Hallo Ingo!
Ich stimme Dir insoweit zu, dass am reinen Akt der Anfertigung von Fossilmontagen oder -abgüssen noch nichts wirklich Verwerfliches ist, ist dies doch auch das, was man im seriösen Umfeld als "Replik" bezeichnet. Aber, und das ist das Problem, die meisten marokkanischen Händler (na gut, es gibt auch Ausnahmen, aber die kann man an einer Hand abzählen) unterlassen eben den Hinweis auf die künstliche Natur ihrer Stücke (Böswilligkeit) oder geben auf Nachfrage sogar ausdrücklich an, dass es sich um Originale handele (hier wird die Schwelle zur Kriminalität und zum Betrug überschritten).
Der Verweis, dass die Leute in Marokko vor Ort so bitterarm seien, dass ihnen gar nichts anderes übrig bleibe, als Fälschungen herzustellen, weil sie keinen Zutritt zu Fundstellen haben, zieht für mich allerdings nicht. Fakt ist, dass ausgedehnte Landstriche Aufschlüsse zu Hauf liefern und diese mangels eindeutiger Besitzverhältnisse - besonders in Wüstengegenden, die sowieso niemand wirklich haben will - oft auch problemlos ausgebeutet werden können und auch werden. Es sind vielmehr die wenig nachhaltigen Ausgrabungsmethoden (den Stein zerkloppen, wenn das Fossil zufällig ansprechend herausspringt ist es gut, wenn nicht werden die Brösel eben weggeworfen) die dazu führen, dass leicht zugängliche Fundstellen relativ rasch ausgeräumt sind. Und dann kommen die "Kunsthandwerker" zum Zuge, um den weiter benötigten Nachschub zu erzeugen.
Ich werfe den Marokkanern also vor, dass sie zugunsten der Maxime "Kleinvieh macht auch Mist" die Qualität der Quantität opfern, dergestalt, dass sie lieber eine Menge billiger, schlechter Fossilien (oder Fälschungen) zu Minipreisen auf den Markt bringen, statt eine geringere Anzahl respektabler Stücke zu höheren Preisen. Europäische Händler und Endverkäufer helfen da tatkräftig mit, indem sie von ihren marokkanischen hohe Stückzahlen einfordern und geringe Preise erwarten. Die Marokkaner haben sich so im Lauf der Jahre ihre Preise selber kaputtgemacht.
Bezeichnend war die Aussage eines Zwischenhändlers aus Marokko in einer Diskussion andernorts, die in etwa so lautete: Die Qualität der Stücke, die er aufkaufe, sei oft so schlecht, dass er nur sehr wenig Geld von den Kunden in Europa dafür verlangen könne. Er müsse von den Familien, die die Stücke für ihn sammeln, aber alles abnehmen [und das belief sich wohl auf fassweise Lieferungen!]. Er könne ihnen nicht vermitteln, dass er für ein gutes Stück pro Tag fast genauso viel zahlen würde wie für 100 gemischte, die bis auf eines von schlechter Qualität seien, wobei er das eine Stück in der Menge gar nicht heraussuchen und extra honorieren könne. Um auf seinen Schnitt zu kommen, müsse er das schlechte Material eben in ansprechender Bearbeitung unter das gute mischen und hoffen, dass es die Käufer nicht so genau nähmen.
Natürlich gibt es tolle, perfekte, absolut originale Fossilien aus Marokko! Aber diese haben eben ihren Preis - die gibt es nicht für zweistellige Eurobeträge. Das gleiche gilt übrigens auch für die Fossilien aus China: Wer meint, er könne sich für 150 US-$ einen Trias-Saurier an die Wand hängen, wird sein blaues Wunder erleben und sich wünschen, er hätte die Geldscheine lieber zum Anzünden einer Zigarette sinnvoll eingesetzt...
Wie es so schön heißt: You get what you pay for!
Gruß,
Rainer