Autor Thema: Meteoritentyp erkennbar?  (Gelesen 4879 mal)

Offline aknoefel

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Meteoritentyp erkennbar?
« am: April 07, 2008, 12:40:59 Nachmittag »
Hallo allerseits,

ich habe ein kleines Stück NWAxxx für wenig Geld ersteigert, weil mich die Schnittfläche interessiert hat. Er hat zahlreiche Schocklinien. Die hellen Punkte auf der Fläche glänzen metallisch. Könnte es sich dabei (schnell aus der Hüfte geschossen) um etwas mesosideritisches handeln :gruebel:

Gruß
  André (der gerade versucht zu lernen wie Mets aussehen :wow:)

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Offline pallasit

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #1 am: April 07, 2008, 13:31:07 Nachmittag »
Hallo André,

Der Meteoritenfachmann bin ich wirklich nicht. Getraue mich aber trotzdem, quasi Übungshalber. Auf deinem Stück meine ich noch Chondren zu erkennen. Metall ist deutlich zu erkennen, deshalb mein Vorschlag H Chondrit.

Willi (der auch dabei ist zu lernen wie Mets aussehen  :wow:)

Offline aknoefel

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #2 am: April 07, 2008, 13:44:34 Nachmittag »
Hallo Willi,

habe mir das Stück noch mal genauer angeschaut und mit den H-Chondriten in unserer Bilder-Liste hier verglichen: er sieht so ein wenig wie der Zag-Anschnitt auf der linken Seite. Könnte also wohl gut sein...



Gruß
  André
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Offline Mettmann

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #3 am: April 07, 2008, 13:45:15 Nachmittag »
Salü André,

Mesosiderite bestehen übern Daumen zur Hälfte aus gediegenem Nickel-Eisen.
 Bspe:
http://www.chladnis-heirs.com/nwa1882-158.8g.JPG

http://www.chladnis-heirs.com/nwa4889-10.624g-end.JPG

Die hellen Punkte in der Fläche bei Dir sind auch Nickeleisen,
allerdings handelt es sich um einen Gewöhnlichen Chondriten,
die ja auch viel metallisches Eisen in Form von Flöckchen und Körnern enthalten.
(Weil sie nämlich primitive Gesteine sind, die niemals aufgeschmolzen waren, so daß sich das dichte Eisen und die weniger dichten Silikate sich hätten trennen und entmischen können, so wie es bei den größeren Asteroiden und bei den Planeten und der Erde geschehen ist).

Diese Eisenflöckchen sind übrigens ein gutes Merkmal, um so einen Meteoriten von irdischen Gesteinen zu unterscheiden, den solch gediegenes Eisen ist in irdischen Gesteinen furchtbar selten.

Wenn Du eine Lupe hernimmst und in der Fläche kleine runde und rundliche Kugerln  (Tautologie) entdeckst, die auch schon mal nurn Millimeter klein sein können (und in extremfällen bis zunem Zentimeter groß) - dann sind das Chondren.
Mesosiderite haben in ihren "steinigen" Bestandteilen keine Chondren.

Nun geht's darum, was es denn für ein gewöhnlicher Chondrit sein könnte, ob es ein L, ein H oder ein LL ist.

Diese Buchstaben sagen etwas über den Eisengehalt des Chondriten aus:

H bedeutet  Hígh iron.  Die H-Chondrite haben nämlich einen Gesamteisengehalt von 25-31%, wovon ein Teil in den Silikatmineralien steckt und 14-19% als metallisches Eisen in eben diesen Flöckchen und Körnern wie Du sie in Deinem Stück siehst, vorkommen.

L sind die Low iron-Chondrite, die haben insgesamt 20-23,5% Gesamteisengehalt, 4-11% als Metall.

LL meint Low iron, Low metal. Die ham nur noch 18,5-21,5% Eisen und vom Gesamtgewicht nur noch 0,5-4% pures Eisen.

Soderla und wenn nun so ein Stein wie Deiner soviel Eisenflöckchen zeigt, dann muß es  ein H-Chondrit sein!
Die Ls haben viel weniger solcher Flöckchen
Und bei den LLs fallen sie einem fast gar nicht mehr auf, da muß man schon genauer hinschauen.

Du kannst ja die H, die L und die LLer die Du schon in der Sammlung hast dahingehend vergleichen, um ein Gespür dafür zu bekommen.

Derjenige, der viele Meteorite in der Hand gehabt hat, seis in der Sammlung oder auf Messen,
der kann es vermöge eines Neodym-Magneten schon am ungeschnittenen Stein ganz gut abschätzen, ob es ein H, ein L, ein LL ist.
Bei H pappt er sofort dran, bei L nicht mehr so stark, aber deutlich, beim LL nur noch sehr schwach spürbar.
Muß man an mehreren Stellen am Stein probieren, nicht daß man aus Versehen ein besonders dickes Eisenkorn unter der Rinde erwischt.
Kannst auch mit Deinen Sammlungsstücken ein bisserl üben.

So und zu guterletzt, müssmer noch raten, obs ein H3,4,5 oder 6 ist.
Wobei die 3er die Interessantesten sind, weil die ursprünglichdten und seltensten (und auch wesentlich wertvoller als die 4-6er sind).
Diese Zahlen bezeichnen den "petrologischen Grad".
Die Chondrite sind nämlich teilweise, je nach dem, wie weit sie zum Zentrum ihres Asteroidens gelegen sind, mehr oder weniger erwärmt worden, in den ersten paar Millionen Jahren. Je mehr Wärme, desto mehr Kristallwachstum und desto mehr beginnen die Kügerln, die Chondren, mit dem sie umgebenden Gestein, der Matrix, zu verwachsen.

Und so zeichnen sich die 3er dadurch aus, das sie besonders scharf und deutlich ausgeprägte Chondren haben, diese auch sehr schön rund sind. Und häufig, aber nicht immer, haben die 3er die meisten Chondren, die höchste Chondrendichte, sind gern bis unters Dach mit Chondren vollgepackt.
Na und dann zu 4 bis hin zu 6 werden die Chondren immer verwischter und auch verformter und undeutlicher.

(Andere Besonderheit der 3er, die man allerdings nicht sehen kann, ist, daß die Chondren untereinander alle chemisch verschieden sind - dieweil die Chemie der Chondren bei den 4er, 5er, 6ern zueinander gleich ist. "Äquilibriert" ist. Weil durch die Erwärmung da ein paar Ionen das Wandern kriegen...    Drum sind die 3er eben auch so begehrt, weil in ihnen der Urzustand bei ihrer Bildung eingefroren ist - und da sie das erste sind an Gestein was sich aus der Staubscheibe um die junge Sonde gebildet hat, und woraus sich dann die Planeten gebildet haben, sind sie quasi der Urstoff und wichtig für die Wissenschaft, weil man an Ihnen messen und ablesen kann, welche Bedingungen geherrscht haben, bei - und die zur Planetenentstehung geführt haben.)

Sodali, freilich kann das Erscheinungsbild durch Verwitterung verändert sein.

Dein Bild ist zu klein, als daß ich was seh. Außer daß es kein 3er ist.

Und so wirds denn ein H4 oder ein H5 oder ein H6 sein, würde ich schätzen.

 :user:
Martin







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Offline aknoefel

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #4 am: April 07, 2008, 13:49:38 Nachmittag »
Hallo Martin,

besten dank für die Ausführungen. Ich werde mir das Stück noch mit der Lupe genauer anschauen (habe ich momentan leider nicht mit) und mal sehen ob ich was zum Vergleichen habe... Jetzt weiss ich wenigstens auf was ich achten muß  :einaugeblinzel: Leider kann ich die Bilder nur mit dem Auflichtscanner machen - da gehen einige Details verloren...  :crying:

Gruß
  André

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #5 am: April 07, 2008, 15:57:27 Nachmittag »
Na a bisserl was sieht man schon. Ich sag jetzt frech:  H5, W3-4.
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Offline aknoefel

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #6 am: April 07, 2008, 16:08:02 Nachmittag »
So, jetzt habe ich ihn mir noch mal mit der Lupe betrachtet. Wie schon mal geschrieben - ich sehe nur ganz wenige intakte Chondren - der Rest ist ein bräunliches/schwarzes Gemisch ohne feste Struktur. Vom Magnettest her zieht er wie die anderen H-Chondriten auch. Ich habe nur H4 und H5 zum Vergleich der Struktur - aber er sieht aber eher nach einem H5 aus (da habe ich aber nur den Bassikounou als direktes Vergleichsmaterial) oder H6, da noch weniger Chondren zu sehen sind als im Bassi.

Gruß
  Andre
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Offline aknoefel

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #7 am: April 07, 2008, 16:12:35 Nachmittag »
H5, W3-4.

Da taucht bei mir gleich die Frage aus: wie sind denn die Definitionen für die einzelnen Shock stages und Weathering grades? Gibts irgendwo eine Liste (die ich bloß noch nicht entdeckt habe)?

Gruß
  Andre
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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #8 am: April 07, 2008, 17:46:33 Nachmittag »
Ja, gibt es.
Bitte ein anderer hinkopieren - ich hab grad Andrang...
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Offline pallasit

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #9 am: April 07, 2008, 18:09:03 Nachmittag »

Offline aknoefel

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #10 am: April 07, 2008, 18:19:44 Nachmittag »
Das hilft schon mal weiter, danke!  :super:
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Offline gsac

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #11 am: April 07, 2008, 19:33:00 Nachmittag »
Da taucht bei mir gleich die Frage aus: wie sind denn die Definitionen für die einzelnen Shock stages und Weathering grades? Gibts irgendwo eine Liste (die ich bloß noch nicht entdeckt habe)?

Hier die shock stages, für die Prof. Stöffler/Berlin u. a. bekannt geworden ist:

STÖFFLER D. et al. (1991) "Proposal for a revised petrographic shock
classification of chondrites (Meteoritics 26-4, 1981, A398-A399)":

S1 (unshocked) - sharp optical extinction of olivine

S2 (very weakly shocked) – undulatory extinction of olivine

S3 (weakly shocked) – planar fractures in olivine

S4 (moderately shocked) – mosaicism in olivine

S5 (strongly shocked) – isotropization of plagioclase
(maskelynite) and planar deformation  features in olivine

S6 (very strongly shocked) – recrystallization of olivine
and phase transformations of  olivine (ringwoodite)

Alex

Offline gsac

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #12 am: April 07, 2008, 19:35:31 Nachmittag »
...und hier die Verwitterungsgrade ("modern" sind dies die Grade W0 bis W4, selten W5 und W6):

http://adsabs.harvard.edu/abs/1993Metic..28Q.460W
(siehe Abstract-Text)

Alex

Offline gsac

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #13 am: April 07, 2008, 19:49:17 Nachmittag »
Hier, weil ich gerade darüber stolpere, noch mal ein Grundsatzartikel für ein paar
Mußestunden am Abend, mit nem Glas Rotwein und ein paar Meteoriten zur Hand:
http://www.lpi.usra.edu/books/MESSII/9014.pdf

Alex

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Re: Meteoritentyp erkennbar?
« Antwort #14 am: April 08, 2008, 09:02:30 Vormittag »
Hallo Alex,

vielen Dank für die Links, da habe ich ja nun genug zum Lesen und bin damit runter von der Straße  :laughing:

Gruß
  André
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