Autor Thema: Weitere Fragen zu Meteoriten  (Gelesen 14292 mal)

Offline lithoraptor

  • Foren-Guru
  • *
  • Beiträge: 4212
  • Der HOBA und ich...
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #45 am: Januar 18, 2014, 23:43:01 Nachmittag »
Moin Bernd!

.. das ändert ja nichts am terrestrischen oder extraterrestrischen Vorkommen selbst.

Das stimmt eben nur bedingt. Troilite meteoritischer Herkunft sind stöchiometrisch immer genau 1:1 (Eisen:Schwefel). Bei den irdischen Troiliten ist das etwas anders, denn da ist das Verhältnis meist (soll Ausnahmen geben, benennen kann ich diese jedoch nicht) aufgrund von Lücken im Kristallgitter zum Schwefel hin verschoben (bzw. an Eisen untersättigt), so dass sich eher ein Verhältnis von 11:12 (als Summenformel eben nicht Fe1S1 sondern Fe11S12) oder Vergleichbares ergibt. Natürlich ist beides Troilit, aber einen Unterschied gibt es da schon.

Gruß

Ingo

steinefinder1

  • Gast
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #46 am: Januar 19, 2014, 08:08:30 Vormittag »
Daher habe ich ja auch das folgende mit zitiert:

Zitat
s. z.B. Pyrrhotin (Fe1−xS), Troilit (FeS)

Und trotzdem wird ja beides Troilit genannt. Weshalb wird dann einerseits bei anderen Mineralen manchmal nur von Phasen gesprochen und andererseits .. wie hier .. werden beide Arten von Vorkommen als Troilit bezeichnet. Diese Uneinigkeit ist manchmal schon bezeichnend für so manche Wissenschaftler.  :dizzy:

Na ja .. sehe gerade, dass wir ja den Pyrrhotin auch noch haben und nicht dabei vergessen dürfen.  Falsches Zitat von mir .. na egal.. :laughing:

Offline stollentroll

  • Oberrat
  • *****
  • Beiträge: 406
    • Stollentrolls Homepage - Minerale, Meteorite, Bergbau, Prähistorie
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #47 am: Januar 19, 2014, 09:50:56 Vormittag »
Zitat
Und trotzdem wird ja beides Troilit genannt. Weshalb wird dann einerseits bei anderen Mineralen manchmal nur von Phasen gesprochen und andererseits .. wie hier .. werden beide Arten von Vorkommen als Troilit bezeichnet. Diese Uneinigkeit ist manchmal schon bezeichnend für so manche Wissenschaftler.

Es handelt sich hier nicht um eine Uneinigkeit bei manchen Wissenschaftlern, sondern um eine Folge der Mineraldefinition. Bei identischer Kristallstruktur rechtfertigt eine leichte Unterbesetzung auf einer Gitterposition keine Definition als eigenständiges Mineral.

Die Kristallstruktur von Pyrrhotin bzw. Troilit basiert auf der Nickelin-Struktur und lässt sich als eine Schichtstruktur beschreiben. Durch die Besetzung bzw. Nichtbesetzung bestimmter Eisen-Positionen im Kristallgitter und Unterschiede in der Stapelung der Schichten kommt es dann zu verschiedenen Kristallsystemen und Gitterparametern. Wenn man nur von den besetzten Positionen bei den einzelnen Pyrrhotin-Varianten ausgeht, nach wie vielen Schichten man eine Wiederholung findet, dann kann man sie als Überstrukturen beschreiben. Überstrukturen können als eigenständige Minerale beschrieben werden. Das hätte allerdings zur Folge, dass die in der Natur bisher gefundenen Pyrrhotin-Varianten
Pyrrhotin-4M, Fe7S8, monoklin,
Pyrrhotin-5H, Fe9S10, hexagonal,
Pyrrhotin-6M, Fe11S12, monoklin,
Pyrrhotin-7H, Fe9S10, hexagonal,
Pyrrhotin-11H, Fe10S11, hexagonal
auch alle eigenständige Minerale wären, wobei zur Identifizierung dann prinzipiell eine genaue Analyse notwendig wäre.

Geht man jedoch von den möglichen Gitterpositionen aus, dann lassen sich die einzelnen Varianten als Polytypen mit bestimmten Unterbesetzungen beschreiben (ganz exakt wären es Polytypoide). Polytypen sind aber per Definition keine eigenständigen Minerale. Troilit lässt sich dann als 2H-Polytype beschreiben. Würden Pyrrhotin und Troilit heutzutage entdeckt, dann würden sie sehr wahrscheinlich nicht als eigenständige Minerale anerkannt, sondern nur als polytype Varianten eines einzigen Minerals. Dass Troilit als separates Mineral noch existiert, hat einfach historische Gründe. Auf Grund der weiten Verbreitung in der Literatur hat man das Mineral bisher nicht gestrichen.

Grüße,
Thomas

Offline lithoraptor

  • Foren-Guru
  • *
  • Beiträge: 4212
  • Der HOBA und ich...
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #48 am: Januar 19, 2014, 10:23:59 Vormittag »
Moin!

Ein guter Artikel (wie ich finde) dazu findet sich auch bei Wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/Pyrrhotin
(Hier werden auch gleich die entsprechenden Gitterparameter und Raumgruppen - wo bekannt - aufgelistet.)

@ Thomas: Kennst Du ein irdisches Vorkommen, bei dem man eine Fe/S-Verteilung von 1:1 findet? UND Woran mag es liegen (welche Genesebedingungen), dass es bei Meteoriten diese Gitterlücken anscheinend nicht gibt oder sieht das nur mangels entsprechender Datenlage so aus? Nur mal so aus purer Neugierde gefragt.

Gruß

Ingo

steinefinder1

  • Gast
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #49 am: Januar 19, 2014, 16:30:32 Nachmittag »
Sehr einleuchtend und verständlich dargestellt!
Danke an den stollentroll!  :hut:

Wusste auch vorher nicht, dass es so viele Polytypen alleine schon beim Pyrrhotin gibt!

Offline Morlok

  • Assistent
  • *
  • Beiträge: 19
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #50 am: Januar 20, 2014, 17:34:12 Nachmittag »
Hallo Miteinander,

3. Wofür sind Meteorite noch gut, d.h. werden Meteorite auch z.B. in der Forschung im Rahmen von Materialwissenschaften, Chemie, Physik, Umwelt- und Energieproblemen, Medizin verwendet? Doch wohl eher nicht.
Ich denke, dass Meteorite nur dem Geologen, Astronomen und Sammler von Meteoriten helfen aber sonst niemandem. Oder doch?

Im Wesentlichen schon. Es gibt aber Ausnahmen - eine russisch/deutsche Arbeitsgruppe aus der medizinischen Physik mit hat präsolare Diamanten aus kohligen Chondriten unteruscht. Die scheinen Eigenschaften zu haben, die von Nanodiamanten als Tracer in der Medizin erstrebenswert sind http://www.nature.com/nnano/journal/v9/n1/full/nnano.2013.255.html und http://idw-online.de/de/news566449.

Kohlige Chondrite vom CR1/2 wurden auch als Analogmaterialien in der (nuklearen) Endlagerforschung benutzt. Wenn man wissen will, wie sich Metall und silikatisches Glas in Kontakt mit Schichtsilikaten über sehr lange Zeiträume verhalten, sind die Teile nicht die schlechteste Wahl. http://www.lpi.usra.edu/meetings/lpsc2009/pdf/1296.pdf   

Während der Kulturrevolution unter Mao (die Älteren erinnern sich) wurde sogar meteoritisches Eisen in der industriellen Metallverarbeitung versaftet.

Gibt sicher noch ein paar weitere Beispiele,

Andreas

Offline pallasit

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1114
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #51 am: Juni 14, 2014, 12:43:35 Nachmittag »
Hallo,

eine weitere Anwendung in der Medizin!

3. Wofür sind Meteorite noch gut, d.h. werden Meteorite auch z.B. in der Forschung im Rahmen von Materialwissenschaften, Chemie, Physik, Umwelt- und Energieproblemen, Medizin verwendet? Doch wohl eher nicht.
Ich denke, dass Meteorite nur dem Geologen, Astronomen und Sammler von Meteoriten helfen aber sonst niemandem. Oder doch?

Nanodiamanten als Superantibiotikum:
http://www.ingenieur.de/Fachbereiche/Medizintechnik/Nanodiamanten-Weltall-Superantibiotikum
"Nur durch Zufall haben sie auf einem Meteoriten ihren Weg auf die Erde gefunden: Milliarden Jahre alte Nanodiamanten, die Bakterien den Garaus machen. Da Wissenschaftler jetzt in der Lage sind, die Winzlinge künstlich herzustellen, könnte das Problem der Antibiotikaresistenzen bald gelöst sein."
"An Prothesen, die Knie- und Hüftgelenke ersetzen, machen sich häufig Bakterien zu schaffen und greifen das Gewebe an. Oft sind sie resistent gegen konventionelle Antibiotika."
"Künftig haben Bakterien keine Chance mehr: Die Oberfläche der Prothesen wird mit gerade mal fünf Nanometer großen Diamantsplittern gespickt. Die zerstören, wie Nanopartikel aus Silber und Kupfer, höchst effektiv Bakterien, wie Wissenschaftler der Universität Bremen jetzt nachgewiesen haben."

"An der Oberfläche der winzigen Partikel entstehen aus noch nicht bekannten Gründen Anhydride, das sind gewissermaßen Ableger von Säuren, die offensichtlich Gift sind für Bakterien. „Im Zeitalter der Antibiotikaresistenzen ist das Auffinden eines neuen antibakteriellen Materials gleichzusetzen mit einem Durchbruch“, sagt Julia Wehling, die zur Nanodiamanten-Arbeitsgruppe gehört."

Erstaunlich!!!

Grüße Willi  :prostbier:

Suevit

  • Gast
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #52 am: Juni 14, 2014, 15:23:13 Nachmittag »
Hallo,

@Willi: Danke für den Hinweis! Sehr interessant!

3. Wofür sind Meteorite noch gut, d.h. werden Meteorite auch z.B. in der Forschung im Rahmen von Materialwissenschaften, Chemie, Physik, Umwelt- und Energieproblemen, Medizin verwendet? Doch wohl eher nicht.
Ich denke, dass Meteorite nur dem Geologen, Astronomen und Sammler von Meteoriten helfen aber sonst niemandem. Oder doch?
An sich macht es mich immer etwas traurig, wenn ich solche Fragen/Aussagen lese, die implizieren, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer Sache nur dann sinnvoll oder nützlich sei, wenn sie landläufig als solche empfundene "globale" oder "gesamtgesellschaftliche" Probleme lösen helfe. Die Forschung an Meteoriten hilft jedem, der sich damit beschäftigen möchte - und zwar dergestalt, dass er einfach sein Wissen erweitern kann. Wenn Wissen mal nicht befriedigend ist?  :wow:

Gruß,
Rainer

Offline gallpa-meteorite

  • Oberrat
  • *****
  • Beiträge: 287
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #53 am: Juni 14, 2014, 16:58:15 Nachmittag »
 :winke:
Zitat:

Die Forschung an Meteoriten hilft jedem, der sich damit beschäftigen möchte - und zwar dergestalt, dass er einfach sein Wissen erweitern kann.

 :super:

 Und ist immer noch die kostengünstigste Variante an ausserirdisches Material zu kommen :einaugeblinzel:

Norbert  Pawlik

Offline Andyr

  • Generaldirektor
  • *
  • Beiträge: 1247
Re: Weitere Fragen zu Meteoriten
« Antwort #54 am: Juni 15, 2014, 07:40:37 Vormittag »
Hallo  :hut:

Hallo,

@Willi: Danke für den Hinweis! Sehr interessant!

3. Wofür sind Meteorite noch gut, d.h. werden Meteorite auch z.B. in der Forschung im Rahmen von Materialwissenschaften, Chemie, Physik, Umwelt- und Energieproblemen, Medizin verwendet? Doch wohl eher nicht.
Ich denke, dass Meteorite nur dem Geologen, Astronomen und Sammler von Meteoriten helfen aber sonst niemandem. Oder doch?
An sich macht es mich immer etwas traurig, wenn ich solche Fragen/Aussagen lese, die implizieren, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer Sache nur dann sinnvoll oder nützlich sei, wenn sie landläufig als solche empfundene "globale" oder "gesamtgesellschaftliche" Probleme lösen helfe. Die Forschung an Meteoriten hilft jedem, der sich damit beschäftigen möchte - und zwar dergestalt, dass er einfach sein Wissen erweitern kann. Wenn Wissen mal nicht befriedigend ist?  :wow:

Gruß,
Rainer

Stimmt. Es sei hinzuzufügen, dass sich der Nutzen auch erst viele Jahre später - oftmals auch Jahrhunderte später erschließt. Nehmen wir beispielsweise die Keplerschen Gesetze. Für die damalige Bevölkerung war dieses Wissen nutzlos. Heute sind diese Erkenntnisse Grundlage dafür, dass wir u.a. Satelliten einsetzen können. Und der Nutzen für die moderne Gesellschaft hinsichtlich Telekommunikation, Nachrichten- und Medienübertragungen, Wetter- und Umweltobservation uvm. ist beachtlich. Aus jeder Erkenntnis, die heute nur von akademischen Interesse erscheint kann u.U. später mal ein Nutzen entstehen.

 

   Impressum --- Datenschutzerklärung