Autor Thema: Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg  (Gelesen 3991 mal)

Labrador

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Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg
« am: August 20, 2008, 12:37:50 Nachmittag »
Hallo,

Beim Beitrag über den Hüggel habe ich ja angemerkt, dass dies der letzte Artikel über ein niedersächsisches Vorkommen gewesen sei. Nun hat es mich von Hamburg aus für einen Tag nach Lüneburg verschlagen, was ich zum Anlass genommen habe, den alten Gipsbrüchen der Stadt einen bereits lange geplanten Besuch abzustatten. Vorweg sei schon mal angemerkt, dass dieses eine montanhistorische Exkursion war. Das Sammeln ist in den Brüchen (stehen ohnehin fast alle unter Wasser oder sind überbaut) untersagt, da Naturschutzgebiet. In den 1980er Jahren wurden an verschiedenen Lokalitäten noch einmal wissenschaftlich begleitete Schürfe durchgeführt, welche einige Minerale wie Gips, Boracit, Pyrit oder Schwefel lieferten. Dennoch ist Lüneburg einen Besuch wert, schon allein wegen der reizvollen Architektur einer 1000jährigen Handelsstadt.

In letzter Zeit ist, eben ob der als erloschen zu bezeichnenden Fundstellen, so gut wie nichts über Lüneburg bekannt geworden. Die folgenden Zeilen bieten keine neuen Erkenntnisse, sie warten nicht mit spektakulären Neufunden auf. Sie wollen nur dazu anregen, mal an einer klassischen Lokalität vorbeizuschauen, die vielen gar nicht bekannt ist.

Alle alten Brüche sind zu Fuß leicht erreichbar und mit ein wenig Wanderlust lassen sie sich sämtlich an einem Tag abwandern. Der mit Sicherheit bekannteste Steinbruch ist der Kalkberg (nicht zu verwechseln mit dem Kalkberg in Bad Segeberg, berühmt für die Winnetou-Kulisse, der im übrigen geologisch mit dem Lüneburger Kalkberg nicht viel nimmt: sind beides Gipshüte eines Salzdiapirs...). Der Kalkberg lässt sich erreichen, in dem man die Fußgängerzonen (Rosenstraße, Ochsenmarkt, Grapengießstraße) nach Westen wandert, wobei man am besten in die Görgesstraße einbiegt und diese bis zum Ende durchläuft, so gelangt man direkt auf den Kalkbergrundweg zu. Die hier lagernden Schichten gehören dem Zechstein an, sind etwa 200 Mio Jahre alt. Sie stellen, wie schon angesprochen, eine Hutbildung über Salzschichten dar, wobei das Salz den überlagernden Gips durch die Sedimentschichten an die Erdoberfläche gepresst hat. Das, was sich heute als Gips darstellt, war früher einmal Anhydrit, der aber durch die Wasseraufnahme an der Oberfläche in Gips umgewandelt wurde (Ca[SO]4 > Ca[SO]4 * 2 H2O). Das Gipsgestein war es auch, das hier bis 1921 abgebaut wurde. Eine aufgestellte Infotafel tut kund, dass der Berg einmal die siebenfache Größe der heute noch sichtbaren hatte. Auf dem (teils leider abgesperrten und nicht gepflegten) Rundweg kann man den Bruch begehen. Anschauen lassen sich interessante und bizarre, karstartige Gipsformationen über dem auf der Bruchsohle befindlichen See. Es liegen auf dem Weg und an den Hängen unzählige Gipsbrocken herum, die man einstecken kann, ohne wider den Naturschutz zu handeln. Hat man Glück, wie der Verfasser bei seinem Besuch, findet man auch noch nicht allzu stark angelöste, zentimetergroße Gips xx in Drusen. Ansonsten kann man auch hier nur eine Gedenkminute einlegen, für die netten Sachen, die man hier mal gefunden hat. Allen voran der Boracit, ein hartes (7,5) Magnesiumborat, für das der Kalkberg die Typlokalität ist. Die xx dieses Minerals erreichten von hier 15 mm Kantenlänge und waren fast immer farblos bis grau gefärbt sowie äußerst flächenreich.

Die rein theoretischen Fundmöglichkeiten unterstreicht Driesner (1985), wenn er aus wissenschaftlichen Grabungen eine Fülle von Mineralien erwähnt: Boracite bis 3 mm, kleine Calcit xx, Lepidokrokit pseudomorph nach Pyrit, Pyrit xx, im Anhydrit schwimmende winzige Quarze, sehr schöne Gips xx, Hydroglauberit xx, Thenarditkrusten, derben Anhydrit sowie Steinsalz (Halit) in derben Einschlüssen und als Locken.

Beim aufmerksamen Betrachten der Felsformationen fällt auf, dass manche Schichten genau denen gleichen, woraus man die klassischen Boracite kennt: klüftig, mit roten Eisenflecken und dünnen, dunkelgrauen Schlieren durchzogen. Und so träumt man davon, vielleicht doch noch einen erbsengroßen Kristall in der Wand stecken zu sehen oder vielleicht die größten Brocken einzusammeln und daheim systematisch zu zerkleinern... Bevor man aber den Hammer aus der Tasche holt und sich strafbar macht, mache man sich lieber auf die Socken und wandere weiter.

Geht man nämlich um den Kalkberg herum und immer in Richtung Niedersächsisches Landeskrankenhaus, so kommt man bald zum Volgershall. Auch hier gab es einen Gipsbruch, der heute noch als See auf dem Gelände zwischen Krankenhaus, Nervenheilanstalt und Fachhochschule zu erkennen ist. Ein kleiner Aufschluss in der Nähe (nicht der Bruch selbst!) ist Typlokalität für ein zweites Mineral der Gegend. Man hat es direkt nach der Stadt benannt: Lüneburgit. Der Aufschluss ist überbaut und seit nunmehr 120 Jahren nicht mehr zugänglich, der Lüneburgit wurde auch wohl nur einmal entdeckt und konnte trotz eifriger Nachsuche in den Jahren nicht wieder aufgefunden werden. Ein Stück davon liegt in der Schausammlung des Berliner Naturkundemuseums. Es ähnelt mehr einem Stück schmutzig grau-gelben Filzlappens als einer mineralischen Bildung. Letzte Funde betreffen Fasergipsbrocken sowie gute Aragonit xx und Marienglas, die beim Bau der neuen Siedlung am Volgershall gefunden wurden. Südlich des Volgershalls, erreichbar über die Jägerstraße, liegt die Kleingartenanlage Schildstein. Auch der Schildstein ist fast zur Gänze dem Abbau zum Opfer gefallen. Als Besonderheit wurden hier in historischen Funden kleinere Boracite bekannt, deren Farbe von dem üblichen Matschgrau abwich: sie waren wasserklar und zart grünlichblau (Sammlung des Verfassers)! Driesner (1985) schreibt, dass der Bruch ca. 20 Mineralarten lieferte und erwähnt einen neueren Fund eines kleinen Boracits und Aragonit xx.
Nordöstlich dieser drei Brüche befinden sich ein weiterer, dessen Name gleich in Stadtteile von Lüneburg übergegangen ist: der Zeltberg bzw. Kreideberg. Er ist ebenso wie der Volgershall ein See. Hier kamen in den 1980er Jahren noch kleine Schwefel xx heraus.  

Aufgrund der schwierigen Verhältnisse vor Ort stellen Minerale aus Lüneburg bei Sammlern begehrte Objekte an. Vor allem die Boracite vom Kalkberg sind es, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Hier ist aber noch ausreichend historisches Material auf dem Markt, man muss aber schon noch danach suchen und seinen Preis hat das ganze Vergnügen auch. Außer dem Boracit mag man noch etwas Gips oder Hämatit/Lepidokrokit ergattern. Nach der Erfahrung des Verfassers aber grenzt es an Unmöglichkeit, weiteres Material zu erwerben, sowohl was andere Mineralarten betrifft als auch Belege von den anderen Steinbrüchen (außer Kalkberg). Das Selbersammeln - es sei nun noch einmal ausdrücklich erwähnt - ist nicht gestattet, da Naturschutzgebiet!

Mineralliste Lüneburg:

Anhydrit
Apatit
Aragonit
Boracit (Typlokalität, Beschr. 1789)
Brushit (aus antiken Düngergruben in der Stadt)
Calcit
Cerussit
Chalcedon
Chalkopyrit
Coelestin
Dolomit
Galenit
Gips
Glauberit
Hämatit
Halit
Hydroglauberit
Hydrozinkit
Kalistrontit
Koenenit
Lepidokrokit
Limonit
Lüneburgit (Typlokalität, Beschr. 1876)
Markasit
Mirabilit
Polyhalit
Pyrit
Quarz
Schwefel
Smithsonit
Sphalerit
Struvit (s. Brushit)
Sylvin
Syngenit
Thenardit

Literatur:

Driesner, T. (1985): Der "Kalkberg" in Lüneburg, in: Jb. Naturw. Verein Fstm. Lbg., 37.
Driesner, T. (1985): Mineralien aus Lüneburg, in: Der Aufschluss 01/1985 (Aktuell), S.20.
Driesner, T.; Stein, G. (1992): Lüneburg und seine Mineralien, in: Emser Hefte, 13.
Noellner, C. (1876): Über Lüneburgit, in: Jb. Naturw. Verein Fstm. Lbg., 6, S.148-151.
Wittern, A. (2001): Mineralfundorte und ihre Minerale in Deutschland (1.Aufl.), Stuttgart: E. Schweizerbart, S.20-21.

Peter5

  • Gast
Re: Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg
« Antwort #1 am: August 20, 2008, 18:32:34 Nachmittag »
Hallo Andy,

irgendwo habe ich mit Sicherheit noch einen Lüneburger Gips oder Wavellit.. muss ich aber erst noch heraussuchen..wenn gefunden, dann wird zum Beitrag passend abgelichtet und hier reingestellt.  :smile:

Gruß Peter5 .. :winke:

Labrador

  • Gast
Re: Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg
« Antwort #2 am: August 22, 2008, 13:56:29 Nachmittag »
Hallo,

Wavellit gabs hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht! Obwohl, ich habe neulich aus berufener Feder (T. Driesner) auch was von Quecksilber gelesen, also unmöglich ist da wohl nix... :laughing:

Gruß
Labrador

Peter5

  • Gast
Re: Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg
« Antwort #3 am: August 22, 2008, 19:34:26 Nachmittag »
Hallo Andy,

nein.. es war doch Gips von "Müllingen bei Hannover, Nds.".. entweder finde ich den  ca. morgen in meiner Tauschliste als "weggetauscht"... :crying: oder ich habe ihn noch irgendwo in meiner "Extraschublade für besondere Fälle!" "rumschwirren" .. :laughing:..hast Du denn schon Gips von Müllingen? :smile:

mal schauen..

Guß Peter5  :winke:


Labrador

  • Gast
Re: Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg
« Antwort #4 am: August 27, 2008, 13:14:19 Nachmittag »
Ja, da war ich gerade erst. Schuss in den Ofen!

Gruß
Labrador

Peter5

  • Gast
Re: Die Mineralien der alten Gipsbrüche bei Lüneburg
« Antwort #5 am: September 22, 2008, 15:08:01 Nachmittag »
.. hier mal ein typisch "sargform-ähnlicher" Struvit-Einzelkristall (Vorder- und Rückseite).. zwar nicht von Lüneburg aber sicher ähnlich aussehend von unter der Moorerde (Düngergruben) von Hamburg ..  :smile:

Gruß Peter5 .. :winke:

 

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