Autor Thema: Entstehung von Chondren  (Gelesen 34238 mal)

Offline Greg

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #30 am: September 02, 2010, 15:16:07 Nachmittag »
Hallo,  :hut:

zunächst einmal vielen Dank an vor allem Mark, der hier die neuen Thesen verständlich zusammengefasst und mit Links versehen hat.  Klasse. :super: Das Thema ist sehr spannend.

Bei mir vermischen sich nun verschiedene Gedanken und Bilder.  :dizzy: Man versucht sich die Abläufe ja vorzustellen, kann sich dabei aber auch schnell gedanklich verrennen. Einiges ist klar, anderes fraglich. Es wurde ja schon gesagt, dass alle Thesen ein "aber" sowie einige "??" beinhalten...

Auf eine Sache möchte ich spontan eingehen:
Zitat
Das ursprünglichste Material in der protoplanetaren Scheibe neben den CAIs ist das Material, aus dem die CI-Chondriten bestehen. Aus diesem Material haben sich aber bereits 0.5 Mio Jahre nach der CAI-Entstehung Asteroiden gebildet, die sich differenziert haben (Eisen in der Mitte, Silikate oben). Von diesen relativ kleinen Asteroiden von vielleicht 30km bis einigen 100km Durchmesser stammen alle Eisenmeteorite.

Damit ist doch nicht gemeint, dass die CI Mutterkörper differenziert waren, oder etwa doch? Das könnte ich mir überhaupt nicht vorstellen. Ebensowenig bei den CM Mutterkörpern. Aufgrund von Chondren, Eisen etc. dürften diese nicht differenziert gewesen sein. Oder kann man Eisen diesen Mutterkörpern zuordnen?  :gruebel:

Vielleicht ist der Gedanke anders gemeint. Aus dem CAI und CI Material haben sich die ersten differenzierten Körper gebildet. Von diesen stammen die Eisenmeteoriten. Die Frage, wo das entsprechende achondritische Mantelmaterial hin ist (der Urmantel sozusagen), ist dann natürlich sehr berechtigt.

Viele Güße
Greg

Offline speul

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #31 am: September 02, 2010, 15:49:21 Nachmittag »
Hallo,
schade, daß auf Ingos Einwand noch keiner reagiert hat.
Zitat
Was mich bei allen Theorien immer etwas stört ist das Faktum, dass sie immer irgendwie "absolutistisch" sind. Eben immer Beweise dafür gefunden werden, dass sich etwas nur so (und nicht anders) zugetragen haben kann. Könnte es nicht viel mehr doch so sein, dass sich Chondren auf ganz unterschiedliche Weise und zu ganz unterschiedlichen Zeiten gebildet haben können. Also durch Schockwellen, Nebelblitze und Kollisionen? Einen Wassertropfen kann ich auf der Erde ja auch nicht nur dadurch erzeugen, dass ich einen Stein ins Wasser klatsch. Warum muss es also immer ein entweder oder sein und nicht auch mal ein "auch".
verschiedene Genesen zu unterschiedlichen oder gleichen Zeitpunkten an anterschiedlichen Orten würden das Problem doch auch gut lösen. Zum anderen: Wenn bisher die eine Theorie favorisiert war, heiß es doch auch, daß dafür hinreichend Beweise da waren, sonst hättens ja nicht die meisten geglaubt. Nun gibts paar Fakten, die nicht mit der Theorie übereinstimmen, muß halt ne neue her, aber warum denn alles in den Papierkorb werfen.
Das ist aber so ein Problem bei den Geologen.
Früher gab es die Neptunisten und die Plutonisten. Die einen sagen, alles Gestein stammt aus dem Meer, und haben gute Beweise, die anderen sagen: Alles vulkanisch. Hat lange gedauert bis se begriffen haben, manches steammt aus dem Vulkan und anderes aus dem Meer.
Früher galt nur der Aktualismus, nur was heute passiert, ist auch immer schon passiert, also mußten für seltsame (Impakt)-Gesteine, seltsame Typen von Vulkanismus generiert werden, nur um extraterrestrische Ursachen nicht nutzen zu müssen, - sonst wäre man im Abseits gelandet. Erst in den letzten Jahrzehnten ists nun Gemeingut gewurden, daß es Impakte gibt und auch ungewöhnliche vulkanische Ablagerungen.

Deswegen nochmal, beide Theorien in einen Topf, umrühren und dann sehen, welche Chodren in der einen Weise entstanden sind und welche in der anderen Weise.
NAtur ist halt nicht so linear wie es uns manchmal lieb ist.
speul
Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #32 am: September 02, 2010, 16:05:33 Nachmittag »
Vielleicht ist der Gedanke anders gemeint. Aus dem CAI und CI Material haben sich die ersten differenzierten Körper gebildet. Von diesen stammen die Eisenmeteoriten. Die Frage, wo das entsprechende achondritische Mantelmaterial hin ist (der Urmantel sozusagen), ist dann natürlich sehr berechtigt.

Hallo Greg,
ja, genau so ist das gemeint. Hier nochmal chronologisch:

1. Staubscheibe aus CI-artigem Material
2. Ab etwa 0.5 Millionen Jahren: Ausbildung von einigen tausend Asteroiden von 30-1000km Durchmesser und ersten Protoplaneten aus diesem Material. Diese Asteroiden sind alle komplett flüssig. Dazwischen gibt es weiterhin CI-artiges Nebelmaterial.
3. Zusammenstösse dieser Magma-Bälle, wodurch immer wieder Tröpfchen entstehen (Chondren), diese Chondren fallen aber wieder auf die zusammenstossenden Asteroiden zurück und schmelzen wieder
4. Ab etwa 1.5 Millionen Jahren nach dem Anfang: Zusammenstoss von Asteroiden, die bereits etwas abgekühlt sind, dabei komplette Auflösung in Tröpfchen. Nun reicht die Energie beim Zusammenfallen nicht mehr zur kompletten Aufschmelzung. Die ersten Mutterkörper der Chondrite bilden sich. Je nach Einschlagstyp entstehen unterschiedliche Chondrite. Ein solcher Zusammenstoss muss sich auch in dem Bereich ereignet haben, wo die CM2 Chondrite herstammen. In dieser Region gibt es aber noch viel von dem CI-artigem Urnebel. Diese Chondren vermischen sich mit dem Urnebel. Später bilden sich aus dem Urnebel/Chondren-Gemisch Asteroiden aus CM2 Material (nicht flüssig). Die CI-Chondrite bilden sich in einem Bereich, der nur aus dem Urnebel besteht. Hier gab es keine Zusammenstösse von flüssigen Asteroiden.
5. Die kleinen flüssigen Asteroiden kühlen immer mehr ab und werden fest. Diejenigen, die nicht zu Chondren zerstäubt wurden, sind kleine Mini-Vestas (hunderte oder tausende). Das Innere von den grösseren Protoplaneten ist weiterhin flüssig.
6. Etwa 5 Millionen Jahre nach dem Anfang: Von einem Zusammenstoss von zwei  Protoplaneten erhalten sich die letzten Chondren (CB-Chondrite)
7. Weitere Zusammenstösse von Protoplaneten. Z.B. der Zusammenstoss, bei dem der Mond gebildet wurde. Auch hier bilden sich Unmengen von Tröpfchen (Chondren), aber diese fallen alle auf den vom Einschlag komplett verflüssigten Mond und den Magma-Ozean auf der Erde zurück und schmelzen. Auch von anderen ähnlichen Einschlägen bleiben keine Chondren zurück. Bei Zusammenstössen von den Mini-Vestas, die inzwischen komplett fest sind, wird das Eisen freigelegt (unsere heutigen Eisenmeteorite). Die achondritische Kruste wird zerpulvert. Einschläge in die Mutterkörper der Chondrite führen zu Brekzien.
8. Ausdünnung: Die meisten Mini-Vestas, von denen oft nur noch der Metallkern übrig ist, und Chondrite schlagen entweder auf Planeten ein oder werden aus dem Sonnensystem herausgeschleudert.

Grüsse,
Mark

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #33 am: September 02, 2010, 17:07:16 Nachmittag »
...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?
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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #34 am: September 02, 2010, 18:29:48 Nachmittag »
...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?
Da kann ich auch nur spekulieren:
Es ist in der Tat sehr merkwürdig, dass die CAIs nur in den kohligen Chondriten vorkommen, aber nicht in den gewöhnlichen Chondriten. Mal angenommen, die CAIs waren am Anfang in der Staubscheibe gleichmässig verteilt. Dann muss es in der Region, in der sich die gewöhnlichen Chondrite gebildet haben, andere Abläufe gegeben haben als in der Region, in der sich die kohligen Chondrite gebildet haben.

Ich könnte mir das so vorstellen, dass die Anzahl der flüssigen Asteroiden in den ersten 2 Millionen Jahren im inneren Sonnensystem höher war als weiter aussen. Die CI-Chondrite und die CM2-Chondrite haben ja nur wenige oder keine Chondren, was für mich ein Hinweis darauf ist, dass es hier weniger Magma-Bälle und damit weniger Chondrenentstehung gab. Man geht davon aus, dass die kohligen Chondrite weiter aussen im Sonnensystem entstanden sind. Wenn es in der Region, wo die gewöhnlichen Chondrite entstanden sind, eine deutlich höhere Anzahl solcher Asteroiden gab, dann könnte es sein, dass der ganze Staub dort von den Magma-Bällen aufgesammelt wurde und mehrfach bei Zusammenstössen zu Chondren geworden ist (mehrere Generationen von Chondrenbildung, wobei die Chondren dann immer wieder aufgeschmolzen sind, als sie wieder zu einem flüssigen Asteroiden zusammengefallen sind). Dabei wurden dann alle CAIs zerstört.

Im äusseren Sonnensystem gab es dagegen nur wenige Magma-Bälle und hier wurde nicht aller Staub in die wenigen Magma-Bälle eingesammelt. Die CV3 Chondrite könnten direkt aus der ersten Generation eines Zusammenstosses zweier Magma-Bälle entstanden sein. Daher war hier noch der ursprüngliche Staub mit den CAIs in der Umgebung erhalten. Nach dem Einschlag hat sich dann ein Gemisch von Chondren (entstanden aus dem Einschlag) und CAIs aus der umgebenden Staubscheibe zum Mutterkörper der CV3 Chondrite zusammengeballt. Das könnte auch deutlich später passiert sein, so dass es zunächst zu einer längeren Durchmischung von Chondren und CAIs gekommen ist.

Aber das ist alles reine Spekulation von mir. In der Literatur habe ich dazu noch nichts gefunden.

Grüsse,
Mark

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #35 am: September 02, 2010, 20:00:34 Nachmittag »
Und auch weiß ich nicht, warum die durchschnittliche Chondrengröße in den unterschiedlichen Meteoriten so unterschiedlich ist, nicht aber in dem jeweiligen einzelnen Meteoriten.

Ich denke, die verschiedenen Chondren sind einfach Ausprägungen von verschiedenen Einschlagssituationen. Nehmen wir z.B. die winzigen Chondren der CO3 Chondrite im Vergleich zu den grossen Chondren der CV3 Chondrite. Beide sind in einem ähnlichen Bereich des Sonnensystems entstanden. Ich glaube, dass das Magma beim Einschlag, der zu den CO3 Chondriten geführt hat, einfach heisser war (weniger zähflüssig) als bei den CV3 Chondriten und/oder es eine höhere Einschlagsenergie gab. Dadurch wurde das Material bei den CO3 Chondriten stärker zerstäubt.

Grüsse,
Mark
« Letzte Änderung: September 02, 2010, 20:19:06 Nachmittag von MarkV »

Offline DCOM

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #36 am: September 02, 2010, 22:08:54 Nachmittag »
Ich hätte da mal eine andere Frage: Bezüglich der Entstehung des Erdkerns wird davon ausgegangen, dass Eisen und Nickel zunächst als Oxide vorlagen, weil sie durch den Sauerstoff in der protoplanetaren Scheibe rasch oxidiert wurden. Zu einer Differenzierung in Erdkern, Mantel und Kruste konnte es erst kommen, nachdem die Oxide durch CO reduziert und das jetzt metallische Nickeleisen in die Tiefe sank.

Nun sind kleinere Asteroide aufgrund ihrer geringen Gravitation allerdings nicht in der Lage, Gase wie CO zu halten. Daraus wäre zu folgern, dass sich kleinere Asteroide nicht differenzieren und einen metallischen Kern ausbilden können. Nur große Asteroide können folglich einen Eisenkern besitzen.

Frage: Ist das zutreffend? Wenn ja, lässt sich abschätzen, wo etwa die kritische Masse liegt, oberhalb derer es zur Reduktion von Metalloxiden bzw. zur Ausbildung metallischer Kerne kommt?

Grüße, D.U.  :hut:

P.S.: Kurioserweise besitzt Jupiter keinen metallischen, sondern einen Silikatkern, der etwa 20 Erdmassen schwer ist. Seine Existenz muss also mit einem Super-Hyper-Asteroiden begonnen haben, der nach und nach Wasserstoff, Helium und andere Gase einsammelte. Möglicherweise sitzt im Innern dieses Asteroiden aber doch ein kleines Nickeleisen-Kernlein von ein paar Mondmassen  :einaugeblinzel:

Offline Greg

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #37 am: September 02, 2010, 22:29:02 Nachmittag »
Hallo Mark,

der Ablaufplan bringt eine gute Übersicht.  :super: Das hört sich alles sehr nachvollziehbar an.

Eine Sache kann ich darin aber nicht unterbringen:

Zitat
Es ist inzwischen unter den Wissenschaftlern herrschende Meinung, dass die Eisenmeteorite älter sind als die Chondrite. Es steht zwar noch in vielen Lehrbüchern, dass sich zuerst die Chondren aus Staubkörnern in der protoplanetaren Scheibe gebildet haben und sich danach aus dem chondritischen Material die ersten Planetesimale gebildet haben, aber diese Ansicht ist heute überholt. Vielmehr ist es so, dass sich die Mutterkörper der Chondrite praktisch als letztes gebildet haben, als es schon längst Planetesimale/Protoplaneten gab, von denen Eisenmeteorite die Überreste sind.

Nach der Auflistung entstehen unter Punkt 4 die Chondrite mit ihrem Mutterkörper ab 1,5 Millionen Jahre:
Zitat
Nun reicht die Energie beim Zusammenfallen nicht mehr zur kompletten Aufschmelzung. Die ersten Mutterkörper der Chondrite bilden sich. Je nach Einschlagstyp entstehen unterschiedliche Chondrite.

Zu diesem Zeitpunkt haben sich die etwas festeren Magmabälle aber noch nicht abgekühlt und soweit differenziert, dass ein Eisenkern gebildet wurde. In den Chondriten ist ja das Eisen fein verteilt.
Erst im folgenden Punkt 5 bilden sich nach Deiner Auflistung zeitlich später die kleineren, differenzierten "Mini-Vestas", dessen Kerne uns die Eisenmeteoriten liefern.

Ich kann das nicht mit der oben zitierten Aussage, dass das Eisen älter ist, überein bringen.
Die chondritischen Mutterkörper können von der Logik her doch zeitlich nicht nach der Differenzierung entstanden sein.

Dieser Widerspruch, dass sich Chondrite gebildet haben sollen, als es schon Eisenkerne gab und das Eisen folglich älter sein soll, lässt sich vielleicht nur dadurch erklären, dass die Prozesse nicht überall zeitgleich abliefen, da in der Scheibe unterschiedliche Temperaturen und Bedingungen herrschten. Also, dass ein Teil schon ausdifferenziert war, während wo anders sich Magmabälle gerade erst abkühlten und durch Kollisionen sich Chondren und deren Mutterkörper bildeten.

Viele Grüße  :prostbier:
Greg

Offline lithoraptor

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #38 am: September 02, 2010, 22:39:16 Nachmittag »
Moin!

...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?

Wenn wir davon ausgehen, dass CAIs ursprünglich eine relativ weite Verteilung hatten, so dass sie ggf. auch in Prozesse involviert waren, bei denen OCs entstanden sind, dann könnte man nur so argumentieren, dass der Prozess der anhaltenden Chondrenbildung ein eher CAI-zerstörender ist. Demnach müsste man daraus folgern, dass sich die Mutterkörper der CVs und auch der Rs dann irgendwie/irgendwann diesen Prozessen entzogen haben oder diese Prozesse sich verlagert haben. Sprich, dass es in der Nähe der sich gebildeten CV- und R-Mutterkörper nicht mehr zu Einschlägen gekommen ist. Huch, das hat MarkV ja auch schon geschrieben. Bin jetzt doch iwi konfus. :dizzy:
Ein weiterer Grund könnte auch sein, dass CAIs wesentlich anfälliger für metamorphose Prozesse waren/sind, die später auf dem Mutterkörper stattfanden - wurden dann also dabei völlig zerstört. Hier stellt sich die Frage, ob es dann nicht OC-3er mit CAIs geben könnte/müsste.

Und auch weiß ich nicht, warum die durchschnittliche Chondrengröße in den unterschiedlichen Meteoriten so unterschiedlich ist, nicht aber in dem jeweiligen einzelnen Meteoriten.

Ich denke, die verschiedenen Chondren sind einfach Ausprägungen von verschiedenen Einschlagssituationen. Nehmen wir z.B. die winzigen Chondren der CO3 Chondrite im Vergleich zu den grossen Chondren der CV3 Chondrite. Beide sind in einem ähnlichen Bereich des Sonnensystems entstanden. Ich glaube, dass das Magma beim Einschlag, der zu den CO3 Chondriten geführt hat, einfach heisser war (weniger zähflüssig) als bei den CV3 Chondriten und/oder es eine höhere Einschlagsenergie gab. Dadurch wurde das Material bei den CO3 Chondriten stärker zerstäubt.

Hmmm, da bekomme ich aber schon wieder Probleme:
Selbst wenn man die Schwankungen in der Chondrengröße mit unterschiedlichen Viskositäten des Magmas dieser Bälle erklären möchte, und das ist kein Pfad den ich gerade zu beschreiten bereit bin (Wasser ist bei gleicher Temperatur auch immer gleich fluid und bei einem Einschlag sind nie alle Tropfen gleich groß - bei irdischem Magma übrigens auch nicht) :baetsch: , dann leuchtet mir absolut nicht ein, warum der innere Bau der Chondren (BO; PO; RPx etc.) innerhalb eines Meteoriten so unterschiedlich sein sollte. Ein sehr flüssiges Magma sollte doch von der Zusammensetzung her sehr homogen sein, zumindest homogener als ein sehr viskoses. Das sollte doch dann eher zu gleichartigen Chondren führen, oder? Ja, ich weiß, nun kommt wieder die Sache mit der Abkühlungsgeschwindigkeit ins Spiel.
ABER, an diesem Punkt möchte ich eine weitere sehr naive Überlegung in die Diskussion einbringen: Wenn sich alle (chemisch ident.) Tröpfchen, die gleich weit vom Impaktgeschehen entfernt sind (also quasi orbital um das Zentrum verteilt sind), mit tendenziell gleichen Geschwindigkeiten abkühlen, und dadurch andere Chondrentypen bilden und diese dann auf eine Art von Mutterkörper zurückstürzen, wo sie dann irgendwann nicht mehr zerstört werden und überdauern, müssten wir dann nicht eine Art von Sortierung beobachten können - erst mehr die einen, dann die anderen? Eine solche Art von Sortierung gibt es doch in Meteoriten nicht, die Chondren sind alle sehr durcheinander.

Spricht dies nicht eher für viele unterschiedliche und sehr kleinräumige Geneseprozesse, die sich gegenseitig überlagern? :gruebel:

Womit ich wieder bei meinem "und auch"-Prinzip wäre...

Gruß

Ingo

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #39 am: September 02, 2010, 22:55:07 Nachmittag »
Ich kann das nicht mit der oben zitierten Aussage, dass das Eisen älter ist, überein bringen.
Die chondritischen Mutterkörper können von der Logik her doch zeitlich nicht nach der Differenzierung entstanden sein.

Dieser Widerspruch, dass sich Chondrite gebildet haben sollen, als es schon Eisenkerne gab und das Eisen folglich älter sein soll, lässt sich vielleicht nur dadurch erklären, dass die Prozesse nicht überall zeitgleich abliefen, da in der Scheibe unterschiedliche Temperaturen und Bedingungen herrschten. Also, dass ein Teil schon ausdifferenziert war, während wo anders sich Magmabälle gerade erst abkühlten und durch Kollisionen sich Chondren und deren Mutterkörper bildeten.

Das erstarrte Eisen ist so gesehen nicht älter als die Chondrite. Es ging mir darum, dass die Mutterkörper der Eisenmeteorite älter sind als die Mutterkörper der Chondrite. Zum Zeitpunkt der Entstehung der Chondrite waren die Mutterkörper der Eisenmeteorite noch flüssig, insbesondere im Inneren. Die flüssigen Asteroiden, die zusammengestossen sind, haben sich in Chondrite umgewandelt. Diejenigen der flüssigen Asteroiden, die nicht zusammengestossen sind, sind erstarrt (Eisen in der Mitte, Silikate im Mantel) und sahen ähnlich aus wie Vesta, nur die meisten wohl nicht so gross.

Zitat
Daraus wäre zu folgern, dass sich kleinere Asteroide nicht differenzieren und einen metallischen Kern ausbilden können. Nur große Asteroide können folglich einen Eisenkern besitzen.
Schon 30-60km kleine Asteroiden konnten sich komplett verflüssigen, da bis 0.5 Millionen Jahre nach der CAI-Bildung noch sehr viel Energie durch den Zerfall von Al 26 frei wurde.

Da wir Eisen von gut 60 verschiedenen Mutterkörpern haben und man annimmt, dass nur ein kleiner Bruchteil dieser Mutterkörper noch erhalten ist, muss es damals tausende solcher differenzierten Asteroiden gegeben haben.

Grüsse,
Mark

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #40 am: September 02, 2010, 23:23:29 Nachmittag »
Selbst wenn man die Schwankungen in der Chondrengröße mit unterschiedlichen Viskositäten des Magmas dieser Bälle erklären möchte, und das ist kein Pfad den ich gerade zu beschreiten bereit bin (Wasser ist bei gleicher Temperatur auch immer gleich fluid und bei einem Einschlag sind nie alle Tropfen gleich groß - bei irdischem Magma übrigens auch nicht) :baetsch: , dann leuchtet mir absolut nicht ein, warum der innere Bau der Chondren (BO; PO; RPx etc.) innerhalb eines Meteoriten so unterschiedlich sein sollte. Ein sehr flüssiges Magma sollte doch von der Zusammensetzung her sehr homogen sein, zumindest homogener als ein sehr viskoses. Das sollte doch dann eher zu gleichartigen Chondren führen, oder? Ja, ich weiß, nun kommt wieder die Sache mit der Abkühlungsgeschwindigkeit ins Spiel.

Hier ist sicherlich noch sehr viel Forschungsarbeit nötig. Vielleicht kann man solche Einschläge mit dem Computer simulieren und schauen, welche Grösse die Tröpfchen haben. Mehrere Ursachen für die unterschiedlichen Chondrenarten erscheinen mir möglich:
- Es kann sein, dass die Chondren in die Umgebung abgegeben wurden und sich nicht gleich ein neuer Asteroid daraus gebildet hat, sondern sich Chondren von verschiedenen Einschlägen vermischt haben.
- Die Einschlagswolke kann sich mit dem umgebenden Nebel vermischt haben.
- Die zusammenstossenden Magma-Bälle hatten ja aussen durchaus eine dünne Kruste. Von daher waren die nicht so homogen. Dies kann Einfluss auf das Aussehen der Chondren in verschiedenen Bereichen der Impakt-Wolke haben.

Zitat
ABER, an diesem Punkt möchte ich eine weitere sehr naive Überlegung in die Diskussion einbringen: Wenn sich alle (chemisch ident.) Tröpfchen, die gleich weit vom Impaktgeschehen entfernt sind (also quasi orbital um das Zentrum verteilt sind), mit tendenziell gleichen Geschwindigkeiten abkühlen, und dadurch andere Chondrentypen bilden und diese dann auf eine Art von Mutterkörper zurückstürzen, wo sie dann irgendwann nicht mehr zerstört werden und überdauern, müssten wir dann nicht eine Art von Sortierung beobachten können - erst mehr die einen, dann die anderen? Eine solche Art von Sortierung gibt es doch in Meteoriten nicht, die Chondren sind alle sehr durcheinander.

Bei den CO3-Chondriten gibt es ja durchaus verschiedene "Körnungen". Ich habe welche mit grossen und welche mit so kleinen Chondren in der Sammlung, dass man sie mit dem blossen Auge gar nicht mehr sieht.

Grüsse,
Mark

Offline lithoraptor

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #41 am: September 03, 2010, 00:01:38 Vormittag »
Hmmmmm! Ich seh schon, das wird bestimmt ein schöner und spannender Abend bei unserem Treffen in Wien im November. Mal sehen, wie weit dann diese Diskussion hier gediegen ist...

Gruß und :prostbier:

Ingo

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #42 am: September 03, 2010, 00:12:05 Vormittag »
Zitat
Vielleicht kann man solche Einschläge mit dem Computer simulieren und schauen

Naja, ich glaub man müßte eher simulieren, wie das denn hinhauen soll, daß die Asterioden der "ersten Generation" (die glutflüssigen Kollidierer),
sich allesamt und in der wahnsinnig kurzen Zeit von nur 2 Millionen Jahren durch Zummenstöße allesamt vernichtet haben.
Ich glaub das geht gaa nich. Viel zu kurz, oder man müßte mit irrsinig dichten Populationen rechnen.

Ich müßt mich mal genauer einlesen, gibt ja nun bald ein Dutzend Theorien zur Chondrenentstehung.
Ist nicht vielen gemein, daß man den Chondren ablesen kann, daß sie nicht nur schlagartig erhitzt worden sein müssen, sondern mehrfach?
Das geht dann auch wieder nicht so recht zusammen, mit der einfachen Kollisionstheorie.

 :prostbier:
Mettmann
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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #43 am: September 03, 2010, 00:48:43 Vormittag »
Naja, ich glaub man müßte eher simulieren, wie das denn hinhauen soll, daß die Asterioden der "ersten Generation" (die glutflüssigen Kollidierer),
sich allesamt und in der wahnsinnig kurzen Zeit von nur 2 Millionen Jahren durch Zummenstöße allesamt vernichtet haben.
Ich glaub das geht gaa nich. Viel zu kurz, oder man müßte mit irrsinig dichten Populationen rechnen.

Haben sie ja nicht. Mindestens 60 davon sind immer noch da (wo unsere Eisen herkommen). Die restlichen paar tausend sind im Laufe von 4.5 Milliarden Jahren auf andere Planeten oder in die Sonne gestürzt (die meisten davon in der Frühzeit, "late heavy bombardment" und vor allem noch davor) oder wurden aus dem Sonnensystem herausverfrachtet.

Ist nicht vielen gemein, daß man den Chondren ablesen kann, daß sie nicht nur schlagartig erhitzt worden sein müssen, sondern mehrfach?
Das geht dann auch wieder nicht so recht zusammen, mit der einfachen Kollisionstheorie.

Ja, das sehe ich auch als grösstes Problem bei der Theorie. Ist es denn wirklich sicher, dass die Chondren mehrfach in grossem zeitlichen Abstand erhitzt wurden? Hat man mal innerhalb einer Chondre Altersbestimmungen von den verschiedenen Schichten gemacht? Wenn das stimmt, wird es sicher nicht einfach, dafür eine Erklärung im Rahmen der Kollisonstheorie zu finden.

Grüsse,
Mark

Offline Andyr

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #44 am: September 03, 2010, 08:52:03 Vormittag »
...und wie komm dann die CAIs in die CV3er oder auch in die Rs?

Man geht davon aus, dass CAI´s in den inneren Bereichen der Scheibe gebildet wurden und dann durch Transportprozesse (Sonnenwind o.ä.) in die äußeren Regionen transportiert wurden.

 

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