Autor Thema: Impaktit-Geschiebe?  (Gelesen 6529 mal)

Offline Buchit

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Impaktit-Geschiebe?
« am: November 16, 2016, 07:37:45 Vormittag »
Hallo Freunde des nordischen Geschiebes,

seit Jahren liegt ein Stück bei mir auf dem Regal und frisst Staub - bis es mir kürzlich wieder in die Hände gefallen ist und ich zum ersten Mal auf die glorreiche Idee kam, es mit diversen Impaktiten aus meiner Sammlung zu vergleichen. Und da fiel der Groschen: Das könnte vielleicht ein Impaktit sein?

Aber systematisch: Das Stück stammt aus einem Geröllfeld an der Hörnum-Odde auf Sylt, das heute nicht mehr existiert (der Küstenerosion zum Opfer gefallen). Im Schnitt ist das Material sehr dicht, fast glasartig, und sehr hart. Einzelne kleine Feldspat(?)kristalle sind in dieser dichten Matrix zu erkennen. Die verwitterte äußere Kruste zeigt demgegenüber deutlich mehr Details, unter anderem brecciöse Bruchstücke eines granit- oder gneisartigen Gesteins. Daneben dichte, dunkelbraune Stellen, wo die Matrix an der Außenfläche zu liegen kommt.

Ein Dünnschliff ist in Arbeit, aber noch nicht fertig.

Wenn ich den einzigen Dellenit aus meiner Sammlung daneben lege, dann hat dieser eine ähnlich dichte Matrix, die auch in der Färbung meinem Fund ähnelt. Könnte das ein Dellenit sein?

Fragende Grüße,
Holger

Offline Sprotte

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #1 am: November 16, 2016, 18:45:15 Nachmittag »
Hallo Holger,

selbst wenn das kein Impaktit sein sollte, so kommt das Gestein doch einem Impaktit dem Aussehen nach und den Eigenschaften entsprechend sehr nahe. Aber da kann man sich natürlich auch täuschen. Daher bin ich schon sehr auf den Dünnschliff gespannt.

Viele Grüße
Ralf (Sprotte)

Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #2 am: November 18, 2016, 18:48:18 Nachmittag »
So, hier jetzt die Bilder des Dünnschliffs...übrigens eine Heidenarbeit bei diesem Zeug - so etwas Hartes hatte ich noch nicht auf der Schleifmaschine :eek:

Zuerst zwei Übersichtsbilder: Man erkennt recht schön die Gesteinsfragmente in der feinen Matrix; also ein Pseudotachylit ist das auf alle Fälle. Die Matrix selbst ist dicht gepackt voll mit alten Kristallfragmenten und neu auskristllisierten Phasen; aber bei starker Vergrößerung ist noch glasiger Anteil zu erkennen.

Die Feldspäte sind recht stark serizitisiert, und auch in der Matrix hat sich teilweise Serizit (oder Karbonat?) neu gebildet. Das Stück ist also alteriert.

Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #3 am: November 18, 2016, 18:50:01 Nachmittag »
Jetzt ein paar stärker vergrößernde Bilder: Man erkennt teilweise um die Klasten herum eine Fluidalstruktur.

Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #4 am: November 18, 2016, 18:51:31 Nachmittag »
Und jetzt ein paar Bilder von Quarzkristallen, die deutlich Spuren von Belastung zeigen.

Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #5 am: November 18, 2016, 18:54:29 Nachmittag »
Bei stärkster Vergrößerung (40x-Objektiv) erkennt man aber ziemlich gut, dass es sich dabei nicht um klassische PDFs handelt. Entweder waren es von Anfang an "nur" Deformationslamellen (Böhm-Lamellen), oder in den Quarzen hat Rekristallisation eingesetzt und die ursprünglichen Features ausgelöscht.

Offline Pinchacus

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #6 am: November 19, 2016, 11:37:24 Vormittag »
also ein Pseudotachylit ist das auf alle Fälle. Die Matrix selbst ist dicht gepackt voll mit alten Kristallfragmenten und neu auskristllisierten Phasen; aber bei starker Vergrößerung ist noch glasiger Anteil zu erkennen.

Schwierig. Ich sehe nirgends in den Bildern Merkmale für einen PsT. Allgemein ist es schwierig sich nur anhand einer Dünnschliff-Durchsicht darauf festzulegen.

Ich habe einen deutlich "eindeutig nach PsT aussehenden" Kandidaten hier (in Vorbereitung für einen ga-Artikel) und bei genauer Analyse ist da nichts mehr mit eindeutig (leider).

Bild versuche ich mal nachzuliefern, sobald ich wieder an den Ordner rankomme...
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Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #7 am: November 19, 2016, 13:39:23 Nachmittag »
also ein Pseudotachylit ist das auf alle Fälle. Die Matrix selbst ist dicht gepackt voll mit alten Kristallfragmenten und neu auskristllisierten Phasen; aber bei starker Vergrößerung ist noch glasiger Anteil zu erkennen.

Schwierig. Ich sehe nirgends in den Bildern Merkmale für einen PsT. Allgemein ist es schwierig sich nur anhand einer Dünnschliff-Durchsicht darauf festzulegen.

Gut, in einem der oben zitierten Punkte muss ich mich korrigieren: Ich dachte zuerst, die Matrix sei in den Zwickeln tatsächlich noch glasig - inzwischen musste ich feststellen, dass sie vollständig rekristatllisiert ist.

Dessenungeachtet frage ich mich, was das Stück alternativ sein könnte. Okay, wenn man bei Pseudotachylit (und ich kenne einige unzweifelhafte Stücke, hier in Bayern liegen die Pseudotachylite des Silvretta-Kristallins als südliche Geschiebe haufenweise [na schön, ich übertreibe ein bisschen :einaugeblinzel:] im Isarschotter) auf die glasige Natur der Matrix abstellt, dann erfüllt das obige Stück dieses Kriterium nicht. Aber ich bin mir einigermaßen sicher, dass es das deshalb nicht tut, weil es eine Alteration durchgemacht hat.
Aber nehmen wir an, das wäre nicht der Fall: wie wäre das Stück dann zu benennen? Als Kataklasit? Auch gut. Stellt sich immer noch die Frage, ob die Kataklase impaktbedingt war oder nicht.

Ich werde einfach mal einen Vergleichsschliff von meinem Dellen-Material anfertigen, und dann sehen wir weiter...

Gruß,
Holger

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #8 am: November 19, 2016, 13:57:40 Nachmittag »
Hallo Holger,

ich hatte (wegen meines Stückes) dazu recht lange Diskussionen mit Uwe Altenberger. Wenn das Stück alteriert ist, wird es prinzipiell schwierig. Wenn dann auch noch Merkmale wie die typisch gewinkelten Druckspalten, in die dann das glasige Material "eingeschossen" ist fehlen (und die sind oft nur im SEM/TEM bei polierten Schliffen sichtbar, die Lichtoptik löst da nicht gut genug auf), wird es kompliziert mit dem Nachweis.

Dein Stück ist wahrscheinlich ein Kataklasit, weiter würde ich (nach den bisher vorgelegten Merkmalen) in der Bestimmung nicht gehen. Nach U.A. gibt es in Skandinavien übrigens bisher nur einen einzigen wirklich nachgewiesenen Pseudotachylit (der vermutl. eher tektonisch induziert wurde). Literaturquelle dazu habe ich leider nicht, kann ich aber beizeiten mal nachhaken.

Was da bisher geschiebetechnisch in der einschlägigen Literatur "nachgewiesen" wurde, ist vom Nachweis her Mumpitz.

Ich warte immer noch auf den ersten sicheren Nachweis. ;)

edit: hier mal ein Übersichstbild meines Stückes. War auf den ersten Blick (am Strand), auf den 2. Blick (als Anschliff) und den 3. Blick (im Dünnschliff) ein sicherer Kandidat. Blick N° 4 (SEM) war dann der "Rückschlag". SEM-Bilder und Diskussion dann irgendwann demnächst gedruckt...
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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #9 am: November 19, 2016, 15:05:24 Nachmittag »
Hallo Pinchacus,

hm. ich muss zugeben, sooo tief stecke ich in der Pseudotachylit-Materie nicht drin, und wahrscheinlich habe ich den Begriff oben etwas leichtfertig verwendet...aber dann muss ich doch noch eine ganz pragmatische Frage stellen. Oder eigentlich zwei:

1.) Mir war nicht bewusst, dass das Vorhandensein der von Dir genannten gewinkelten Druckspalten für die Definition eines Pseudotachylits essentiell ist. Aber wenn dem so ist: Dann ist es doch vorstellbar, dass diese in einer einzelnen Probe (mit eben nur einer einzigen Schnittebene) auch mal unsichtbar/nicht auffindbar bleiben können? Mit anderen Worten: Auch wenn sie nicht zu sehen sind, könnte eine entsprechende Probe de facto immer noch ein Pseudotachylit sein (auch wenn es evtl. nicht gerechtfertigt wäre, sie so zu benennen)?

2.) Wie wäre denn dann das von Dir gezeigte Stück zu benennen? Auch als Kataklasit?

Gruß,
Holger

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #10 am: November 19, 2016, 15:43:51 Nachmittag »
Hallo Holger,

ich stecke fachlich in der Materie auch nicht sooo tief drin... ;) Aber nachdem ich dachte "da hast Du mal wirklich einen gefunden" (übrigens am 24.12.2015) hab ich mich etwas reingelesen und das Glück gehabt an meinem damaligen Institut auch gleich einen der Spezialisten für Pseudotachylite ein paar Zimmer weiter sitzen zu haben.

zu 1.: soweit ich das verstanden habe, sind diese "cracks" auch nur ein Merkmal von vielen (aber ein sehr indikatives). Wenn man sie im Schliff nicht drin hat, dann fehlt halt einer der Nachweise dafür, dass ein Kataklasit ein Pseudotachylit ist. Diese Mikrorisse sind allerdings oft erst auf einem polierten Schliff im SEM sichtbar. Bei meinem Stück reißen die Schmelzadern das Gestein ja auch schön im rechten Winkel auf, auf rastermikroskopischer Ebene sieht das dann aber nicht mehr so aus (sollte es aber). Auch die Minerale im Elementmapping sind bei meinem Stück leider schon alteriert, und eine Verglasung nicht mehr sichtbar. Es gibt noch eine Reihe anderer Merkmale, die ich mir aber für den Artikel aufhebe (sonst liest den ja keiner mehr ;) )

Das Problem ist: um einen wirklichen Nachweis "pro Pseudotachylit" zu bekommen, muss man mit einem polierten Schliff unters SEM. Und das haben nur wenige im Keller stehen. Das ist wie bei Mets: eine Ansprache vom einem möglichen NWA an der Händlerschotterkiste ist halt noch keine Klassifikation.

zu 2.: Wir haben uns entschieden, dass es sich bei dem roten Geschiebegranit mit den Schmelzvenen um einen alterierten Kataklasit handelt, ein Pseudotachylit nicht auszuschließen ist, er lässt aber final nicht beweisen.

Dein Stück ist jedenfalls ein möglicher Kandidat, aber wenn ich den so betrachte evtl. noch stärker alteriert als mein Stück. Kannst Du mal schauen ob du an Klastenrändern aufgeschmolzene Biotite siehst?

Besten Gruß

Johannes
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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #11 am: November 19, 2016, 19:05:16 Nachmittag »
Hallo Johannes,

hm, Biotite finden...gar nicht so einfach in dem Durcheinander dieses Stücks...und ich muss gestehen, dass ich mir auch bei den gezeigten Bildern gar nicht sicher bin, ob es sich in der Tat um Biotit handelt. Es könnte auch eine stark angegriffene Hornblende sein. Hier zunächst zwei Bilder von etwas größeren Einschlüssen:

Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #12 am: November 19, 2016, 19:07:00 Nachmittag »
...und hier die kleineren "Fetzen" dunkler Minerale, wie sich durch die Matrix verstreut vorliegen...

Offline Buchit

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #13 am: November 19, 2016, 19:09:56 Nachmittag »
...und noch ein paar "Fetzen"...

Also, stark angegriffen sind diese Mineralkörner auf alle Fälle - aber angeschmolzen? :gruebel:

Gruß,
Holger

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Re: Impaktit-Geschiebe?
« Antwort #14 am: November 30, 2016, 07:12:59 Vormittag »
Hmmmm....grübel, grübel und studier... :gruebel:

Ich habe in der Zwischenzeit von meiner "echten" Dellenit-Probe ebenfalls einen Dünnschliff angefertigt und möchte Euch den nicht vorenthalten.

Es fängt damit an, dass das Material viel chaotischer aussieht, ungeachtet der Tatsache, dass auch hier die Grundmasse vollständig rekristallisiert ist. Aber die Reaktionsränder um die Quarzkörner und die durch die Grundmasse verteilten Erzkörnchen geben (mir zumindest) einen viel...ja, wie soll man sagen..."dynamischeren" Eindruck. Man zweifelt einfach keine Sekunde daran, eine erstarrte Schmelze vor sich zu haben:

 

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