Autor Thema: Meteorite in der Literatur  (Gelesen 19085 mal)

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #135 am: August 10, 2019, 00:42:01 Vormittag »
Ui, der wirft eindeutig ein Eisen.

Mit dem Strahlenkranz und der Luna nebendran, wird das der Apoll/Helios sein,
die Wiener haben eben schon immer gewußt, wo die Steine herkommen, Wiener Klassik nach Anaxagoras.

Der Rübezahl auf der Stannernkarte scheint mir eher eine Art Vulcanus/Hephaistos vorzustellen
und im Hintergrund speien die Vulkane die Stannernsteine aus,

es wäre artig barok, wenn Steine aus dem Weltenraume vom Himmel fielen.
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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #136 am: August 10, 2019, 00:48:40 Vormittag »
Respekt, Greenlaw hat sorgfältig recherchiert, sogar um die Schockgläser in Tissint weiß sie.
Muß ich mir mal ein paar Novellen von ihr kaufen.
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Offline karmaka

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #137 am: August 10, 2019, 00:55:00 Vormittag »
Enter Wunderkammerad  :einaugeblinzel:

PS: Gerade gefunden: Die Geschichte kann teilweise hier gelesen werden.

Offline Wunderkammerad

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #138 am: August 10, 2019, 01:34:37 Vormittag »
Lawinia Greenlaw ist eine große Dichterin. Und Dichter sind per definitionem präzise, genau.

Offline Wunderkammerad

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Offline Thin Section

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #140 am: August 10, 2019, 12:55:24 Nachmittag »
Wir erhalten durch einen Meteoriten
die einzig mögliche Berührung von etwas,
das unserem Planeten fremd ist.
Gewöhnt, alles nichttellurische nur durch Messung,
durch Rechnung, durch Vernunftschlüsse zu kennen,
sind wir erstaunt, zu betasten, zu wiegen,
zu zersetzen, was der Außenwelt angehört.

ALEXANDER VON HUMBOLDT
Kosmos, Bd. I. Cotta 1845, S. 142


Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline Mettmann

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #141 am: August 10, 2019, 16:00:40 Nachmittag »
Um die Wahrheit zu sagen, John war an diesem Tag auf der Barnesallmende gewesen
und hatte da unter einem Ginsterstrauch ein sehr bemerkenswertes Stück Eisen gefunden.
Von der Form her war es mit dem Glas nahezu identisch, massiv und kugelförmig,
nur so kalt und schwer, so schwarz und metallisch, daß es der Erde offensichtlich fremd war
und von einem jener erloschenen Sterne stammen mußte oder selbst die Schlacke eines
Mondes war. Es drückte seine Tasche herunter; es drückte das Kaminsims herunter;
es strahlte Kälte aus.
Und doch stand der Meteorit auf der selben Leiste mit dem Klumpen Glas und dem sternförmigen Porzellan.


So geht es in Virginia Woolf's short story "Solid Objects",
die man sich hier kostenlos auf die Festplatte laden darf - http://de.feedbooks.com/book/1386/solid-objects
und die auf seltsame Weise wie ausgerechnet dazu gemacht zu sein scheint, uns Sammler zutiefst zu erschüttern.

Ach, wir Armen!
 :eek:
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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #142 am: August 10, 2019, 16:58:09 Nachmittag »
Uh,jetzt les ich nach der Woolf noch gschwind Bartleby, Spielmann und Mantel ooooder..

... damit ich keine Pillen brauch, lieber Larifari und die Behandlung des Bätylien-Kultus der Alten bei
Franz Graf von Pocci: Der artesische Brunnen oder Kasperl bei den Leuwutschen

Verwandlung. Das Innere eines Tempels.
In der Mitte auf 3 – 4 Stufen steht ein großer steinerner Maßkrug mit zinnernem Deckel.
Anfangs der Scene ist der Krug noch von einem Vorhange verdeckt, der sich leicht aufziehen läßt. Nacht.
Raum ist von einer Hänglampe oder von ein Paar zu beiden Seiten stehenden Candelabern spärlich erleuchtet.
Halamilari tritt mit Casperl ein.

Halamilari.  So führe ich dich denn in das Heiligthum ein, junger, hoffnungsvoller Fremdling. Du hast hier die Prüfung zu bestehen.

Casperl.     Was – Prüfung? – Jetzt gibt's ja keine Schulpreis mehr; da will ich auch Nix von einer Prüfung wissen.

Halamilari.  Es ist die Prüfung, ob du würdig seist, in dem Lande des großen Schluwi zu weilen.

Kasperl.     Mich zu langweilen ; denn bisher hab ich nur Aengsten, aber keine Unterhaltung ghabt .

Halamilari.  Hier ist unser Heiligthum, unsere Gottheit, welche vor undenklicher Zeit als ein heiliges, wunderbares Meteor vom Himmel an diesem Platze
                 niedergefallen ist und über welches dieser Tempel gebaut wurde.

Casperl.    Hinter diesem Vorhangl da?

Halamilari. Ja. Ich habe den Befehl, dich nun allein zu lassen. Bist du ein Auserwählter, so wird es sich zeigen; wo nicht, so werden dich die bösen Dämonen zerreißen.

Casperl.    Oho, was nit gar? zerreißen? – Aber ich verlang mir ja nicht ein Auserwählter zu sein; am liebsten wär mir's, wenn Sie mir den Weg nach Haus zeigen ließen.

Kalamilari. Es ist zu spät. Du hast zu uns hergefunden, mußt also geprüft werden.

Casperl.    Lassen Sie mich nur mit der Prüfung aus, Sie Allerliebster.

Donnerschlag. Zugleich löschen die Lichter aus.

Casperl.    Pumps dich! Da hab'n wir's!

Kalamilari. Es ist das Zeichen der Gottheit. 

Casperl.   Das ist eine curiose Gottheit, wenn die immer einen solchen Plumpser macht.

Kalamilari. Lebe wohl! Sei weise und gefaßt! (ab.)

Casperl (allein.) »Sei weise und gefaßt!« – was heißt jetzt das wieder? Leben Sie wohl, angenehmes Mannsbild! – Was fang ich jetzt an? Ich glaub': ich leg mich nieder und
              schlaf a bißl.   

Tiefe Stimme hinter dem Vorhang. Casperl! Casperl!

Casperl. Wer ruft mich?

Stimme. Ich bin es.

Casperl. Wer bist du denn, der du dich »Ich« nennst?

Stimme. Ich bin ich und du bist du; aber in meiner Tiefe ruhet auch dein Geist; dieß ist das Geheimniß des Lebens.

Casperl.  Schlapperment! dahinten scheint's nicht ganz richtig herzugehen im Capitolium.

Stimme. Ziehe den Vorhang zurück und du wirst mich erkennen.

Casperl. Ich werde den Vorhang zurückziehen und – (indem er es thut, zeigt sich der Krug von magischem Schimmer erleuchtet.)

Casperl (ungeheuer erstaunt.) Ja-ja-ja – was erblick ich? Du bist also dieses »Ich« und ich bin dieses »Du« . Himmlische Erscheinung! Wonnevolles Zeichen der Heimath!
          Ha! (fällt auf den Bauch.)

Casperl (aufspringend.) O, sei gegrüßt! sei willkommen! (springt an dem Krug auf und ab, dann hinauf, öffnet den Deckel und schaut in den Krug.)

Von Innen. Prrrrrrr!

Ein Lerwutschenteufel, der aus dem Krug schaut, nimmt Casperl beim Schopf.

Casperl Auweh! Auweh! – Ist der auch wieder da?

Teufel. Wart Spitzbub! Was thust du da herunten?

Casperl (wieder unten.) Und was thust du da oben?

Teufel. Prrrrrrrrr!

Casperl Ja, »Prrrrrr!«
(springt zu ihm hinauf. Balgerei, Casperl reißt den Teufel herab, springt auf ihn zu, bis der Teufel todt da liegt. Ungeheurer Donnerschlag. Speifeuer aus dem Krug. Es wird hell.


--->Noch einmal gut gegangen.  :prostbier:
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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #143 am: August 10, 2019, 17:26:13 Nachmittag »
Georg Heym,  (Langversion, 1912)

Umbra vitae

Die Menschen stehen vorwärts in den Straßen
Und sehen auf die großen Himmelszeichen,
Wo die Kometen mit den Feuernasen
Um die gezackten Türme drohend schleichen

Und alle Dächer sind voll Sternedeuter,
Die in den Himmel stecken große Röhren.
Und Zaubrer, wachsend aus den Bodenlöchern,
In Dunkel schräg, die einen Stern beschwören,

Krankheit und Mißwachs durch die Tore kriechen
In schwarzen Tüchern. Und die Betten tragen
Das Wälzen und das Jammern vieler Siechen,
Und welche rennen mit den Totenschragen.

Selbstmörder gehen nachts in großen Horden,
Die suchen vor sich ihr verlornes Wesen,
Gebückt in Süd und West, und Ost und Norden,
Den Staub zerlegend mit den Armen-Besen.

Sie sind wie Staub, der hält noch eine Weile,
Die Haare fallen schon auf ihren Wegen,
Sie springen, daß sie sterben <nun> in Eile,
Und sind mit totem Haupt im Feld gelegen.

Noch manchmal zappelnd. Und der Felder Tiere
Stehn um sie blind, und stoßen mit dem Horne
In ihren Bauch. Sie strecken alle viere
Begraben unter Salbei und dem Dorne.

Das Jahr ist tot und leer von seinen Winden,
Das wie ein Mantel hängt voll Wassertriefen,
Und ewig Wetter, die sich klagend winden
Aus Tiefen wolkig wieder zu den Tiefen.

Die Meere aber stocken. In den Wogen
Die Schiffe hängen modernd und verdrossen,
Zerstreut, und keine Strömung wird gezogen
Und aller Himmel Höfe sind verschlossen.

Die Bäume wechseln nicht die Zeiten
Und bleiben ewig tot in ihrem Ende
Und über die verfallnen Wege spreiten
Sie hölzern ihre langen Finger-Hände.

Wer stirbt, der setzt sich auf, sich zu erheben,
Und eben hat er noch ein Wort gesprochen.
Auf einmal ist er fort. Wo ist sein Leben?
Und seine Augen sind wie Glas zerbrochen.

Schatten sind viele. Trübe und verborgen.
Und Träume, die an stummen Türen schleifen,
Und der erwacht, bedrückt von andern Morgen,
Muß schweren Schlaf von grauen Lidern streifen
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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #144 am: August 10, 2019, 17:49:28 Nachmittag »
Durs Grünbein

Tycho

Tycho tritt aus dem Schatten. Der mondene Tag
Fängt mit Enthüllungen an: nacktes Gestein,
Eine Landschaft, von Meteoriten zerhackt.

Das ist das Eine - reines, anorganisches Sein.
So viele Schlaglöcher, Krater, stumme Vulkane,
Und kein Empedokles, der den Weg hinab bahnt.

Licht fällt auf lila Gestein, das für keinen glänzt
Im Wechsel der Jahreszeiten - im Niemandsland.
Kosmisches Koma, Geröll ohne Transzendenz.

Der Tag geht auf über Tychos Kraterrand.
Das Meer legt Spitzensaum um die Küsten - da
Wird es Nacht, pechschwarz, am Horn von Afrika.
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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #145 am: August 10, 2019, 18:12:01 Nachmittag »
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Offline karmaka

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #146 am: August 10, 2019, 19:17:13 Nachmittag »
Für den offenbar von der Panspermie-Hypothese beeinflussten Sprecher in Thomas Hardys 'The Aërolite' (1925) begann das menschliche Leid mit der Ankunft eines auf einem Aeroliten reitenden exotischen 'Keims des Bewusstseins' aus einer anderen Welt.

The Aërolite

I thought a germ of Consciousness
Escaped on an aerolite
     Aions ago
From some far globe, where no distress
Had means to mar supreme delight,

But only things abode that made
The power to feel a gift uncloyed
     Of gladsome glow,
And life unendingly displayed
Emotions loved, desired, enjoyed

And that this stray, exotic germ
Fell wanderingly upon our sphere,
      After its wingings,
Quickened, and showed to us the worm
That gnaws vitalities native here,

And operated to unblind
Earth’s old-established ignorance
     Of stains and stingings,
Which grin no griefs while not opined,
But cruelly tax intelligence

“How shall we,” then the seers said,
“Oust this awareness, this disease
     Called sense, here sown,
Though good, no doubt, where it was bred,
And wherein all things work to please?”

Others cried “Nay, we rather would,
Since this untoward gift is sent
     For ends unknown,
Limit its registerings to good,
And hide from it all anguishment”

Offenbar hatte auch der Autor Hardy (1840 – 1928) entsprechende Naturvorstellungen:

Thomas Hardy (17.11.1883):  "We [human beings] have reached a degree of intelligence which Nature never contemplated when framing her laws, and for which she consequently has provided no adequate satisfactions."

Als Sprecher im reiferen Alter mag ich dagegen die 'stains and stingings' und bin dankbar für die existierenden 'satisfactions' der 'außerirdischen Infektion' durch den Meteoritenkeim, aber stimme auch Thomas Gray in seiner Haltung, zumindest der Jugend gegenüber, zu:

"Yet ah! why should they know their fate?
Since sorrow never comes too late,
         And happiness too swiftly flies.
Thought would destroy their paradise.
No more; where ignorance is bliss,
'Tis folly to be wise"

aus: Ode on a Distant Prospect of Eton College (1742)

 :einaugeblinzel:

 :prostbier:

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #147 am: August 22, 2019, 02:58:01 Vormittag »
Da schreibt der Wiener Redemptorist Anton Passy, den man nun wirklich nicht kennen muß, 1835 in seiner Novelle: "Zeitspiegel",
mit der er den Siegerkranz errungen bei einem Preisausschreiben des Vereins zur Verbreitung guter katholischer Bücher
und tritt am Bsp der Meteorite in diesem Monolog gleichermaßen Esoterik und Wissenschaft zusammen in eine Tonne gegenüber dem wahren Gottesglauben:

Fanfan hatte sich indeß den Sprechenden genähert, an deren Verhandlung er aus der Ferne schon,
lebhaft Antheil genommen hatte. "Ich staune", sprach er, " wie über ein seltenes Meteor, Georgeon  in
einer so monologen Expectoration begriffen zu sehen." - Sein Bruder aber, ohne sich stören zu lassen,
fuhr fort: "Wenn ich von Astrologie und Astrognosie rede, fällt mir immer so ein Fatalist ein,
der eigensüchtig und irdischer Berechnung wegen, starr und gefühllos gegen den Himmel hinaufglozt,
und dem nun eine Bälilie, ein Uranolith, ein Meteorstein, etwa von einer Feuerkugel blitzschnell
herabgeführt, auf die Nase fällt. Er untersucht die Stücke, die tief in die Erde dringen
oder über ihr zerplatzen, und findet sie ganz heiß mit einer schwarzen Kruste überzogen,
welche Stoffe verbirgt, von deren Existenz in der Luft kein Mensch auch nur geträumt hätte.
Oder ich stelle mir einen Steinregen vor, wie man so oft gesehen, und noch nie erklärt hat,
der auf ihn niederfällt. Er sagt, das sind chemische Processe, Erzeugnisse der Atmosphäre,
und bleibt mir die Antwort schuldig, wenn ich ihn frage, wie so feste Körpermassen in so
höchst verdünnter Luft, ja an der äußersten Gränze derselben sich bilden konnten?
Sagt er aber, daß es Mondsteine aus Mondvulkanen sind, die der stille Mond, der wie
stille Wässer betrüglich ist, auf die im Mondschein wandelnden schwärmerischen Liebhaber
des Mondes herabkippt, weil er sie nicht leiden kann, so scheint mir damit nicht viel gesagt:
denn die Entzündung und Zerplatzung derselben hat ja noch niemand erklärt,
frag' ich ihn, woher kommen die Feuerkugeln mit feurigen Schweifen, was ist ein
Sternschnuppen oder Sternschießen? so antwortet er, daß der gallertartige Schleim, den man
von ihnen herschreibt, von ihm oft zersetzt worden sei, und daß er darin halb verdaute Frösche,
Froschzehen, Froscheier, Schneckenhäuschen gefunden, und nennt sie eine Art Wetterleuchten
in höherer Region, so wie er das Nordlicht, durch die Wirkung der Sonnenstrahlen auf die
Lufttheilchen unserer Atmosphäre, durch phosphorescirende Dünste, durch Electricität u. dgl.
zu erklären meint. Bei dieser crassen Unwissenheit unterfängt er sich dennoch, den ganzen
inneren, freien, für Gott erschaffenen Menschen, für den Gott Alles, was erschaffen ist,
erschaffen hat, an den Einfluß der Gestirne zu binden.
Nein, das laß ich mir nicht gefallen, dem widersprech' ich, das ist zu viel verlangt."
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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #148 am: August 23, 2019, 05:08:39 Vormittag »
Nochn Gedicht.

von Oskar Loerke

Die Milde Gabe

Soll ich den Meteorfall schelten,
Steigt eine Wolke Müll aus seinem Sturz?
Was mir als Ernst gegolten hat, wird gelten.
Und meine Lust war nicht zu kurz.

Ich habe die wie eine milde Gabe
In ihrer Schüssel fortgestellt.
Ich habe nichts vor mir. Ich habe
Vor mir die ganze Welt.

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Re: Meteorite in der Literatur
« Antwort #149 am: August 23, 2019, 14:45:26 Nachmittag »
Der große Expressionist Klabund läßt seinen "Pjotr - Roman eines Zaren" von 1923 gleich mal so beginnen:

Pjotr ist geboren.

Don, Dnjepr, Wolga, Oka treten über ihre Ufer.

Schlamm wälzt sich über die Weizenfelder, und viele Menschen ertrinken.

Winterblumen neigen gebrochen ihre Häupter.

Die Haselmäuse pfeifen vor Angst. Der Wind nimmt ihre Pfiffe und bläst sie mit dicken Backen zu Posaunentönen auf, bis sie kreischend zerplatzen.

Die Bäume weinen Harz.

Auf tanzenden Eisschollen segeln erfrorene Schwäne. Ihre grünen Augen glänzen wie Smaragde.

Frösche treiben, die bläulichen Bäuche nach oben. Ihre Leiber sind durchbohrt von Wasserkäfern, die vollgefressen tot in den Löchern nisten: die braunen Rückenschalen weiß glasiert.

Es hat roten Schnee geschneit.

Auf der Waldai blüht mitten im Winter der Fingerhut.

Feuer fiel vom Himmel aus den Händen Gottes. Tausend Dörfer flammten. Die jungen Störche auf den Strohdächern wurden in ihren Nestern lebendig geröstet. In den Rauch- und Rußwolken strichen die alten Störche und klapperten grell und verzweifelt mit ihren langen Schnäbeln, als klirrten Schwerter aneinander.

Sie suchten ihren Feind und fanden ihn nicht.

Im Himmel saß der und schlief auf seinem Thron aus Lapislazuli. Er selber war anzusehen wie ein Diamant: klar und durchsichtig glänzend. Seine Augen helle Saphire, sein Herz ein dunkelroter Rubin. Um seine fröstelnde Schulter lag wie ein seidener Schal ein Regenbogen.

Sieben Fackeln brannten um seinen Thron.

Im Schlaf hatte er mit steinernem Arm eine Fackel, einen Stern vom siebenarmigen goldenen Leuchter herabgefegt. Prasselnd und funkenstiebend sauste der Meteor durch den ewigen Raum und schlug mit seiner roten blinden Stirn donnernd im Erdboden ein, eine ganze Landschaft entzündend und verwüstend.

Die Popen predigten:

»Wehe denen, die auf Erden wohnen! Die Sonne ist schwanger geworden und hat ein goldenes Kind geboren! Das wird uns peitschen mit feuriger Knute!«

Ein Rudel Wölfe heult nachts vor den Fenstern des Palastes Preobraschensk. Die Diener bekreuzen sich.

Sie wispern:

»Ein Wolfskind ist geboren, ein Wolfssohn. Die Brüder eilen, ihn zu begrüßen.«
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