Autor Thema: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald  (Gelesen 6405 mal)

Offline gsac

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #30 am: April 17, 2019, 12:54:08 Nachmittag »
Ich steuere noch ein altes Cohen-Label bei. Das zugehörige Stück "Hainholz" war
mal lange in meiner Sammlung und hat mich dann mit dem Label verlassen, aber
ich weiß es dort, wo es jetzt ist, in guten Händen...

Alex

Offline hugojun

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #31 am: April 17, 2019, 13:59:41 Nachmittag »
Hallo in die Runde,

leider kann ich nur ein Sammlungs-Verzeichnis aus dem Jahre 1904 vorweisen. 34 Seiten und von E. Cohen
verfasst.
Ich hatte mich mal vor Jahren an den früheren Kurator gewendet, um einen Termin zu einer Besichtigung
zu bekommen. Leider beantwortete meine Anfrage die Tochter des Kurators mit der traurigen Nachricht, dass ihr Vater verstorben war und die weitere Betreuung der Sammlung ungewiss sei.
Schön zu sehen, dass es weiter geht. Im Juli bin ich einige Tage im Raum Rostock, vielleicht (sicherlich) lässt sich ein
Besuch in Greifswald einplanen.
Gruß
Jürgen





Offline Mettmann

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #32 am: April 17, 2019, 15:11:03 Nachmittag »
Psssst,

gottseidank haben die Nazis die Sammlung und die Unterlagen nicht weggeschmissen;
mir kamen immer wieder Cohen-Separatdrucke unter mit dem Bibliotheksstempel der Uni Greifswald
und dem Nazi- + aussortiertstempel unter.
Muß man sich mal vorstellen, aus seiner Heimatuni, wo er 20 Jahre lang tätig war...

...und man lasse sich nicht durch den provinziellen Charakter der Greifswalder Uni täuschen,
Cohen war ein Forscher von absolutem Weltrang. (weiß irgendeiner einen anderen Kopf, der aus dieser Uni hervorgegangen, der an ihn heranreichen könnte?)
Cohen war zu seiner Zeit unangefochten und bienenfleißig DER Weltexperte für Eisenmeteorite (und hat nebenbei die mikroskopische Photographie in die Petrographie eingeführt, daher die vielen Dünnschliffe).

Ich persönlich vermute ja, daß er die kompletteste Eisensammlung der Welt zusammengetragen - in Greifswald -
und dabei London, Paris, Berlin usw. ausgebrunzt hatte.

Zwar waren keine Riesenklopper darunter, sondern es war eher eine Referenz- und Arbeitssammlung,
dennoch halte ich die Einschätzung in der Datenbank der wissenschaftl. Sammlungen für völlig verfehlt,
daß sie "ohne musealen Charakter" sei.

Die Bestandsaufnahme der Cohen-Meteoriten-Sammlung von 1975 ergab: 388 Lokalitäten in 511 Stücken,
davon 340 Stein-, 27 Steineisen- und 217 Eisenmeteorite - nebst 400 Dünnschliffen.

Emil Cohen war 1885-1905 an der Uni,
schmeißen wir die MetBull-Database an (nur ganz geschwind, die "doubtfull" und erst spät nach Fund anerkannten weglassend):
spuckt sie aus bis 1905:   304 Eisen und 28 Steineisen  !!
Derart war Cohen aufgestellt.

Naja - die Unterbringung in den offenen Pappschachteln mit lose herumfliegenden Originaletiketten lässt jeden erfahrenen Sammler und Händler entsetzt ausrufen: Die spinnen, die Greifswalder!!
Das ist viel zu riskant.
Einerseits können die Originalzettel so leicht verloren gehen - und hier haben wirs ausnahmsweise mit Meteoriten zu tun, die als historische Sammlung ganz im Sinne der UNESCO-Konvention tatsächliches Kulturgut sind;
zum andern - wie oft kommen einem Meteorite mit Zettelverlust unter, die man nur noch mit der Mikrosonde zuordnen könnte!
Und schließlich haben wirs mit alten Stücken einer gewaltigen Arbeitssammlung zu tun, sodaß nicht mehr gesichert ist, sei es durch Materialentnahme, sei es durch Oxidation und Zerfall, daß sie nach ihren Gewichten gemäß des über 100 Jahre alten Katalogs identifiziert werden können.

Und abphotgraphiert, was im digitalen Zeitalter ja nix mehr koscht, scheinen sie auch nicht worden sein.

Ehrlich gesagt verwundert dann dieser stolze Zeitungsartikel von 2016,
daß die Cohen-Sammlung "aufgearbeitet" worden sei  :gruebel:
http://www.ostsee-zeitung.de/Vorpommern/Greifswald/Schaetze-aus-dem-All-Meteoritensammlung-aufgearbeitet

Wo ist die Publikation dazu?
Wurde digitalisiert?
Und wie erklärt sich die heutige schlampige Aufbewahrung?

(Restauration wäre eine andere Frage - ob es nicht sinnvoller ist, da es sich ja nicht um eine Schausammlung, sondern es sichvielmehr, um es katholoanalogon auszudrücken, Heilige Cohen-Reliquien Erster Klasse handelt, sie ggfs. im rostigen Zustand zu belassen und den Zustand zu konservieren und nur bei Verlustgefahr einzugreifen).

Zitat
..und das mit dem Personal ist dann wieder eine Geldfrage

Na hör mir auf, wenn die in der vorlesungsfreien Zeit einen historisch- verkleideten Seppl haben, der gegen Eintritt den Karzer zeigt
und zu Zeiten, wo in anderen Zweigen qua Exzellenzinitiativen Millionenblankoschecks verteilt werden,
kann mir keiner erzählen, daß es Ding der Unmöglichkeit wäre, zwei oder drei Standvitrinen einzukaufen, um einen Teil auszustellen und den Rest ORDENTLICH für die nächsten 100 Jahre aufzubewahren.

Und was die Digitalisierung angeht, also bitte, was es allein kostet, Bücher aus dem 19.Jhdt zu entsäuern, daß sie nicht zerfallen..
.. da nehm ich drei, vier Studenten her, versprech denen einen Pro- oder Hauptseminarschein mit Bestnote
und dann knipsen die in den Semesterferien alle Stücke von hint und vorn und die Labels ab
und die pflegens dann in eine stinknormale Sammlerdatenbank für 19,99Euro ein
und schon ists gerettet für lau.

Oder ich tu allen unrecht und es hat nach 2016 bereits eine Publikation, die "Aufarbeitung" betreffend gegeben.

(Aber in Gottes Namen, die hempelsofamäßige lose Zettelwirtschaft - das geht überhaupt nicht!!).

Bestürzter

Mettmann
 
PS: die Gedenktafel wurd erst 1992 aufgehungen.
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Offline Mettmann

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #33 am: April 17, 2019, 16:55:02 Nachmittag »
https://kuerzer.de/GoldCohen

Cohen (re.) in Südafrika 1872.
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Offline Thin Section

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #34 am: April 17, 2019, 17:04:37 Nachmittag »
Noch einmal Cohen - diesmal aus dem Jahre 1902: Ein Meteoreisen von Mukerop, Bezirk Gibeon, Grossnamaland (von A. Brezina und E. Cohen)

Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline Gibeon2010

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #35 am: April 17, 2019, 17:55:54 Nachmittag »
... etwas problematisch ist vielleicht die Lagerung der Stücke in alten Schachteln bzw. auf alten Labeln - so schön bzw. authentisch das aussieht. Altes Papier hat oft einen recht niedrigen ph-Wert (Stichwort: Papierzerfall) und das ist im Zusammenhang mit Eisen eher kontraproduktiv ...

Ich glaube nicht, dass sich das so stark auswirkt. Die Säuremengen sind nur sehr gering und direkt im Papier. Wenn überhaupt was auf die Meteoriten übergehen soll, müssten diese großflächig direkten Kontakt haben. Die meisten Stücke sind aber auf der Unterseite recht uneben, so dass sie nur an wenigen Stellen aufliegen. Es war aber zwischen diesen Kontaktstellen und den übrigen Bereichen kein Unterschied in der Korrosion zu sehen.
Viele Grüße
Jens

Offline Gibeon2010

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #36 am: April 17, 2019, 18:07:08 Nachmittag »
Hallo Mettmann,

2009 ist alles neu katalogisiert worden (siehe Bild), auch in digitaler Form. Und die fotografische Dokumentation ist geplant, wie mir mitgeteilt wurde.

Was die Kosten angeht, da stimme ich dir zu, dass sicher Geld da wäre. Aber wir alle wissen, wie hoch bürokratische Hürden sind und dass ganz oft die Prioritäten nach irgendwelchen, nur nicht logisch nachvollziehbaren, Gesichtspunkten gesetzt werden.
Viele Grüße
Jens

Offline Pinchacus

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #37 am: April 17, 2019, 18:19:22 Nachmittag »

Cohen war ein Forscher von absolutem Weltrang. (weiß irgendeiner einen anderen Kopf, der aus dieser Uni hervorgegangen, der an ihn heranreichen könnte?)


ggf. Michael Succow: https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Succow
Andere Disziplin, aber nicht weit dahinter.

2009 ist alles neu katalogisiert worden (siehe Bild), auch in digitaler Form. Und die fotografische Dokumentation ist geplant, wie mir mitgeteilt wurde.

Einige Exemplare des genannten Katalogs hatte ich hier mal zum Tausch angeboten...
So lange Fiktionsapparaturen latente Illusionen nicht manifestieren können, ist eine Realisation des Illusionären latent Fiktiv!

Be more specific! http://www.youtube.com/watch?v=PusCpQIbmCw

Offline Andyr

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #38 am: April 18, 2019, 09:02:40 Vormittag »

...und man lasse sich nicht durch den provinziellen Charakter der Greifswalder Uni täuschen,
Cohen war ein Forscher von absolutem Weltrang. (weiß irgendeiner einen anderen Kopf, der aus dieser Uni hervorgegangen, der an ihn heranreichen könnte?)


Das Problem ist, dass viele Forscher nur für eine gewisse Zeit an einer bestimmten Uni wirk(t)en und nicht selten auch die Uni wechseln. Johannes Stark und Gerhard Domagk (beide Nobelpreisträger) sollten vielleicht noch erwähnt werden. Ferdinand Sauerbruch war eine kurze Zeit in der Uniklinik in Greifswald tätig. Zu dieser Zeit trug er aber noch keinen Professortitel.
Und auch Ernst Moritz Arndt war als Professor in Greifswald tätig, auch wenn dieser in erster Linie als Schriftsteller berühmt wurde.

Offline Andyr

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #39 am: April 18, 2019, 09:08:43 Vormittag »
Vielen Dank, Jens! Cohen hat ja seine berühmte "Meteoritenkunde" in drei
Bänden geschrieben. Ich habe das mal (als unaufgeschnittenes Original)
erwerben können, und mir das von einem Fachhändler schön einbinden
lassen (siehe Bild).

:hut: Alex

Besessen habe ich dieses Werk nie. Aber ich konnte mir die 3 Bänder einmal bei der Uni-Bibliothek ausleihen. Eigentlich unvorstellbar, dass eine Universitätsbibliothek so ein Werk im Rahmen der Buchausleihe so einfach raus gibt. Nun ja, mir war's recht.

Offline Mettmann

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Re: Cohen-Sammlung an der Uni Greifswald
« Antwort #40 am: April 18, 2019, 21:16:55 Nachmittag »
Hei Andyr,

einen habe ich vergessen, der Cohen in den Schatten stellt und den zumindest die Uni Greifswald ausgespuckt hat,
und der von allen dorten Studierten der Menschheit das bedeutendste Geschenk gemacht hat:

Karl Reimer,

der Mann, dem 1876 eine wahrhaft titanische Ingenieursleistung erstlich gelang: die Vanillin-Synthese!

(Wie gern würde ich einen Ulkus mit Schenzinger bringen, aber wer verstünde den heute noch?).

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