Autor Thema: Fragen zu Moldavit und Pultusk  (Gelesen 5419 mal)

Labrador

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Fragen zu Moldavit und Pultusk
« am: Januar 21, 2013, 10:36:42 Vormittag »
Hallo,

da ich von Meteoriten keine Ahnung habe, hätte ich mal ein paar Fragen zu zwei Stücken. Einmal ein Moldavit (ca. 4 x 1,3 cm, stellenweise etwas abgesplittert) mit Fundortangabe Kruman/Böhmen und der Angabe "v. Herrn Lang aus Stuttgart" auf einem um 1880 gefertigten Etikett.

Das zweite Stück ist eine in drei Teile zerbrochene, etwa 1,2 cm messende Kugel. Auf dem Etikett steht: "Meteorstein von Pultusk. 24. Januar 1808". Das Etikett dürfte auf jeden Fall vor 1860 entstanden sein. Dieses Stück befindet sich in einer Originalschachtel mit einem Stecketikett um 1890.

Wie kann man diese Stücke einordnen? Zunächst würde mich natürlich der Preis interessieren, den man dafür verlangen kann. Ferner die Fundorte, vielleicht kann jemand dazu ja etwas genaueres beisteuern. Dann besagter Herr Lang, ist der was bekannteres?

Ich weiß, die Preisfrage ist ganz furchtbar. Aber ich bin nun mal Mineraliensammler und die beiden Dinger fielen quasi nebenbei ab. Ich fand es schade, sie liegen zu lassen und will sie nun auch nicht verramschen, da ich mir schon vorstellen könnte, dass die Stücke ganz so schlecht nicht sind. Anfangen jedoch kann ich damit auch nicht wirklich was. Also, vielleicht kann mir ja jemand weiterhelfen.

Gruß
Andreas

P.S.: was die Stücke wiegen, weiß ich leider nicht, kann aber bei Bedarf geändert werden.

Offline lithoraptor

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #1 am: Januar 21, 2013, 12:07:28 Nachmittag »
Moin!

Zu deinem Met kann ich auf die Schnelle etwas sagen: Pultusk ist ein historischer H5 Chondrit - beob. Fall aus Polen, wie auf deinem Etikett zu lesen steht von 1868. Hier der MetBull-Eintrag dazu: http://www.lpi.usra.edu/meteor/metbull.php?sea=Pultusk&sfor=names&ants=&falls=&valids=&stype=contains&lrec=50&map=ge&browse=&country=All&srt=name&categ=All&mblist=All&rect=&phot=&snew=0&pnt=Normal%20table&code=18901
Bei deinem Stück handelt es sich wohl um ein zerbrochenes kleines Individual. Solche lütten Komplettsteine werden auch als Pultusker Erbsen "Pultusk Peas" bezeichnet. Der Preis für kleine Erbsen ist in den letzten Jahren deutlich angezogen. Habe schon Preise zwischen $ 35,- und $ 50,- im Gramm gesehen. Ich würde dein Stück aber geringer ansetzen.

Hoffe, das hilft fürs Erste...

Gruß

Ingo

Offline Thin Section

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #2 am: Januar 21, 2013, 12:36:12 Nachmittag »
Was natürlich stutzig macht, ist die Tatsache, daß da tatsächlich 1808 steht und auch das Falldatum (24. Januar) ist falsch. Pultusk fiel am 30. Januar 1868 !

Bernd  :winke:
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Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Plagioklas

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #3 am: Januar 21, 2013, 12:44:01 Nachmittag »
Zitat
Ich würde dein Stück aber geringer ansetzen.

Die Sammlungszettel werten die Stücke aber erheblich auf. Jegliche Art von intakten (unzerteilten) Stücken von Sammlungen von vor 1900 sind extrem selten! Ich würde beim Pultusk mindestens das 1,5 fache des üblichen Preises ansetzen, eher sogar das 3 fache! Der Tektit mindestens 40 Euro, da auch die alte Entstehungstheorie mit auf dem Zettel steht.

Offline speul

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #4 am: Januar 21, 2013, 13:06:01 Nachmittag »
Moin Andreas,
vielleicht kannst Du Stücke mal auf die Waage legen?
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Offline Thin Section

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #5 am: Januar 21, 2013, 13:12:38 Nachmittag »
Auch eine gute (Nah-) Aufnahme des Inneren des Pultusk wäre hilfreich. So müsste er in etwa im Inneren aussehen:

Bernd  :winke:
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Offline Thin Section

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #6 am: Januar 21, 2013, 13:38:47 Nachmittag »
Kruman/Böhmen und der Angabe "v. Herrn Lang aus Stuttgart" auf einem um 1880 gefertigten Etikett.

Habe bei Burke* auf Seite 112 einen Herrn Lang gefunden, ob es sich aber um den Herrn Lang auf dem Etikett handelt, weiß ich nicht: Victor von Lang

Bernd  :winke:

*BURKE J.G. (1986) Cosmic Debris, Meteorites in History
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Offline lithoraptor

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #7 am: Januar 21, 2013, 15:36:11 Nachmittag »
Sammlungszettel finde ich immer etwas problematisch zu bewerten. Echtheit, tatsächlichs Alter und die Provenance dahinter sind sicher eine Wissenschaft für sich. Nicht jeder Sammler ist daran interessiert, hat die Möglichkeit das alles zu prüfen bzw. legt darauf Wert und/oder dafür dann mehr Geld auf den Tisch.

Ich habe daher oben nur den Stein selbst gewertet. Auch so eine Wertung ist ja schon nicht leicht. Schaut man etwa auf die Seite von Käpt'n Blood, so sieht man da Pultusk-Preise (für Erbsen), die Durch die Decke gehen - Pultusk gilt ja als Hammer-Fall. Ich persönlich halte von dem Hype darum ja nix, aber gut, wer 90 bis 160 Bucks im Gramm zahlen mag... Bei anderen Dealern im Netz finden sich derweil ganz andere Preise: Herr Farmer nimmt etwa $20/g (für Scheiben und Fragmente) und Marcin haut Scheiben von (Neu-) bzw. Nachfunden sogar für drunter raus.

In diesem Sinne :prostbier: und jeder wie er mag!

Gruß

Ingo

Offline herbraab

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #8 am: Januar 21, 2013, 15:58:36 Nachmittag »
Fundortangabe Kruman/Böhmen

Das sollte wohl "Krumau" (heute Český Krumlov) heissen.

Was natürlich stutzig macht, ist die Tatsache, daß da tatsächlich 1808 steht und auch das Falldatum (24. Januar) ist falsch. Pultusk fiel am 30. Januar 1868 !

Auf dem (im Bild) unteren Label könnte das durchaus 1868 heissen, auf dem oberen Label ist es dann wohl ein (Ab-)Schreibfehler. Dass das Falldatum auf ein paar Tage nicht stimmt würde ich angesichts der damaligen Kommunikationskanäle nicht überbewerten.

:hut:
Herbert
"Daß das Eisen vom Himmel gefallen sein soll, möge der der Naturgeschichte Unkundige glauben, [...] aber in unseren Zeiten wäre es unverzeihlich, solche Märchen auch nur wahrscheinlich zu finden." (Abbé Andreas Xaverius Stütz, 1794)

Offline gsac

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #9 am: Januar 21, 2013, 20:42:02 Nachmittag »
Auf dem (im Bild) unteren Label könnte das durchaus 1868 heissen, auf dem oberen Label ist es dann wohl ein (Ab-)Schreibfehler. Dass das Falldatum auf ein paar Tage nicht stimmt würde ich angesichts der damaligen Kommunikationskanäle nicht überbewerten.

Das sehe ich auch so. Das obere Label ist doch ziemlich wahrscheinlich
vom unteren Label abgeschrieben worden (gleicher Wortlaut!). Und auf
dem unteren Label kann man in die zweitletzte Ziffer sowohl eine "0" als
auch eine korrekte "6" hineininterpretieren, was dann beim Erzeuger des
oberen Labels zu dem Fehler geführt haben mag. Ein Übertragungsfehler!

Preise, @Ingo: das würde ich nun wiederum nicht überbewerten. Der uns
Älteren gut bekannte "Cap´n" B. hatte schon immer etwas eigentümliche
Vorstellungen dazu, wie auch zum Begriff "hammer fall" das muß ich hier
nicht näher ausführen, und Marcin C. mit seinen Nachfunden ist hier auch
keineswegs der Maßstab, wenn man so ein altes Stück zu taxieren versucht.

Ich denke, so ein berühmter Stein mit einem "pedigree", wie die Amerikaner
auch sagen, oder sei es auch nur mit einem echten alten Label, ist schon
einen besonderen Preis wert, auch jenseits des üblichen Marktplatzes. In
meiner Sammlung befindet sich seit benahe zwanzig Jahren zum Beispiel ein
wirklich noch fallfrisches Exemplar von Pultusk mit dem aufgepinselten Wort
"Pultusk" und einem Verkaufslabel von David New. Das gäbe ich natürlich auch
nicht zu einem jetzt üblichen "Marktpreis" für Pultusk her, wenn ich denn eine
Weggabe überhaupt anstreben würde.

Alex


Labrador

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #10 am: Januar 22, 2013, 15:00:41 Nachmittag »
Hallo,

na, das geht ja wie´s Brezelbacken. Ich hatte da eigentlich auch erst 1868 gelesen, das wird schon stimmen. Die Stecketiketten wurden in der Tat abgeschrieben, da finden sich mitunter köstliche Stilblüten. Ich danke schon mal und werde eine Waage auftreiben.

Der Pultusker sieht schon so aus, ist aber extrem dreckig.

Für die Echtheit der Stücke möchte ich fast garantieren. Alle Stücke lagen sicher 50 Jahre oder mehr in einem Schrank und haben immer die Schachtel des Mineralienhauses Droop nebst Stecketikett dazu gehabt. Von den Mineralien her kenne ich mich damit (und mit der Problematik) ein klein wenig aus und halte diese Exemplare hier für authentisch.

Gruß
Andreas

Offline herbraab

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #11 am: Januar 22, 2013, 18:00:11 Nachmittag »
Für die Echtheit der Stücke möchte ich fast garantieren.

Die würde auch kaum jemand anzweifeln wollen.
Der Moldavit steht sowieso ausser Frage, und Pultusk war gegen Ende des 19. Jahrhunderts wohl der mit Abstand am weiten verbreitetste Meteorit überhaupt.

:hut:
Herbert
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Offline speul

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #12 am: Januar 22, 2013, 18:18:47 Nachmittag »
Moin,
ich frage auch gerne nochmal
Moin Andreas,
vielleicht kannst Du Stücke mal auf die Waage legen?
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Labrador

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #13 am: Januar 23, 2013, 12:14:25 Nachmittag »
Ganz entspannt, Freunde. Ich nehm die Dinger heute abend mit zur Arbeit, da hab ich ne Feinwaage.

Gruß
Andreas

Offline Mettmann

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Re: Fragen zu Moldavit und Pultusk
« Antwort #14 am: Januar 23, 2013, 14:14:59 Nachmittag »
Zitat
und Pultusk war gegen Ende des 19. Jahrhunderts


Weil der Händler Krantz sich nämlich sagenhafte 1612 (Eintausensechshundertundzwölef), der insgesamt geschätzten 3000 Steine gekrallt und in die ganze Welt verkauft hat.  Der 869 des 19.Jhdt. sozusagen.

Schön zeitgenössisch find ich auch auf dem Moldavitenlabel den Zusatz: Obsidian.
Da damals die Natur der Tektite natürlich noch nicht erkannt war und Moldavit, der Bouteillenstein, für eine grüne Sonderform des Obsidians gehalten wurd.

 :prostbier:
Mettmann
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