Autor Thema: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???  (Gelesen 6463 mal)

Offline stollentroll

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Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« am: November 30, 2008, 11:48:57 Vormittag »
Ich habe eine Menge Bilder von jemand geschickt bekommen, der die These vertritt, dass das Amöneburger Becken bei Marburg in Hessen eine Impaktstruktur sein könnte.

Die Bilder sehen zumindest interessant aus, und zeigen als „Schmelzbrekzie“, „Schmelzgestein“, „tektitartiges Material“, „Sphärulen“ und „shatter cones“ bezeichnetes Material. Alle Proben stammen aus der Region.

Das Szenario soll so aussehen, dass es in der Trias vor 230 Mio Jahren einen größeren Impakt gegeben hat. Die Region war zu der Zeit ein flaches Meer.

Die Probleme:
- es ist sehr lange her
- es gab intensive Tektonik in der Region
- es gab im Miozän basaltischen Vulkanismus (was wie ein Zentralkegel in dem Becken aussieht ist ein vulkanisches Relikt) mit Pyroklastika-Auswurf und Lavaausflüssen.

Nach Fotos lässt sich natürlich eine tektonische Brekzie oder ein vulkanisches Gestein nicht sicher von Impaktmaterial unterscheiden.

Da ich für die Fotos nicht das Copyright habe, kann ich sie nicht hier ins Forum stellen, aber ich habe die Genehmigung, sie für Diskussionszwecke zu verwenden.
Wegen den Fotos deshalb bitte PM an mich.

An Untersuchungen ist bisher kaum etwas gemacht worden, auch im Internet gibt es nicht viel dazu. Es ist gasarmes Glas und sehr stark beanspruchter Quarz nachgewiesen worden. Beides ist natürlich kein Beleg für einen Impakt.
Statt dessen gibt es viele offene Fragen, z.B. nach dem Alter der Gläser (und generell der Proben), ob der Chemismus der Gläser zu dem basaltischen Vulkanismus passt, ob der Chemismus der „Schmelzgesteine“ zu dem Vulkanismus passt, ob es Hochdruckminerale gibt und viele weitere. 

Ich will mich hier weder der These anschließen noch sie verwerfen (und auch kein zweites Chiemgau aufbauen). Nach den Fotos sieht es so aus, als ob man an dem Material auf jeden Fall interessante Mineralogie oder Petrologie betreiben könnte, egal was dabei herauskommt.

Mich würden einfach Meinungen, Kommentare usw. dazu interessieren.

Grüße

Plagioklas

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #1 am: November 30, 2008, 12:38:10 Nachmittag »
Hallo,
Zitat
Da ich für die Fotos nicht das Copyright habe, kann ich sie nicht hier ins Forum stellen, aber ich habe die Genehmigung, sie für Diskussionszwecke zu verwenden.

Da ist was faul dran.
Gruß
Plagioklas

Zumthie

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #2 am: November 30, 2008, 13:45:07 Nachmittag »
@ Stollentroll
Das Becken ist auf Satellitenbildern nicht zu sehen, könntest du die genauen Koordinaten angeben oder das Becken in eine Karte einzeichnen? Auf Satellitenbildern ist eine etwa 20 km große Ringstruktur um Rosenthal zu erkennen. Ob dort ein Impakt die Ursache ist, wird wohl schwer zu überprüfen sein. So alte Impaktstrukturen können mit kilometerdicken Schichten überlagert sein. Ich halte es aber für durchaus möglich, dass sie sich bis an die Oberfläche durchpausen und dann auf Satellitenbildern sichbar sind. Siehe z.B. die Cenoten am Chicxulub-Krater http://de.wikipedia.org/wiki/Cenote

Gruß
Zumthie

Offline stollentroll

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #3 am: November 30, 2008, 13:58:04 Nachmittag »
@Plagioklas
Was soll daran faul sein ? Ich kann keine Bilder veröffentlichen, für die ich nicht das Copyright habe, schon im Interesse des Betreibers dieser Seiten.
Ich habe aber die schriftliche Genehmigung des Fotoautors, sie anderen für Diskussionszwecke zu zeigen.
Wo ist das Problem ?
Wer an der Diskussion interessiert ist, schickt einfach eine PM an mich.

Ich finde das Material interessant und würde gerne daran ein paar Analysen vornehmen, ohne eine vorgefasste Meinung, und unabhängig davon, was dabei rauskommen wird. Wenn sich zeigt, dass das Material vulkanischen Ursprungs ist, habe ich nicht das geringste Problem damit.
Bevor ich aber mit den Analysen anfange, würde ich gerne noch ein paar Meinungen und Kommentare dazu lesen wollen.

Und wer mich kennt, weiß, dass ich mich nicht für irgendwelche faulen Geschichten hergebe.

Ohne eine Begründung und ohne das Material zu kennen, sind solche Kommentare wenig hilfreich.

@Zumthie
hier gibt es etwas zur Lage und Topographie
http://de.wikipedia.org/wiki/Am%C3%B6neburger_Becken
Das es sich schwer überprüfen lassen wird, ist klar.
Und dass Tektonik und Vulkanismus die Befunde mehrdeutig machen können, ist auch klar.

Eine Karte gibt es, ich schicke dir etwas per PM.

Grüße

Plagioklas

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #4 am: November 30, 2008, 14:22:55 Nachmittag »
Hallo,
es gab schon viele "Sensationsmeldungen", die ich miterleben durfte.

Oft gab es nur wenige Bilder oder der Zugriff war eingeschränkt. Ein gutes Beispiel bietet hier der Chiemgau Impakt, wo man auch nur winzige Bildchen in übelster quali bekommt. Oder der größte Diamant der Welt, der zur Zeit nur noch auf die Echtheit untersucht wird (Das grüne dingens auf dem popeligen unscharfen Handybild, das viele von uns kennen).

Wenn ich als jemand mit Interesse an einer Sache rangehe, dann mach ich öffentlich, was ich zeigen will. So sichert man sich auch die Entdeckungsrechte, da man Forenbeiträge, Emails u.ä. nicht fälschen kann. Wenn ich aber was zu verheimlichen habe, dann schränke ich den zugriff auf ein Minimum ein um das Geheimnis möglichsat lange zu wahren. Wenn ich profit aus der Sache schlagen will, dann mach ich natürlich genau das selbe...

Natürlich würd ich gerne helfen,...aber nicht so. Ich unterstütz keinen, der hier das dicke Geheimnis draus macht. Ich hab keinen Bock darauf hier irgendwann nen Verweis auf ein kostenpflichtiges Dokument als Ergebnis der untersuchungen zu finden (Viele von uns kennen doch sicher Springerlnk und Kosorten, die man per google findet, wenn man was sucht, wo man aber selbst 20,50 zahlen darf für die 3 seitige gesuchte info bis sie letztendlich in vergessenheit gerät und niemals nicht an die öffentlichkeit kommt...wozu auch?) und oder auch mich nur darum abzumühen was gegen die Langeweile eines Scherzboldes zu tun. Beides ist nur kontraproduktiv für die Forschung.
Gruß
Plagioklas

Offline Hungriger Wolf

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #5 am: November 30, 2008, 15:07:48 Nachmittag »
Hallo Thomas und Forenmitglieder!

Von dem Raum Marburg-Amöneburg habe ich eine kleine Karte erstellt.

Eine Senke ist dabei erkennbar!
Aber ob es jedoch tatsächlich ein Meteoriteneinschlagbereich ist, lässt sich leider so, nicht erkennen!

Die Bilder mit den Gesteinen auf http://tw.strahlen.org/tw/ab.html sehen sehr interessant aus!

Es könnte sich um Basalt oder auch Tektit handelt (Bild 35-AB.jpg, 36-AB.jpg, 40-AB.jpg).
 
Was ist Eure Meinung dazu (Unterscheidungsmöglichkeiten)?


Gibt es aus dem Raum geologische Untersuchungsberichte?

schöne Grüsse von :prostbier:
Achim

« Letzte Änderung: November 30, 2008, 15:24:48 Nachmittag von Hungriger Wolf »

Offline speul

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #6 am: November 30, 2008, 15:45:29 Nachmittag »
Hallo zusammen,
die Diskussion über den angeblichen Meteoritenkrater Amöneburg ist ja nicht ganz neu.
z.B.
Sandberg CA, Morrow JR, Ziegler W: Possible impact origin of the enigmatic early late devonian Amönau breccia, Rheinisches Schiefergebirge, Germany, in:  Intern. Conf. on Catastrophic events and mass extinctions, July 2000 Vienna, Abstr. #3020
Sandberg CA, Ziegler W, Morrow JR: Late devonian events and mass extinctions, Catastrophic Event Conf. 2000 Abstr. #3016

beide über ads zugänglich

Kurze Kritik zum Thema auch in: Sterne und Weltraum, Juni 2002, S 6, dort auch ein geolog. Profil, welches den "Zentralberg" als Förderschlot mit basaltischem Material klar zeigt. Man beachte, daß in unmittelbarer Nähe sich der Vogelsberg-Vulkankomplex befindet!

Die "Tektite" habe ich doch schon mal gesehen: Focus Nr.40/2002, sehen eher aus wie Australite, da hat vielleicht einer mal die Labels vertauscht?

Auch wenn ich an einem weiteren Krater in Deutschland sehr interessiert wäre, das ist bestimmt der falsche Kandidat
Ulrich
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Offline Hungriger Wolf

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #7 am: November 30, 2008, 16:11:57 Nachmittag »
Hallo Thomas!

Wo wurden die tektitartigen Gesteine gefunden?

schöne Grüsse von  x-02
Achim

Offline lithoraptor

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #8 am: Dezember 02, 2008, 13:14:10 Nachmittag »
Moin!

Hier meine Meinung zu dem Link:

http://tw.strahlen.org/tw/ab.html   

Die "Schmelzbrekzie" ist sicherlich keine solche, da eine Schmelze fehlt. Das Material erscheint mir gänzlich karbonatisch (Matrix und auch Klasten). Die "Komponenten" sind teilweise gerundet, was auf einen gewissen Transport hindeutet; zu dem bilde ich mir bei dem unteren Bild an einer Stelle auch eine Art von spärischen Aufbau ein (kann aber auch gänzlich durch Verwitterung bedingt sein). Das ALLES spricht deutlich gegen einen Impaktit. Es handelt sich evtl. um ein Fanglomerat oder im besten Falle um eine Art von Einsturzbrekzie, wie sie in Karstbereichen vorkommt.

Auch das abgebildete "Schmelzgestein" erscheint mir karbonatischer Natur. Die skurrile Formengebung könnte evtl. mit slumpings und konkretionären Bildungen erklärt werden. Die Oberflächencharakteristika wie die Glätte bzw. den Glanz würde ich auf Verkarstung zurückführen.

Das "tektitartige Material" sieht sicher sehr interessant aus, ich würde aber (ohne die Chemie zu kennen) eine konkretionäre Bildung nicht ausschließen wollen; besonders das längliche Stück mit den "Zipfeln" deutet auf eine derartige Genese hin. Wenn man das Detailbild des rundlichen Gebildes betrachtet, so würde ich auch von einem Glas ausgehen; eine vulkanische Genese ist hier natürlich aber auch denkbar und im Hinblick auf die Geologie wesentlich wahrscheinlicher.

Das "Sphärule" ist sicher nix. Ist schlicht weg viel zu groß und sieht mir deutlich nach einem, durch Transport gerundeten, Quarz(kies)korn aus.

Bei der "polymikten Brekzie" kommen diverse Genesemöglichkeiten in Betracht, die alle samt wesentlich wahrscheinlicher sind, als ein Impakt. Ich meine in dem Stück wieder gerundete Quarz(kies)körnchen zu sehen, die auf einen Transport hinweisen. Evtl. entstand das Material innerhalb des Vorfluterniveaus in einer Karstspalte; evtl. in Zusammenhang mit einem Kollaps dieser... 

Die "Brekzie mit Schmelze" sieht mir denn auch recht merkwürdig aus. Die "Schmelze" befindet sich immer nur im Randbereich der Komponenten, aber nie scheint sie völlig die Zwischenräume zu füllen. Zwischen zwei "Schmelzadern" verläuft immer eine Grenze, entweder ein Hohlraum oder etwas Sediment. Hier spricht meiner Meinung nach ALLES für das Wachstum von sekundären Mineralien auf den Komponenten selbst, die dann Material verdrängt haben. So kennt man es ja auch von vielen Klüften, die mit Quarz oder Kalzit "verheilt" sind.

Die "Shatter Cones" halte ich für simple Brüche im Gestein.

Im Großen und Ganzen spricht für mich also nix für einen Impakt.

Gruß

Ingo

P.S. Ist alles nur rein nach den gezeigten Bildern bewertet ohne die entsprechenden Stücke in der Hand gehabt zu haben bzw. deren Chemismus und die genauen Geländebeziehungen der Proben zu kennen. Grundsätzlidch verstehe ich auch von der Thematik "Impaktprodukt" viel zu wenig und es gibt hier im Forum mit Sicherheit wesentlich kompetentere Leute. Ich bin daher auf Vergleiche mit meiner bisherigen Geländeerfahrung und mir bekannten Stücken angewiesen.

Grundsätzlich möchte ich bemerken, dass Meteorkrater und entsprechende Impaktereignisse gerade sehr "En Vogue" sind und viel durch die Medien sowie die Köpfe von Wissenschaftlern und Laien geistern; somit sind Interprtationen, die mehr auf Wunschvorstellungen basieren, denn auf Fakten, bereits vorprogrammiert...

Offline MetGold

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #9 am: April 25, 2009, 18:56:03 Nachmittag »
Hallo,

da ist mir doch gerade ein Link zwischen die Finger gekommen, da war man ja felsenfest überzeugt, ist allerdings nicht das neueste Datum:


http://www.focus.de/finanzen/news/perspektiven-meteoriten-impaktkrater-in-hessen_aid_208208.html

... aber dieses Thema ist ja wohl abgehakt, oder!


 :winken:   MetGold
Ein ereignisreicher Tag ist mehr als namenlose Jahre - (Spruch aus einem chinesischen Kalender)

Offline Stonetalker

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #10 am: April 26, 2009, 00:59:04 Vormittag »
Hallo zusammen,

schön, dass ich als Hobbyarchäologe auch mal was beisteuern kann. Das bei http://tw.strahlen.org/tw/ab.html gezeigte kleine, kugelige "tektitartige Material" zeigt definitiv einen alten Glasknopf, wie man sie immer wieder mal in unterscheidlichen Farben auf den Äckern findet. Vgl. http://www.sucherforum.de/smf/index.php/topic,32147.0.html

Sicher kein Tektit, nichtmal ein Vulkanit.

Grüße,

Thomas

Offline speul

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #11 am: Mai 18, 2009, 21:16:18 Nachmittag »
Moin moin,
für alle, die noch nicht dort gewesen sind, zwei,zugegebenermaßen recht diletantisch gestitchte Panoramen. Waren meine ersten Versuche vor einem Jahr, aber das Basismaterial gibt auch nicht viel mehr her
speul
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Offline speul

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Re: Amöneburger Becken - eine Impaktstruktur ???
« Antwort #12 am: Mai 18, 2009, 21:17:17 Nachmittag »
und das zweite
Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten

 

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