Autor Thema: Meteorit Königsbrück  (Gelesen 4242 mal)

Offline aknoefel

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Meteorit Königsbrück
« am: Juli 08, 2009, 17:46:13 Nachmittag »
Beim Meteoriten von Königsbrück gab es ja schon immer Bauchschmerzen, was seine Herkunft angeht...

Heute kam bei mir das MAPS-Supplement zum 72. MetSoc Meeting an, in dem die Abstracts der Vorträge und Poster der Veranstaltung abgedruckt sind. Von Rainer Bartoschewitz et al. gibt es einen Beitrag "Königsbrück - Mineralogy and Petrology". Neben einer anstehenden Reklassifikation (von H/L4 auf L4) gibts noch am Ende des Textes eine interessante Stelle:

Zitat
Carbonate filled capillary cracks, as found in Königsbrück, are well known from Sahara meteorites, but poorly from European's. Although the weathering situation in regard to find regions is still poorly known and not an unambiguous forensic evidence, the carbonate filled cracks are indications for a more likely alteration in hot desert than in Germany.

Das ist zwar sehr diplomatisch ausgedrückt, aber heisst doch im Endeffekt, dass der Königsbrücker Meteorit wohl nicht aus dem Sachsenlande stammt...

Gruß
  André
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Offline APE

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #1 am: Juli 09, 2009, 13:48:46 Nachmittag »
Endlich spricht es mal einer offen aus!

Normalerweise muß man heute jeden gefundenen Meteoriten in Europa, der einen Verwitterungsgrad von W0 oder W1 besitzt, sofort auf die Radionuklide testen. Denn heute kann man ja das Erdenalter dieser Steine nicht nur Tage oder Wochen genau bestimmen, sondern auch Werte Messen, die aussagen wie viele Jahre der Meteorit schon auf der Erde liegt. Wenn dann gar nichts mehr zu messen ist, dann sollte ein gefundener Meteorit in Deutschland wohl einen sehr hohen Verwitterungsgrad aufweisen. Wenigstens diese Messung hätte man von den Wissenschaftlern in Berlin verlangen müssen, bevor sie den Meteoriten als "deutschen Fund" anerkennen.

Und da gibt es bestimmt noch mehr Meßmethoden, um die Fundstücke zu kontrollieren!
Man muß es nur wollen!

 :user:
Thomas
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Offline Mettmann

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #2 am: Juli 09, 2009, 21:55:27 Nachmittag »
"An anonymous finder holds the main mass."

Es wäre schön, diesen Anonymus zu kennen,
auf daß man bei diesem Unhold künftig weiß, worauf man sich einläßt.

Hat ja bei Matteo ganz gut funktioniert.

 :prostbier:
Mettmann
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Offline gsac

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #3 am: Juli 09, 2009, 22:11:54 Nachmittag »
Hat ja bei Matteo ganz gut funktioniert.

Ja, das ist "aktenkundig" bzw. wurde in einem MAPS-Artikel auch fachgerecht
veröffentlicht. Leider fehlt mir die Zeit, den Artikel jetzt noch mal rauszusuchen,
aber jedenfalls: wer hierzulande-heutzutage versuchen würde, einen Eigenfund
zu "faken" über etwa (z. B.) ein frisches NWA-Exemplar, der begäbe sich wie beim
Monopoly so quasi "direkt ins Gefängnis", ohne vorher noch über irgendein Los gehen
zu können. Die forensischen Methoden würden einen jeden Lumpen über kurz oder lang
definitiv entlarven!!

"Und das ist auch gut so", um hier mal einen jewissen Balina zu recht zu zitieren,
:prostbier: Alex
PS: ..."Königsbrück", was ist das, what...??? Macht das die Statistik schlecht?  :gruebel:

ironmet

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #4 am: Juli 09, 2009, 23:00:00 Nachmittag »
Hallo Leute,

um solchen Fakes eben in Zukunft aus dem Weg zu gehen,müssen wir eben alle auch fein die
Augen und Ohren offen halten!!
Dann gelingt es ja vielleicht,sowas schon im Keim zu ersticken.
Wie bei dem "Meteoriten-Fund" in der Kiesgrube Ottendorf-Okrilla,wo der nette Herr versuchte,
dort seinen Gibeon zu einem neuen deutschen Eisen zu machen.
Na,da habe ich ja schon persönlich was dagegen! :ehefrau:
Jedenfalls hatte da der Dr.Jan Lange vom Dresdner Museum ganze Arbeit geleistet,und konnte den
Schwindel schnell aufdecken! :super:
Großen Dank nochmals hier an Jan,falls er mitlesen sollte. :hut:
Im Fall Königsbrück hätte man natürlich,weil vorab keine Info´s, nichts machen können.
Aber ich denke,solche schweren Fehler passieren an selber Stelle bestimmt so schnell nicht nochmal.
Müssen halt alle etwas aufmerksamer bzw. wachsamer sein und einigen Dingen lieber etwas skeptischer
als zu blauäugig gegenüberstehen!

Viele Grüße Mirko

Offline Dirk

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #5 am: Juli 24, 2009, 23:15:55 Nachmittag »
Hallo  :winke: ,

eine Scheibe von diesem NWA-Kuckucksei ( :laughing:) "Königsbrück" ist tatsächlich im Berliner Naturkundemuseum als "Deutscher Meteorit" ausgestellt  :ehefrau: .

Kann man dagegen nicht was tun .....  :neenee:  :unfassbar:

.... hier noch der link zum MetBul: http://tin.er.usgs.gov/meteor/metbull.php?code=34493

.... und ein Bild vom Ärgernis in der Meteoritenausstellung des Berliner Naturkundemuseums  :fingerzeig:

 :prostbier:
Dirk


Offline aknoefel

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #6 am: Juli 24, 2009, 23:21:16 Nachmittag »
Hallo Dirk,

Ansgar Greshake hat ja an dem Paper als Co-Autor mitgewirkt. Vielleicht fliegt er deswegen doch mal raus. Aber ich denke mal so schnell wird die Ausstellung nicht gefleddert  :laughing:

Gruß
  André
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Offline MetGold

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #7 am: Juli 25, 2009, 06:38:24 Vormittag »
Hallo,

parallel uu diesem Eklat könnte man sich ja auch schon mal mit Inningen beschäftigen, oder?   :ehefrau:


 :winken:   MetGold
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Offline rbartoschewitz

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Re: Meteorit Königsbrück
« Antwort #8 am: Oktober 14, 2009, 22:49:43 Nachmittag »
Liebe Meteoritenfreunde,

ich muss mich nach sehr langer Zeit mal wieder im Forum melden und mich für eure positiven Kritiken zu unserer Königsbrück Arbeit bedanken! Allerdings muss ich eure negative Kritik gegenüber den Institutswissenschaftlern zurückweisen! Die „Meteoritenflut“, die an die Institute zur Klassifikation herangetragen wird, lässt sich kapazitativ nicht mehr ableisten. Verständlicherweise werden die zurzeit wissenschaftlich interessanteren Meteorite bevorzugt, so dass für die gewöhnlichen Chondrite seitens des Meteorite Nomenclature Committee inzwischen eine magnetometrische Grobklassifikation für die Anerkennung akzeptiert wird. Hinzu kommt natürlich noch, dass die meisten Wissenschaftler nicht speziell für die Klassifzizierung von Meteoriten eingestellt wurden, sondern in der Regel ein weit darüber hinaus gehendes Arbeitsfeld abdecken müssen.

Wenn Meteorite neu angemeldet werden sollen, muss sich der Einreicher natürlich auf die Angaben des Finders oder Überbringers der Probe verlassen, und ihm nicht eventuelle „kriminelle“ Absichten unterstellen, wenn es sich um eine für uns Sammler interessante Fundortangabe handelt. Am wissenschaftlichen Wert ändert der Fundort kaum etwas, er ist bei europäischen Funden aufgrund stärkerer terrestrischer Kontamination eher geringer! Ausserdem wird zur Klassifikation in der Regel lediglich das Typmaterial gezeigt/abgegeben, so dass der Einreicher meist nur ein Fragment des neuen Meteoriten kennt und somit mögliche an der Hauptmasse erkennbare Indizien für eventuelle Falschangeben verborgen bleiben.

Die forensische Forschung nach korrekten Fundortangaben von Meteoriten steckt noch in den Kinderschuhen und wird sicherlich nicht sehr stark vorangetrieben, da den Meteoriten-Wissenschaftler in erster Linie die kosmische Historie interessiert und der Fundort darauf in der Regel keinen Einfluss hat. Unter anderen wissenschaftlichen Gesichtspunkten sind die Fundorte von Meteoriten jedoch von grosser Bedeutung, speziell für die Glaziologen, Geschiebe- und Klimaforscher, doch die haben die Bedeutung der Meteorite für ihr Arbeitsgebiet oft noch nicht als hilfreich erkannt - mit Ausnahme der Glaziologen, die plötzlich durch die antarktischen Meteoritenfunde die Gletscherbewegungen erklären konnten!

Mein Apell an alle Sammler: Dokumentiert jeden Meteoritenfund detailliert und prüft selbst ob eine erhaltene Probe authentisch ist – hier hat der Sammler oft mehr Erfahrung als der Wissenschaftler und ist allein unter finanziellen Aspekten oft auch kritischer! Stellt den Wissenschaftlern alle verfügbaren Daten zur Verfügung!

Bezugnehmend auf unser Poster zu Königsbrück haben wir uns absichtlich sehr vorsichtig ausgedrückt, da die bislang gemachten Beobachtungen mit Verwitterungserscheinungen an NWA Meteoriten vergleichbar sind, aber es lässt sich noch nicht zweifelsfrei belegen, dass ähnliches unter speziellen Bedingungen in Sachsen erfolgt sein kann!

Also vergesst nie, alle Dinge haben mehr als eine Seite, auch wenn wir oft gern nur eine wahrhaben wollen!

Viele Grüsse,

Rainer

 

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