Autor Thema: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg  (Gelesen 9588 mal)

Offline schwarzwaldmineraloge

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Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« am: Februar 07, 2012, 14:25:14 Nachmittag »
Hallo,

Angeregt durch die schockierenden Nachrichten über den Denkmalschutz und die Raubgräberei im Münstertal/Südschwarzwald (siehe Diskussion im Mineralienatlas zu Fundstellen Südschwarzwald, http://www.mineralienatlas.de/forum/index.php/topic,29144.0.html) habe ich mich mal mit der Problematik befasst.
Leider ist es wohl nach dem Denkmalschutzgesetz so, dass alle Zeugen des Bergbaus als Bodendenkmal gelten und ohne Genehmigung der unteren Denkmalschutzbehörden selbst das oberflächennahe Schürfen nach Mineralien (ich spreche hier nicht von metertiefen Löchern) eine Ordnungswiedrigkeit darstellt, die mit einer Geldbuße (bis zu 250.000 Euro!!!) geahndet werden kann.

Nach Auskunft eines Verantwortlichen des Regierungspräsidiums Freiburg wäre es vonnöten, jede einzelne Aktion mit der zuständigen Behörde abzustimmen. Das hieße, jede einzelne Suchaktion an jeder einzelnen Fundstelle müsste im Vorfeld genehmigt werden. Eine Genehmigung für einen Landkreis oder das ganze Land ist nicht zu bekommen. Damit wird im Prinzip das Hobby unter Strafe gestellt. Der einzige Weg wäre noch, die Sammlung nur noch über Aufkäufe zu erweitern. Aber das wäre ja dann Hehlerei, oder? Zumindest, wenn die Mineralien aus neueren Schürfen stammen.

Unter diesen Bedingungen ist an eine Suche nach Mineralien im gesamten Schwarzwald nicht mehr zu denken.

Ich denke noch über die Konsequenzen nach. Letztendlich wird es wohl darauf hinauslaufen, dass ich das Hobby aufgebe und die Sammlung einem Museum vermache. Jedenfalls ist es mir nicht möglich, unter den gegebenen Umständen weiter Mineralien zu sammeln. Der Schwarzwald sieht mich jedenfalls so schnell nicht wieder.

Das alles geschieht aus öffentlichem Interesse. Welche Öffentlichkeit aber? Jedenfalls kann es nicht im Sinn eines Natur- und Bergbauinteressierten und Mineraliensammlers mit wissenschaftlichem Anspruch sein, dass jegliche seiner Handlungen kriminalisiert wird. Inzwischen ist es schon so weit, dass man nur noch auf vorgeschriebenen Wegen die Natur genießen darf. Jede weiterführende Beschäftigung reibt sich mit den Schutzinteressen der Obrigkeit. Bleibt nur noch die Betrachtung im Museum. Wenn wir uns nich wehren und unseren Standpunkt klar machen, können wir bald alle einpacken.

Dabei sind wir, die Sammler, diejenigen, die letztlich der Wissenschaft die meisten Dienste erweisen. Sind wir es nicht, die unermüdlich nach neuen Zeugnissen der Natur und des Bergbaus suchen und diese beschreiben? Ohne uns wären viele Mineralien unbeschrieben, die Geschichte mancher Grube wäre ohne das Interesse der Hobbyforscher oft nicht einmal beachtet worden. Statt diese Leistungen anzuerkennen und uns wenigstens einige Rechte einzuräumen, werden wir als "Mineraliendiebe" und "Raubgräber" tituliert.

Unter diesen Bedingungen kann ich nicht mehr weitermachen mit dem Sammeln und mit meinem Beruf.

Glück Auf!
Sebastian Möller
Diplom-Mineraloge

Offline ironmet

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #1 am: Februar 07, 2012, 14:32:32 Nachmittag »
Hallo Sebastian,

auweiha...wie Hirnverbrannt ist den sowas?
Wie kann man denn das sammeln von Mineralien ins Denkmalschutzgesetz einfließen lassen?  :bid:
...na das sind ja tolle Aussichten :dizzy:

Viele Grüße Mirko

Offline schwarzwaldmineraloge

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #2 am: Februar 07, 2012, 15:40:15 Nachmittag »
Hallo,

Das wirklich hirnverbrannte ist ja, dass in den Auszügen aus dem Gesetz, die ich gestern gelesen hatte, noch nicht einmal Halden explizit genannt werden. Aber sie fallen laut Auskunft der verantwortlichen Stellen eindeutig unter Bodendenkmale, so dass halt das Graben dort eine Ordnungswiedrigkeit darstellt. Man könnte ja die Bodenschichten durcheinander bringen und damit archäologische Beweise vernichten.

Glück Auf!
Sebastian
Diplom-Mineraloge

Suevit

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #3 am: Februar 08, 2012, 10:20:17 Vormittag »
Hallo Mirko,

Wie kann man denn das sammeln von Mineralien ins Denkmalschutzgesetz einfließen lassen?  :bid:

Von Mineralien steht kein einziges Wort im DSchG BW. Mir ist auch nicht bekannt, dass jemals in BW auch nur ein einziger Mineralfund zum beweglichen oder unbeweglichen Denkmal erklärt worden wäre oder gar ein Sammler eine Stufe wegen übergeordnetem wissenschaftlichem Interesse hätte abgeben müssen.

Das komplette DSchG BW gibt es hier.

Bitte erst lesen, dann aufregen.
In Anbetracht der teilweise wesentlich restriktiveren DSchG anderer Bundesländer wundert es mich immer, wenn ausgerechnet das baden-württembergische als so hart und ungerecht vorgeführt wird.

Gruß,
Rainer

Peter5

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #4 am: Februar 08, 2012, 18:46:09 Nachmittag »
Hallo Sebastian,

wird denn das Wort "Mineral" oder "Mineralienhalde" in den folgenden Vorschriften irgendwo explizit genannt?

http://www.denkmalpflege-bw.de/geschichte-auftrag-struktur/denkmalpflege-in-baden-wuerttemberg/gesetzliche-grundlagen.html

Ich wollte mit meiner Frau eigentlich noch in diesem Monat für Juni eine Urlaubsreise nach Wittichen buchen aber das lege ich dann lieber erst mal ad acta.  :gruebel:

Ich war schon seit Kindesbeinen an im Schwarzwald (daunter in Baierbronn, Mitteltal, Freudenstadt, Wolfach, Oberwolfach, Neubulach etc.) und habe bis jetzt nie Probleme gehabt. Nur würde Obelix jetzt seinen bekannten Spruch ablassen: "Die spinnen die Schwaben und Badenser" und nachdem ich auch 1 Jahr in Stuttgart ohne Probleme gelebt habe ..  :gruebel: :traurig: .. also gut. Dann werde ich mal lieber von der "Wittichen-Planung" auf eine "Siegerland-Planung" zurückschwenken.

Sind sich die Herrschaften der Denkmal- und Bodenschutzämter in Niedersachsen (Harz) und Baden-Württemberg eigentlich darüber im Klaren, dass dann auch irgendwann keine Touris mit Sammlern darunter .. aus anderen Bundesländern .. mehr dort Urlaub machen werden und was diese Verlustgeschäfte dann für die ganze Region bedeuten? Offenbar nicht!!!!!  

Die sollen mal lieber die Kirche im Dorf lassen!   :streit::

Gruß Peter

« Letzte Änderung: Februar 08, 2012, 19:07:14 Nachmittag von Peter5 »

Peter5

  • Gast
Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #5 am: Februar 08, 2012, 18:57:11 Nachmittag »
Hallo Rainer,

es geht doch immer darum, was rechtlich wirklich subsumiert wird! Die dortigen Behörden (Exekutive) bedienen sich doch bekanntermaßen immer der juristisch ausgedachten  "Floskeln" (Judikative) und verwenden demnach auch bewusst zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe. Nachher, wenn man dann Rede und Antwort auf der Halde stehen muss, können die schon behaupten, dass auch Mineralien zu den "Zeugen" der Bodendenkmäler gehören; rein montanhistorisch begründet. Da muss das gar nicht explizit in deren Gesetzen stehen!

Wo ist denn da aber "der liebe" VFMG von BaWü z.B.? Hat sich wohl "unter den Tisch verkrochen", wenns dann "heiß" wird?  :ehefrau: Ich weiß schon, weshalb ich da nie vollwertiges Mitglied werden wollte! Dieser "Vereinsklüngel" taugt doch nicht die Bohne, wenns dann wirklich mal ernst wird .. :gruebel: :traurig:

Wusst ichs doch schon immer, dass nicht nur alle Sondengänger als "Raubgräber" und "Hehler" von diesen Denkmalschutzämtern und den "dazugehörigen" Medien kriminalisiert werden, sondern jetzt auch noch alle Mineraliensammler, Mineralogen, Geologen und sonstigen Naturwissenschaftler! Das geht ja gar nicht! Das riecht jetzt für mich zumindest nach komplettem Reiseboykott!! :fingerzeig:

Gruß Peter
« Letzte Änderung: Februar 08, 2012, 19:31:03 Nachmittag von Peter5 »

Peter5

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #6 am: Februar 08, 2012, 19:47:28 Nachmittag »
Na, ich werd mich doch erst mal wieder beruhigen und mich ab morgen sachlicher mit dem Problem auseinander zu setzen versuchen.  :prostbier:

Offline Mettmann

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #7 am: Februar 08, 2012, 23:55:56 Nachmittag »
Tät auch sagen, viel Lärmen um nichts.

In §2 ist ja genau festgelegt, was unter den Schutz des Gesetzes fällt.

Eure Mineralien,die Ihr so aufhebt, da fehlt eindeutig das öffentliche Interesse, daß diese vorort im Boden verbleiben und so erhalten bleiben sollen.
Würde vermuten, daß das Gesetz in Eurem Bereich höchstens Anwendung finden würden, wenn Ihr in tourstisch erschlossenen Höhlen die Tropfsteine rauskloppt oder in musealen Gruben die Loren mitgehen laßts oder eben sonstige Art von Vandalismus betreiben würdet.

§2 (1) (aber nicht §23) könnte höchstens bedenklich für einen Meteoritenfund oder -fall werden, wenn man den Sinn des Gesetzes mutwillig überdehnt,
denn eigentlich fehlt einem Gast aus dem All, den nie ein Mensch zuvor berührt oder gesehen, qua Definition des Kulturbegriffs jegliche kulturelle Eigenschaft.

Aber die Dinger sind so atemberaubend selten und derart mühsam zu finden, daß im Erfolgsfalle die Freude über das Ereignis derart überwiegen wird, daß man keine Gerichte bemühen wird, wie es in D auch sonst noch nie geschehen.

Und ansonsten gilt schon das zu beachten, auch wenn nun der "paragraf" Einwand erheben wird, daß es im deutschen Rechtssystem keine bindenden Präzedenzfälle gibt, wie denn diese Rechtsvorschrift in der Praxis umgesetzt wird,
also so wie der Rainer es sagt, wenn im Schwabenlande noch nie ein Mineraliensammler ob seines Tuns im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens verknackt worden ist,
so ist doch jegliche Hysterie unangebracht.

Oder anders, oberstes Verfassungsziel ist es keineswegs, daß er, der Staat, bööööse zu sein habe.

 :prostbier:
Mettmann
"If any of you cry at my funeral,
I'll never speak to you again."
(S.Laurel 1890-1965)

Peter5

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Re: Mineraliensammeln in Baden-Württemberg
« Antwort #8 am: Februar 09, 2012, 06:44:12 Vormittag »
Hallo Mettmann,

Zitat
Eure Mineralien,die Ihr so aufhebt, da fehlt eindeutig das öffentliche Interesse, daß diese vorort im Boden verbleiben und so erhalten bleiben sollen.
Würde vermuten, daß das Gesetz in Eurem Bereich höchstens Anwendung finden würden, wenn Ihr in tourstisch erschlossenen Höhlen die Tropfsteine rauskloppt oder in musealen Gruben die Loren mitgehen laßts oder eben sonstige Art von Vandalismus betreiben würdet.


Ja, davon ging ich ja auch die ganze Zeit aus. Ich dachte nur, es hätte sich da jetzt irgendwo ein neuer § "eingeschlichen", den ich vielleicht noch übersehen hätte oder ich wäre die ganze Zeit von falschen Voraussetzungen ausgegangen.  :smile:

Aber ich werde jetzt trotzdem Wittichen "buchen" und wenn einer was von mir auf der Halde will, soll er sich lieber warm anziehen und die Ohrenschützer (auch im Sommer) aufsetzen, weil ich sonst auch ganz fürchterlich brüllen kann (im Sinne von Tobsuchtsanfall).  :laughing:

Gruß Peter  :winke:

 

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