Autor Thema: Wüstenglas mit Sphärolithen?  (Gelesen 3959 mal)

Offline Buchit

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Wüstenglas mit Sphärolithen?
« am: September 18, 2010, 21:15:10 Nachmittag »
Hallo Tektitenspezialisten,

vorab, ich muss mich zutiefst schämen, dass ich eine Frage zu einem Stück stelle, ohne ein Foto davon zeigen zu können :peinlich:. Allerdings könnte es auch so klappen, denn der Sachverhalt läßt sich recht gut in Worte fassen.

Vor einigen Jahren habe ich auf den Münchner Mineralientagen ein Stück erworben, das als "Libysches Wüstenglas" bezeichnet war. Der Händler (ein Russe) hatte eine kleine Schachtel voll, der Preis war nicht zu hoch, so dass ich mir sagte: Komm, selbst wenn das eine Fälschung ist, der Spaß ist es Dir wert. Denn unter diesen "Wüstengläsern" war eines, das zahlreiche weiße Pünktchen als Einschlüsse zeigte. Zu Hause, unter der Lupe, erschienen diese als recht regelmäßig kugelig, so dass ich an Entglasungserscheinungen (Sphärolithbildung) dachte. Allerdings habe ich so etwas bei Wüstenglas noch nie zuvor gesehen, und das macht mich etwas mißtrauisch.

Daher meine Frage an Euch (und nochmal Entschuldigung für fehlende Bilder): Sind Euch solche oder ähnliche Entglasungserscheinungen bei Wüstenglas schonmal begegnet?

Danke im Voraus,
Buchit

Offline speul

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Re: Wüstenglas mit Sphärolithen?
« Antwort #1 am: September 18, 2010, 21:26:56 Nachmittag »
Hallo Buchit,
ich nehme mal an Du meinst die Bildung von Cristobalit, die in der Tat eine nicht seltene Erscheinung im LDG ist. Trotzdem immer wieder schön anzusehen. Also keine Sorge, alles echt!
Grüße
speul
Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten

Offline lithoraptor

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Re: Wüstenglas mit Sphärolithen?
« Antwort #2 am: September 18, 2010, 22:23:48 Nachmittag »
Moin!

Schließe mich speul an und möchte ein Bild ergänzen: http://www.star-bits.com/listphotos/LDG72-37b.JPG

Gruß

Ingo

Peter5

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Re: Wüstenglas mit Sphärolithen?
« Antwort #3 am: September 19, 2010, 09:37:12 Vormittag »
Hallo ..

falls es in diesem Zusammenhang interessiert ..  :wow:

Der beta-Cristobalit oder Hochcristobalit / (kubische Modifikation) bildet sich übrigens bei Temperaturen oberhalb von 1470 °C!

So .. die Gläser entstanden beim Meteoriten-Einschlag bei hohem Druck und hohen Temperaturen; der Sandstein wurde aufgeschmolzen und die flüssige Schmelze fortgeschleudert. Bei rascher Abkühlung in der Flugphase konnte so das LDG entstehen. Gut. Das müsste bedeuten, dass der Cristobalit durch Umwandlung des Quarzsandes bei den hohen Temperaturen oberhalb von 1470 Grad C entstand .. denn der war ja nicht schon vorher im Sand zugegen oder?  :gruebel: Wenn Letzteres zuträfe, müsste sich ja der Sand selbst schon vorher bei Temperaturen oberhalb von 1470 Grad C gebildet haben und das glaube ich nicht.
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Übrigens .. die weißen Einschlüsse im "Schneeflocken-Obsidian" sollen übrigens auch Cristobalit-Kristalle enthalten. :prostbier:

Gruß Peter5  :winke:
« Letzte Änderung: September 19, 2010, 09:52:38 Vormittag von Peter5 »

Offline stollentroll

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Re: Wüstenglas mit Sphärolithen?
« Antwort #4 am: September 19, 2010, 10:12:14 Vormittag »
Bei diesem Cristobalit in den Gläsern handelt es sich um die tetragonale Tieftemperaturmodifikation, die durch Rekristallisation aus der Glasphase oder aus Opal entstehen kann. Sie ist unterhalb von etwa 250°C stabil. Dieser Cristobalit ist meist stark fehlgeordnet.

Grüße
der Stollentroll

Offline Buchit

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Re: Wüstenglas mit Sphärolithen?
« Antwort #5 am: September 19, 2010, 16:22:30 Nachmittag »
Hallo,

und vielen Dank euch allen, schon haben wir wieder etwas gelernt... :belehr: In der Tat, die Gebilde in meinem Stück sehen den hier gezeigten zum Verwechseln ähnlich; also gehe ich mal davon aus, dass es sich um Cristobalit handelt.

Gruß,
Buchit

Offline Buchit

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Re: Wüstenglas mit Sphärolithen?
« Antwort #6 am: September 28, 2010, 21:06:34 Nachmittag »
Hallo,  :hut:

nachdem ich zunächst ein Bild zu meiner Frage schuldig geblieben war, kommt jetzt hier die Nachlieferung - allerdings als Bild eines Dünnschliffs durch das geschilderte Objekt :wow:. Der Sphärolith im Bild hat einen Durchmesser von 520 Mikrometern und scheint aus zwei Generationen von Cristobalit zu bestehen; jedenfalls könnte man die deutlich sichtbare Grenzlinie, die so beim halben Durchmesser hindurchläuft, so interpretieren :gruebel: Im Kern ist die "Dachziegelstruktur" des Cristobalits deutlich zu erkennen.

Gruß,
Buchit

 

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