Moin!
Im Großen und Ganzen bin ich mit Euch einer Meinung, aber ein paar Unterschiede sehe ich doch:
Wie auch Greg, so sehe ich bei einem Individual die Genese - eben das einzeln geprägte Stück - als Hauptkriterium für die Namensgebung an. Was die Kruste betrifft, so hatte Greg ja schon auf die Abplatzungen verwiesen. Ein sehr bekanntes Beispiel hier ist Allende. Allende-Individuals zeigen sehr häufig gerade an den Kantenbereichen Abplatzungen von Kruste. Niemand würde ein solches Stück ein Fragment nennen.
Ein Fragment hingegen ist für mich ein nicht näher definiertes Bruchstück eines Meteoriten (ich schreibe hier absichtlich nicht "Steins", dazu unten gleich mehr). Im Gegensatz zum Individual ist für mich die Genese bei einem Fragment für die Begriffsdefinition selbst unbedeutend. So erhalt man bei der Trümmerung eines Meteoriten bei seinem Aufschlag Fragmente, wie auch dann, wenn man irgendwo ein Stück abbricht oder das Stück mit dem Hammer zerlegt. Man kann dabei ergänzende Bezeichnungen verwenden, welche die Genese näher beschreiben. So kenne ich bei Sikhote etwa den Begriff des Explosionsfragments. Die Bezeichnung Fragment ist daher nicht nur auf Steine beschränkt.
Der Übergang zwischen Individual und einem Fragment ist fließend, so kennt hier wohl jeder den Begriff "Halbindividual" (wird gerne auch nach dem Sägen verwendet). Von einem Ein-Drittel-Individual o.ä. wird man aber wohl kaum gehört haben, obwohl man einen Stein damit durchaus treffend beschreiben könnte. Ich denke, dass das letzlich eine Frage des Ermessens ist. Bei Eisen ist es nicht anders. Ich habe gerade kürzlich einen kleinen Taza in andere Hände gegeben, der auf einer Seite wunderschöne Orientierung zeigte, auf der anderen Seite noch klare Abrißkanten.
Etwas problematischer wird es dann, wenn die Stücke im ariden Klima länger gelegen haben, die Kruste (mehr oder weniger) vollständig erodiert ist und die Stücke nur noch Wüstenlack tragen. Wenn solche Stücke etwa durch Windschliff geglättet worden sind, vermag keiner mehr zu sagen, ob das Stück nun eher ein Individual oder ein Fragment war. Denkt etwa an die unzähligen Erscheinungsformen von den 869ern oder habt mal ein Auge in die großen Wühlkisten bei den Marokkanern (obwohl die ja leider im rarer werden). Ich tendiere in solchen Fällen dazu alle Stücke die mehr oder minder rundlich-kompakt sind, als Individual zu bezeichnen. Ähnlich macht man das ja auch bei Muonionalusta, wo klar sein dürfte, dass alle Stücke nach dem Transport (alle Stücke sind ja bei der Zusammenschiebung des Streufelds deutlich gerundet worden) nur noch Relikte/Teile der ursprünglichen Individuals (?) sind. Dennoch schreibt jeder, der so ein Ding hat, Individual dran.
Auch der Übergang zwischen einem Fragment und einem Schrapnell ist meiner Meinung nach fließend. SA ist hier wieder ein sehr gutes Beispiel. Ich würde mich übrigens bei der Ansprache Schrapnell mehr auf rein äußere Charakteristika (etwa scharfe Kanten, Deformationen) verlassen, als auf die ausgelöschte Struktur im Inneren. Wenn ein Schrapnell sehr groß ist, dann kann im Inneren durchaus noch Struktur vorhanden sein - zumindest reliktisch. Wie sollte man ein solches Stück denn dann ansprechen?
Hmm, was nun die Abgrenzung zwischen Micro und Macro betrifft, da wird es noch schwieriger. Aber evtl. hilft hier der Denkansatz der Mikropaläontologie weiter. Diese definiert ihr Arbeitsfeld in etwa mit: Alles das, was ohne Mikroskop nicht sinnvoll bearbeitet werden kann. Man könnte also im übertragenden Meteoritensammler-Sinne sagen, dass ein Meteoriten-Micro alles das ist, was man ohne Mikroskop nicht sinnvoll betrachten kann und somit einer direkten Größendefinition aus dem Weg gehen.
Just my 2 Cents!
Ingo