Autor Thema: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten  (Gelesen 11985 mal)

Offline Mettmann

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #30 am: April 08, 2010, 20:11:16 Nachmittag »
Röchel, Rassel - Ich bin Dein Vater, Ben - Schnauf..


« Letzte Änderung: April 09, 2010, 13:20:49 Nachmittag von ganimet »
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Offline karmaka

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #31 am: April 08, 2010, 22:42:24 Nachmittag »
 :hut: HOCHACHTUNG !!!!!!!!!!!!!!!!!

Ein wunderschönes Stück!

Martin

Offline Mettmann

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #32 am: April 11, 2010, 13:07:50 Nachmittag »
Hallo,

ich hab mir gedacht, vielleicht noch zu illustrieren, für die Leser, die sich nicht so gut mit Meteoriten oder Marsmeteoriten auskennen, warum dieser Stein alle in helle Begeisterung versetzt.

Nun Marsmeteorite gibt es sowieso nur wenige, rund 100kg in der gesamten Geschichte der Menschheit, also mit das aberwitzig seltenste Material, was man sich vorstellen kann, was sich vom Volumen her, leicht in einem nicht allzugroßen Koffer verstauen ließe.

Hier ist eine komplette Aufstellung aller Funde:
http://www.meteoris.de/mars/list.html

Die meisten Marsmeteorite gehören zu der Gruppe der sog. Shergottite.

Was nun NWA 6162 so besonders, so einzigartig macht, ist seine unglaubliche Frische.
Mit Ausnahme der beiden beobachteten Shergottitenfälle handelt es sich bei allen anderen Shergottiten ja um Funde,
die alle mehr oder weniger lange auf Erden herumlagen und dementsprechend der Verwitterung ausgesetzt waren.

Die irdische Verwitterung beeinträchtigt die Meteorite, sie verändert das Material mechanisch und chemisch.
Je weniger verwittert ein Meteorit ist, je unveränderter er ist, desto wertvoller ist er für die Wissenschaft (und für den Sammler), da er umso besser und ursprünglicher er sein Muttergestein auf dem Himmelskörper, von dem er abstammt, abbildet. In unserem Fall eben Marsgestein, zu dem wir sonst keinen Zugang haben, außer für sehr einfache Analsen mit Roboterfahrzeugen und Landern, die mit großem Aufwand auf die Marsoberfläche geschafft werden müssen.

Vor dreieinhalb Jahren wurde ein sensationeller Fund in der Sahara gemacht, ein kleiner Marsmeteorit, der kaum Anzeichen irdischer Verwitterung aufwies, NWA 2975, von dem bis heute noch weitere kleine und kleinste Exemplare folgten, zusammen entwa zweieinhalb Pfund - das ist die Marsmetoritenserie, die heute unter den Nummern NWA 2975 - NWA 5366 bekannt ist.
Diese Fundserie gilt bis heute als mit Abstand frischester und besterhaltener Shergottitenfund, neben den einzigen beobachteten Fällen von Zagami und Shergotty.

Hier nun zur Ansicht, aus unserem Fundus ein geschnittenes Exemplar dieser Serie (NWA 4766), vermutlich sowieso der beste Stein des Fundes, der geschnitten wurde:

Der ganze Stein:
http://www.meteoris.de/img/snc-mms/NWA4766b.jpg

Die Schmelzkruste:
http://www.chladnis-heirs.com/nwa4766-26.423g-2.JPG

Das Interieur:
http://www.chladnis-heirs.com/nwa4766-26.423g.JPG

Dieses nun ist ein ganz besonders gut erhaltenes Exemplar.
Viele der hier im Forum vertetenen Meteoritensammler haben ja Stücke der Serie,
und sie unterscheiden sich von einem frischen Fall. Oft sind die Schmelzkrusten schon ein klein wenig durch den Wind poliert,
die Kanten an denen sie abgeplatzt ist, sind nicht mehr scharf, dort, wo die Steine im Boden gelegen sind, zeigen sie Verfärbungen und bei in der Luft oder beim Aufprall gebrochenen Fragmenten, sieht man, daß die Bruchflächen etwas angewittert sind.

Bei NWA 6162 ist die Schelzkruste grieselig und sehr scharf. Politur und Abschliff durch Wind und Sand sind nicht zu erkennen, noch Flecken oder Verfärbungen.
Die Liebhaber schwarkrustiger Wüstenmeteorite wissen, daß bereits bei Verwitterungsstufe W1, gelegentlich auch bei W0-1, die ursprünglich rauen Schmelzkrusten deutlich geglättet sind und oft durch die Windpolitur einen Glanz aufweisen.

NWA 6162 hingegen wirkt völlig fallfrisch.
Wäre ein solcher Stein auf feuchten Grund oder in unserem Klima gefallen, würde er bereits nach wenigen Tagen erste Beschädigungen zeigen. Als Bsp seien nur, die allerdings eisenhaltigen Chondritenfälle Park Forest genannt, wo die sofort eingesammelten Exemplare völlig sauber sind, diejenigen, die während und nach dem nach ein paar Stunden nach dem Fall einsetzenden Regen aufgehoben wurden, bereits äußerlich deutliche Oxidationsflecke zeigen, manchmal auch schon im Inneren - oder um in Marokko zu bleiben, jene Benguerirs die bei feuchtem Wetter in den nicht-ariden Teil des Landes gefallen waren und deutliche Rostflecke zeigen, im Gegensatz zu den anderen Fällen, die in der Wüste niedergegangen sind, wie Bassikonou, Chergach, Bensour usw.

Die Verwitterung in der Wüste kann sehr langsam vonstatten gehen.
Wir wissen noch nicht, ob später das terrestrische Alter von NWA 6162 bestimmt werden wird,
doch es würde uns nicht wundern, wenn NWA 6162 weniger Erdenjahre auf dem Buckel hat als der Namensgeber der Klasse, Shergotty.

NWA 6162 ist der frischeste Marsfund, den es je auf der Welt gegben hat.


Nun muß er sich natürlich dem direkten Vergleich zu den beiden beobachteten Fällen stellen.

Zum einem dem Zagami, der vor knapp 50 Jahren gefallen ist.

Detailansicht:
http://www.mhmeteorites.com/zagami_1-02.jpg

Eindruck:
http://www.catchafallingstar.com/zagami103a.JPG

Kruste:
http://www.meteoriteman.com/collection/mars_pics/zagami_2-35kg.jpg

Zagami ist natürlich als Fall ein Standard und nicht nur nicht zu verachten und von großer Wichtigkeit,
doch rein vom optischen Standpunkt aus, mit seinen Stäbchen, ist er doch überaus einförmig.

Shergotty, der große Historische, der 1865 gefallen, den bekommt man in Scheiben eigentlich nicht mehr in die Hand, da praktisch alles Material in den Museen und alten Sammlungen weggesperrt ist.
Hier ein paar Bilder aus dem Netz.

http://www.astroday.net/Images/NMNH/nmnh37.jpg

http://www.mpch-mainz.mpg.de/~kosmo/members/waenke/image/shergotty.jpg

http://www.b14643.de/SNC-Meteorites/Shergotty.jpg

Wie man sieht, geht Shergotty genau in die Richtung wie Zagami.


Aus ästhetischer Sicht, mit seinen farbigen Olivinchen, der bunten feinen Matrix, den schwarzen Gläsern übertrifft NWA 6162 den Zagami und den Shergotty sicherlich.

Daher möchte man sagen, so etwas gab es noch nie und es ist das Beste an einem Shergottiten, was sich ein Sammler oder ein Kurator jemals in die Vitrine stellen kann.

Die Bilder entnehme man dem Anfang des Threads.
Man muß eingeloggt sein, um sie zu betrachten - denn man muß schon Mitglied dieses Meteoritenforums sein, will man an solchen Weltsensationen teilhaben und so nah am Puls der Zeit sein, wie es selbst die wenigsten Wissenschaftler sind.

Einen schönen Sonntag!
Martin
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Offline DCOM

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #33 am: April 12, 2010, 16:17:16 Nachmittag »
Kaum iss man wieder da, schon wird man mit so einem spektakulären Fund überrascht...

Jo mei, dess kann i mir grad mal wieder nett leisten. Kannst die Vollscheibe für mich reservieren - so bis 2013?  :gruebel:

:prostbier: D.U.

Offline Mettmann

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #34 am: April 12, 2010, 17:52:20 Nachmittag »
Die war schon vergeben und diente nur zu Illustrationszwecken (ist ja kein Verkaufsthread hier).

 :prostbier:
Mettmann
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Chladnis Heirs

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #35 am: März 18, 2011, 17:22:46 Nachmittag »
Salü,

die Erstveröffentlichung zu NWA 6162 ist fertig:

S. M.Kuehner, A. J. Irving, C. D. K. Herd, M. Gellissen, T. J. Lapen and D. Rumble, III:

PRISTINE OLIVINE-PHYRIC SHERGOTTITE NORTHWEST AFRICA 6162: A PRIMITIVE MAGMA
WITH ACCUMULATED CRYSTALS DERIVED FROM DEPLETED MARTIAN MANTLE.

http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2011/pdf/1610.pdf

Beste Grüße,
Stefan & Martin

Plagioklas

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #36 am: März 23, 2011, 23:39:57 Nachmittag »
Die wahre Schönheit entfaltet dieser Meteorit aber erst unter dem Mikroskop. Sowas habe ich in meinen kühnsten Träumen nicht erwartet.

Zuerst mal eine vergrößerte Übersicht von Schnitt- und Bruchfläche. Zum Glück schneiden die Chladnis nicht ganz so dünn, so dass auch die Bruchflächen einige sehr schöne Einsichten gewähren.

Plagioklas

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #37 am: März 23, 2011, 23:41:06 Nachmittag »
Dann die Olivine.

Plagioklas

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #38 am: März 23, 2011, 23:41:52 Nachmittag »
Noch ein Olivin mit sichtbarer Spaltfläche.

Plagioklas

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #39 am: März 23, 2011, 23:43:49 Nachmittag »
Und zum Schluss eine Überraschung, die erst unter dem Mikroskop auffällt:

Schön dunkelschwarze Chromite.

Und überall fällt die besondere Frische dieses einzigartigen Meteoriten auf.

Offline Mettmann

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #40 am: März 24, 2011, 16:24:24 Nachmittag »
Höh, Chef! Sie. Gell!

Zitat
Die wahre Schönheit entfaltet dieser Meteorit aber erst unter dem Mikroskop

 :ehefrau:  :laughing:

Der gehört zu den Traumsteinen des Sonnensystems.

Sehr wohl ohne Mikroskop.
Peng:
http://www.rocksfromspace.org/nwa6162-6_947g-1.jpg

Etwas Besseres, etwas Schöneres hat es an Marsbasalt noch nie gegeben.

Zagami ist dagegen eine graue Maus.
Shergotty ein Mauerblümchen.

Sowas kriegt man im ganzen Sammlerleben genau:   1 mal.

Mein Sammlungsstück:

 :prostbier:
Mettmann
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Plagioklas

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #41 am: März 24, 2011, 16:43:01 Nachmittag »
Ja, ohne Mikroskop ist er natürlich auch der OBERHAMMER!!!  :eek:

Aber unter dem Mikro setzt der Met sogar noch eins drauf!!

Zitat
Der gehört zu den Traumsteinen des Sonnensystems.

Ja, das ist definitiv wahr.  :wow:

Offline Mettmann

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #42 am: März 24, 2011, 17:05:08 Nachmittag »
...uuund ich traus mich gar nicht sagen - drei Schmelzkrustenscheiben haben wir noch, zwischen 0.4g und 0.65g.

Lust, die in die Anzeigensparte hinzutun haben wir nicht, zu erkältet, die Kenner im Forum müßten ihre Stücke schon haben
und ausserdem, siehe zwo Beiträge weiter oben.

Bei sowas muß der Sammler selber in die Hufe kommen, und zwar, sogi, zügig und nicht erst nächste Woche,
da wir die Scheiben, da NWA 6162 just&soeben auf der LPS-Konferenz in Houston eingeführt wird,
vorhin auf der US-List erwähnt haben.

Mei und I soxx glei, wenn die weg sind, dann könnts im Karräh hupfen, wie Ihr grad lustig seid, ganz wie bei 5789 oder 6481 oder auch 4765
und Euch (und bittschön nicht uns) wohin beißen,
denn danach gibt es nicht einmal mehr ein Sandkorn von dem Stein.

Hatschi!
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Offline gsac

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #43 am: März 24, 2011, 21:06:28 Nachmittag »
Aus dem aktuellen Paper:

"Judging from its freshness, NWA 6162 probably
has a much shorter terrestrial residence age than other
depleted olivine-phyric shergottites such as SaU 005
(11 ka), NWA 1195, NWA 2046, NWA 2626, NWA
5789, DaG 476, Yamato 980459 (all 40-200 ka), and
NWA 4925 (>400 ka) [4], yet all of these specimens
might be genetically related and could have been
ejected from Mars together around 1 My ago"


Das ist doch eine schöne Vorstellung mit dieser immerhin
für möglich gehaltenen genannten genetischen Verbindung,
die zu einem Einschlag auf dem Mars vor noch vergleichsweise
(..im kosmischen Maßstab betrachtet..) "kurzer" Zeit hinweist!

Also so ein hochinteressantes sehr frisches Marssteinchen würde
ich mir jetzt nicht entgehen lassen für die Sammlung, und seien
es auch "nur" diese Halbgrammscheibchen und nicht Mettmanns
vorgestelltes "Monster"-Sammlungsstück! Nu ja, ich hab´s mir
schon damals gesichert als kleines Endstückchen, und das war
ganz sicher auch gut so...

Alex

Offline Mettmann

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Re: Fund eines neuen fallfrischen Marsmeteoriten
« Antwort #44 am: März 24, 2011, 23:25:20 Nachmittag »
Nuju, das terrestrische Alter wird gegenwärtig, wenn ich recht informiert bin,
von Nishiizumi und Jull bestimmt.
Nun ihr kennt ja die Bilder des ganzen Steins, sodaß nicht schwer abzusehen ist, daß es der frischeste Marsfund aller Zeiten werden wird
(leg den einen Monat in Geislingen aufs Feld und dann schaut er schlechter aus).
Höchst interessant wird es trotzdem, da man bei Wüste und der langsameren Verwitterung unter den dortigen Bedingungen, es eigentlich nicht abschätzen kann, weil ja auch Vergleichsdaten fehlen, da man die irdischen Alter der gewöhnlichen Chondrite für gewöhnlich nicht ausmißt.
Ojeh, jetzt sinds nur noch zwo Scheiberln.

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