2. Suche (01.-05. Februar 2024): Kuh-Steine und Geschrei oder Der „Fluch“ schlägt wieder zu
(Ich werde die folgenden Ausführungen etwas kürzer halten, denn in der Kürze liegt ja die Würze und wir wollen ja noch zu den Steinen kommen. Seid aber versichert, dass Kopfkino und das Hinterfragen des eigenen Handelns immer präsent in meinem Hirn waren.)
Leute, was soll ich sagen?! Kaum war ich daheim und hatte meinen Termin hinter mich gebracht sowie zeitgleich neue Kräfte gesammelt, da wuchs in mir wieder der Wunsch erneut nach Ribbeck zu fahren – schließlich musste da noch viel zu finden sein. Ich hatte in der Zwischenzeit einigen Sammlerfreunden Tipps gegeben, wo man ggf. noch fündig werden konnte und diese fanden dann auch, was meine Einschätzung bestätigte. Daheim unterschied sich im Grunde nichts von den Vorbereitungen zur ersten Tour. Ich wurde erneut für völlig bekloppt gehalten, denn ich hatte ja schon etwas gefunden und schließlich sei sowieso schon alles abgesucht. Aber man begann auch zu verstehen, dass ich mich nicht aufhalten lassen würde. Somit war klar, dass ich noch einmal – ein aller letztes Mal - nach Ribbeck fahren würde.
Also suchte ich mir ein günstiges Quartier nahe am Streufeld (Dirk und Peggy wollte ich nicht schon wieder belästigen.) und düste am frühen Donnerstagmorgen ins Streufeld. Als Suchgebiet hatte ich mir ein großes brachliegendes Feld ausgesucht, wo schon einiges gefunden wurde. Und wen traf ich als erstes auf diesem Feld?! Es war Peggy, die den Morgen frei hatte und für Dirk einen Meteoriten finden wollte. Leute, das muss Liebe sein!
Als die Sonne höher stieg durchbrach sie die Wolken und die mit Gras und allerlei Pflanzen bewachsene Brachfläche wurde für die Augen sehr anstrengend. Ich wechselte das Suchgebiet. Solche Wechsel habe ich dann mehrfach gemacht. Die Sonne nervte leider sehr.
Ich beschloss urbanere Bereiche abzusuchen, da man Steine hier am Boden ggf. besser und vor allem auch bei Sonne ausmachen konnte. So verschlug es mich u.a. nach Lietzow und nach Berge. In Berge durchschritt ich einen kleinen Schrebergarten und sah von dort aus eine schöne geharkte Rasenflächen, welche zwischen Garagen und einem größeren langgezogenen Gebäude lag. Dieses erinnerte mich etwas an ein Kasernengebäude. Wie ich da so über den Rasen lief kamen plötzlich zwei Herren auf mich zu. Ein kleiner Älterer und ein größerer Junger mit einem Bomberjacken-Verschnitt. Die Herren fragten mich dann, was ich da mache. Nach meiner Erläuterung wurde ich dann belehrt, dass ich mich auf Privatgrund befände und wo überall Schilder stünden, die das ganz klar anzeigen würden. (Auf dem Weg, den ich gekommen war, gab es solche Schilder nicht! Das verschwieg ich allerdings zumal ich keine große Lust auf Diskussionen mit den Herren hatte.) Ich trollte mich, denn es gab noch so viel Fläche abzusuchen und das erschien mir deutlich sinnvoller. Gefunden habe ich nichts.
Am zweiten Tag (02.02.) meiner Suche ging ich wieder auf mein Raps-Stoppelfeld, denn ich hatte dort noch nicht alles abgesucht. Das war eine gute Entscheidung, aber auch viele andere Sucher sahen dies so. Es müssen so etwa 6 bis 8 Leute gewesen sein, die da suchten. Zum Glück war einer davon Michael Hurtig, der mit seinem GPS meinen Fundpunkt einmessen konnte. Herzlichen Dank dafür, Michael! Tja und dann war da noch jemand, den ich ewig nicht gesehen habe: Karl Wimmer. Wir drei haben dann eine Weile geschnackt uns dann aber wieder getrennt. Ihr wisst schon, das Meteoriten-Fieber… Zum Nachmittag hin wechselte ich dann wieder auf die Nordseite der B5 hin zu den Winterraps-Äckern, wo ich Alex und Carina getroffen hatte. Auch da hatte ich längst noch nicht alles abgelaufen. Leider waren alle Bemühungen zwecklos, denn ich fuhr ohne Fund ins Quartier zurück.
Für meinen dritten Suchtag dieser Tour hatte sich auch der Kustos des Museums der Natur - Mineralogie (Uni Hamburg), Dr. Stefan Peters, angesagt.
Mir stellten sich am Morgen aber zunächst ganz andere Fragen: Wohin gehen? Wo hatte man noch nicht gesucht bzw. gab es solche Bereiche überhaupt? Die Antwort auf diese letzte Frage lautete ganz klar: Nein! Leider machte dies die Beantwortung der ersten Frage nicht leichter. So ist es sicher kein Wunder, wenn ich Euch verrate, dass mich diese Frage schon die ganze Nacht beschäftigt hatte.
Einschub: Das Märchen vom Leersammeln
Es gib Sammler, welche die Meinung vertreten man könne Suchgebiete leer sammeln. Ich sehe das anderes und auch die Praxis zeigt, dass es sich anders verhält. Natürlich kann man ein Suchgebiet sehr intensiv besammeln oder sehr gründlich absuchen, aber das bedeutet nicht zwangsläufig, dass man alle Stücke gefunden hat, die es dort gibt und somit dort nichts mehr zu finden ist. Ich sage immer: Den Letzten findet man nie!
Ich möchte kurz beleuchten, warum ich das so sehe. Ich habe in den etwas über 38 Jahren in denen ich „Steine sammle“ natürlich schon viel gesehen und erlebt. Dazu gehören auch Situationen, wo zwei Sammler nahe beisammenstehen und dann einer von beiden am Boden ein gesuchtes Objekt sieht, während der andere Sammler dies nicht tut. So erging es zum Beispiel mal einem Sammlerfreund und mir, als wir in einer Tongrube nach Haifischzähnen suchten. Wir haben keine zwei Meter auseinander gestanden, da meinte mein Freund: „Da liegt er ja, der Tiger!“ (Gemeint war der Zahn eines Tigerhaies, den wir beide zu finden hofften.) Ich: „Wo?“ Er: „Da! Vor Dir!“ Ich: „Wo denn? Ich sehe nix…“ Er: „Da! So etwa 50 cm vor deinem rechten Gummistiefel!“ Ich: „SEHE ICH NICHT!!!“ Mein Freund hat dann fast mit dem Finger draufgezeigt, aber gesehen habe ich das Zähnchen noch immer nicht. Das war schon verrückt. Wir haben dann die Seiten getauscht und was soll ich sagen?! Da lag er - klar und deutlich zu sehen, der heißbegehrte Zahn. Was aber viel beeindruckender und erhellender war ist die Tatsache, dass mein Sammlerfreund, der auch etwas größer ist als ich, obwohl er ja genau wusste, wo der Zahn lag, nun nicht mehr sagen konnte, wo er liegt, denn er sah ihn nun schlicht nicht mehr.
Dies kleine Geschichte lehrt uns, dass es beim Finden nicht nur darauf ankommt am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein, sondern auch den richtigen Winkel zum Objekt zu haben. Aber selbst das ist nur ein Teil der Wahrheit.
Licht und Schatten spielen bei der Suche ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die Stücke von Ribbeck sind zumeist im weitesten Sinne schwarz/weiß – auch wenn es Stücke gibt, die eher gräulich sind. Schwarz/weiß ist aber fast schon ein ideales Flecktarnmuster, wenn die Sonne scheint und jedes Objekt – seien es nun Pflanzteile (einzelne Stiele oder Halme oder ganze Büschel), Steine, Laub oder schlichte Erhöhungen im Boden – seinen Schatten wirft. Dieses Schatten- und Lichtgewimmel auf dem Boden ermüdet zusätzlich das Auge – besonders dann, wenn Wind geht. Wenn Wolken ziehen und sich die Lichtverhältnisse immer wieder von bedeckt auf sonnig und zurück verändern, ist es für die Augen ein wahrer Kraftakt. Die meisten Sammler sagen daher nicht ohne Grund, dass heller aber vollständig bedeckter Himmel das beste Suchwetter ist.
Es liegt in der Natur der Sache, dass sich unser Auge immer nur auf einen Bereich fokussieren kann. So gibt es – unabhängig davon, welchem Suchmuster man mit den Augen folgt – immer Bereiche am Boden, die man nicht scharf gesehen hat. Addieren wir Kopfbewegungen, dann ergibt das weitere Bereiche, die man gar nicht sieht. Geht ein Sammler über ein Feld, blickt nach links und tut dabei einem Schritt, dann hat er auf der rechten Seite seiner Bahn einen Bereich einfach nicht gesehen. Dieser Bereich ist in Abhängigkeit seiner Beinlänge bzw. seiner Geschwindigkeit zwar unterschiedlich groß, aber er ist eben immer vorhanden.
Die Konzentration beim Suchen ist auch so eine Sache. Kein Sammler schafft es einen ganzen Suchtag lang 100%ig konzentriert zu sein. Eine der häufigsten Ablenkungen dabei ist das Handy, welches am Ohr getragen zusätzlich noch das Blickfeld einschränkt. Aber auch das Nesteln in den eigenen Taschen, das Aufsehen bei Geräuschen oder „verdächtigem Verhalten“ anderer Sucher - wer guckt nicht mal, ob sich irgendwo ein Grüppchen zusammenrottet oder wo gerade jemand kniet und ggf. ein Foto macht – sind Ablenkungen.
Die Erfahrung, über die ein Sucher verfügt, ist ebenso ein Faktor. Wenn ich über ein Feld gehe und nur die Spuren eines vorherigen Suchers sehe, dann weiß ich in aller Regel nicht, wer das war. Wusste der, was er sucht und wie es aussieht? Bei Ribbeck war das extrem ? Schwarzkruster, die keine sind. Es kann sich um einen Laien gehandelt haben oder um einen Sucher, der ein gutes Bild von dem im Kopf hat, was er sucht, aber schlicht auf die falsche Größe guckt. Sucht man nach größeren Stücken, dann hat man evtl. kein Auge für Kleinere. Hat man die schöne Kruste von Ribbeck vor Augen, dann übersieht man ggf. ein Fragment, welches mit der gebrochenen Seite nach oben liegt oder das grauere Material.
Zu all diesen Dingen kommen dann noch andere Umstände/Unwägbarkeiten dazu, die einem den Blick auf ein Stück verwehren können. Etwa: Wind, der die Augen tränen lässt oder etwa Laub über ein Stück geweht hat. Regen, der nicht nur Felder unbegehbar macht, sondern auch Brillenträgern immer wieder den Durchblick nimmt.
Zusammengenommen: Leersammeln ist ein Mythos! Es ist viel weniger kontraproduktiv auch mal einen bereits abgesuchten Bereich abzulaufen, als man gemeinhin denkt.
Mit diesem Wissen im Hinterkopf machte ich meinen Plan für den Tag. Den Bereich Ribbeck wollte ich hinter mir lassen – Chancen auf große Stücke rechnete ich mir nicht mehr aus. Kleinere Stücke konnten jedoch leicht(er) übersehen werden. Mein Ziel waren daher Wiesen und Koppeln südwestlich von Berge. Die Bereiche um den Jugendhof herum und dann über die Streuobstwiesen Richtung B5. Auch hier waren überall schon Leute gelaufen. Die Spuren im Gras waren klar zu sehen. (mG: „OK, aber alles könnt ihr nicht gesehen haben. Habt ihr auch in die Knicks geguckt?!“) So hatte ich im folgenden Tagesverlauf auch immer wieder ein Auge auf die Knicks und habe diese doch eher unzugänglichen Bereich sogar durchschritten – um nicht zu sagen: mich durch diese hindurch gekämpft. Kennt ihr das Gefühl, was Euch überkommt, wenn ihr Euch fragt, warum ihr die Machete nicht mitgenommen habt?!
Als ich an den Feldrand der Felder kam, wo via FB auf Bitten eines Landwirts ein Suchverbot ausgesprochen wurde, drehte ich nach Süden ab. Die über die Felder marschierenden Sucher ignorierend suchte ich hier gezielt die Feldränder und Büsche ab. So schlug ich langsam aber sicher einen Bogen in Richtung Auto. Dann gab es da nahe an der Straße noch ein paar Koppeln, den Spuren nach auch schon abgesucht (mG: „Im Gras kann man gar nicht alles sehen!“), aber sie waren klein. Ich konnte sie also relativ schnell ablaufen – immer vom Zaun zu Zaun – kurz und knackig, ohne meine Spur zu verlieren, was auf großen Flächen ohne Hilfsmittel nicht immer einfach ist. So gut wie am Ende einer Koppel angekommen glitt mein Blick (mittlerweile fast schon automatisch) in Richtung Knick. Was war das denn? Konnte das sein?! Mitten im Laub, welches nur noch von einigen Grashalmen durchbrochen wurde, lag er – mein zweiter Ribbeck (Trockengewicht: 11,11 g) - ein wunderschönes und ungebrochenes Individual. Wieder am dritten Tag gefunden. (mG: „Das kann doch nicht sein!“) Also: Würfel raus… Fotos… Familie und Dirk informiert… Meine Juliane meinte sofort, dass ich jetzt nach Hause fahren kann, denn finden würde ich sowieso nichts mehr. Ich könnte immer nur am Dritten! (mG: „Warte ab, morgen ist auch noch ein Tag…“)