Autor Thema: Meteorit im Kalkstein  (Gelesen 11381 mal)

Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #15 am: September 15, 2017, 12:43:09 Nachmittag »

Zu der Entstehung von Strahlen-Kegeln, habe ich folgende Graphik gefunden:

http://planet-terre.ens-lyon.fr/planetterre/objets/Images/Img435/435-shatter-cone-astrobleme-Vredefort-08.jpg

Grüsse  :hut:
Achim

Offline lithoraptor

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #16 am: September 15, 2017, 13:50:25 Nachmittag »
Moin!

Mal ab von der Möglichkeit eines fossilen Meteoriten sehe ich durchaus eine kleine Möglichkeit zum Erhalt von Material des Impaktors. Ich habe mir auch den Kopf darüber zerbrochen, wie ein Stück Impaktor in einen  Kalk mit Shatter Cones gelangt sein könnte und bin dabei auf ähnliche Gedanken gekommen, wie Du, Riesgeologe.
Ich selbst war nur einige Male im Steinheimer Becken unterwegs und habe Shatter Cones bisher nur einmal in einem kleinen Straßenaufschluss besammelt. Auch hier handelte es sich eindeutig um eine rezementierte Malmkalk-Brekzie. Wenn ich die Dynamik eines Impakts und die Geologie im Bereich des Steinheimer Beckens richtig erinnere, dann könnte sich das Szenario etwa so abgespielt haben - anschaulich formuliert.:
Der Einschlag des pallasitischen Impaktors erfolgt auf festen Erdboden und somit auf Sedimente des Mittelmiozäns mit unterlagernden Jurakalken. (Kurzer geol. Exkurs: Während der Kreide und des Neogens liegen die Bereich des N.R. und des Steinheimer Beckens über dem Meeresspiegel = festländischer Erosionsbereich, weswegen hier auch keine (marinen) kretazischen Sedimente abgelagert wurden. Das Nordufer des Meeres der Oberen Süßwassermolasse lag zum Zeitpunkt des Einschlags nur wenige Kilometer weiter südlich.)
Beim Einschlag verdampft der größte Teil des Imapaktors sowie Teile der getroffenen Sedimente. Weitere Teile (von beiden) werden hoch in die Luft geschleudert. Die die Jurafolgen überlagernden Sedimente werden dabei quasi weggeblasen bzw. ausgeworfen.
Die Gesteinsschichten werden durch den Einschlag nach unten hin komprimiert. Durch den Untergrund rast fast zeitgleich eine Schockwelle, welche die Shatter Cones produziert aber teilweise auch zum Bruch einiger Schichten führt und diese stellenweise aufreißen.
Die Rissbildung in den nun freiliegenden Kalken wird durch das Rückfedern der komprimierten Oberfläche verstärkt bzw. erweitert - zeitgleich fällt das nach oben geschleuderte Material zu Boden und somit auch in die Risse. Es entsteht eine Rücksturzbrekzie, die neben diversem irdischen Material auch Impaktormaterial enthalten würde, welche den Einschlagsbereich überlagert.

Im Laufe der Jahrmillionen ist der Krater mit allen seiner Gesteine und in allen oberflächennahen Bereichen der Erosion ausgesetzt. Die große Frage ist nun, wie die Impaktor-Reste das feuchte Klima im Bereich des Steinheimer Beckens überdauert haben. Immerhin hat sich ja auch ein großer Kratersee gebildet.

Habit ihr da Ideen? Das Material müsste ja möglichst trocken und von Sauerstoff abgeschlossen gelagert haben.

Gruß

Ingo

Offline Wunderkammerad

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #17 am: September 15, 2017, 15:09:44 Nachmittag »
Interessantes Szenario, Ingo. Für Dich ist das Material, in dem die Shattercones ausgeprägt sind, tatsächlich Malm- Brekzie? Ohne ein Kenner der geologischen Umstände vor Ort zu sein, hätte ich von Farbe und Struktur den Fotos nach auf Lias getippt.

Die Frage, wie solche Stücke des mutmaßlichen Pallasiten über so extrem lange Zeit gut konserviert überstehen können, finde ich besonders interessant. Es ist ja schon beinahe unglaublich, dass Twannberg-Individuale nach über 200 Tsd. Jahren Lagerung in unserem Klima (das sich über diese Zeit natürlich auch gewandelt hat) nach der Bergung beinahe wie frisch gefallen ans Tageslicht kamen; und dies, nachdem eine (oder waren es zwei?) Eiszeit(en) über sie hinweggegangen waren, inklusive entsprechender Aktivitäten des Rhone-Gletschers.

Noch viel erstaunlicher würde sich freilich im konkreten Fall von Steinheim das Überdauern von Fragmenten darstellen, über dramatisch längere Zeit hinweg. Man könnte hier an zwei Dinge denken.Lias und Dogger enthalten meines Wissens wasserstauende Lehmschichten - schwer vorstellbar, dass ein dort eingelagerter Pallasit den Einwirkungen des Wassers lange standhalten könnte. Im Malm sieht es anders aus, er ist klüftig und leitet Wasser rasch nach unten weiter (was auch die insgesamt sehr trockene Alboberfläche erklärt). Berücksichtigenswert in diesem Zusammenhang vielleicht auch die Tatsache, dass zu Eiszeiten die Gesteinspakete der Alb gewissermaßen hermetisch versiegelt waren durch das im Dauerfrost zu Eis erstarrte Wasser.

Zweiter Punkt. Du erwähnst die im Impaktvorgang hochgeschleuderten Massen von beiden, anstehendem terrestrischem Gestein und Impaktormaterial. Nun wissen wir ja von Fällen wie etwa Nördlinger Ries (Moldavite) oder auch der Großen Sandsee Ägypten/Libyen (LDG), dass emporkatapultiertes Gestein durch die Einwirkung extremer Hitze beim Impakt aufgeschmolzen wurde und erst beim Wiederherunterfallen wieder erstarrte. Wäre es denkbar, dass sich Fragmente des Impaktors in diesen Momenten einer zweiten Atmosphärenpassage miteinander verbanden, so, dass pallasitische Stücke quasi wasserdicht eingehüllt gewesen wären in wieder erstarrte Glasmassen? Okay, genau diese müsste man in einem solchen Fall dann freilich auch vorfinden.

Diesen Fund und die dadurch aufgeworfenen Fragen finde ich jedenfalls außerordentlich spannend.
 
« Letzte Änderung: September 15, 2017, 15:51:36 Nachmittag von Wunderkammerad »

Offline lithoraptor

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #18 am: September 15, 2017, 15:35:52 Nachmittag »
Moin Wunderkammerad!

Für Dich ist das Material, in dem die Shattercones ausgeprägt sind, tatsächlich Malm- Brekzie? Ohne ein Kenner der geologischen Umstände vor Ort zu sein, hätte ich von Farbe und Struktur den Fotos nach auf Lias getippt.

Ich bezog mich dabei im Grunde nur auf die von Riesgeologie beschriebenen Funde von Shatter Cones, die aus dem rezementierten Brekzien von Oberjura-Kalk (Malm-Kalk) stammen, wie meine auch. Aber wenn ich mir die Fotos des fraglichen Meteoriten-Stückes so ansehe, dann sieht mir das auch eher nach einem Malm-Kalk aus (sofern man diese Diagnose anhand der Lithologie und ohne Fossilien via Foto treffen kann) - Dogger- und Lias-Gesteine sind in der Regel deutlich dunkler. Es hat ja seinen Grund, warum man von schwarzem, braunen und weißen Jura (Lias, Dogger, Malm) spricht. Die Ansprache Malm-Kalk wird auch durch den Fundort des fraglichen Kalkbrockens gestützt, der laut der Pressemeldung am östlichen Kraterrand liegt. Dort ist nur Malm anstehend. Dogger mit verschupptem Lias findet sich meines Wissens nach nur im Bereich des Zentralbergs.

Gruß

Ingo

Offline Wunderkammerad

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #19 am: September 15, 2017, 15:41:33 Nachmittag »
Einverstanden - ich hatte in meinem ersten Absatz Lias und Malm verwechselt. Wir sind uns jedenfalls einig: Malm, weißer Jura.

Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #20 am: September 15, 2017, 19:33:06 Nachmittag »
Meine Grundüberlegung:

+Krafteinwirkung Meteorit/Druckwelle -> Bildung von Strahlenkegel (Positiv- und zusätzlich die Negativ-Form)
+Zwischen dem Positiv- und Negativ-Form/Strahlenkegel Eintritt Meteoritenfragment (grüner Linienverlauf) ->axialer Verlauf!
+Mögliche Ablenkung Meteoritenfragment in Negativ-Form/Strahlenkegel -> Fundpunkt Meteorit -> radiale Ablenkung (grün)!

1) Bildung CaCO3 -> CaO + CO2 (Hitzeeinwirkung)
2) Anschließende wieder Einbettung/Verfestigung CaO + CO2 -> CaCO3 (Bildung Calciumcarbonat)!


-> siehe Graphik

So denkbar/möglich?

Grüsse  :hut:
Achim 
« Letzte Änderung: September 15, 2017, 19:59:55 Nachmittag von Hungriger Wolf »

Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #21 am: September 15, 2017, 19:53:07 Nachmittag »
//Sollte meine Theorie/Überlegung so stimmen, könnten sich ev. in anderen Negativ-Formen (Strahlenkegel-Abdrücke) und darin, weitere Meteoriten-Fragmente befinden!//  :winke:

Was ist Eure Meinung dazu?  :talk: 

Grüsse  :hut:
Achim 

Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #22 am: September 16, 2017, 00:07:35 Vormittag »
Praktisches Experiment dazu:

Cone cracks-Bildung bei Bild (a) 570 m/s und (b) 818 m/s mit einem beschleunigten Projektil/unterschiedliche Geschwindigkeiten!

-> Metall-Projektil deformiert sich bei Bild (b) 818 m/s stark und wandert entlang der Grenzfläche/Bruchzone zwischen der gebildeten Negativ- und Positiv-Form (Strahlenkegel) entlang, erst axial dann radial weiter nach außen!   

http://www.virginia.edu/ms/research/wadley/images/ballistic_impactfig6.JPG

Grüsse  :hut:
Achim
« Letzte Änderung: September 16, 2017, 00:22:56 Vormittag von Hungriger Wolf »

Offline speul

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #23 am: September 16, 2017, 08:13:00 Vormittag »
Zitat
1) Bildung CaCO3 -> CaO + CO2 (Hitzeeinwirkung)
2) Anschließende wieder Einbettung/Verfestigung CaO + CO2 -> CaCO3 (Bildung Calciumcarbonat)!

Moin,
wofür brauchst Du in dem Modell die obige zweimalige Umwandlung. Mir erschließt sich deren Sinn nicht
speul
Lächle einfach - denn du kannst sie nicht alle töten

Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #24 am: September 16, 2017, 08:26:07 Vormittag »
Hallo Speul!

-Wegen der erkennbaren, farblich differenzierten, Randzone um den Pallasit-Meteoriten/Photo!-

http://www.swp.de/imgs/04/2/3/4/1/9/1/9/7/tok_42a329636b5dcd4f06601cc989da9a61/w592_h413_x750_y524_d96643a3b24b4c2f.jpeg

Grüsse  :hut:
Achim
« Letzte Änderung: September 16, 2017, 08:41:26 Vormittag von Hungriger Wolf »

Offline grobibaer

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #25 am: September 16, 2017, 12:56:10 Nachmittag »
Hallo zusammen,

es freut mich sehr, dass ich hier eine so interessante Diskussion angestossen habe.
Das zeigt doch, dass wir auf der Meteoritenliste auch konstruktiv miteinander umgehen können.  :hut:

Kennt jemand einen Geologiestudenten ?
Das wäre ein schönes Thema für eine Master-Arbeit.

Viele Grüße,
Robert


Offline Hungriger Wolf

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #26 am: September 16, 2017, 16:11:28 Nachmittag »
Hallo Robert!

Stimmt! :super:

Super Idee!
 

//-> Möchte jemand dazu eine Master-Arbeit machen?//
 

Grüsse  :hut:
Achim

Offline Nordnugget

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #27 am: September 16, 2017, 20:09:38 Nachmittag »
Huhu,
Ich studiere Geologie, aber bis zur Masterarbeit dauert das noch ;-)
Grüße Jens

Offline Pinchacus

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #28 am: September 16, 2017, 22:21:52 Nachmittag »
Das wäre ein schönes Thema für eine Master-Arbeit.

Ich bezweifle, dass man so ein Stück/ein Thema einem Masterstudenten überlässt.
So lange Fiktionsapparaturen latente Illusionen nicht manifestieren können, ist eine Realisation des Illusionären latent Fiktiv!

Be more specific! http://www.youtube.com/watch?v=PusCpQIbmCw

Offline Nordnugget

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Re: Meteorit im Kalkstein
« Antwort #29 am: September 16, 2017, 22:39:09 Nachmittag »
Denke ich auch nicht, die werden sich schon in Stuttgart streiten wer dazu was Veröffendlichen darf.

 

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