Autor Thema: Meteorit Roben 1684  (Gelesen 11396 mal)

Offline Dieter Bauke

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Meteorit Roben 1684
« am: Februar 21, 2020, 08:57:26 Vormittag »
Meteorfälle bei Gera

Bekannt ist der Fall des „Pohlitzer Meteoriten“ am 13. Oktober 1819, auf dem Feld "Rothe", zwischen Pohlitz und Langenberg. Zu diesem Ereignis fanden 2019 eine wissenschaftliche Tagung in Gera sowie eine Sonderausstellung im Naturkundemuseum Gera statt. Viel weniger wissen wir jedoch von zwei anderen Meteorfällen in der geraer Gegend: G. Behr berichtet in seinen „Medizinischen Annalen von Gera“ (14. und 15. Jb. d. Ges. v. Fr. d. Natwiss. Gera. 1871/72 S. 77) kurz von einem anderen Meteoriten: „1622 Oktober 3. Früh 4 Uhr merkwürdiges Phänomen am Himmel. Es fiel ein Feuerklumpen mit großem Gezisch und Rauch nieder.“ Wo genau dieses Ereignis stattfand und welche Spuren es hinterließ, ist nicht bekannt.
Im „Europäischen Mercurius, oder Götter-Both“wird Februar 1690 (Seite 14) von einem der Fachwelt bisher unbekannten Vorfall berichtet, „so sich vor etlich Jahren / nemlich Anno 1684 den 7. August in einem Dorff Robein [wohl Roben – DB] genannt / etwan eine Meile von der Stadt Gera gelegen zugetragen. Allda wurde mir neulichst / in eilender Durchreise / von gewissen Leuten Leuten erzehlet und gezeiget: Wie daß ein so starckes Donner-Gewitter / zu gedachter Zeit und Jahr / in eine sehr grosse und verwunderlich schöne Eiche / dergleichen man nicht viel siehet / mit erschröcklichen Knall eingeschlagen / und selbige (..) jedannoch gantz zerspalten habe. Man hatte aber / um mehr Curiosität willen / dem Wetter-Strahl / unter gedachter Eichen / etliche Ehlen tieff / hierauf in der Erde nachgegraben / endlich auch einen Stein gefunden / und heraus genommen / welcher einer Keile / darmit man Holtz zu spalten pfleget / gleich sahe / und am Gewicht zwölff und ein halb Loth woge. Diesen Stein nun befande man sehr hart / und gabe selbiger einen starcken Schwefel-Geruch von sich / ware auch voller Ritzen hin und wider anzusehen / und wurde von jederman vor diesen Donner-Keil gehalten / welcher die Eiche also zersprenget hatte.“ (Ein Bild illustriert diesen Bericht.)
Über eine vor Ort angefertigte Zeichnung und den Verbleib des Steines wissen wir nichts weiter. Weitere Recherchen zeigen auf: Giovanni Battista Venturi berichtet 1814: „So wurde beispielsweise einer dieser Meteore 1684 in Deutschland gleichzeitig von Erfurt bis Breslau und von Dresden bis Halle gesehen.“ Leider fehlen hier genauere Datumsangaben, denn 1684 wurden in dieser Gegend mehrfach Meteore gesichtet. Der Perseiden-Strom Mitte August, der mit vielen Sternschnuppen in der ersten Augusthälfte auftritt, war damals noch unbekannt. Die erste schriftliche Erwähnung dieses Ereignisses stammt von 1762, die Richtung „vom Perseus“ her bestimmte als erster Quetelet 1835. Vielleicht stammt obiger Meteorit aus diesem Strom der Reste des Kometen 109P/Swift-Tuttle.

Offline speul

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #1 am: Februar 21, 2020, 11:02:45 Vormittag »
Moin,
willkommen im Forum.
Schön das mal wieder jemand einsteigt, der etwas zu schreiben hat und nicht nur vermutliche Funde bestätigt haben möchte.

Vielleicht stellst Du Dich bei Gelegenheit auch mal genauer vor.
Zu Deinem Beitrag:
Die Perseiden existieren schon länger,
Die erste überlieferte Beobachtung der Perseiden fand vor etwa zwei Jahrtausenden um 36 v. Chr. in China statt. Danach gab es Berichte aus Japan und Korea. In Europa stammt die erste bekannte Beobachtung aus dem Jahr 811.
Als kometarer Meteorstrom können sie auch Nicht der Verursacher von Meteoriten sein. Da bleibt nichts übrig. Das schließt natürlich nicht aus, dass auch Anfang August Meteorite fallen können, aber die haben eben nichts mit den Perseiden zu tun.

Grüße
speul
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Offline Thin Section

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #2 am: Februar 21, 2020, 12:33:37 Nachmittag »
Vielleicht stammt obiger Meteorit aus diesem Strom der Reste des Kometen 109P/Swift-Tuttle.

Hallo Dieter, falls mit "diesem Strom der Reste des Kometen 109P/Swift-Tuttle" die Perseiden gemeint sind, so entstammen selbige dem Kometen SWIFT-TUTTLE 1862 III !

Bernd  :winke:

P.S.: Ja, ein paar Informationen zu Deiner Person wären schon wünschenswert!
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Offline speul

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #3 am: Februar 21, 2020, 13:28:17 Nachmittag »
Hallo Bernd,
109P/Swift-Tuttle und  SWIFT-TUTTLE 1862 III sind ein und der selbe Komet, einmal aktuelle Bezeichnungsweise, einmal die etwas ältere, oder verstehe ich Dein Posting nicht richtig
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Offline Thin Section

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #4 am: Februar 21, 2020, 14:13:00 Nachmittag »
109P/Swift-Tuttle und  SWIFT-TUTTLE 1862 III sind ein und der selbe Komet, einmal aktuelle Bezeichnungsweise, einmal die etwas ältere, ...

OK, Ulrich, danke für den Hinweis. Daran hatte ich nicht gedacht!

Bernd  :winke:
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Offline Mettmann

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #5 am: Februar 21, 2020, 23:34:35 Nachmittag »
Nunja,

es hat ein Gewitter gegeben und ein Blitz hat eine Eiche gespalten. Sowas soll vorkommen.
(Meteorite spalten indes keine Bäume der Länge nach).
Der Rest ist damaliger meteorologischer Kenntnisstand, noch ganz klassisch aristotelisch, daß die Meteorsteine, die Aerolithe, die Donnerkeile (wie er auch in dem Bericht bezeichnet) irdische Ausdünstungen in die Wolken sind, die sich unter bestimmten Bedingungen, wie eben auch Gewitter, zu Steinen zusammenballen, die sodann vom Himmel wieder herabfallen. - Eine Auffassung, die sich sogar über die Aufklärung hinweg bis eben zu Urvater Chladni und dem Fall von L'Aigle gehalten hatte;
gepaart mit religiösen Volksglauben.
Man denke bspw. an den Donnerkeil, der den Vater der Hlg. Barbara in der Legende erschlagen hatte (wie es Symeon Metaphrases im 10.Jhdt. aufgeschrieben)
oder, um in der Zeit zu bleiben, der ungemein helle und große Komet von 1690, zu dem es zig Dissertationen gab, von welchem zu erwartenden, göttlich angezeigtem Unheil er künde.
Kurz, die haben halt irgendeinen Stein ausgegraben (Mets. haben keine Klüfte)
und ihn für einen veritablen Donnerkeil gehalten, der mit dem Blitz durch die Eiche gefahren sein müsse.

Zum zwoten, ja das wird ein Bolide, eine Feuerkugel gewesen sein, wie sie hin und wieder geschiecht.
Nur verhält es sich mit den Meteoriten so ähnlich wie mit der Weisheit aus Detektivgeschichten für die Juchend: Pistolenkugel, die man pfeifen hört, treffen dich nicht -
Meteore, die man leuchten sieht, nämlich auch nicht - die gehen viele Dutzende km entfernt nieder.

Insofern sind beide Spuren unfruchtbar,
aber danke fürs Berichten!
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Offline Mettmann

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #6 am: Februar 22, 2020, 15:45:33 Nachmittag »
Achso,
weil gefragt, St.Barbara (von Nicomedia, Märtyrerin),
z.B. von Valentino Leuchtio, Aufzug deß Lebens der heiligen Jungfrauen und Martyrin Barbara, 1723:
"...Ihr Vatter obschon er alle diese Marter persöhnlich gesehen, liesse doch nicht das geringste Vätterliche Mittleyden an sich spühren.
Ja was mehr ist, als er das vom Land-Pfleger gefällte Urtheil vernommen, daß nemblich seine Tochter durch das Schwert solte hingerichtet werden,
da hat er nicht so lang warten können, biß die Henckers-Knecht solche übernommen, sondern alsobald sie selbst im Zorn ergriffen,
mit ihr zur Stadt hinauß, hinauß auff den Richt-Platz geeilet, und Ihr mit seinem eigenem Schwerd selbst den Kopff auff einen Streich abgeschlagen.
Als nun der gottlose Vatter nach der Enthauptung seiner eigenen Tochter sich wiederumb in die Stadt begeben,
sihe, da ist er von einem Donner-Keil getroffen, und zu Aschen verbrennet worden. ..."


Oder aus R,P.Evermodo Brauner, Kostbar gefundenes Perlein das Wort Gottes, 1749:
"...Dioscorus der ergrimmte abgöttische Vatter, oder vielmehr Mörder vergessete auf Vätterliche Treu und Liebe,
risse dem Hencker das Schwerd aus denen Händen, und führte einen solchen verzweifleten Streich auf sein eigenes Kind,
welchen ihm die Gesätze der Natur auf einen Fremden und Unschuldigen nicht zu führen gestatten.
GOtt aber zeigte gar bald die wohlverdiente Rach, oder Straff;
da er durch einen ausbrechenden Donner-Keil den mörderischen Vatter nach frischer That getödtet hat. ..."


Odaoda aus dem Trauerspiel in fünf Aufzügen: Die heilige Jungfrau und Martyrin Barbara, von Thomas Auer, 1831:
(ein spaßiger Schund):
" Apelles: Verzeihen Sie, ehrwürdiger Bischof! ich wollte mit dieser betrübten Nachricht nicht voreilig sein.
Barbara ist wirklich todt; ihr eigener Vater war ihr Henker.
 Bischof: Ihr eigener Vater? wie so? erzählen Sie doch!
 Apelles: Mit Gewalt ließ er sie zum Opferaltar hinschleppen; dort sollt sie den Göttern Weihrauch streuen; sie weigerte sich standhaft,
man wollte sie dazu zwingen; da kehrte sie sich gegen die aufgestellten Götzenbilder, und rief mit erhabener Stimme:
"wenn ihr wirklich wahre Götter seid, oder vorstellet, so strafet meinen Ungehorsam und die Verachtung, womit ich euch das Opfer verweigere!
Seid ihr aber keine Götter, empfanget ihr von betrogenen Menschen unverdiente göttliche Ehren: wohlan! so entfernt euch von einer Dienerin
des allerhöchsten, des einzig wahren Gottes, und fahret der Hölle zu, wohin ihr gehöret!"
Kaum hatte Barbara das letzte Wort ausgesprochen, so fuhr augenblicklich ein Donnerkeil vom Himmel, und zerschmetterte den Opferaltar
sammt allen daraufgestandenen Götzenbildern in tausend Stücke. Mehrere Personen, worunter auch ein Opferpriester, wurden bei dieser
schrecklichen Katastrophe getödtet oder verwundet.
 Bischof. (Augen und Hände gen Himmel erhebend) Ja groß, erhaben und allgewaltig ist unser Gott! er duldet keine fremden Götter neben sich;..." 


Lujah, sog I!
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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #7 am: Februar 22, 2020, 16:14:00 Nachmittag »
Links Barbara, rechts Katharina (sind ja sehr ähnliche Heilige).
Da dräut es schon, gleich fährt der Donnerkeil nieder:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/8c/20110912335DR_Oberbobritzsch_Kirche_Nikolausaltar.jpg

Lucas Cranach der Ältere vermengt die beiden und läßt es bei der Enthauptung der Katharina ordentlich krachen:
https://www.kunstkopie.de/kunst/lucas_cranach_d_ae/das_martyrium_der_heiligen_kat.jpg

 :eek:
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Offline Dieter Bauke

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Re: Meteorit Roben 1684
« Antwort #8 am: Februar 24, 2020, 19:31:19 Nachmittag »
Hallo Freundinnen und Freund,
es war eine kurze Vorstellung gewünscht:
Ich bin gelernter Diplom-Mathematiker (Leipzig 1980),
und seitdem in Gera wohnend, hier auch heimatforscherisch tätig.
So fand ich per Zufall diesen Text und freue mich über jede weitere Information.
Ok, das mit den Perseiden war nur so ne spinnerte Idee.
Und bei der Fallbeschreibung: gut gedichtet oder gut der Realität
nachempfunden: dafür brauche ich eben Fachleute. Deshalb steht der Text hier.
Viele Grüße aus Gera. Dieter Bauke

 

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