Nachmittag »

Kennt Ihr eine Internet- oder Literaturquelle, bei der ein frischer Meteorit über Jahre einer mit uns vergleichbaren Witterung ausgesetzt und regelmäßig fotografiert wurde?

Hallo MetAur,
ich kann mir das nicht vorstellen. Wer von uns würde denn einen in unseren Breiten frisch gefallenen Meteoriten  fortwährend der Verwitterung aussetzen und ihn dabei fotografieren? Das wäre schon eher ein Kunstprojekt,  dessen Betrachtung jedem Meteoritenliebhaber Schmerzen bereiten würde. Zum Glück ist noch niemand auf diese Idee gekommen, zumal diese Kunstaktion jahrzehnte andauern müsste. Immerhin wurden vor wenigen Jahren noch recht gut erhaltene Nachfunde von Pultusk gemacht, was so nicht zu erwarten war. Hieran könnten Wissenschaftler vielleicht vergleichende Untersuchungen vornehmen. Allerdings sind die Fundstellen der einzelnen Pultusk-Steine recht unterschiedlich und deshalb nicht aussagekräftig genug.

In Münster ist man bemüht, eine Materialprobe des letzten Renchenfundes (1 Jahr nach dem Fall) zu bekommen. Von dem selben Stein wurden die ersten Splitter direkt nach dem Fall aufgelesen. Beim Vergleich der Proben  sollen die Veränderungen durch Verwitterung im Zeitraum eines Jahres erforscht werden. Die Bodenbeschaffenheit und die Witterung sind ja für den Fundort bekannt oder nachvollziehbar.

Es ist nicht beabsichtigt, einen Renchenfund wieder auszusetzen. :einaugeblinzel:

Grüße
Sigrid

Offline MetAur

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #2 am: Mai 27, 2019, 22:31:21 Nachmittag »
Ja, Sigrid, Deinen Einwand kann jeder Meteoriten-Liebhaber gut nachvollziehen. Aber ich würde mich dennoch nicht wundern, wenn es keinen Wissenschaftler gäbe, der so etwas gemacht hat oder macht. Aber ich simme zu: Nachfunde tun es ja auch. Die Stücke müssten aber in zeitlichen Abständen gefunden werden, die für eine sichtbare Veränderung ausreichen. Und daher die Frage: Geht es hierbei um Monate, Jahre oder Jahrzehnte?
Gruß, Dieter
 

Offline MetAur

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #3 am: Mai 28, 2019, 06:51:31 Vormittag »
Ich sehe gerade, dass ich "(...) nicht wundern, wenn es keinen Wissenschaftler (...)" geschrieben habe. Diese doppelte Verneinung war natürlich niemals nicht gemeint.  :einaugeblinzel:

Offline Schönedingesammler

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #4 am: Mai 28, 2019, 07:13:04 Vormittag »
Hallo MetAur,

Da kann ich Dir nur das Buch von John Davis Buddhue empfehlen. The oxidation and wethering of meteorites von der University of new Mexico.

Cu, Uwe  :hut:
Dsds

Offline Thin Section

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #5 am: Mai 28, 2019, 10:22:23 Vormittag »
Da kann ich Dir nur das Buch von John Davis Buddhue empfehlen. The oxidation and wethering of meteorites von der University of new Mexico.

... oder auch wissenschaftliche Artikel wie:

BISCHOFF A. et al. (1995) Meteorites from the Sahara: Find locations, shock classification, degree of weathering and pairing (Meteoritics 30-1, 1995, 113-122).
JULL A.J.T. et al. (1990) Distribution of terrestrial age and petrologic type of meteorites from western Libya (GCA 54, 2895-2898).
JULL A.J.T. et al. (1993) 14C terrestrial ages of meteorites from desert regions: Algeria and Australia (abs. Meteoritics 28-3, 1993, 376).
BLAND P.A. et al. (1995) Weathering of ordinary chondrites from Algeria and Australia as a climatic indicator (abs. Meteoritics 30-5, 1995, 487).
ASH R.D. et al. (1992) The effects of Saharan weathering on light element contents of various primitive chondrites (abs. Meteoritics 27, 1992, 199).
ASH R.D. et al. (1995) Carbon, nitrogen and hydrogen in Saharan chondrites: The importance of weathering (Metoritics 30, 85-92).
ASH R.D. et al. (1995) The fate of meteoritic carbon in hot and cold deserts (In Workshop on Meteorites from Cold and Hot Deserts, eds. L. Schultz et al., Lun.Plan. Inst. Tech.Rep. 95-02, Houston, Texas).
SCHERER P. et al. (1994) Weathering and atmospheric noble gases in chondrites from hot deserts (In Workshop on Meteorites from Cold and Hot Deserts).
STELZNER TH. et al. (1999) An interdisciplinary study of weathering effects in ordinary chondrites from the Açfer region, Algeria (MAPS 34-5, 1999, 787-794).

Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

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Offline MetAur

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #6 am: Mai 28, 2019, 10:56:52 Vormittag »
Vielen Dank für die Hinweise, einige davon kenne ich bereits, manche andere noch nicht.
Meine kleine Recherche zu "meteorites" und "weathering" hatte (eher zu) viele Artikel hervorgebracht. Die davon, die ich sofort bekommen und durchsehen konnte, beschäftigen sich aber fast immer mit besonderen klimatischen Bedingungen (Wüsten, Antarktis), sehr langen Zeiträumen (Tausende von Jahren) und/oder der chemischen Zusammensetzung.
Wissenschaftlich sehr interessant, jedoch würde mich hier vor allem interessieren, ob und wie Meteoriten unter unseren klimatischen Bedingungen innerhalb von wenigen Jahren ihr Aussehen im freien Gelände verändern.

Offline Buchit

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #7 am: Mai 28, 2019, 12:47:26 Nachmittag »
jedoch würde mich hier vor allem interessieren, ob und wie Meteoriten unter unseren klimatischen Bedingungen innerhalb von wenigen Jahren ihr Aussehen im freien Gelände verändern.
Da fällt mir als Allererstes der "Neuschwanstein" und seine Nachfunde ein: Da gibt es doch ein anschauliches Beispiel...

Gruß,
Holger

Offline Thin Section

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #8 am: Mai 28, 2019, 13:04:06 Nachmittag »
Da fällt mir als Allererstes der "Neuschwanstein" und seine Nachfunde ein: Da gibt es doch ein anschauliches Beispiel...

The residence time of about three months on the ground resulted in the first signs of weathering (W0/1).


Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

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Offline Met1998

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #9 am: Mai 28, 2019, 13:09:10 Nachmittag »
Hallo MetAur,
als „Steinfried“ sehe ich das so.
Wie schnell Mineralien in Gesteinen in kurzer Zeit verwittern, (Frischer Bruch, frischer Schnitt) siehst du hier:

http://www.steine-und-minerale.de/artikel.php?f=4&topic=4&ID=277&keywords=mineralisch,%20Verwitterung,%20Minerale,%20Mineralien,%20Edelsteine,%20Zersetzung,%20zersetzen

Und hier mal einige meiner „Klunker“, wie sie sich in innerhalb von 6 Jahren (abhängig von ihrer Zusammensetzung ) verändert haben,
wenn sie mit Sauerstoff und feuchter Luft in Verbindung kommen!  So wird es auch bei den Mets sein.

Die zweiten, frischen Schnittoberflächen liegen (teilweise) Jahre im Kiesbett und sind somit ständig der Verwitterung ausgesetzt!
Es ist also ein großer, logischer Unterschied, ob ein Met/Gestein geschützt in der Vitrine liegt oder in der freien Natur!
Vielleicht gibt es irgendwo auch solch einen Met-Fotografen.  :einaugeblinzel:

https://www.jgr-apolda.eu/index.php?topic=12282.msg146148#msg146148

Gruß Met1998  :hut:
Der Mensch hat die Fähigkeit zur Vorahnung und er reift mit Geduld, wie Whisky, Käse und Wein!

Offline speul

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #10 am: Mai 30, 2019, 09:33:44 Vormittag »
Moin,

diese Frage trieb mich auch vor einiger Zeit um und ich habe dann das folgende Experiment gemacht:

NWA 11 971

Material: H5, typischer verwitterter Chondrit aus Sahara, gekauft 30.10.2011 Mineralienmesse

Am 1.11.2011 im Garten vergraben, Tiefe 13 cm, geschnittene Fläche zeigt nach oben,

Ausgegraben am 13. August 2016

Ich war überrascht, wie wenig doch im Laufe der 5 Jahre passiert ist. Ich hatte da mehr erwartet. Wenn man dazu bedenkt, dass das Ausgangsmaterial alles andere als fallfrisch war, bin ich doch etwas optimistischer bezüglich Funde in Deutschland geworden.

Grüße
speul
Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten

Offline gsac

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #11 am: Mai 30, 2019, 16:15:02 Nachmittag »
... und ich habe dann das folgende Experiment gemacht:
NWA 11 971 Material: H5, typischer verwitterter Chondrit aus Sahara, gekauft 30.10.2011
Mineralienmesse  Am 1.11.2011 im Garten vergraben, Tiefe 13 cm, geschnittene Fläche zeigt
nach oben, Ausgegraben am 13. August 2016

"Ähnliches" habe ich auch getan. Ich dürfte das gar nicht schreiben, denn sowas ist eigentlich nach
gängigen Friedhofsordnungen verboten. Ich habe einen NWA, dreistellig in Gramm im unteren
dreistelligen Bereich, in unserem "Familiengrab" verbuddelt, wo Vater seit 60+ Jahren und Mutter
seit 1 Jahr ruht. Selbstverständlich sage ich nicht, wo das ist, weder wegen des Steins noch der
Eltern überhaupt, es ist auch geografisch weit weg von meinem aktuellen Lebensmittelpunkt und
völlig ohne Belang, aber mein Bruder und ich kennen den Ort, und der länger Überlebende von uns
zweien wird dann mal zu gegebener Zeit nachschauen, wie es sich entwickeln wird bzw. haben
wird mit dem Stein.

Einer von uns Beiden sollte ihn dann freilich rechtzeitig wieder entfernen, ehe er entdeckt und
als "Meteorit aus Deutschland" identifiziert wird, auch wenn es uns dann egal sein könnte.

Das mit dem Garten ist freilich auch eine recht feine Idee. Ich finde sicher noch was für die
Wiederholung des Speul´schen Experiments. Sicher auch eine Frage der Bodenbeschaffenheit.
Ich wohne hier in Nordniedersachsen, 4 km vor der Elbe, an der Grenze zum Geestgebiet und
auf 14 m ÜNN. Es ist oft feucht, es regnet auch viel - der Spargel ist trotzdem ganz prächtig!:-)

:hut: Alex

Offline metnet

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #12 am: Mai 30, 2019, 21:31:04 Nachmittag »
Besonders lange haltbar sind Dinge, die in dauerhaft feuchten Böden liegen. Dass in Mooren sogar organisches Material konserviert wurde, ist kein Zufall. Unter Sauerstoffabschluss kommt die Zersetzung fast zum Stillstand. Daher sollte es auch Meteoriten gut tun, wenn sie beispielsweise in einem Gleyboden lagern. Das sollte eher auf Eisenmeteoriten zutreffen, wenn die beim Aufprall tief genug in die Erde eindringen, um diese vom Grundwasser beeinflusste Bodenschicht zu erreichen. Im oberen Bodenhorizont ist meistens jede Menge Sauerstoff vorhanden, der leider die Verwitterung in Schwung bringt.

Gruß
Jürgen

Offline MetAur

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Re: Verwitterung von Meteoriten
« Antwort #13 am: Juni 01, 2019, 08:16:48 Vormittag »
Herzlichen Dank für die Antworten und Fotos. Wie es aussieht, war meine Ausgangsfrage zwar nicht originell, aber wohl auch nicht absurd.
Interessant wäre jetzt noch eine zunächst fallfrische Probe, aber die hat bisher vermutlich niemand für ein solches Experiment geopfert.
In unseren zwar nicht steinreichen, aber doch an Steinen reichen Gegenden wird man einen Meteoriten mit nicht mehr erkennbarer Kruste kaum noch nur mit dem Auge, also ohne Metalldetektor, bemerken.


 

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