Autor Thema: weiße Minerale bei CI Chondriten  (Gelesen 4280 mal)

Offline Greg

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weiße Minerale bei CI Chondriten
« am: Juni 22, 2012, 12:29:45 Nachmittag »
Hallo,  :hut:

neulich wurde beim "Meteorite Picture of the Day" ein tolles Stück Ivuna gezeigt.
Hier der Link des Bild des Tages vom 05.06.2012:
http://www.tucsonmeteorites.com/mpodmain.asp?DD=6/5/2012&WYD=

Bei den Kommentaren schrieb David Weir:
Zitat
So how much of the whitish minerals on the surface are the result of terrestrial alteration?

Die Antwort müsste doch "null" lauten, oder?

Bisher dachte ich immer, dass die weißen Minerale, die man bei Ivuna und auch Orgueil sieht, das Produkt einer wässrigen Alteration sind, welche bereits auf dem Mutterkörper im All stattfand.

Handelt es sich bei den weißen Mineralen um Phyllosilicate (Saponit?) entstanden im All??

Anbei ein Foto von Orgueil.

Grüße
Greg

Offline Rob L

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #1 am: Juni 22, 2012, 13:10:54 Nachmittag »

Offline erich

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #2 am: Juni 22, 2012, 22:27:57 Nachmittag »
Bei meinen CI's sind die weissen XX zumeist  :auslach:EpsomiteXX :auslachl:, also ein (freilich   :weissefahne: :crying: wasserlösliches) Sulfat. Über das Thema Mutterkörperursprung oder terrestrisch gibt's seit einigen Jahren ausreichend Literatur (auch im Netz)  :user:
<B>Impactites; Rare minerals and rock samples from beyond earth's gravity</B>

Offline Greg

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #3 am: Juni 23, 2012, 13:10:05 Nachmittag »
Hallo,

vielen Dank für die Antworten und den Link.  :super:

Und wieder was dazu gelernt...
Habe mir gerade das Paper durchgelesen. Damit scheint die Sache ziemlich klar zu sein. Die Forscher haben Orgueil damals nach dem Fall als schwarz beschrieben und keine weißen Minerale erwähnt...

Es handelt sich also tatsächlich um irdische Sulfate, die im Laufe der Zeit auf den CI's entstehen. Die Lagerung scheint dabei ziemlich egal zu sein.

Interessant fand ich die Aussage im Paper, dass eine Orgueil-Probe, die stark erhitzt und ausgetrocknet wurde, später an der Luft wieder das verlorene Wasser aufgenommen hat.

Eben habe ich mir mein Fragment mal wieder unterm Mikroskop angesehen. Da sieht man die kleinen weißen Sulfate förmlich wachsen. Ich glaube, dass dies zumindest ein einer Stelle noch vor ein paar Jahren nicht so ausgeprägt war... Erstaunlich und faszinierend.

Leider werden meine Mikroskop-Fotos mit dem Handy durch die Linse nicht gut, um es ordentlich zu zeigen (das Foto oben wurde damals in einer Elektronik-Abteilung einer Firma gemacht - durch die geschlossene Membranbox).

Rob, du hast wunderbare Detailaufnahmen von der Oberfläche und den Sulfaten deines Stückes; vielleicht möchtest du ein Foto hier mal zeigen?

Beste Grüße  :hut:
Gregor

Offline MetGold

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #4 am: Juni 23, 2012, 18:02:53 Nachmittag »
Hi,

mein Ivuna hatte beim Erwerb im Mai 2000 ebenfalls schon diese merkwürdigen weißen Partien, allerdings fast nur auf den 5 Bruchflächen, auf der "Vorderseite" sind bis heute keine so markanten entstanden. Foto damals heute würde "beinahe" identisch sein. Ein kleinerer zweiter Ivuna hat nicht solche markanten "Ausblühungen".


 :winken:   MetGold
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Offline Andyr

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #5 am: Juni 23, 2012, 20:31:06 Nachmittag »
Hi,

mein Ivuna hatte beim Erwerb im Mai 2000 ebenfalls schon diese merkwürdigen weißen Partien, allerdings fast nur auf den 5 Bruchflächen, auf der "Vorderseite" sind bis heute keine so markanten entstanden. Foto damals heute würde "beinahe" identisch sein. Ein kleinerer zweiter Ivuna hat nicht solche markanten "Ausblühungen".


 :winken:   MetGold

Hallo, schönen guten Abend !

vielleicht eine kleine Ergänzung: der 514 mg leichte Ivuna befindet sich seit 2005 in meinem Besitz. Beim Vergleich meines Fragmentchens mit Peters Foto ist keine Zunahme der (ohnehin wenigen) Ausblühungen festzustellen. Allerdings wurde das Fragment stets immer in einer Membranbox aufbewahrt.

Grüße

Andy

Offline MetGold

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #6 am: Juni 23, 2012, 20:33:46 Nachmittag »
  
Toll Andy! Bei dir ist das Stück ja auch in Guten Händen! :hut:
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Offline Rob L

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #7 am: Juni 23, 2012, 22:05:36 Nachmittag »
Rob, du hast wunderbare Detailaufnahmen von der Oberfläche und den Sulfaten deines Stückes; vielleicht möchtest du ein Foto hier mal zeigen?

Hallo Greg und Forum,

Wunderbar würde ich sie nicht nennen  :fluester:, aber hier sind sie (die Fragmente sind nur einige Millimeter groß):
http://www.asteroidchippings.com/Forum/Orgueil/S5031015.JPG
http://www.asteroidchippings.com/Forum/Orgueil/S5031024.JPG
http://www.asteroidchippings.com/Forum/Orgueil/S5031031.JPG

Und noch ein Orgueil im Prager Museum, hinter Glas fotografiert, auch nicht mein bestes Foto:
http://www.asteroidchippings.com/photographs/NHM_Prague/Orgueil.jpg
Detail: http://www.asteroidchippings.com/Forum/Orgueil/IMG_1278.JPG

Gruß,  :prostbier:
Rob

Offline Thin Section

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #8 am: Juni 23, 2012, 22:52:10 Nachmittag »
Und noch ein Orgueil im Prager Museum, hinter Glas fotografiert, auch nicht mein bestes Foto

Aber gut genug für den Wow-Faktor! Also: Wow !!!  :super:


Bernd  :winke:
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Offline Thin Section

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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #9 am: Juni 23, 2012, 23:23:21 Nachmittag »
So, ... und hier noch einige Quellenangaben zum Thema und ein Bild meiner beiden Orgueil-Bröckelchenchenchen, die ich einst von Martin Horejsi geschenkt bekam. Habe das Bild schon mal gezeigt aber zeige es noch einmal, da es diese Sulfate auch ganz deutlich zeigt!

NAGY B. et al. (1964) Electron probe microanalysis of some carbonate, sulfate and phosphate minerals in the Orgueil meteorite (Am.Mineral. 49, 1730-1736).

CALVIN W.M. et al. (1997) Spectral characteristics of iron-bearing phyllosilicates: Comparison to Orgueil (CI1), Murchison and Murray (CM2) (Meteoritics 32-5, 1997, 693) - Auszug: "In these C chondrites, significant alteration of anhydrous minerals has occurred, which results in compositions dominated by aqueous alteration products such as phyllosilicates, sulfates, oxides, hydroxides and carbonates (e.g., Zolensky and McSween, 1988; Buseck and Hua, 1993)."

GOUNELLE M. et al. (2001) A terrestrial origin for sulfate veins in CI1 chondrites (MAPS 36-10, 2001, 1321-1329) - Auszug:

"White sulfate veins are a very well-known petrological feature of the chemically primitive CI1 carbonaceous chondrites. Sulfate veins were first described in the Orgueil meteorite in 1961, almost one century after its fall ... We suggest that all CI1 sulfate veins formed during terrrestrial residence of these heavily brecciated, porous stones."

Bernd  :hut:


P.S.: Orgueil soll übrigens auch Gold enthalten!
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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #10 am: September 28, 2012, 17:07:48 Nachmittag »
Da das heutige MPOD einen Orgueil zeigt, hier noch mal eine Aufnahme von meinem klitzekleinen Orgueil, diesmal aber mit korrektem Weißabgleich!

Bernd  :winke:
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Re: weiße Minerale bei CI Chondriten
« Antwort #11 am: September 28, 2012, 18:12:58 Nachmittag »
Hallo,

Fe-Sulfate sind leider ein stetes Problem bei sulfidhaltigen porösen Mateialien. Gerade Eisensulfide neigen gern dazu, darunter auch Pyrrhotin (Magnetkies), ein dem Troilit verwandtes Mineral.

Die Oxidation Sulfid zu Sulfat kann durchaus auf chemischem Wege geschehen, gern unter Wassereinfluss, aber in den letzten Jahren ist eine Beteiligung von Bakterien immer populärer geworden. Als besonders gefräßig gilt die Gattung Acidothiobacillus, die sogar mit Säuretümpeln in Pyritminen und Hangrutschungen in Braunkohlentagebauen in Verbindung gebracht wird.

Endprodukt der Zersetzung sind jedenfalls Sulfit und Sulfat, die nur in wässriger Lösung als Ionen vorliegen, ansonsten jedoch von jedem Verfügbaren Ion gefällt werden können. Alleinig wirklich stabil unter atmosphärischen, feuchten Bedingungen sind dabei die Sulfate von Ca (Anhydrit, Gips), Ba (Baryt), Sr (Coelestin) und Pb (Anglesit).

Das Problem der Bestimmung solcher Sulfate ist a) die große Variationsbreite der möglichen Kationen und b) die Möglichkeit, in verschiedenen Hydrationsformen aufzutreten. Eine eindeutige Bestimmung ist nur röntgenographisch möglich, tw. bei manchen Kationen der Elementnachweis (bei Fe nasschemisch mit Hexacyanoferrat).

Die folgenden Minerale sind anhand der Fotos möglich:

Fe: Halotrichit, Rozenit, Szomolnokit, Melanterit, Siderotil, Kornelit, Römerit (das könnten die hochglänzenden Aggregate auf dem einen Foto von Metgold sein), ansonsten gibt es noch deutlicher gefärbte Arten: Coquimbit (violett, rosa) und Copiapit (gelb), Jarosit (braun, gelb), Voltait (schwarz)

Al: Halotrichit

Na: Gllauberit

Mg: Mirabilit, Epsomit

Ni, Co: Mischkristalle Moorhouseit (rosa)- Nickelhexahydrit (grün) sind bei bestimmten Verhältnissen weiß bis fast farblos

Fast alle der genannten Minerale sind leicht wasserlöslich.

Glück Auf!
Sebastian

Diplom-Mineraloge

 

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