Autor Thema: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister  (Gelesen 3577 mal)

Labrador

  • Gast
Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« am: November 17, 2008, 11:28:44 Vormittag »
Schlackenminerale und (Kali)salze sind diejenigen Dinge, die etwas kontrovers sind, was das Sammelverhalten angeht. Nimmt man´s oder nimmt man´s nicht? Bei den Schlacken sind die Kontra-Argumente: werden von der IMA nicht als Minerale anerkannt, sind nicht natürlicher Entstehung, sind durch unmittelbaren menschlichen Einfluss gebildet. Und Pro? Tja, bis 1993 hatte die IMA kein Problem mit Schlackenmineralen, wie Simonkolleit, Wülfingit und Lautenthalit beweisen. Und sind jegliche Halden, Stollen u.ä. kein unmittelbarer menschlicher Einfluss? Werden auf Bergbauhalden nicht wie auf Schlackenhalden oftmals Materialien aus aller Herren Länder abgeladen? Und - ganz pragmatisch - die herrlichen Kristalle in den schönsten Farben sind doch einfach wunderschön! Und, mal ganz ketzerisch in die Runde gerufen: sein wir doch konsequent, alle anerkannten Schlackenmineralien werden rückwirkend "revidiert"! Kein Laurionit mehr... Heißt dann Essenit (ach nee, das gibt nur Verwechslungen mit Esseneit) oder Levinit oder... (nach der dann eigentlichen Typlokalität Zeche Christian Levin bei Essen im Ruhrgebiet). Kann man drüber nachdenken!

Und die Salzminerale? Bäh, das hält doch nicht. Was will man mit etwas, das innerhalb von Jahren, Monaten, Tagen, ja Minuten wegfließen kann? Dann diese elende Verpackungsmisere. Immer trockenhalten, nee, sowas kommt mir nicht in die Hütte. Soweit die Gegenstimmen. Und dafür? Eigentlich gibt´s da nur das handfeste Systematikerargument in´s Feld zu führen. Wenn schon, dann alles. Denn, seien wir ehrlich, bis auf die großen Steinsalzkristalle, allenfalls violetten Kainit oder größere Leonit und Carnallit-Kristalle, gibt´s da wenig schönes. Das meiste liegt als massives, matschig-grau-weiß-gelblich-rötlichbräunliches Gebröckel vor.

Persönlich nehme ich ja beides in die Sammlung auf. Ob die Schlacken jetzt Minerale sind oder nicht, geht mir ehrlich an einer ganz bestimmten, auf der rückwärtigen Seite meines Körpers befindlichen Stelle vorbei;-) Da zählt für mich nur der Schönheitsaspekt eine Rolle (das schließt auch Zinknadeln oder Ofensilber mit ein, die nun wirklich nie und nimmer genuine Mineralien sind!). Und viele Minerale (wie z.B. Legrandit) kriegt man für die Deutschland-Systematik eben nur aus Schlacken. Bei den Salzen halte ich´s ähnlich. Siehe oben: wenn schon, dann alles. Lücken werden nicht geduldet;-) Ist zwar aufwendig, aber ohne Mühen braucht man eh kein Sammler werden zu wollen.

Was haltet Ihr von Schlacken und Kalisalzmineralen (und anderen "flüchtigen" Substanzen mineralischer Natur)?

Gruß
Labrador


Plagioklas

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #1 am: November 17, 2008, 11:54:34 Vormittag »
Hallo,
Schlackenmineralien sammle ich auch. Ob primärer Schlackenbestandteil (Absichtlich oder nicht) oder sekundär... beides nehme ich gerne.

Bei Salzen und instabilen Mineralien sag ich aber nein. Ich hatte mal in der Gesamtschule ein frisch abgebrochenes rein weißes Stück Steinsalz bekommen mit glänzenden Spaltflächen. Heut hab ich einen gerundeten grauen brocken noch irgendwo rumliegen, der sicher wieder die Schrankoberfläche durchnässt hat.

Ich hab mal n 10 Jahre altes Händlerlot bekommen. Viele alte Kostbarkeiten waren drin, fast alles toll erhalten,.... aber die Salze wie Tychit und so hinterließen aufgblähte flecken in den scheiß (!!!) Gelatinekapseln (Die gehören verboten!) oder bildeten traurige pulvrige reste, die in den MM-Dosen rumflogen... nix war von zu retten.

Da ich vor habe mehr als 10 Jahre zu sammeln kommt bei mir nur stabiles rein.
Gruß
Plagioklas

Labrador

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #2 am: November 18, 2008, 11:27:25 Vormittag »
Aaaah, das Kapselproblem. Immer wieder schön, nicht wahr?

Plagioklas

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #3 am: November 18, 2008, 11:33:45 Vormittag »
Hallo,
ja,... möcht mal wissen, wer ursprünglich diese tolle idee gehabt hatte gelatine (!) Kapseln für so nen Kramsens zu nehmen.
Gruß
Plagioklas

Labrador

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #4 am: November 18, 2008, 11:37:01 Vormittag »
Tja, für richtige "Feststoffe" wie kleine Granate oder Sulfidbrösel geht´s ja noch. Man sollte nur auf die Umgebungsluftfeuchtigkeit achten. Aber für Salze? Intelligent...

Peter5

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #5 am: November 18, 2008, 19:56:45 Nachmittag »
Hallo ..  :smile:

nun möchte ich hierzu auch nochmal "meinen Senf dazu geben" .. :smile:

Ich sammle auch schon seit Jahren Schlackenminerale und Salzminerale - letztere auch, sofern einigermaßen stabil!  :laughing:

Irgendwo habe ich mich schon mal über die fortdauernde und nie endende Diskussion zum Thema Schlackenmineralien ausgelassen - Tenor: Wann ist ein Schlackenmineral oder ein anderes Mineral überhaupt noch ein Mineral? bzw. sollte man die Kernfrage eigentlich so formulieren: Ab wieviel Prozent "Naturbeitrag" und umgekehrt ab wieviel Prozent "Menschenwerk" ist ein Schlackenmineral oder ein anderes Mineral noch als Mineral zu bezeichnen? Das ist immer wieder eine interessante Fragestellung!  :smile:

Beispielhaft für diese Diskussion ist für mich immer die Geschichte mit den Schmelz-Rückständen der Blei- und Silbererze, die von den alten Lavrioten in Lavrion (verdeutscht: "Laurion") ins Meer gekippt wurden und wo durch die Verbindung der Metallionen (Kationen) mit den Chlor-Anionen und Sauerstoffionen des Meerwassers "nach ewig langer Zeit" schließlich Raritäten (Schlackenminerale) wie Laurionit, Paralaurionit, Thorikosit u.v.m. entstanden sind!

Ganz einfache Argumentation von mir: Natürlich sind diese Raritäten bzw. Schlackenminerale Mineralien! Und zwar ganz einfach deshalb, weil der Ozean als Naturfaktor hier einen zeitlich viel größeren Aufwand zur Bildung der Schlackenminerale "vollzogen" hat als der Mensch mit dem Kippen der Metallrückstände aus den alten Schmelzöfen ins Meerwasser!  :laughing: Daran kann man nämlich, meiner Ansicht nach festmachen, ab wieviel % Naturbeitrag ungefähr ein Mineral noch als Mineral, im Sinne der natürlichen Entstehung, ohne zu weitgreifenden Einfluss des Menschen, zu bezeichnen ist!

P.S. Zum Thema Mineralien in Kapseln: Da gibt es bei mir nur 3 Ausnahmen: Evenkit, Cadmoselit und früher noch Tisinalith.. ansonsten sind "Kapsel-Geschichten" bei mir völlig verpönt!  :laughing:

Gruß Peter5 .. :winke:


Peter5

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #6 am: November 19, 2008, 09:18:34 Vormittag »
.. einige meiner Schlacken und Schlackenminerale ..

Details siehe Dateinamen .. :smile:

Gruß Peter5 .. :winke:

Offline stollentroll

  • Oberrat
  • *****
  • Beiträge: 404
    • Stollentrolls Homepage - Minerale, Meteorite, Bergbau, Prähistorie
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #7 am: November 19, 2008, 12:58:45 Nachmittag »
@Peter,
das Kriterium Zeitfaktor ist leider nicht brauchbar. Wo will man hier die Grenze ziehen, ab welcher Zeit ein Schlackenprodukt zum Mineral wird ?
Die Verhüttung selber, bei der die Schlacke entsteht, dauert nur ein paar Stunden. Wenn die Schlacke dann auf Halde oder ins Meer gekippt wird, überwiegt nach ein paar Stunden also bereits der natürliche Faktor. Damit wären alle Schlackenbildungen ganz schnell Minerale. Man könnte sich dann auch im Labor etwas exotisches zusammenmixen, es ins Gelände werfen und ein paar Tage oxidieren lassen - auch hier überwiegt beim Kriterium Zeit der natürliche Faktor schnell. Das wären dann auch Minerale. Und was ist mit Schlacken aus Müllverbrennungsanlagen ......... ?

Oder man setzt den Faktor Zeit sehr hoch, z.B. 100 Jahre (oder was auch immer). Dann hätte man aber einen völlig willkürlichen und wissenschaftlich durch nichts begründeten Faktor. Dann würden auch auf jeden Fall ein wesentlicher Teil der Mansfelder Schlackenbildungen rausfallen, weil die deutlich jünger sind, und etliche andere auch. Und ich stelle mir jetzt auch einen Sammler vor, der fluchend vor einer 98 Jahre alten Schlackehalde steht, weil die Verwitterungsbildungen erst in zwei Jahren Minerale werden ......

Es gibt hier kein sinnvolles Kriterium. Durch die Produktion immer neuer Werkstoffe oder Recycling von Altmaterial entstehen auch immer exotischere Schlacken, und hier wollte die IMA einfach einen Riegel vorschieben.
Da die vorher anerkannten Minerale nicht diskreditiert wurden, hat man jetzt das Problem, dass es nach wie vor anerkannte Minerale aus Schlacken gibt. Diese Grauzone ist aber immer noch besser, als Produkte aus Müllverbrennungsschlacken oder ähnlichem anzuerkennen, denn darauf wäre es hinaus gelaufen.
 
Glück Auf
Thomas

Peter5

  • Gast
Re: Schlacken & Salze - hier scheiden sich die Geister
« Antwort #8 am: November 19, 2008, 16:35:49 Nachmittag »
@Thomas,
leuchtet alles ein, wenn man das so betrachtet.

Zitat
Diese Grauzone ist aber immer noch besser, als Produkte aus Müllverbrennungsschlacken oder ähnlichem anzuerkennen, denn darauf wäre es hinaus gelaufen.

Ich denke, damit können wir Sammler dann wohl leben.

Gruß Peter5 .. :winke:

 

   Impressum --- Datenschutzerklärung