Hallo,
ich hab mir gedacht, vielleicht noch zu illustrieren, für die Leser, die sich nicht so gut mit Meteoriten oder Marsmeteoriten auskennen, warum dieser Stein alle in helle Begeisterung versetzt.
Nun Marsmeteorite gibt es sowieso nur wenige, rund 100kg in der gesamten Geschichte der Menschheit, also mit das aberwitzig seltenste Material, was man sich vorstellen kann, was sich vom Volumen her, leicht in einem nicht allzugroßen Koffer verstauen ließe.
Hier ist eine komplette Aufstellung aller Funde:
http://www.meteoris.de/mars/list.htmlDie meisten Marsmeteorite gehören zu der Gruppe der sog. Shergottite.
Was nun NWA 6162 so besonders, so einzigartig macht, ist seine unglaubliche Frische.
Mit Ausnahme der beiden beobachteten Shergottitenfälle handelt es sich bei allen anderen Shergottiten ja um Funde,
die alle mehr oder weniger lange auf Erden herumlagen und dementsprechend der Verwitterung ausgesetzt waren.
Die irdische Verwitterung beeinträchtigt die Meteorite, sie verändert das Material mechanisch und chemisch.
Je weniger verwittert ein Meteorit ist, je unveränderter er ist, desto wertvoller ist er für die Wissenschaft (und für den Sammler), da er umso besser und ursprünglicher er sein Muttergestein auf dem Himmelskörper, von dem er abstammt, abbildet. In unserem Fall eben Marsgestein, zu dem wir sonst keinen Zugang haben, außer für sehr einfache Analsen mit Roboterfahrzeugen und Landern, die mit großem Aufwand auf die Marsoberfläche geschafft werden müssen.
Vor dreieinhalb Jahren wurde ein sensationeller Fund in der Sahara gemacht, ein kleiner Marsmeteorit, der kaum Anzeichen irdischer Verwitterung aufwies, NWA 2975, von dem bis heute noch weitere kleine und kleinste Exemplare folgten, zusammen entwa zweieinhalb Pfund - das ist die Marsmetoritenserie, die heute unter den Nummern NWA 2975 - NWA 5366 bekannt ist.
Diese Fundserie gilt bis heute als mit Abstand frischester und besterhaltener Shergottitenfund, neben den einzigen beobachteten Fällen von Zagami und Shergotty.
Hier nun zur Ansicht, aus unserem Fundus ein geschnittenes Exemplar dieser Serie (NWA 4766), vermutlich sowieso der beste Stein des Fundes, der geschnitten wurde:
Der ganze Stein:
http://www.meteoris.de/img/snc-mms/NWA4766b.jpgDie Schmelzkruste:
http://www.chladnis-heirs.com/nwa4766-26.423g-2.JPGDas Interieur:
http://www.chladnis-heirs.com/nwa4766-26.423g.JPGDieses nun ist ein ganz besonders gut erhaltenes Exemplar.
Viele der hier im Forum vertetenen Meteoritensammler haben ja Stücke der Serie,
und sie unterscheiden sich von einem frischen Fall. Oft sind die Schmelzkrusten schon ein klein wenig durch den Wind poliert,
die Kanten an denen sie abgeplatzt ist, sind nicht mehr scharf, dort, wo die Steine im Boden gelegen sind, zeigen sie Verfärbungen und bei in der Luft oder beim Aufprall gebrochenen Fragmenten, sieht man, daß die Bruchflächen etwas angewittert sind.
Bei NWA 6162 ist die Schelzkruste grieselig und sehr scharf. Politur und Abschliff durch Wind und Sand sind nicht zu erkennen, noch Flecken oder Verfärbungen.
Die Liebhaber schwarkrustiger Wüstenmeteorite wissen, daß bereits bei Verwitterungsstufe W1, gelegentlich auch bei W0-1, die ursprünglich rauen Schmelzkrusten deutlich geglättet sind und oft durch die Windpolitur einen Glanz aufweisen.
NWA 6162 hingegen wirkt völlig fallfrisch.
Wäre ein solcher Stein auf feuchten Grund oder in unserem Klima gefallen, würde er bereits nach wenigen Tagen erste Beschädigungen zeigen. Als Bsp seien nur, die allerdings eisenhaltigen Chondritenfälle Park Forest genannt, wo die sofort eingesammelten Exemplare völlig sauber sind, diejenigen, die während und nach dem nach ein paar Stunden nach dem Fall einsetzenden Regen aufgehoben wurden, bereits äußerlich deutliche Oxidationsflecke zeigen, manchmal auch schon im Inneren - oder um in Marokko zu bleiben, jene Benguerirs die bei feuchtem Wetter in den nicht-ariden Teil des Landes gefallen waren und deutliche Rostflecke zeigen, im Gegensatz zu den anderen Fällen, die in der Wüste niedergegangen sind, wie Bassikonou, Chergach, Bensour usw.
Die Verwitterung in der Wüste kann sehr langsam vonstatten gehen.
Wir wissen noch nicht, ob später das terrestrische Alter von NWA 6162 bestimmt werden wird,
doch es würde uns nicht wundern, wenn NWA 6162 weniger Erdenjahre auf dem Buckel hat als der Namensgeber der Klasse, Shergotty.
NWA 6162 ist der frischeste Marsfund, den es je auf der Welt gegben hat.
Nun muß er sich natürlich dem direkten Vergleich zu den beiden beobachteten Fällen stellen.
Zum einem dem Zagami, der vor knapp 50 Jahren gefallen ist.
Detailansicht:
http://www.mhmeteorites.com/zagami_1-02.jpgEindruck:
http://www.catchafallingstar.com/zagami103a.JPGKruste:
http://www.meteoriteman.com/collection/mars_pics/zagami_2-35kg.jpgZagami ist natürlich als Fall ein Standard und nicht nur nicht zu verachten und von großer Wichtigkeit,
doch rein vom optischen Standpunkt aus, mit seinen Stäbchen, ist er doch überaus einförmig.
Shergotty, der große Historische, der 1865 gefallen, den bekommt man in Scheiben eigentlich nicht mehr in die Hand, da praktisch alles Material in den Museen und alten Sammlungen weggesperrt ist.
Hier ein paar Bilder aus dem Netz.
http://www.astroday.net/Images/NMNH/nmnh37.jpghttp://www.mpch-mainz.mpg.de/~kosmo/members/waenke/image/shergotty.jpghttp://www.b14643.de/SNC-Meteorites/Shergotty.jpgWie man sieht, geht Shergotty genau in die Richtung wie Zagami.
Aus ästhetischer Sicht, mit seinen farbigen Olivinchen, der bunten feinen Matrix, den schwarzen Gläsern übertrifft NWA 6162 den Zagami und den Shergotty sicherlich.
Daher möchte man sagen, so etwas gab es noch nie und es ist das Beste an einem Shergottiten, was sich ein Sammler oder ein Kurator jemals in die Vitrine stellen kann.
Die Bilder entnehme man dem Anfang des Threads.
Man muß eingeloggt sein, um sie zu betrachten - denn man muß schon Mitglied dieses Meteoritenforums sein, will man an solchen Weltsensationen teilhaben und so nah am Puls der Zeit sein, wie es selbst die wenigsten Wissenschaftler sind.
Einen schönen Sonntag!
Martin