Autor Thema: Entstehung von Chondren  (Gelesen 34225 mal)

Offline Greg

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #75 am: September 19, 2010, 13:21:54 Nachmittag »
Hallo,

ich hätte da noch mal eine Frage:

Wieso befinden sich in den Chondriten unregelmäßig geformte Eisensplitter und keine runden Eisenkügelchen?

Müsste nicht eigentlich, egal ob die Chondren selber durch Schockwellenerhitzung oder Magmaballzusammenstoß entstanden sind, der neu zusammengefügte Chondrit-Mutterköper auch größere, runde Metalltröpfchen enthalten? Ähnlich wie bei Gujba?
Warum sind es nur kleine Eisenflöckchen, kantig und unregelmäßig geformt? Wie sind diese in der Form in die Chondriten gekommen?

Viele Grüße  :hut:
Greg

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #76 am: September 19, 2010, 14:39:32 Nachmittag »
Zitat
In dem Artikel steht ganau nichts dazu, was die Schockwelle ausgelöst hat.


Nein, der Artikel war dazu da, zu zeigen, wie sich die Materialien in der protoplanetaren Staubscheibe vermischen können
und wie die CAIs von der Sonnennähe in die Scheibe transportiert werden.

Die Schockwellen, wie die durch die Störung des sich bildenden Jupiter in die Scheibe induziert werden,
so wie die in der einen Meldung, die ich hingelinkt hab, das hat der selbe Autor simuliert und durchlaufen lassen.
Allein ist das ein anderes Paper,
und das finde ich nirgendswo zugänglich.
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.   

Zitat
Für eine Schockwelle braucht man ein Medium in dem sich die Welle ausbreitet


Schau Dir mal die Io an, die um den Jupiter kreist.
Winziger Mond, müßte längst ausgekühlt sein, aber das arme Ding wird derart von elektromagnetischen und gravitativen Kräften durchgeknetet, daß es Feuer und  Gift und Galle spuckt, dasse der geologisch aktivste Körper im Sonnensystem ist.
Da hast auch kein medium.

Apropos, wo bleiben in der Schwabbelkollisionstheorie die Kuiperbeltobjekte und die Kometen ab?

Mettmann
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Plagioklas

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #77 am: September 19, 2010, 14:53:00 Nachmittag »
Zitat
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.

Da stimm ich dir voll zu. Viele Ermittlungen im Net enden inzwischen völlig erfolglos oder nur in diesen verschissenen kostenpflichtigen Sackgassen. Selbst alte Papers kosten inzwischen oft ein fettes Vermögen. Und gerade weil es eben unsere Steuergelder sind, die wir für die Ergebnisse verbraten, ist es doppelt traurig, denn wir löhnen fast überall ohne dass wir dafür noch eine "Gegenleistung" (Einsicht in die Ergebnisse, Bilder usw.) bekommen, während das Geld woanders fehlt. Klar seh ich das Geld gern in Forschung investiert, aber was nützts, wenn man selbst nichts mehr von hat bzw. für die Ergebnisse nochmal zahlen muss?

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #78 am: September 19, 2010, 15:27:53 Nachmittag »
Zitat
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.

Ebenfalls völlige Zustimmung. Offenbar will man das Volk dumm halten, jedenfalls die, die sich solche Zeitschriften nicht leisten können. Siehe auch: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,709761,00.html


Zitat von: Greg
Wieso befinden sich in den Chondriten unregelmäßig geformte Eisensplitter und keine runden Eisenkügelchen?

Gute Frage. Wenn man überhaupt irgendwas zu Chondren aussagen möchte, muss man sich die 3er Meteorite anschauen und zwar am besten 3.00. Die anderen petrologischen Typen sind zu stark erhitzt worden und zeigen gar nicht mehr wie die Chondren, Matrix und Metall ursprünglich ausgesehen haben. Ich hab leider gerade keinen Semarkona zur Hand (Mettmann, kannst du nicht mal so einen W0, S1, LL3.00 in der Wüste auftreiben, sowas fehlt uns noch :prostbier:). Aber hier mal drei Bilder von nicht ganz so stark veränderten Meteoriten.

Zunächst NWA801, der ist rein bezüglich Erhitzung ein 3.00, zeigt aber leichte wässrige Veränderungen und ist schon ziemlich verwittert. Hier sind ja durchaus einige Eisentröpfchen zu sehen, wenn auch nicht so schon rund wie im Gujba.

http://www.parhelia.de/mets/nwa801a.jpg

Ansonsten sieht es bei den L3ern so aus, als seien die Chondren aussen von Eisen etwas benetzt worden. Hier zwei Bilder, die im Schnitt diese Eisenringe um die Chondren zeigen.

http://www.parhelia.de/mets/nwa4699e.jpg (NWA 4699, L/LL3 ohne näheren petrologischen Grad )
http://www.parhelia.de/mets/nwa5697a.jpg (NWA 5697, gepairtes Material wurde mit L3.2 klassifiziert)

Also so in der Art sah die Eisenverteilung in allen gewöhnlichen Chondriten mal aus. In einem H5 findet man dann nur noch verteilte Eisenflitter, weil der nachträglich thermisch total verändert wurde.

Grüsse,
Mark

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #79 am: September 19, 2010, 15:33:08 Nachmittag »
Zitat
In dem Artikel steht ganau nichts dazu, was die Schockwelle ausgelöst hat.


Nein, der Artikel war dazu da, zu zeigen, wie sich die Materialien in der protoplanetaren Staubscheibe vermischen können
und wie die CAIs von der Sonnennähe in die Scheibe transportiert werden.

Die Schockwellen, wie die durch die Störung des sich bildenden Jupiter in die Scheibe induziert werden,
so wie die in der einen Meldung, die ich hingelinkt hab, das hat der selbe Autor simuliert und durchlaufen lassen.
Allein ist das ein anderes Paper,
und das finde ich nirgendswo zugänglich.
Diese immer weiter umsichgreifende Entwicklung, daß man für wissenschaftliche Artikel einzeln im Web, und zwar oft heftig bezahlen soll,
hlat ich für eine ziemliche Unsitte. Schließlich sind diese Papers ein Ergebnis der Forschung und dieselbe und die Leut die es schreiben in der Regel nicht privat finanziert, sondern durch öffentliche Steuergelder.   

Zitat
Für eine Schockwelle braucht man ein Medium in dem sich die Welle ausbreitet


Schau Dir mal die Io an, die um den Jupiter kreist.
Winziger Mond, müßte längst ausgekühlt sein, aber das arme Ding wird derart von elektromagnetischen und gravitativen Kräften durchgeknetet, daß es Feuer und  Gift und Galle spuckt, dasse der geologisch aktivste Körper im Sonnensystem ist.
Da hast auch kein medium.

Apropos, wo bleiben in der Schwabbelkollisionstheorie die Kuiperbeltobjekte und die Kometen ab?

Zitat
Ausserdem ist er von 2005.


Was doch rein gar nix über die Qualität aussagt.

Ich mein was sehmer dann hier - so weit ich mit meinem bescheidenen Horizont es begreifen kann,
hat halt einer nun einmal an CAIs in einem einzigen Met, ein geringfügig höheres Alter gemessen.
(Ob das Ergebnis überhaupt schon reproduziert wurde, und wie es um die ganzen anderen CAIs in den andern Mets, bestellt ist, ob die auch nachgemessen wurden und was dabei rauskam - und was es eigentlich bedeutet, wenn nur diese CAIs 2 Millionen Jahre älter sind, die andern aber nicht!)
So und dann hamse eben eine Hypothese aufgestellt, eine Vermutung, wie man das erklären kann,
sich dabei älterere Hypothesen bedient.
Nicht mehr und nicht weniger.

Nun muß halt geschaut werden, wie das mit den Ergebnissen, die man bislang und bisher schon hat, in Einklang zu bringen ist.
Wie das zu werten ist mit anderen Modellen, die die Chondrenenstehung und Planetenbildung beschreiben, welche dieselbe besser erklären kann. Wie es mit den Modellen und Ergebnissen aus den anderen Bereichen vereinbar ist usw.

Es ist ein Vorschlag und kein Postulat. Man kann auf Grund eines Einzelergebnis nicht ad hoc die Jeschichte des Universums sofort umschreiben. Das ist völlig verfrüht.
Was dran ist oder nicht, wird die Zukunft weisen.

"umstritten" "nimand vertritt" "man weiß"....

NIX weiß man.
Nix weiß man noch.
Das ist ja das schwierige an der Chose. Physikalisch kömmer ein bisserl rumrechnen. Und just erst diese Jahre haben wir die Instrumente, womer erst überhaupt einmal anfangen können, nicht mehr nur ganz grob über die Spektren, die Zusammensetzung riesiger Staub- und Gaswolken zu bestimmen, sondern überhaupt mal an solche protoplanetare Scheiben ein bisserl hinriechen zu können,
Beta Pictoris, erinnerts Euch noch? Wan wird das gewesen sein 1987? Und fangen just erst diese Jahre an, überhaupt ein paar Planeten um andere Sterne indirekt messen zu können, was heißt Planeten, in der Regel Riesenboller, verunglückte Sterne, dies knapp nicht geschafft haben, zu zünden und so allmählich bisserl was über die Dynamik solcher jungen Sonnensystem zu sammeln.

Und sonst, schnüff, hammer nur unsere geliebten Steinchen aussem All. Die uns erzählen sollen, was sich for 4.5 Mrd Jahren und in der Folgezeit abgespielt haben soll. Die kleinen Stichproben.
Das ist ja das schwierige dabei. Hier auf Erden kann man sich zu jeder Fragestellung das nötige Experiment bauen, das nötige Material besorgen.
Mittem Planetensystem ist das nicht möglich. Paar Landers, paar Fernerkundungssonden, paar Detektoren in die Umlaufbahn, um die Atmosphäre wegzubekommen. Ein Irrsinnig mühseliges Unterfangen.
Und da stehen wir ganz am Anfang!   Wir können ja noch kaum was in unserem eigenen Sonnensystem sehen.
Genesis mühsam ein paar Staubkörner eingefangen. Asteroiden, ein paar Vorbeiflüge, näher und ferner - 5 Stück oder wieviel warens.
Kometen - zwei und auch nur ausgerauchte Kurzperiodische.
Kuipergürtel - Lichtpünktchen der allergrößten Brocken identifiziert, was da rumschwirrt und wie es beschaffen ist, kennen wir überhaupt nicht. Ooortsche Wolke, Kometen - keinerlei Nachweis, obs die überhaupt gibt.

Drum ists aber auch so irrsinnig spannend. Hier im Forum, dort auf der US-Liste, da sehen wir die Premieren neuer Steine, genau die Sachen, die ausschlaggebend sind und just dieses Material an dem gearbeitet wird, daß wir irgendwann verstehen, wie sich das zugetragen hat, mit Sonne, Planeten, Erde, und ihm dem Schwanthaler, dem Menschen.
Ganz handfest.

Mei jetzt eben wieder ein neuer Vorschlag.
Aber das ist ja keine Glaubensfrage.
Man muß eben abwarten, was die nahe Zukunft dazu bringt.

Apropos, wie könnt mans vergleichen. Jetzt, worauf ich hinaus will.
Bleibmer im Thema.

Mond.
Wie isser entstanden. Keine Sau gewußt.
Im wesentlichen vier Hypothesen.
Erstens, eingefangen.
Zwotens, Schwabbelerde mit Unwucht, aus der flüssigen Erde herausgeschleudert.
Drittens, Crashtheorie, Riesenbatzen auf Erde gedonnert, aus Trümmern Mond akkkretiert.
Viertens Erde und Mond ham sich gemeinsam nebeneinand gebildet.

Nu wie wars denn. Man hat ja genauso zu wenig Information gehabt.
Eingefangen - der Mond ist ein Riesenteil für so eine kleine Erde,
das konnt man errechnen, daß das praktisch unmöglich ist, daß die Erde so ein Monster per Schwerkraft einfägt.

Erde und Mond nebeneinand - geht auch nicht, wegen der gravitationellen Störung, da kommt nix raus.

Kollisionstheorie hat man für völlig abwegig gehalten. Konnte man auch nicht simulieren.

Also stand in allen Büchern, der Bauchschwabbelablösungstheorie, so sei der Mond entstanden.

Keine der Theorien konnte man letztendlich beweisen oder völlig widerlegen.

Was ist im Endeffekt geschehen?
Man hat Sonden zum Mond gechickt, erst recht primitive, schaun, was Schwerkraft, welche Masse, Dichte, ob er einen Eisenkern hat oder nicht. Dann Landers zum bissel rumschnüffeln. Später dann Sample-Return und dann Leute hingschickt, dasse a bisserl was vom Mond mitbringen.
Das Gestein hat man sich halt dann angschaut, ui gleiche Isotope, Erde und Mond also aussem gleichen Loch,
dann lecker KREEP gefunden.
Und später dann, als die Rechner gut und schnell genug waren, konnt mans endlich durchrechnen und die Simulationen durchlaufen lassen, wo dann rauskam, öha, Kollisonstheorie funktioniert sähr gut.

Und das alles zusammengenommen, hats gebraucht, damitmer nun wissen, woher der Mond kommt.

Nicht anders ists mit der Chondrenentstehung.
Wir sammeln gerade Indormationen, aus allen Bereichen gibts Ergebnisse, immer neue Theorien werden aufgestellt.
Das ergibt Puzzlesteine.
Nur haben wir noch bei weitem nicht genügend, daß sich aus diesen Puzzlesteinen ein Bild abzeichnet.

Und aus nur ein, zwei, drei Puzzlesteinen, wiese eben diese eine neuere Theorie jetzt angibt, kriegt man halt kein Bild.

Wir wissen eben noch zu wenig und müssen weiter sammeln.

Helfts ihr alle mit?

....müßt mal wieder ein paar Mets zum Verkauf ausschreiben.
Hehe, wer die als Sammler kauft, trägt dazu bei, dassmer dereinst wissen, wie das Sonnensystem sich gebildet hat,
denn das ermöglicht den Mettleuten immer weiter neue Steine aufzutun und den Puzzlern zu übergebn.

Prosit! O zapft iiiiis.
Mettmann

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Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #80 am: September 19, 2010, 15:43:37 Nachmittag »
Zitat
(Mettmann, kannst du nicht mal so einen W0, S1, LL3.00 in der Wüste auftreiben, sowas fehlt uns noch ).

Ja W0 naja...
Unser Erstlings W0-1er war ja eh erst der zweite aus allen heißen Wüsten überhaupt.
Und scheeeener als Bovedy, wannst mi frogst.

Wie stark unäquilibriert unsere vielen Dreier sind, wissmer leider nicht,
vielleicht war ja schon ein Niedrigkommasteller dabei?
Liegt daran, daß da, wo mirs immer in Klassifiz gegeben haben,
keine Kommastellen gemacht werden,
sondern immer nur glatt  "3" hingschrieben wird.

Sind auch sehr unschlüssig, obmers woanders hingeben sollen.
Gut könnt man mehr Gewese machen, oh der erste 3.6 in derart (und mehr Göit verlangen),
aber wir halten die Kommawut für größtenteils etwas übertrieben (und manchmal auch für nicht sooooowhansinnig zuverlässig).
Interessant ist doch bspw. nicht, ob ein Dreier nun 3.4 oder 3.7 ist,
sondern nur in diesem Zusammenhang, wie nah er ans ursprünglichste, an glatt Dreikommanull rankommt, niwwa?

Aber eeeegal.
Und wieder, welch glüüüüüüükliche Zeiten.
Jungs! Dame!
Wir ham ja nix ghabt!

Ohne die Wüsten, hättmer keine Hundert 3er oder Brekzien, wo auch ein bisserl Drei dabei!
(Und von denen gabs seinerzeit sowieso nur ganz ganz wenige für die Sammler).

Und da gibts noch pöse, pöse Menschen, die die Wüsten und auch sonst alles zusperren wollen, auwei!!!!


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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #81 am: September 19, 2010, 16:03:53 Nachmittag »
Also innerhalb der 3er gibts schon riesen Unterschiede. Hier z.B.:

http://tw.strahlen.org/fotoatlas/Meteorit_NWA5679.jpg (NWA 5679)
http://tw.strahlen.org/fotoatlas/Meteorit_NWA5697_1.jpg (NWA 5697)

Beides L3. Von daher würde ich mir immer eine Kommastelle bei den 3ern wünschen.

Grüsse,
Mark


Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #82 am: September 19, 2010, 16:13:17 Nachmittag »
Ja aber die Kommastelle gibt ja nicht Chondrenreichtum, Chondrengröße, Chondrendichte an
und ist per se kein Schönheitsindikator.

Guxxt wie immer Weir, der die Kriterien für die Nachkommabestimmung, in gewohnt guter Weise zusammenfaßt.
http://www.meteoritestudies.com/

("Appendix" klicken, gleich die erste Seite da stehts.

Zitat
bei den 3ern wünschen.

Naja, ist ja kein Wunschkonzert, heutzutage muß man ja schon froh sein, überhaupt einen Meteoriten in halbwegs noch erträglicher Zeit klassifiziert zu bekommen, weil alles dicht ist und es zu wenig Klassistellen gibt.

 :crying:
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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #83 am: September 19, 2010, 18:21:07 Nachmittag »
Apropos, wo bleiben in der Schwabbelkollisionstheorie die Kuiperbeltobjekte und die Kometen ab?

Darüber habe ich noch nichts gefunden. Aber weiter draussen im Sonnensystem laufen alle Vorgänge ja wesentlich langsamer ab.

Hier die mittlere Bahngeschwindigkeit der Planeten und von Pluto:
Merkur: 47,89 km/s
Venus:35,03 km/s
Erde:29,79 km/s
Mars:24,13 km/s
Jupiter:13,06 km/s
Saturn:9,64 km/s
Uranus:6,81 km/s
Neptun:5,43 km/s
Pluto:4,74 km/s

Von daher kann man davon ausgehen, dass weiter aussen die Akkretion zu Asteroiden länger gedauert hat als weiter innen. Ich hab ja schon gesagt, dass ich glaube, dass man CAIs nicht in den gewöhnlichen Chondriten findet, weil es innen viel schneller zur Bildung von Asteroiden kam. Dadurch gab es in der Entstehungsregion der gewöhnlichen Chondriten viel mehr Kollisionen als in dem Bereich, aus dem die kohligen Chondrite stammen. Dabei wurden weiter innen alle CAIs aufgeschmolzen. Geht man über den Bereich, in dem sich die kohligen Chondrite gebildet haben, noch weiter hinaus, dann glaube ich, dass sich dort gar nicht rechtzeitig Asteroiden formen konnten. Das ist erst nach dem Abklingen der Wärmeproduktion durch den Zerfall von Al geschehen. Von daher werden sich so weit draussen gar keine flüssigen Asteroiden gebildet haben, sondern sind erst später durch kalte Akkretion entstanden. Daher würde ich so weit draussen auch keine differenzierten Asteroiden (ex Magmabälle) und damit auch keine Chondren erwarten.

Grüsse,
Mark

Offline Mettmann

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #84 am: September 19, 2010, 20:20:50 Nachmittag »
Aber die COs und die CVs haben doch auch soviele Chondren, wie die OCs. Also muß es nach der Theorie ja genauso oft bei denen gerummst haben?

Nuju und wer sagt, daß alles früher da war, wo es jetzt nach 4.5 Mrd Jahren ist?
Vielleicht haben etlich Asteroiden und Planeten einen Migrationshintergrund......   

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Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #85 am: September 19, 2010, 20:50:49 Nachmittag »
Aber die COs und die CVs haben doch auch soviele Chondren, wie die OCs. Also muß es nach der Theorie ja genauso oft bei denen gerummst haben?

Es genügt ja schon ein einziger Einschlag, um einen flüssigen Asteroiden in Chondren umzuwandeln. Aber eine Einschlagsgeneration reicht nicht, um auch die Regolithschicht (CAI und CI-artiges Material) aufzulösen. Dazu muss sich die Impaktwolke erstmal wieder zusammenballen und aufschmelzen. Bei dem nächsten Einschlag hat man dann nur noch Chondren, aber keine CAIs und kein Urnebel-Material mehr.

Je näher an der Sonne, um so mehr Einschlagsgenerationen und um so weniger CAIs und Urnebel-Material.
Je früher der Einschlag, um so heisser und weniger differenziert der Magmaball.

Aus diesen beiden einfachen Regeln lässt sich meiner Meinung nach die ganze Palette der Chondrite ableiten.

Grüsse,
Mark
« Letzte Änderung: September 19, 2010, 21:20:39 Nachmittag von MarkV »

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #86 am: September 25, 2010, 12:37:41 Nachmittag »
Hallo,
der Mars ist auch voll von chondrenartigen Kügelchen. Es ist keineswegs sicher, dass es sich bei den sogenannten "Blueberries" um Konkretionen handelt, die durch durch den Einfluss von Wasser entstanden sind. Es könnte sich auch um Einschlagsprodukte handeln. Wenn es auf Mars erst vor kurzer Zeit einen gewaltigen Einschlag gegeben hat, also wenn z.B. Phobos so ein Einschlagsprodukt ist und die Shergottite tatsächlich alle kaum älter als 200 Millionen Jahre sind, dann würde man doch auf dem Mars riesige Mengen von Tektiten erwarten.

http://en.wikipedia.org/wiki/Martian_spherules
http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2007/pdf/1922.pdf

Ich könnte mir es so vorstellen, dass der Einschlag gewaltige Vulkanaktivität ausgelöst hat, die zu starken Schlammfluten geführt hat. Die Blueberrie-Tektit-Schicht, die sich schon kurz nach dem Einschlag abgelagert hat, wurde dann durch Schlammflutwellen aufgesammelt und so in das Gestein eingeschlossen. Dadurch sind die Blueberries relativ gleichmässig im Sedimentgestein verteilt.

Grüsse,
Mark

« Letzte Änderung: September 25, 2010, 13:31:36 Nachmittag von MarkV »

Offline MarkV

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #87 am: September 25, 2010, 13:58:41 Nachmittag »
Hallo,
hier eine Nahaufnahme von den Blueberries, teils noch im Gestein eingeschlossen:
http://geology.com/nasa/mars-mystery-rock/mars-blueberries-lg.jpg

Wäre toll, mal einen Marsmeteoriten aus diesem Sedimentgestein zu haben. Auf den ersten Blick würde man so einen Mars sicherlich für einen Chondriten halten.

Grüsse,
Mark

Offline karmaka

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #88 am: April 16, 2012, 19:19:45 Nachmittag »
Neue Theorie: Chondrenbildung in Materiejets der protostellaren Scheibe

http://news.anu.edu.au/?p=14471

Zitat
“We show that as these jets shoot out of the disks, from about the Earth-Sun distance away, the materials brought with them are heated to the point of melting. The heavier items in them then drop back into the disks, where they cool and re-form.”

Dr. Salmeron said that this theory challenged old assumptions about the formation of chondrules.

“For decades it has been assumed that jets could only form chondrules through the heating of materials in the vicinity of the Sun, followed by their transportation into protostellar disks,” Dr. Salmeron said.

automatisierte Übersetzung:
http://translate.google.de/translate?sl=en&tl=de&js=n&prev=_t&hl=de&ie=UTF-8&layout=2&eotf=1&u=http%3A%2F%2Fnews.anu.edu.au%2F%3Fp%3D14471

Chondrule formation via extended winds in the early solar system
     Raquel Salmeron, Trevor Ireland   (last revised 18 Jan 2012 (this version, v2)

paperhttp://arxiv.org/pdf/1111.5917v2.pdf

Zitat
Conclusions: The outlined disk-wind processing
model has attractive features in explaining basic chon-
drule and chondrite properties. It naturally explains the
tight size range of chondrules in a given chondrite and
their peak temperatures. It can also account for the large
proportion of chondrule material in chondrites (which
follows from continued operation of the wind), the for-
mation of compound chondrules (as the precursors can
be repeatedly ‘caught’ in the wind) and the observed
dusty rims of some samples (accreted as the chondrule
returns to the disk interior). This mechanism, being
local, may also help explain the long-standing conun-
drum presented by the observed complementary com-
position of chondrules and their matrix [24, 25]. The
calculated heating and cooling rates (∼ 1 K/hr) are in
qualitative agreement with inferred rates [26]. These
rates could be substantially faster if the particle moves
into a lower density region so that radiative equilibrium
does not hold. Finally, formation sites at radii of ∼ 1-
3 AU are consistent with the observed presence of dust
embedded in the gas phase [27]. Disk winds constitute
a promising mechanism by which material could have
been thermally processed in the solar nebula at distances
out to the position of the proto-asteroid belt. More de-
tailed modelling is warranted to further explore it.

abstract: http://arxiv.org/abs/1111.5917

Zitat
Chondrite meteorites are believed to represent the building blocks of the solar nebula, out of which our solar system formed. They are a mixture of silicate and oxide objects (chondrules and refractory inclusions) that experienced extremely high temperatures, set in a matrix that remained relatively cold. The prevalence of chondrites suggests that they formed through a very general process, closely related to stellar and planet formation, however the nature and properties of the responsible mechanism have remained unclear for many decades. The evidence for a hot solar nebula provided by chondrules and refractory inclusions is, however, seemingly at odds with astrophysical observations of forming stars. These strongly indicate that protostellar disks - the inspiralling disks of gas and dust out of which stars and planets form - are relatively cool, and exhibit typical temperatures that are insufficient to melt and vapourise silicate minerals at the radial distances sampled by chondrule-bearing meteorites in the main asteroid belt. Here we present calculations of the dynamical and thermal structure of protostellar disks that accelerate a wind from the disk surfaces. These winds are commonly associated with young stellar objects and are the analogues of the early solar system. We also present models of the processing of dust particles in such winds, showing that these outflows are suitable sites for chondrule formation.

Martin

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Re: Entstehung von Chondren
« Antwort #89 am: März 25, 2013, 14:10:31 Nachmittag »
Die oben diskutierte Theorie der Chondren-Entstehung (Kollision flüssiger Protoplanetesimale/Planetenembryos) wird durch ein relativ neues Paper (Dez. 2012) gestützt:

Sanders, I.S./Scott, E.R.D (2012) The origin of chondrules and chondrites: Debris from low-velocity impacts between molten planetesimals? Meteoritics & Planetary Science 47 (12), 2170–2192

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/maps.12002/abstract

Zitat von: p. 2186
We find it remarkable that the chronological evidence for the timing of early planetesimal meltdown (by t approximately 0.3 Myr) and the timing of chondrite accretion (after t approximately 2.5 Myr) coincide so well with the timing of these processes calculated from the inferred 26Al heat source in nebular dust. This coincidence, along with the evidence in our meteorite collections for a very large number of early molten bodies, has led us to envisage the inner solar system during its first 2 Myr as being populated with a great abundance of substantially molten planetesimals. We might name those first approximately 2 Myr, from which so little tangible evidence survives, the solar system’s ‘‘meltdown era.’’ As planetary embryos were probably already forming during this period, the molten planetesimals must have been continuously colliding and merging, becoming fewer in number, and growing larger in size. Within this conceptual framework for the young disk, chondrule production from the ‘‘splashing’’ of molten planetesimals seems an inevitable consequence, with new generations of chondritic planetesimals being spawned from the debris ejected and dispersed during mergers.

We believe that the ‘‘splashing’’ hypothesis can be reconciled with much of what we understand about chondrules, including their ages, chemical compositions, peak temperatures, abundances, sizes, cooling rates, indented shapes, ‘‘relict’’ grains, igneous rims, blebs of metal, retention of Na, presence of FeO, diversity, and large phenocrysts, as well as other issues that constrain chondrule origins such as the formation of macrochondrules, the scarcity of dust-clumps, and the need for a feasible heat source. However, we contend that several of these chondrule properties, most notably the concentration of Na in olivine, challenge the longstanding conventional interpretation of chondrules as shock-melted dust-clumps. We speculate that the bimodal division of chondrules into types I and II reflects a bimodal chemical division of molten planetesimals, such that reduced refractory planetesimals supplied type I chondrules and may also have been the source of many iron meteorites, while oxidized volatilebearing planetesimals supplied type II chondrules and probably incorporated varying amounts of water-ice, reflected in the correlation between D17O values and FeO⁄ (FeO + MgO) in some groups of meteorite. Finally, we propose that at the close of the ‘‘meltdown era,’’ chondritic planetesimals began to appear. We imagine that each chondritic parent planetesimal is a mixture of chondrules and debris launched and reaccreted more than once in a discrete chemically restricted annulus in the disk, to account for its unique traits, its broad solar composition, its level of metal depletion and, in some cases, its ‘‘complementarity’’ between chondrules and matrix.

Grüße, D.U.  :prostbier:

 

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