Autor Thema: Brekzienentstehung für Anfänger  (Gelesen 3734 mal)

MeteoritenanundVerkauf

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Brekzienentstehung für Anfänger
« am: Mai 08, 2008, 16:05:40 Nachmittag »
Hallo,
heute mal ein ganz anderes, neues Thema.   :user:

Mich interessiert nicht nur der Stein und Meteorit als solches - sondern auch die Entstehung - bzw Geschichte des Mutterkörpers.

So verwundert es mich sehr, dass zum Beispiel in einem L4-6 NWA869 keine - oder extrem selten - Bestandteile einer niedrig equilibrierten Außenschicht eines Asteroiden vorhanden sind.

So auch in einem Eukriten in der Regel keine howarditischen Bestandteile sind. Also ein ähnliches Muster.

Zumindest stelle ich mir die Entstehung dieser Mischbrekzien so vor:

Ein Körper schlägt auf der Vesta oder dem Mutterkörper des NWA869 ein. Durch den Einschlag wird ein Krater ausgehoben. Das Ejecta - Blanket legt sich weitläufig um den Krater. Vieles wird sicherlich auch vom Mutterkörper sofort entweichen. Der so erzeugte Auswurf von Typ Eukrit - oder eben NWA869 liegt dann sicherlich einige weitere Jahrhunderte auf der Oberfläche und dem darunter liegenden niedriger
equilibrierten ehemaligen Oberflächenmaterial.

D.h. der Eukrtit auf dem Howardit und der NWA869 auf einem L3 Oberflächenmaterial.

Dort sammelt das Material noch einige Fremdstoffe auf wie z.B. Eisen, das man ab und an in den Eukriten findet - oder eben das achondritische Material im NWA869...

Später wird dann das Brekzienmaterial durch weiter kleinere (siehe Mond)- oder einen größeren weiteren Einschlag wieder verfestigt
und durch einen weiteren späteren Einschlag dann von Mutterkörper getrennt und begibt sich auf seine Reise Richtung Erde.
Ergo sollte die Brekzie bei ihrer Entstehung idealerweise mindestens 3 dieser Ereignisse erlebt haben.

So weit meine Theorie. Ich habe zwar auch Bücher gelesen, aber keine wirklich zufriedenstellende Erklärung zur Brekzienentstehung gefunden. Wie gesagt; ich vermisse irgendwie die niedrigst equilibrierten Bestandteile in einer Brekzie. Laut meiner Logik sollte diese auch ein Bestandteil des Ganzen sein.

Oder ist das Ejecta - Blanket so mächtig, dass das Oberflächenmaterial eben durch eine zu mächtige Schicht überdeckt wird - so dass ich im Eukriten oder auch NWA869er Beispiel eine Probe dieses mächtigen Blankets in der Hand halte, dass das ursprüngliche Oberflächenmaterial eben total überdeckt und deshalb nix davon enthalten ist ???

 :gruebel:

Offline tozi

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #1 am: Mai 09, 2008, 12:49:16 Nachmittag »
......
und der anfänger fragt: HÄÄÄÄÄÄÄHHH????????????????
grins
gruß tom

MeteoritenanundVerkauf

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #2 am: Mai 09, 2008, 19:08:47 Nachmittag »
Ich zitiere den Mann, der in den Wind spricht:

"Pay a stone, pay a book" - ich glaube nicht, daß man diese Parole sonderlich ausgeben muß, Sammler, die nicht immer mehr über ihre Stücke erfahren wollen, sich nicht groß vertiefen wollen, die gibt es ja praktisch kaum.

...da frug sich ein kleiner Franke: wieso krieg ich keine Antwort ?  Reichlich gelesen wurd´ja die Frage, aber die Antwort ist:

1. entweder viiiiel zu lang um sie hier zum Besten zu geben.

oooder:

2. hat noch keiner in der Metgemeinde diese Frage je wirklich ergründet.

Was nun ?

Für Tozi: Mei; mit "einfachen Worten" d.h. ohne Fach-Chinesisch kann ich die Fragestellung kaum anders beschreiben. Auch fällt dir als Sammler nach 3-4 Jahren spätestens gar nicht mehr auf, wenn du "Fachausdrücke" benutzt.  Aber ich versuch die Frage nochmal anders für Anfänger aufzudröseln:

Wenn ich mit einem Luftgewehr auf eine Zwiebel schiesse, warum finde ich dann keine Reste der aüßersten Schale in dem Gematsche auf der Außenhaut der Zwiebel, sondern nur Zwiebelmatsch aus tieferen Schichten ?

 :gruebel:

Nun grübelt mal.... vielleicht schreibts´ mal wer was. Ausnahmsweise....    :platt:

Offline Aurum

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #3 am: Mai 09, 2008, 22:06:45 Nachmittag »
Hallo A&V

ich würde ja gerne antworten , doch ich kann nich , den ich warte selber gespannt was die Weisen da so schreiben , also zu langweilig kann ich absolut nicht bestätigen .
Im gegenteil mich interesiert das berennend , und daher war ich von deinem Beitrag auch sehr Beeindruckt .

Bis dann Lutz  :winke:
Aller Anfang ist schwer !!

Speci-Man

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #4 am: Mai 10, 2008, 00:47:49 Vormittag »
Hallo!  :winke:

Kann Lutz nur zustimmen. Bin ja ebenso kurz erst dabei und habe in dieser Thematik auch noch mächtig viel Lernbedarf.  :ehefrau:

Dein Vergleich mit dem Mond liegt sehr nah. Allerdings mag es schon eine Rolle spielen, dass die Vesta mit 500km Durchmesser (so groß wie Irland etwa) sich gegen den Mond ziemlich winzig ausmacht. Das sollte sich dann auch in einer entsprechend deutlich geringeren Fluchtgeschwindigkeit ausdrücken. Außerdem ist die Vesta nicht rund. Das bedeutet wohl, dass sie nicht vollständig equilibriert sein kann (wenn überhaupt).

Dein 3-Stufen-Modell kann ich nur dann nachvollziehen, wenn Stufe 3 ein ungleich größeres Riesenereignis gewesen ist. Nur so können die extrem verdichteten (und auch tiefsitzenden) Brekzien aus den Mutterkörper gerissen werden.
Auf der obersten Schicht werden wohl nur lockere Bestandteile herumliegen. Beim Mond nennt man diese Schicht Regolith. Habe das so mal irgendwo gelesen. Glaube es war im Bühler...
Wenn man die Mondoberfläche betrachtet, erkennt man die, sich mannigfaltig überlappenden, Einschlagspuren. Genauso – nur viel diffuser - überlappen sich auch die niedergegangenen losen Auswürfe.
Darunter befindet sich (dort, wo die meiste Energie vernichtet wurde) eine verfestigte Sohle, Megaregolith genannt. Um davon noch etwas herauszureißen, bedürfte es, wie ich oben schon erwähnte, eines sehr viel größeren Einschlags. Vielleicht 100 bis 1000 mal größer. Sag ich mal so, aus der Hüfte geschossen...
Das mag so schon mal vorkommen, aber sicherlich sehr selten.

Das Gegenmodell wäre, dass brekziäre Produkte von Primäreinschlägen sofort und unmittelbar auf die Reise gehen.

Ein drittes Modell könnte es auch sein, dass zwischen diesen Alternativen eine Fülle von Mischformen anzunehmen sind. Nee... ich leg mich fest: So und nicht anders kann es nur sein!


Tja Leute:  Möglich, dass ich mit meinem Anfängerwissen hier eine Menge Stuss verzapft habe. Man möge mir – aus berufenerem Munde - ins Wort fallen!

Liebe Grüße
Gerhard

p.s.: Ich „oute“ mich hiermit als leidenschaftlicher Bewunderer Arthur Schopenhauers. Sein Werk „Die Welt als Wille und Vorstellung“ beginnt mit folgendem Satz:

„Im unendlichen Raum zahllose leuchtende Kugeln, um jede von welchen etwan ein Dutzend kleinerer, beleuchteter sich wälzt, die inwendig heiss, mit erstarrter, kalter Rinde überzogen sind, auf der ein Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat; - dies ist die empirische Wahrheit, das Reale, die Welt.“

MeteoritenanundVerkauf

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #5 am: Mai 11, 2008, 12:19:47 Nachmittag »
Hallo Gerhard, Lutz...  erstmal danke für euer Interesse    :super:

Sicherlich gibt es Ereignisse bei denen das Material als Brekzie sofort vom Asteroiden "verbracht" wird. Gibt ja genug Beispiele für monomikte Brekzien (d.h. aus einem Material - sozusagen alles aus einem Guss). Z.B. diverse Aubrite, Rumurutis, Eukrite -  oder auch einfache Chondrite.

Dagegen sind viele Eukrite - oder auch der NWA869 z.B. ja doch eher als polymikte Brekzien einzustufen, weil sie mannigfaltig - verschiedene Einschlüsse beherbergen, die ja erst nach einem initialen Einschlag dorthin verbracht wurden. Sei es durch die erwähnten überlappenden Krater oder auch nur durch einbringen von Fremdmaterial durch  "herabregnen" des selbigen in kleinen Portionen.

Dennoch verwundert mich das quasi komplett fehlende Material der Oberflächenschicht. Wo isses nu hin ?   :gruebel:  Logischerweise sollte ja davon auch ein bisserl in dem Schutt gelandet sein - und bei einem späteren Einschlag mit der Brekzie verbacken worden sein.

Ich kann mir nur wenige Mechanismen vorstellen, die ein fehlen der niedrig equilibrierten Schichten erklären.

-Zum ersten kann es natürlich sein, dass die L3 Schicht beim NWA869 z.B. so dünn ist - dass es einfach ein Rechenbeispiel ist - wie wenige Prozentanteile in der Einschlagsbrekzie mit eingebunden werden können.  Ich habe wirklich schon hunderte Individuen des NWA869 aufgeschnitten und erst wenige "L3 - Verdächtige" gefunden. Wesentlich weniger als die achondritischen Einschlüsse z.B.

-Desweiteren könnt es sein, dass die Einschläge einfach so viel Material aus der Tiefe nach oben fördern, dass das wenige L3 Material durch den Auswurf komplett überdeckt wird. Obwohl die Dynamik eines Einschlages auf einem Asteoiden wohl kaum mit der eines Einschlages z.B. auf der Erdoberfläche zu vergleichen ist. Darum weiss ich nicht ob diese Überlegung etwas hinkt - oder eventuell sogar schon physikalisch voll "daneben" ist...

-Es könnte natürlich auch sein, dass das L3 Material (da am nähesten am Einschlagspunkt) am meisten in Mitleidenschaft gezogen und zerstört wird. (Aufschmelzung, komplette Pulverisation - oder durch Hitzeinwirkung Umwandlung in ein höher equilibriertes Material...).

Jedoch entzieht es sich meiner Kenntnis, ob es möglich ist - ein L3 Material durch kurzzeitige Hitzeeinwirkung so schnell in ein besser equilibriertes Material zu überführen...     :gruebel:

Leider schauts ja mit der Beteiligung von wirklich kompetenten Beitragsschreibern eher mau aus. Schau mer mal, ob das Phänomen zu ergründen hier irgendwann doch noch glückt....    :weissefahne:

Sonst müss mer dumm sterben. Gott bewahr..... :fluester:

Offline Mettmann

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #7 am: Mai 11, 2008, 13:30:04 Nachmittag »
Hallo,

@Mettmann:
Kommt immer drauf an. Den zweiten könnt ich vielleichtüber die Uni kriegen, bei den anderen siehts schlecht aus. Weiss allerdings noch nicht, ob ich vorm Urlaub noch mal hinkomme.

Glück Auf!
Sebastian
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Offline tozi

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #8 am: Mai 11, 2008, 23:18:45 Nachmittag »
@met A&V

hallo,
nicht unerheblich ist natürlich. welche munition mit dem luftgewehr verschossen wurde..
diabolo oder rundkugeln.
das diabolo nimmt natürlicherweise durch seine kopfform die äußere schale mit in die tiefe, schiebt sie vor sich her und wird sie wahrscheinlich ( da ich sooo große zwiebeln noch nicht kenne) hinten beim austritt aus der zwiebel wieder mitnehmen.
vorausgesetzt wieder dass wir von luftgewehren sprechen, die eine V° von mehr als 150 m/s haben
dagegen eine rundkugel wird kaum schalenmaterial mit sich nehmen können, da sie eher nach allen seiten das material verdrängt.
und die zwiebel ist ja bekanntermassen leidlich ein mehr oder minder rundes gewächs. daher wird ja auch kein material auf der aussenhaut zu finden sein, da sich mehr als 89° von der horizontalen linie her gesehen, kein material auf der A-haut niederlassen kann.
dann noch die frage; welche aussenhaut ist gemeint, die rückwärtige, um das ausschussloch oder die frontseite, wo die kugel eindringt...?
gruß tom








grins

MeteoritenanundVerkauf

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #9 am: Mai 13, 2008, 12:14:41 Nachmittag »
Hallo Mettman.

Vielen Dank für den Ansatz. Nüch´ viel - aber besser als nix. Vielleicht schreibts ja irgendwer mal nen öffentlich zugänglichen Artikel. Scheint´s hab ich einen weissen Fleck in dem Forschungsbereich getroffen. Schau mer mal. Kommt Zeit - kommt vermutlich auch Rat.

Hallo Tom; das mit der Zwiebel nicht allzu wörtlich nehmen... Sollte nur ne Metapher sein um die hypothetische Zwiebelstruktur der Asteroiden irgendwie da mit reinzubringen; Also: Keinesfalls jetzt das Luftgewehr auspacken und das Thema am heimischen Zwiebelvorrat empirisch zu ergründen versuchen. Gott bewahr. Dann gibt´s die nächsten 2 Wochen bleihaltige Zwiebelsuppe zum Mittag...!    :ehefrau:

Wobei; dem Asteroiden wirds wursch sein, ob der Impaktor nu ein Konus oder ne Kugel. Ist eh anzunehmen, dass die Fragmente jenseits des Mars alle irgendwie ne taumelige - unrunde und -unkonische Form haben.

Was mich halt in meinen Gedankengängen wurmt ist das fehlen der L3 - Bestandteile in "logischer"  Menge im NWA869 z.B. Sollte doch durch einen Impakt genug Material hiervon freigesetzt werden.  Meine Meinung. Aber vielleicht gibt es solche "unlogischen" Brekzien einfach auch nur aufgrund multipler Einschläge und der damit verbundenen -zufälligen Verteilungen  an unterschiedlich equilibriertem Material.

Ei; spannend is es aber trotzdem mal drüber nachzudenken. Und mich interessiert natürlich auch die spekulative Meinung von physikalisch besser ausgebildeten Mitgliedern - als ich es denn bin.

Gruß aus Franken - Micha

MeteoritenanundVerkauf

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #10 am: Mai 30, 2008, 22:29:01 Nachmittag »
Oder ist das Ejecta - Blanket so mächtig, dass das Oberflächenmaterial eben durch eine zu mächtige Schicht überdeckt wird - so dass ich im Eukriten oder auch NWA869er Beispiel eine Probe dieses mächtigen Blankets in der Hand halte, dass das ursprüngliche Oberflächenmaterial eben total überdeckt und deshalb nix davon enthalten ist ???

Ich zitiere mich heute ausnahmsweise einmal selber, da ich glaube eine mögliche Lösung gefunden zu haben. Und zwar hier:

http://www.bol.de/shop/home/typhoonartikel/ID3442735.html;jsessionid=fdc-lrrk0t7lie3.tc4

Auf Seite 243 ist ein Impakt sehr anschaulich Skizziert. Der Impaktor schmilzt das Material am Einschlagsort auf, Material nicht in unmittelbarer Impaktor - Nähe wird plastisch deformiert, noch weiter weg nur fragmentiert - und jetzt kommts: das Material an der Oberfläche wird durch Spallation auf Über-Entweichgeschwindigkeit beschleunigt, welche bekanntermaßen bei Asteroiden nicht so hoch ist wie bei planetaren Körpern.

Also; es scheint so abzulaufen, dass das Oberflächenmaterial auch einen Bums mitkriegt, aber die Energie nicht durch Aufschmelzen (Impaktmelt), Deformation (Gemisch Brekzie mit Schmelzadern) oder Fragmentation (monomikte Brekzie) verliert und darum die Energie als Bewegungsenergie behält und ins Weltall geschleudert werden kann - und somit auch für die Regolithschicht "verloren" geht.

Is das was, oder nich !

 :prostbier:

Offline Mettmann

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Re: Brekzienentstehung für Anfänger
« Antwort #11 am: Juni 03, 2008, 18:57:16 Nachmittag »
mehr sog i ned
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