Autor Thema: Entstehung von Chondren  (Gelesen 38319 mal)

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #60 am: September 05, 2010, 12:00:14 Nachmittag »
ABER: Selbst wenn die rekristallisierten Ränder nicht auf dem Mutterkörper entstanden sein sollten, sondern schon vorher besteht ja dennoch die Möglichkeit, dass die Chondren-Wolke nicht gänzlich (also nicht alle Chondren daraus) wieder auf den Mutterkörper, durch dessen Existenz sie ihre Entstehung verdankt, zurück fällt. Es besteht doch die Möglichkeit, dass einige Chondren durchs All treiben und bei weiteren Kollisionen wieder in Mitleidenschaft gezogen werden (hatte ich das hier nicht schon irgendwo gelesen?). In diesem Fall würden wir wieder einen Altersunterschied zwischen innerer Chondre und Rand feststellen. Hilft uns also auch nichts.

Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass der Rand bei einem zweiten Einschlag entstanden ist. Angenommen die Chondre wird in den Nebel abgegeben, dann ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie gerade in der Nähe eines anderen Asteroiden vorbeifliegt, während dort gerade ein Einschlag passiert, etrem gering. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Chondren zunächst noch im Orbit des Mutterkörpers kreisen, aus denen sie entstanden sind. Dann schlägt ein weiterer Asteroid in den Mutterkörper ein und es gibt einen Hitzeschwall, der die Chondre trifft. Gut, sowas kann passieren, aber es ist doch sehr unwahrscheinlich. Wenn 10% der Chondren von gewöhnlichen Chondriten und 50% der Chondren von CV3 Chondriten solche Ränder aufweisen, dann kann ich mir die Ränder nicht mit zweiten Einschlägen erklären. Von daher denke ich, dass diese Ränder im Zusammenhang mit dem Event stehen, der die Chondren gebildet hat. Wenn einige zig tausend Jahre zwischen den Ereignissen liegen würden, dann kann ich mir auch kaum vorstellen, wie sich so eine Chondre in dem doch noch recht dichten Nebel oder im Orbit um den Mutterkörper so lange erhalten kann, ohne komplett durch Zusammenstösse mit Staubteilchen zerstört zu werden.

Man könnte nun sagen, dass die Staubscheibe noch relativ dicht war und die Teilchen mehr im Gleichtakt gekreist sind als heute, so dass die Teilchen innerhalb der Staubscheibe besser gegen Kollisionen geschützt waren. Aber wenn es damals schon einige 1000 Planetesimale gab dann muss es häufig zu Kollisionen und Ablenkungen der Staubkörner bei nahen Vorbeiflügen gekommen sein, so dass es viele "Querschläger" gegeben haben muss. Wie soll eine Chondre das lange überleben? Das gilt übrigens auch für die CAIs. Irgendwie müssen die CAIs im äusseren Sonnensystem vor der Zerstörung durch Kollisionen geschützt worden sein. Für die im inneren Sonnensystem habe ich ja schon geschrieben, dass die CAIs durch mehrfache Akkretierung in Planetesimalen zerstört wurden. Aber im äusseren Bereich müssen sie sich über mindestens 2-4 Millionen Jahre erhalten haben. Mögliche Erklärung: Die CAIs habe sich im äusseren Sonnensystem als Staubschicht um die Planetesimale angelagert und eine dicke Schicht gebildet. Dort waren sie gegen Zerstörung geschützt. Dann kam es zum Zusammenstoss, wobei sich eine Wolke aus Tröpfchen aus dem flüssigen Magma vom inneren des Planetesimals gebildet hat, die sich mit der dicken CAI-Schicht von der Oberfläche gemischt hat. Aus so einem Einschlag sind dann die CV3 Chondriten entstanden. Bei den CM2 Chondriten sind die CAIs viel kleiner, vermutlich weil sie aus dem umgebenden Staub akkretiert wurden, wo die CAIs nicht gegen Zusammenstösse geschützt waren.

Ich habe jetzt noch bei Sanders etwas zu Schmelzrändern bei Chondren gefunden. Er schreibt:
http://articles.adsabs.harvard.edu/full/1997M%26PSA..32Q.113S

"Impacts on molten or partially molten planetesimals would loft dust and cold fragments from the surface region as well as droplets from the liquid interior. The constituents in the ejecta cloud would collide and droplets would engulf mineral fragments. This would explain matrix lumps and relict grains inside chondrules and dusty mantels on their surfaces. Compound chondrules also find a ready explanation. The interior of the chondrule cloud would presumably cool relative slowly, due to radiative shielding, in agreement with experimentally inferred chondrule cooling rates. Dust clumps and the rims of dust-coated chondrules caught up in the chondrule cloud would become sintered or melted, consistent with observations. The scenario is also consistent with the great abundance of chondrules in chondrites, and with an apparently restricted range of chondrule peak temperature. Large blobs of melt as well as chondrules would be expected, and these occur as macrochondrules in some chondrites."

Also von daher nimmt er an, dass die Schmelzränder der Chondren dadurch entstanden sind, diese Chondren nochmals in heissere Bereiche der Einschlagswolke gelangt sind und dabei angeschmolzen sind.


Hier sieht man mal was passiert, wenn man kochendes Wasser bei sehr kalten Temperaturen ausschüttet. Es bildet sich dann kein einzelner Eisklumpen, sondern viele feine Eiskristalle:
http://www.youtube.com/watch?v=aRwlrFimnZk
http://www.youtube.com/watch?v=_TYaDgEQSIo
 
Grüsse,
Mark

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #61 am: September 05, 2010, 23:28:30 Nachmittag »
Hallo,
es ist übrigens sensationell, wie genau man mit den neuesten Instrumenten Altersbestimmungen an Meteoriten vornehmen kann. Das geht inzwischen auf +-100.000 Jahre!

Gross durch die Presse ging ja die Altersbestimmung eines CAI in NWA 2364 (CV3) auf 4,568.2 Millionen Jahre. Dieser CAI ist das älteste Objekt, das man bisher im Sonnensystem gefunden hat:
http://www.nature.com/ngeo/journal/v3/n9/full/ngeo941.html
Hier ein Bild dieses CAI:
http://www4.nau.edu/meteorite/Meteorite/Oldest.html

Das hat sich auch gleich auf den Preis von NWA 2364 ausgewirkt:
http://www.arizonaskiesmeteorites.com/AZ_Skies_Links/NWA_2364/4.7gNWA-2364/index.html  :dizzy:

Dieselbe Forschergruppe hat begonnen, eine Allende-Chondre genau zu vermessen. Nach bisherigem Ergebnis ist sie 4567.59 ± 0.10 Millionen Jahre alt. Dabei hat man die Chondre in 4 Teile aufgeteilt, drei Proben aus dem inneren Bereich und ein Teil aus der Randzone. Die drei Proben aus dem inneren Teil ergaben alle das gleiche Alter, die Probe aus der Randzone ein leicht abweichendes Alter. Leider geht aus der frei verfügbaren Zusammenfassung nicht das genaue Alter der Randzone hervor.
http://www.google.de/url?url=http://www.public.asu.edu/~abouvier/Bouvier_Goldschmidt_2008.pdf&rct=j&sa=U&ei=pgqETPe2L4n2Oazi7JEG&ved=0CCgQFjAC&q=Pb-Pb+isotope+systematics+in+an++++++Allende+chondrule+&usg=AFQjCNEaKXAChhPD4AFM0Zrv_hNXN8GpGg

Von solchen Messungen kann man schon sehr bald grundlegend neue Erkenntnisse erwarten, da sich ja die wesentlichen Vorgänge im Sonnensystem in den ersten 5 Millionen Jahren nach CAI-Bildung abgespielt haben.

Grüsse,
Mark
« Letzte Änderung: September 05, 2010, 23:50:13 Nachmittag von MarkV »

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #62 am: September 07, 2010, 00:19:50 Vormittag »
Hallo,
übrigens das Alter von Muonionalusta ist 4565.3 ± 0.1 Millionen Jahre. Das ist der Zeitpunkt, als sich die ersten Bestandteile auskristallisiert haben. Im flüssigen Zustand muss er schon 1-2 Millionen Jahre vorher existiert haben.

"These data make the age of Muonionalusta the oldest documented yet for all differentiated bodies in the Solar System.."

http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-50C5XD9-2&_user=10&_coverDate=08%2F01%2F2010&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1452554038&_rerunOrigin=scholar.google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=988b16287b1cb85e1786100e9cfc7e96&searchtype=a

Grüsse,
Mark

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #64 am: September 07, 2010, 00:54:48 Vormittag »
Ja, auch hier wieder:
"Dies unterstützt die neue Sonnensystemchronologie, welche besagt, daß Chondrite nicht das Ursprungsmaterial der meißten differenzierten Asteroiden sein kann."

(Rechtschreib- und Grammatikfehler hab ich mit übernommen, ist schliesslich ne Dissertation :weissefahne:)

Grüsse,
Mark

P.S.: Ich glaub ich brauche eine neue Spalte in meiner Meteoritensammlungs-Datenbank namens "Alter". Ist doch toll, wenn wir bald von den meisten Meteoriten in unserer Sammlung das Kristallisationsalter auf +-100.000 Jahre genau kennen.

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #65 am: September 09, 2010, 23:40:00 Nachmittag »
Hallo,
hier noch ein sehr interessanter Bencubbinite: NWA 5492.
http://meteoriteguy.com/catalog/nwa5492.htm

Die Chondren auf dem Bild oben sehen aus wie ganz normale Chondren eines 3er Meteoriten. Also wenn sich wirklich manifestiert, dass alle Bencubbinite durch einen Einschlag entstanden sind, dann ist NWA 5492 der Beweis dafür, dass ganz "normal" aussehende Chondren durch Einschläge entstehen können. Aber noch hat NWA 5492 provisorischen Status.

Grüsse,
Mark

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #66 am: September 18, 2010, 12:29:31 Nachmittag »
Ich tu des mal daher, weils zwei Theorien abbildet (und auch einige Beobachtungen, die mit der Schwabbelballkollisionstheorie nicht vereinbar sind):

http://rsta.royalsocietypublishing.org/content/359/1787/2077.full.pdf

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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #67 am: September 18, 2010, 15:23:32 Nachmittag »
Zitat von: Mettmann
Hab Dir in den Chondrenthread ein 10jahrealtes Paper reingelinkt.  (Hutchison, Russell, Williams). Zur Planetenentstehung.
Die eigentlich dazu dient,  zu zeigen, daß die Aufheizungen der Staubsteibe durch die Ausbrüche der Sonne im T-Tauri-Stadium allein nicht ausreichen, um das zu erklären, was man chemisch und mineralogisch an den Meteoriten und an den Chondren ablesen kann.
Sondern daß es auch Kollisionen gegeben haben muß und da findst dann auch schon den ominösen Zeitrahmen von 2 Millionen Jahren.
Schön detailliert - habs nur überflogen.
Und se jehen davon aus, daß schon vorher dementsprechend was da gewesen sein muß.

Naja, das passt doch alles wunderbar zur Einschlagstheorie. Die Einschlagstheorie erfordert ja gerade, dass sich schon sehr früh grosse Asteroiden und Protoplaneten gebildet haben (zunächst noch flüssig). Hätten sich die Asteroiden erst 5 Millionen Jahre nach den CAIs gebildet, dann gäbe es gar keine Chondren, weil Asteroiden von sagen wir 100km Durchmesser dann gar nicht mehr flüssig gewesen wären. Da sich die Planetenbildung aber viel rascher vollzogen hat als früher noch gedacht, waren schon in den ersten 2 Millionen Jahren heftige Zusammenstösse möglich (auch wegen dem Proto-Jupiter, der die kleineren Asteroiden ordentlich durcheinandergewirbelt hat).
 
Wenn so eine Chondre erst eine Millionen Jahre im Nebel herumschweben würde, bevor sie irgendwann zur Bildung eines chondritischen Asteroiden beitragen würde, dann frag ich mich, wie sie dass unter solchen Bedingungen unbeschadet überstehen kann. Wenn es zu dieser Zeit schon Asteroiden gab, die mit kosmischer Geschwindigkeit in andere Asteroiden eingeschlagen sind (durch Störungen vom Proto-Jupiter aus der Bahn geworfen), dann muss es auch zahlreiche kleine Staubteilchen gegeben haben, die quer zur Bewegung der friedlich vor sich hinschwebenden Chondre geflogen sind. Das würde eine Chondre doch keine 1000 Jahre überstehen, bis sie komplett zu Staub geworden ist. Ein Satellit hätte das unter diesen Bedingungen sicher nicht lange ausgehalten. Nun sind aber die meisten Chondren relativ unbeschädigt.

Zitat
(Ich kriegs sowieso geistig nicht auf die Reihe, wie ich die CAIs, deren neue Altersbestimmung ja der Aufhänger der Schwabbelkollisionstheorie war, in die Chondriten reinkriegen soll. Erstens wirds bei so einer Kollision ja ordentlich heiß, wieso sollen da die Silikate und das Zeug aufgeschmolzen sein, um Chondren zu bilden, nicht aber die CAIs, und warum gibts dann Eisenflöckchen und keine Eisentröpfchen. Kollision von glutflüssigen Körper sowieso nicht, da wären ja keine CAIs in der Suppe drin. Und wieso sind die praktisch nur in den Untergruppen der Kohligen, nicht aber bei den andern Chondriten drinne.)

Die für mich wahrscheinlichste Erklärung ist, dass sich die CAIs als Regolith auf den im inneren flüssigen Asteroiden abgelagert haben. Dann gab es einen Einschlag und dabei ist dann der Regolithstaub mit in die Einschlagswolke geraten und vermischt worden. Fertig ist der CV3. Weiter zur Sonne hin gab es mehr Einschläge und da wurden nach einigen Generationen von Einschlag, Zusammenfallen, Aufschelzung die CAIs aufgelöst. Hab ich weiter oben schon geschrieben.

Zitat
Und ev. auch interessant - die Dynamik. Die Asteroiden oder Schwabbler der ersten Generation, die sich ja aller zur annähernd selben Zeit gebildet haben müssen, müssen ja dann, mehr oder weniger ähnliche Bahngeschwindigkeiten gehabt haben.
Daher ists schwierig, wie die sich in so kurzer Zeit durch solche Gewaltigen Kollisionen, Hochgeschwindigkeitskollisionen, ausgelöscht haben sollen - die eben auf so hohe Relativgeschwindigkeiten zueinander zu bringen.
Im gelinkten Paper besorgt das, der ungeheuer massereiche Protojupiter - nuju und der is ja auch nich ex nihilo erschienen.

Da die Asteroiden ja flüssig waren, ist keine übermässig grosse Einschlagsenergie erforderlich gewesen. Der grösste Teil der Wolke fällt nach einiger Zeit wieder in sich zusammen.

Man muss sich auch anschauen, was es sonst noch an Alternativerklärungen zur Chondrenentstehung gibt. Das oben erwähnte X-Wind-Modell ist inzwischen ziemlich tot (siehe Weir Webseite). Dann bleibt sonst nur noch die Schockwellentheorie. Die hat das Problem, dass sie keine schlüssige Ursache für die Schockwellen benennen kann. Für mich ist die Einschlags-Theorie noch die einfachste und logischte Theorie von allen. Warum soll man unnötig komplizierte Erklärungen konstruieren, wenn es auch eine einfache gibt?

Ist natürlich nicht ganz einfach, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass die Chondren das ursprüngliche Nebelmaterial sind, aus denen sich alles andere gebildet hat. Mir wäre es auch lieber, wenn die Chondren im Nebel entstanden wären, statt aus aufgeschmolzenen Asteroiden. Es ist nun nicht so einfach, wenn man als Sammler möglichst ursprüngliches Material aus der Staubscheibe haben möchte. Da bleiben dann nur noch die CI und die weniger durch Chondren "verunreinigten" CM2, sowie einige andere kohlige und ausserdem die Typ 3 Chondriten, in der Hoffnung bei denen zwischen den Chondren den einen oder anderen interessanten Einschluss zu finden. Aber niemand muss dieser Theorie folgen. Sie ist ja im Moment wohl noch eher die Mindermeinung im Vergleich zur Schockwellen-Theorie.

Grüsse,
Mark
« Letzte Änderung: September 18, 2010, 15:44:21 Nachmittag von MarkV »

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #68 am: September 18, 2010, 16:41:55 Nachmittag »
Man kann aber auch die T-Tauri-Winde durchaus für die CAIs hernehmen, wenn man deren Entstehungsort nur nah genug an die junge Sonne ranschiebt.
Ui hat einer ein Bild gemalen.
http://www.psrd.hawaii.edu/Sept02/isotopicAges.html

Und was halt nicht recht paßt, mit der Schwabbelkollisionshypothese, daß die Chondren mehrfach und jeweiles rapide erhitzt worden sein müssen.
Einmal nach Schwabbelzerspellung in den Zweitgenerationsasteroiden inkorporieret, bräuchte man weitere Auslöser für so schnelle Erhitzungen.
Zerfallswärme ist wohl nicht möglich - grad wenns kleine Körper sind, wenns größere dann schmilzt ja wiedrum alles auf und die Chondren sind futsch.
Impaktwärme - wir haben Chondrite, die sehr schwach nur geschockt sind, und haust einen zufest rein, gibts Impaktschmelzen und wiedrum sind Chondren furt.

Jut, bin kein Astronom, also als Blitzheizer, was kann da alles in Frage kommen?
T-Tauri-Ausbrüche. Benachbarte Supernovae und Gedöns. Wir ham ja in den Meteoriten Nachweise, daß da Supernovaprodukte drin sind, die sich zeiltlich auch relativ gut einordnen, um die Zeit eben herum. Tät ja auch passen, dazu daß das überhaupt der Auslöser zur Bildung der Sonne gewesen ist, die anders als die meisten Sterne sichtlich nicht in einem Haufen entstanden ist aber auch in ihrer Richtung und Rotationsgeschwindigkeit ums galaktische Zentrum vollkommen im Rahmen bleibt, also auch nirgends aus einem Haufen rausgeschleudert worden sein kann.
Der Zusammenfall des Protosolaren Nebels in eine Scheibe. 
Was weiß ich, müssen uns bewanderte sagen.

Allerdings und das machts ja so besonders spannend, gehen wir inszwischen ja sogar protoplanetare Staubscheiben um andere Sonnen an!

Guckma hier, das neue Spitzer Teleskop hat in einer solchen Staubscheibe Quarz nachgewiesen!
http://www.astronomy.com/asy/default.aspx?c=a&id=7596
Oiso gabs da auch solche plötzlichen Aufheizungen.

Doll, gell?
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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #69 am: September 18, 2010, 21:12:44 Nachmittag »
Man kann aber auch die T-Tauri-Winde durchaus für die CAIs hernehmen, wenn man deren Entstehungsort nur nah genug an die junge Sonne ranschiebt.
Ui hat einer ein Bild gemalen.
http://www.psrd.hawaii.edu/Sept02/isotopicAges.html

Das ist schon sehr umständlich, die CAIs ausgerechnet in Sonnennähe entstehen zu lassen, wo man sie doch nur bei den sonnenfernsten Asteroiden findet. Dann muss der CAI ganz schön weit, entgegen der Akkretionsrichtung, transportiert werden, um ihn in einen CV3 zu bekommen. Woher die CAIs kommen, ist mir allerdings auch nicht wirklich klar. Am einfachsten wäre es, wenn die als erstes aus dem heissen Nebel auskristallisiert sind und überall gleichmässig verteilt waren. Nur: In CI-Meteoriten findet man keine CAIs :eek: Schon sehr merkwürdig.

Zitat
Und was halt nicht recht paßt, mit der Schwabbelkollisionshypothese, daß die Chondren mehrfach und jeweiles rapide erhitzt worden sein müssen.
Einmal nach Schwabbelzerspellung in den Zweitgenerationsasteroiden inkorporieret, bräuchte man weitere Auslöser für so schnelle Erhitzungen.
Zerfallswärme ist wohl nicht möglich - grad wenns kleine Körper sind, wenns größere dann schmilzt ja wiedrum alles auf und die Chondren sind futsch.
Impaktwärme - wir haben Chondrite, die sehr schwach nur geschockt sind, und haust einen zufest rein, gibts Impaktschmelzen und wiedrum sind Chondren furt.

Soweit ich die Literatur bisher durchgesehen habe, ist nicht erwiesen, dass die Ränder durch zwei verschiedene, zeitlich getrennte Ereignisse entstanden sind. Vermutlich sind die Ränder direkt beim selben Einschlag entstanden, wenn die Chondre nochmals in heissere Bereiche verwirbelt wurde. Wenn Schockwellen die Ursache für die Ränder wären, dann muss es Schockwellen mit verschiedener Stärke gegeben haben. Aber man hat noch nie eine Chondre gefunden, die nur äusserlich angeschmolzen war und innen noch den Staubkern hatte, also nur von einer schwachen Schockwelle getroffen wurde, die nicht zur völligen Aufschmelzung gereicht hat.

Zitat
Jut, bin kein Astronom,
Das ist wohl das Hauptproblem, dass die Meteoritenforscher eine schöne Theorie über Schockwellen aufstellen, aber die Forschung über die Ursache der Schockwellen an die Astronomen abschieben.

Zitat
Allerdings und das machts ja so besonders spannend, gehen wir inszwischen ja sogar protoplanetare Staubscheiben um andere Sonnen an!
Ja, von den Astronomen ist hier auch einiges an neuem Wissen zu erwarten. Bald soll ja der HST-Nachfolger an den Start gehen. Mal schauen, wie gut der die Staubscheiben auflösen kann. Eine sehr überraschende Erkenntnis waren auch die jupitergrossen Planeten direkt in Sternnähe (etwa so nah wie Merkur). Das hat auch alle alten Theorien zur Sonnensystementstehung über den Haufen geworfen. Solche grossen Planeten sind wahrscheinlich weiter aussen entstanden, aber dann durch "Abbremsung" im Nebel näher an ihren Stern gelangt.

Grüsse,
Mark

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #70 am: September 18, 2010, 23:53:56 Nachmittag »
Zitat
Das ist wohl das Hauptproblem, dass die Meteoritenforscher eine schöne Theorie über Schockwellen aufstellen, aber die Forschung über die Ursache der Schockwellen an die Astronomen abschieben.

Eigentlich nicht, das ist wunderbar interdisziplinär. Und der Astrophyskus der kümmert sich drum
und kann mittlerweile, wenn man ihn fragt, die Chondrenentstehung per Schockwellen
wunderbar erklären.

(Hoffentlich krieg ich jetzt keine Schläg, wenn ich das hinlink....):

http://www.astronews.com/news/artikel/2005/03/0503-008.shtml

Und die Burschen arbeiten weiter, allein ich find immer nur noch Bezahlartikel von denen...


Zitat
Das ist schon sehr umständlich, die CAIs ausgerechnet in Sonnennähe entstehen zu lassen,

Och, dytt scheint schon zu gehn, wenn man nur will (und misst):

http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2005/pdf/1024.pdf


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Mettmann
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Offline ben.g

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #71 am: September 19, 2010, 07:17:23 Vormittag »
Hallo

Auch der Ansatz einer Induzierung der Schockwellen durch eine Supernova ist noch nicht tot:
http://carnegiescience.edu/news/little_bang_triggered_solar_system_formation

Gruß
Ben

Offline stollentroll

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #72 am: September 19, 2010, 08:42:42 Vormittag »
Zitat
Guckma hier, das neue Spitzer Teleskop hat in einer solchen Staubscheibe Quarz nachgewiesen!
Nein, nicht Quarz, sondern Cristobalit und Tridymit.
Quarz kann nur unterhalb von 573 °C entstehen. Tridymit (in der HT-Form) benötigt mindestens 867°C und der kubische Cristobalit mindestens 1470°C (es gibt bei Tridymit und Cristobalit auch noch Niedrigtemperatur-Formen, die aber strukturell etwas anders sind). Das ist ja das gute daran, dass man das Druck-Temperatur-Diagramm von SiO2 so gut kennt und aus dem Vohandensein der einzelnen Phasen dann Rückschlüsse auf die Bedingungen ziehen kann.

Grüße
der Stollentroll

PS: ist das in dem "Quarz-Eucriten" eigentlich wirklich Quarz oder auch Tridymit ?

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #73 am: September 19, 2010, 10:10:10 Vormittag »

(Hoffentlich krieg ich jetzt keine Schläg, wenn ich das hinlink....):

In dem Artikel steht ganau nichts dazu, was die Schockwelle ausgelöst hat. Ausserdem ist er von 2005. In der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite schon akkretiert waren, bevor sich die Chondren gebildet haben. Für eine Schockwelle braucht man ein Medium in dem sich die Welle ausbreitet. Wenn es aber schon zig tausende Asteroiden gab, bevor sich die Chondren gebildet haben, dann ist es unwahrscheinlich, dass der Nebel noch dicht genug war, um solche Schockwellen weiterzuleiten.

Bei einem relativ hohen Anteil der Chondren in Meteoriten, sind zwei oder mehr Chondren aneinandergeschmolzen (compound chondrules). Damit solche compound chondrules entstehen können, muss die Anzahl von Chondren-Vorläufer-Staubbällen bei 0.1-30 pro Qubikzentimeter gelegen haben (siehe unten verlinktes Paper). Computersimulationen zeigen aber, dass ein Nebelbereich, der eine so hohe Dichte ausweist, schon in kürzester Zeit gravitativ in sich zusammenfallen würde und einen Asteroiden bildet.

Ausserdem weisen Untersuchungen darauf hin, dass Chondren bei ihrer Aufschmelzung kein Natrium an ihre Umgebung abgegeben haben und in einem geschlossenen System entstanden sind, das einen hohen Staubanteil erfordert:
Zitat
To achieve essentially closed-system behavior, particularly for the alkalis but also FeS, Fe, FeO and SiO2, requires very high solid/gas ratios – ~106-109 for pH2 10-4-10-8 bars - that are very hard to achieve in the nebula by known mechanisms such as turbulent concentration [6].
http://www.google.de/url?url=http://www.lpi.usra.edu/meetings/mssymp2010/pdf/8007.pdf&rct=j&sa=U&ei=s72VTI-yFIXGsgaqosidCQ&ved=0CBoQFjAA&q=chondrule+formation+dense&usg=AFQjCNHLGVobYtdVCaPZbOIoV4YgHigWgg&cad=rja

Krot et al sagen, dass für die Entstehung von Typ1 Chondren ein hoher Gasdruck in der Umgebung vorhanden gewesen sein muss. Das erfordert auch ein sehr dichtes Medium.
http://www.sciencedirect.com/science?_ob=ArticleURL&_udi=B6V61-4M51FJS-1&_user=10&_coverDate=11%2F15%2F2006&_rdoc=1&_fmt=high&_orig=search&_origin=search&_sort=d&_docanchor=&view=c&_searchStrId=1466001559&_rerunOrigin=google&_acct=C000050221&_version=1&_urlVersion=0&_userid=10&md5=37f6e245a4e7d463189c9e5c971ba137&searchtype=a

Das passt alles sehr gut zur Einschlagstheorie, nicht aber zur Nebeltheorie. Denn wenn die Materie und Gasdichte so hoch war, dann wäre dieser Teil des Nebels gleich in sich zusammengefallen.

Zitat von: Ben
Auch der Ansatz einer Induzierung der Schockwellen durch eine Supernova ist noch nicht tot:
Da geht es um die Supernova, die der Auslöser für den Zusammenfall der Staubscheibe war, was allgemein anerkannt ist. Das ist aber nicht zu verwechseln mit den Schockwellen, die zur Entstehung von Chondren geführt haben. Hier wüsste ich nicht, dass aktuell noch jemand vertritt, dass die Schockwellen, die zum Aufschmelzen der Chondren geführt haben, von einer Supernova ausgelöst wurden.


Grüsse,
Mark

P.S.:
Ich häng mal noch eine Grafik an, die den Anteil der Chondren und CAIs in den verschiedenen Meteoritenklassen zeigt. Ausserdem ist der petrologische Grad (1-6) angegeben, der bei diesen Meteoritenklassen vorkommt. Dabei steht Grad 3 für unverändertes Material. Je mehr die Zahl nach oben abweicht (4,5,6), um so stärker ist die Veränderung durch Hitzeeinfluss. Je mehr die Zahl nach unten abweicht (2-1), um so grösser ist die Veränderung des Ausgangsmaterials durch Wassereinfluss. Das könnte vielleicht in der weiteren Diskussion noch eine Rolle spielen.
Quelle: http://www.goodschist.com/2008/06/26/the-importance-of-being-ivuna/
« Letzte Änderung: September 19, 2010, 11:12:55 Vormittag von MarkV »

Offline ben.g

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #74 am: September 19, 2010, 12:10:05 Nachmittag »
Hallo  :winke:

Zitat von: Ben
Auch der Ansatz einer Induzierung der Schockwellen durch eine Supernova ist noch nicht tot:
Da geht es um die Supernova, die der Auslöser für den Zusammenfall der Staubscheibe war, was allgemein anerkannt ist. Das ist aber nicht zu verwechseln mit den Schockwellen, die zur Entstehung von Chondren geführt haben. Hier wüsste ich nicht, dass aktuell noch jemand vertritt, dass die Schockwellen, die zum Aufschmelzen der Chondren geführt haben, von einer Supernova ausgelöst wurden.
Ah ja, danke für die Richtigstellung. Ich hatte es nur kurz überflogen.


Aber nun doch zur Chondrenbildung durch Schockwellen:
Ich denke, man sollte sich sowieso weniger Gedanken um die Ursache einer Schockwelle machen, sondern ob die vorliegenden Fakten und neueren Erkenntnisse überhaupt noch (ausschliesslich) eine Schockwelle als Ursache der Chondrenbildung zulassen. Nachdem was ich jetzt hier gelesen habe, gibt es da ja zumindest einige Ungereimtheiten.

Nun scheinen aber dummerweise auch die anderen Theorien ihre Schwachstellen zu haben.
Alle dieser Theorien können einiges erklären. Viele der Theorien können vieles erklären. Aber so wie's scheint, kann keine Theorie alles erklären.  :smile:

Damit wären wir wieder hier:
Zitat von: lithoraptor
Was mich bei allen Theorien immer etwas stört ist das Faktum, dass sie immer irgendwie "absolutistisch" sind. Eben immer Beweise dafür gefunden werden, dass sich etwas nur so (und nicht anders) zugetragen haben kann. Könnte es nicht viel mehr doch so sein, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeiten gebildet haben können. Also durch Schockwellen, Nebelblitze und Kollisionen? Einen Wassertropfen kann ich auf der Erde ja auch nicht nur dadurch erzeugen, dass ich einen Stein ins Wasser klatsch. Warum muss es also immer ein entweder oder sein und nicht auch mal ein "auch".
verschiedene Genesen zu unterschiedlichen oder gleichen Zeitpunkten an anterschiedlichen Orten würden das Problem doch auch gut lösen. Zum anderen: Wenn bisher die eine Theorie favorisiert war, heiß es doch auch, daß dafür hinreichend Beweise da waren, sonst hättens ja nicht die meisten geglaubt. Nun gibts paar Fakten, die nicht mit der Theorie übereinstimmen, muß halt ne neue her, aber warum denn alles in den Papierkorb werfen.
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Natur ist halt nicht so linear wie es uns manchmal lieb ist.
speul

Manchmal nimmt sich die Natur tatsächlich die Freiheit mehrere Wege zu gehen. Könnte hier ja auch der Fall sein, dass mehrere Prozesse - auch zu unterschiedlichen Zeiten - eine Rolle spielten. Leider ist sowas für die Wissenschaft(ler) meist etwas lästig, weil unhandlich, wenn die Natur einen auf vielfältig macht...  :einaugeblinzel:

Gruß
Ben

 

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