Autor Thema: Zweifelhafte Funde auf Mallorca  (Gelesen 2434 mal)

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Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« am: April 03, 2019, 14:02:57 Nachmittag »
Hallo,

ich fliege am Sonnabend nach Mallorca und habe mal in die Datenbank geschaut: zwei zweifelhafte Funde gibt es auf Mallorca, der eine von 1935, der andere von 1958. Dagegen keine bestätigten Funde. Weiß jemand, ob es eine besondere Geschichte hinter dem "doubtful" gibt? Waren das vielleicht Betrugsversuche von Touristen? Auf Mallorca ging es ja früh los mit dem Tourismus. Es fällt schon auf, dass insgesamt in Spanien viele zweifelhafte Funde vermerkt wurden, allerdings eher aus untouristischen Gegenden.

Jürgen

Offline Mettmann

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Re: Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« Antwort #1 am: April 03, 2019, 14:43:35 Nachmittag »
Da steht ein bisserl mehr dazu, nebst Quellen:

https://www.solosequenosenada.com/meteorito/index6.php

Bei dem Eisen aus den 40igern stimmt halt nix:  Der selbstbehauptete einzige Fallzeuge, ein Falangist, hat erst 40 Jahre nach dem angeblichen Fall diesen bekannt gemacht. Seine Fallbeschreibung ist Unfug, er behauptet der Meteorit sei zwei Meter im Durchmesser gewesen und habe eine Grube geschlagen, aus der es geraucht habe und die umliegenden Steine seien verbrannt gewesen.
Und der Meteorit war nach vierzig Jahren nimmer auffindbar, weil ihn die Einwohner unter sich aufgeteilt hätten. (Ein Eisenklumpen von 2m Durchmesser hat etliche Tonnen Gewicht und wer schon mal versucht hat von einem massiven Eisenklumpen ein Stück abzumeißeln....)

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Mettmann
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Offline metnet

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Re: Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« Antwort #2 am: April 03, 2019, 15:18:13 Nachmittag »
Schöne Quelle, aber trotzdem steige ich da nicht ganz durch:

1) Die Fundgeschichte vom 17. Juli 1935 scheint mir doch halbwegs vernünftig. Eigentlich so vernünftig, dass ich den Meteoriten als glaubhaft ansehen würde, selbst wenn die Überreste verschwunden sind.
2) Mit Unfug meinst du den vorgeblichen Fund "1940 Ende des Sommers", oder welchen?
3) Über den zweifelhaften Fund von 1958 habe ich da nichts gelesen. Die Seite geht ja nur bis 1950.

Na ja, mit allergrößter Sicherheit wäre es trotz allem Quatsch, an der Straße von Palma nach Manacor herumzustöbern. Andererseits werde ich in drei Tagen genau über diese Straße fahren  :einaugeblinzel:

Offline Mettmann

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Re: Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« Antwort #3 am: April 04, 2019, 12:45:59 Nachmittag »
Der Situs geht weiter:
https://www.solosequenosenada.com/meteorito/index7.php

Nu, das Zentralorgan, in dem alle neuen Meteoritenfunde und -fälle veröffentlicht (und damit offiziell anerkannt) werden, der Meteoritical Bulletin, den gibt es seit 1957. Vom Catalogue of Meteorites, dem gedruckten Vorgänger der Meteoritical Bulletin Database, gibt es fünf Ausgaben - wobei als erste gilt, jener Sammlungskatalog des British Museums (Nat.Hist.) von T.Prior von 1923.

Das ist eine rein wissenschaftliche Publikation, die Standardreferenz aller Meteorite, ohne kommerzielles Interesse und kein Wunschkonzert. Bauchgefühl hat darin nix verloren, sondern es interessieren nur möglichst verifizierte und verifizierbare Daten.
Für die Meteorite vor 1957 hat man dazu einerseits die Sammlungskataloge der Museen und Universitäten aus aller Welt herangezogen,
und zum anderen die bereits veröffentlichte Literatur zu den jeweiligen Einzelmeteoriten.

Erstveröffentlichungen von Meteoriten sind schon seit Mitte des 19.Jhdts quasi standardisiert, in der Regel sind es Monographien, die in geeigneten Journalen und Jahrbüchern veröffentlicht wurden. Die enthalten zumeist einen Bericht über die Fall- und Fundumstände, Gewichte, Anzahl etc. und woher der Autor das untersuchte Stück hat, sodann eine Beschreibung des äußeren Anscheins, gefolgt von der chemischen, mineralogischen und petrographischen Analyse.
Solche Einzelschriften/Erstveröffentlichungen findst öfters auch hier im Forum angeboten, auch kann man sich noch die kompletten Jahrgangsbände der entsprechenden Annalen (Urvater Chladni, der die ersten Weltmeteoritenkataloge erstellt hat, hat diese auch in solchen veröffentlicht) hie und da noch kaufen, ist ein Sammelgebiet, was zum Meteoritensammeln dazugehört (zumindest für die Fortgeschritteneren).

Bei dem womöglichen Fall von 1958 scheint es lediglich einen Zeitungsartikel zu geben, der Verbleib des Fundes ist unbekannt, es steht also kein Material, weder zur Untersuchung noch als Referenz, zur Verfügung und offensichtlich ist das Material niemals untersucht und klassifiziert worden.
Bei dem Fall von 1935 ist es praktisch genauso, neben einer Zeitungsmeldung scheint es nur eine Veröffentlichung hinsichtlich der Fallumstände zu geben, er ist aber anscheinend niemals mineralogisch/petrographisch untersucht worden, noch liegt Material vor.

Warum das so ist, weiß man nicht.
Deswegen bleibt dem Bulletin/Catalogue auch gar nix anderes übrig, als diese beiden möglichen Meteorite zwar artig zu erwähnen, aber sie als zweifelhaft einzustufen.

Sollte sich jemals Material finden, was diesen beiden Ereignissen mit großer Sicherheit zugeordnet werden und was ordnungsgemäß klassifiziert werden könnte, dann würden die Einträge revidiert werden.

 :prostbier:
Mettmann

PS: Im Planetarium in Costitx soll es eine kleine permanente Meteoritenausstellung geben, vielleicht berichtest Du uns ja davon?
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Offline metnet

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Re: Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« Antwort #4 am: April 04, 2019, 14:12:35 Nachmittag »
Ja, das Meteorite Bulletin kenne ich natürlich. Andererseits merke ich sicherlich, wie viele Aspekte mir noch unbekannt sind. Ich befasse mich seit etwa einem halben Jahr recht intensiv mit Meteoriten - was wahrscheinlich eher "nichts" ist. Trotzdem habe ich mich erdreistet, eine Website zu dem Thema zu machen: www.meteoritenland.de. (Falls das nicht in Ordnung sein sollte, dass ich den Link hier einstelle, weil das ja Spam sein könnte, möge man den Link bitte einfach entfernen.) Falls jemand zu viel Zeit übrig hat, kann er sehr gerne mal auf meine Seite gehen und mich auf Fehler hinweisen. Ich fürchte, da könnte sich die eine oder andere Sache finden...

Wenn ich hier in diesem Forum lese, fällt mir nicht nur die geballte Fachkompetenz auf, sondern ich ahne auch um die erheblichen Geldsummen, die mein neues Hobby noch kosten könnte. Das erste halbe Jahr war jedenfalls nicht billig  :einaugeblinzel: Interessant finde ich vor allem die Vielfalt unterschiedlicher Gesteine, die ich auch in meiner eigenen Sammlung widerspiegeln möchte. Dabei ist mir weniger wichtig, große glänzende Scheiben zu haben. Dafür freue ich mich über meine 3,2 Gramm Allende.

Ob ich das Planetarium von Costrix wirklich schaffe, weiß ich noch nicht. Meine Familie stört es nicht, wenn Papi mal seiner eigenen Wege geht, aber irgendwann muss ich dann wieder ins Hotel. Aber vielen Dank für den Tipp!

Offline gsac

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Re: Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« Antwort #5 am: April 04, 2019, 15:28:47 Nachmittag »
Sehr schön, Jür"metnet"gen, willkommen, guter Start ins Hobby - rock on!
:hut: Alex

Offline metnet

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Re: Zweifelhafte Funde auf Mallorca
« Antwort #6 am: April 15, 2019, 12:50:08 Nachmittag »
Sooo - ich bin zurück von Mallorca. Es war ein schöner und erholsamer Urlaub. Im Meteoritensinne allerdings ein Fehlschlag. Denn: Als ich nach einer Stunde Zickzack-Fahrt durch das mallorquinische Hinterland in Costitx ankam, musste ich zunächst nach einem Hinweisschild zum Planetarium suchen, um dann schließlich auf einem riesigen, aber völlig leeren Parkplatz zu stehen. Da hat das Planetarium offenbar spontan (?) seine Öffnungszeiten verändert (=gekürzt), was weder mein (älterer) Reiseführer noch das sonst allwissende Google ahnte. Ich kann also nicht beurteilen, ob das Planetarium/Observatorium samt Meteoritensammlung einen Besuch wert gewesen wäre...

Zum zweiten Teil: Ich habe mir tatsächlich den "Spaß" gemacht, auf der Straße nach Manacor Halt zu machen, um ein bisschen an der vorgeblichen Meteoritenfundstelle von 1935 herumzustöbern. Bei Lichte betrachtet war es kein richtiger Spaß: jede Menge Müll entlang der Straße, von Hunden bewachte Hofeinfahrten, und gammelnde Coladosen (von 1935?) das einzige auffindbare Eisen. Ich habe meine Exkursion also schnell abgebrochen. Lehrreich war die Sache für mich trotzdem: Hätte ich vorher gesagt, dass meine Chance auf einen Fund eins zu einer Million stehen würde, muss ich nun feststellen, dass diese Wahrscheinlichkeit noch zu hoch geschätzt war. Es ist gänzlich unmöglich, ohne Metalldetektor, ohne wirklich präzise Ortsangabe und bei all der Vegetation etwas zu finden. Wer etwas anderes behauptet, ist ein Zauberer oder Phantast.

Aber immerhin schien die Sonne, während sich meine daheim gebliebenen Landsleute mit 6 Grad Höchsttemperatur abquälen mussten. Da will ich also nur auf hohem Niveau meckern!

 

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