Autor Thema: Chondritenbildung in Steinmeteoriten  (Gelesen 9107 mal)

Offline Hungriger Wolf

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Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« am: Dezember 01, 2008, 18:51:05 Nachmittag »
Hallo Forenmitglieder!

Was ist die Ursache für die Chondriten-Bildung in Steinmeteoriten?
 
Liegt die primäre Ursache darin, das nicht mischbare Komponenten (Metallanteile und Nichtmetallanteile) in Steinmeteoriten, in der Schwerelosigkeit, kugelförmige Körper ausbilden?
Warum bildet sich aber kein zentaler Kern (innen Metall/aussen Nichtmetall) ist die (Weltall)-Temperatur dazu zu gering?

schöne Grüsse von  :prostbier:
Achim
 

Offline Hungriger Wolf

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #1 am: Dezember 01, 2008, 18:54:33 Nachmittag »
Hallo Forenmitglieder!

Hier zwei weitere Beispiele (Photos):

schöne Grüsse von :prostbier:
Achim

« Letzte Änderung: Dezember 01, 2008, 19:15:06 Nachmittag von Hungriger Wolf »

Offline MarkV

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #2 am: Dezember 01, 2008, 19:05:38 Nachmittag »
Hallo Achim,
die Chondren haben sich nicht in den Steinmeteoriten gebildet, sondern die Steinmeteorite haben sich aus dem chondritischen Material geformt. Erst war die Chondre, dann kam der Stein.
Wie genau die Chondren entstanden sind, weiss man nicht. Vermutlich kam es zu einer kurzzeitigen (im Minutenbereich oder kürzer) starken Erhitzung der Staubkümpchen in der protoplanetaren Scheibe. Dadurch wurden die Staubklumpen kurz angeschmolzen und wurden zur Chondre. Später haben sich daraus Asteroiden und Planeten geformt. Je grösser der Asteroid, um so mehr hat sich das chondritische Material durch Radioaktivität erhitzt. Dadurch sind die Chondren stark in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass sie bei den meisten Meteoriten (H5, L6 etc) nur noch schwer zu erkennen sind. Nur bei Meteoriten, die nie stark erhitzt wurden (L3), sind die Chondren noch gut erhalten. Bei kohligen Chondriten sind die Chondren auch teilweise durch Wasser zerstört worden.

Grüsse,
Mark

Offline lithoraptor

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #3 am: Dezember 01, 2008, 19:16:25 Nachmittag »
Moin Achim!

An dieser Stelle mal wieder der Hinweis auf vernünftige Literatur, die diese Frage und auch viele andere klären dürfte:

http://www.amazon.de/The-Cambridge-Encyclopedia-of-Meteorites/dp/0521621437/ref=sr_1_3?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1228155207&sr=8-3

Beim Preis handelt es sich aber bestimmt um einen  :auslach: Fehler :auslachl: in der Kommastelle!?

Gruß

Ingo

Offline pallasit

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #4 am: Dezember 01, 2008, 19:27:16 Nachmittag »
Hallo,

Etwas neues zu diesem Thema:
G. Jeffrey Taylor(2008):"Tiny Molten Droplets, Dusty Clouds, and Planet Formation". Hawai‘i Institute of Geophysics and Planetology.
http://www.psrd.hawaii.edu/Nov08/chondrule_sodium.html

Auch mal in deren Archiv schauen:
http://www.psrd.hawaii.edu/Archive/Contents.html

Grüsse Willi  :prostbier:

Offline ben.g

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #5 am: Dezember 01, 2008, 19:48:43 Nachmittag »
...Beim Preis handelt es sich aber bestimmt um einen Fehler in der Kommastelle!?
Dieser Preis ist zwar unverschämt, aber z.Zt. ist anscheinend kein (lieferbares!) Exemplar unter $250 zu finden!  :eek:

Gruß
Ben


Offline lithoraptor

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #7 am: Dezember 01, 2008, 20:19:54 Nachmittag »
Moin!

Das hier ist wohl auch sehr gut, habe ich aber noch nicht in meiner bescheidenen Sammlung; steht aber weit oben auf meinem Wunschzettel:

 http://www.amazon.de/Chondrules-Chondrites-Cambridge-Planetary-Science/dp/0521836034/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1228159104&sr=8-1

Gruß

Ingo

Offline Norbert

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #8 am: Dezember 03, 2008, 10:29:10 Vormittag »
In folgendem Link erklärt Prof. Harald Lesch sehr gut, was Chondren bzw. Chondrulen sind:

http://www.br-online.de/br-alpha/alpha-centauri/alpha-centauri-chondrulen-2006-ID1208177782213.xml

Video ca. 15 Minuten


Offline lithoraptor

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #9 am: Dezember 03, 2008, 11:12:14 Vormittag »
Hallo Norbert,

DANKE für den Link. Sehr anschauliche Erklärung- ein paar Bildchen oder Animationen in der Sendung wären, meiner Meinung nach, sicher eine sinvolle Ergänzung gewesen. Es hätte sicher viele Leute fasziniert zu sehen, wie so eine Chondre ausschaut. Man überlege sich mal, ein paar Rasterelektronenmikro-Bilder, ein paar Dünnschliffe etc... und schon sin ma weiter...

Gruß  x-10

Ingo

Offline Norbert

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #10 am: Dezember 04, 2008, 07:21:00 Vormittag »
Ja, da hast Du durchaus recht, lithoraptor. Aber es gehört nun einmal gerade zum Stil von Harald Lesch in der Sendereihe Alpha Centauri. Besondere Kennzeichen der Sendung sind die an einen Klassenraum erinnernde Studiodekoration, der sparsame Einsatz von Anschauungsmaterial, sowie die brillante Vortragskunst des Astrophysikers, der auch hochkomplizierte Vorgänge des Universums in laienverständlicher und lockerer Form beantworten kann.



Offline MarkV

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #11 am: Dezember 04, 2008, 17:49:07 Nachmittag »
In folgendem Link erklärt Prof. Harald Lesch sehr gut, was Chondren bzw. Chondrulen sind:

http://www.br-online.de/br-alpha/alpha-centauri/alpha-centauri-chondrulen-2006-ID1208177782213.xml

Video ca. 15 Minuten



Hallo,
von Lesch wird in dem Video die Theorie vertreten, dass die Chondren durch Schockwellen in der protoplanetaren Scheibe entstanden sind. Ist das die derzeit herrschende Meinung unter den Wissenschaftlern, oder ist es nur eine von vielen anderen Theorien? Im neuen Norton steht zur Chondrenentstehung leider gar nichts.

Grüsse,
Mark

Offline Hungriger Wolf

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #12 am: Dezember 04, 2008, 18:18:42 Nachmittag »
Hallo Norbert und Forenmitglieder!

Die Sendung http://www.br-online.de/br-alpha/alpha-centauri/alpha-centauri-chondrulen-2006-ID1208177782213.xml habe ich mir angeschaut. Besonders interessant fand ich die Beschreibung der Bildung der Chondren. Allerdings habe ich auch z.B. im Buch von Norton/Chitwood -Field Guide to Meteors and Meteorites- nichts ähnliches über die Bildung der Chondren gefunden!
Hierzu habe ich noch weitere offene Fragenstellungen! :gruebel:

Kurze Zusammenfassung (ich hoffe ich gebe das so richtig wieder):
Nach dem Urknall kommt es zu einer Materieansammlung. Die Materie befindet sich in einer Art spiralartigen Ansammlung; die sich in einer ständigen Rotationsbewegung befindet. Durch schockwellenartige Erhitzung und einer anschliessenden Abkühlphase, kommt es zu einer Materieaggregation, die zu Chondrenbildung führte (Steinmeteoriten); anschließend bildeten sich die Planeten, die einen Grossteil der chondritartigen Materie (Materieansammlungen) aufnehmen.

Mir ist dabei folgendes Aufgefallen/neue Fragestellung:
Steinmeteoriten (mit Chondren) enthalten Silikate und Eisensulfid (also eigentlich ein alkalisches Medium) sind dann Eisenmeteoriten in einem mehr sauren Medium entstanden (H2S/HF)?
Gab es dabei wellenarte Neutralisationsschübe, solange bis sich das System in einem chemischen Gleichgewicht eingependelt hatte oder ist die schockwellenartige Erhitzung mehr physikalisch zu betrachten bzw. durch einen plötzlichen initialen Zerfall von superschweren Elemente (Uran; Plutonium+++)?

Was ist die eigentliche Ursache für die schockwellenartige Erhitzung?

Was ist Eure Meinung dazu?

schöne Grüsse von :prostbier:
Achim

Offline MarkV

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #13 am: Dezember 04, 2008, 18:57:44 Nachmittag »
Kurze Zusammenfassung (ich hoffe ich gebe das so richtig wieder):
Nach dem Urknall kommt es zu einer Materieansammlung. Die Materie befindet sich in einer Art spiralartigen Ansammlung; die sich in einer ständigen Rotationsbewegung befindet. Durch schockwellenartige Erhitzung und einer anschliessenden Abkühlphase, kommt es zu einer Materieaggregation, die zu Chondrenbildung führte (Steinmeteoriten); gleichzeitig bildeten sich die Planeten, die einen grossteil der Chondren (Materieansammlungen) aufnehmen.

Der Urknall und die Entstehung des Sonnensystems sind zwei ganz verschiedene Dinge. Der Urknall fand vor etwa 14 Milliarden Jahren statt, die Entstehung unseres Sonnensystem mitsamt Chondren vor 4,56 Milliarden  Jahren. Zur Grössenordnung: Es gibt allein in unserer Milchstrasse (eine von über 50 Milliarden) über 200 Milliarden Sterne. Die Sterne (und nichts anderes als ein Stern ist auch die Sonne) haben sich aus Staubscheiben gebildet. Es gab also allein in unserer Milchstrasse in der Geschichte viele Milliarden verschiedene und räumlich getrennte Staubscheiben, aus der sich dann jeweils ein Stern und manchmal auch ein Planetensystem gebildet hat. Nur von unserem Sonnensystem weiss man sicher, dass sich in der Staubscheibe Chondren ausgebildet haben. Ob das auch bei anderen Sonnensystemen die Regel ist, weiss man nicht sicher.


Zitat
Mir ist dabei folgendes Aufgefallen/neue Fragestellung:
Steinmeteoriten (mit Chondren) enthalten Silikate und Eisensulfid (also eigentlich ein alkalisches Medium) sind dann Eisenmeteoriten in einem mehr sauren Medium entstanden (H2S/HF)?

Die Eisenmeteorite sind letztlich auch aus Chondren entstanden. Ich hab ja oben schon geschrieben, dass sich die Chondren zu Asteroiden und Planeten zusammengeballt haben. Bei grossen Asteroiden wurde das chondritische Material stark durch radioaktive Prozesse erhitzt. Dadurch wurden viele Chondren stark beschädigt. Bei sehr grossen Asteroiden und auch bei den Planeten war die Hitze aber so stark, dass die Chondren komplett geschmolzen sind. Daher findet man auf der Erde auch keine Gesteine mit Chondren. Das schwere Eisen aus den Chondren hat sich durch die Schwerkraft in der Mitte des Asteroiden oder Planeten angesammelt. Später ist der Asteroid dann langsam abgekühlt und das flüssige Eisen im Kern ist erstarrt. Dort ist dann ein anderer Asteroid eingeschlagen und hat den Eisenkern zertrümmert und machmal fällt so ein Eisenstück als Eisenmeteorit auf die Erde.

Grüsse,
Mark

Offline lithoraptor

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Re: Chondritenbildung in Steinmeteoriten
« Antwort #14 am: Dezember 04, 2008, 20:23:58 Nachmittag »
Moin!

Die Eisenmeteorite sind letztlich auch aus Chondren entstanden. Ich hab ja oben schon geschrieben, dass sich die Chondren zu Asteroiden und Planeten zusammengeballt haben. Bei grossen Asteroiden wurde das chondritische Material stark durch radioaktive Prozesse erhitzt. Dadurch wurden viele Chondren stark beschädigt. Bei sehr grossen Asteroiden und auch bei den Planeten war die Hitze aber so stark, dass die Chondren komplett geschmolzen sind. Daher findet man auf der Erde auch keine Gesteine mit Chondren. Das schwere Eisen aus den Chondren hat sich durch die Schwerkraft in der Mitte des Asteroiden oder Planeten angesammelt. Später ist der Asteroid dann langsam abgekühlt und das flüssige Eisen im Kern ist erstarrt. Dort ist dann ein anderer Asteroid eingeschlagen und hat den Eisenkern zertrümmert und machmal fällt so ein Eisenstück als Eisenmeteorit auf die Erde.

Das ist nicht ganz richtig bzw. etwas fragwürdig formuliert  x-03:
Innerhalb der Staubscheibe haben sich durch kurzzeitige Aufhitzung Chondren und Matrixkomponenten gebildet. Also quasi Silikatstrukturen in mehr oder weniger kugeliger Form (Chondren), gelegentlich mit kleinen Beimengungen von Fe/Ni-Körnchen. Es sind aber nicht alle Partikel in der Staubscheibe zu Chondren kondensiert sondern einige sind vereinzelte Körnchen geblieben. Beide zusammen haben sich dann zu immer größeren Asteroiden zusammengebalt (sog. Akkretion). Auf diese Weise sind ganz unterschiedlich große Asteroide entstanden, die, so kann man vermuten, auch ganz unterschiedliche Verteilungsdichten von Chondren und Matrix hatten. Je größer die Asteroiden nun wurden, desto mehr thermische Energie wurde in ihnen frei (eben durch den Zerfall der radioaktiven Isotope). Diese Aufheizung resultierte zunächst (bei kleineren Körpern gänzlich, bei ganz kleinen gar nicht) in einer Zonierung des Grades an Chondrenzerstörung (die wir heute mit dem petrologischen Typ eines Chondriten beschreiben). Kurz bedeutet dies, dass je weiter man ins Innere eines solchen Körpers vor dringt, desto zerstörter sind die Chondren (bzw. da auch Rekristallisation einsetzt, desto weniger scharf lassen sie sich von der Matrix abgrenzen). Demnach befindet sich chondritisches Material des Typs 3 nur ganz außen in einer recht dünnen Randzone und das Material vom Typ 6 (bzw. 7) im Kernbereich. ((((Es sei erwähnt, dass es auch Verfechter der Theorie gibt, dass die Aufheizung nicht von innen nach außen verlief sondern genau anders herum, dass also der thermische Einfluss von ganz anderen Faktoren als dem radioaktiven Zerfall gesteuert wurde.))))
Wie auch immer, bleiben wir bei dem Zerfall: Hat der Körper eine gewisse Größe erreicht bzw. überschritten, dann geht die Aufheizung des Asteroiden so weit, dass dieser innerlich gänzlich aufschmilzt (sog. Anatexis). Auf diese Weise können sich die unterschiedlichen Minerale ihrer Dichte nach sortieren (sog. Differenziation). Eisen und Nickel sammeln sich dabei im Kernbereich, die silikatischen Minerale im Mantel. Das Eisen ist also nicht aus den Chondren ausgeschmolzen oder gar entstanden (so könnte man das ja verstehen), sondern alle Eisenkörnchen egal ob nun zufällig in Chondren oder Matrix gebunden, haben sich (im gesamten chondritischen Mutterkörper) von den Silikaten getrennt und sich im Kern gesammelt. (das war der Punkt, den ich eigentlich etwas anders formulieren wollte Mark, mehr nicht; nimm es mir also bitte nicht krumm, dass ich gleich etwas weiter ausgeholt habe...  :user: ).
Ja, und wie Mark schon sagte, eben weil die Erde ein differenzierter Körper ist, findet man keine Chondren mehr in unseren Gesteinen.
Im übrigen kann bei differenzierten Körpern (man sieht es ja auch bei uns oder auf dem Mars) auch Vulkanismus entstehen, der, auf dem Mantel aus Silikaten, für eine sehr dünne Kruste sorgen kann.

Mit einer gut sortierten Meteoriten-Sammlung kann man also die Differenziationsprozesse ganz unterschiedlicher Ausgangskörper bis ins Kleinste nachvollziehen und so die Planetenbildung begreifen. Na, wenn dat nix is!   :prostbier: x-09

So, nun bin ich aber wieder  x-12

Ingo

 

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