Autor Thema: Eisenscheiben mit aussergewöhnlichen, bemerkenswerten Strukturen und Einschlüsse  (Gelesen 5995 mal)

Thin Section

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Hallo Forum,  :hut:

… also nicht einfach eine angeätzte, polierte Scheibe, die ein normales Widmanstätten Gefüge zeigt, sondern zusätzliche Auffälligkeiten, die einem sofort ins Auge stechen, wie z.B. Deformierungen, große Troilite, aussergewöhnliche Troilitformen, eine sg. "heat-affected alpha-2 zone", ungewöhnliche Einschlüsse, etc., etc.

Ich beginne heute Abend mal mit einer meiner schönsten Gibeonscheiben! Bemerkenswert wegen des durch Hitzeinwirkung veränderten, um die ganze Scheibe herum verlaufenden Randes, der sg. heat-affected alpha-2 zone und aussergewöhnlich wegen des riesengroßen Troilits von 3.2 x 2.9 cm Durchmesser. In dem durch Hitzeeinwirkung veränderten Randbereich muß die Temperatur kurzzeitig auf ca. 750-1000°C angestiegen sein um diese Veränderung im Gefüge hervorzurufen. Also, fotografiert mal Eure Stücke, die ein spektakuläres Innenleben aufweisen und stellt sie hier vor!

Herzliche Grüße,

Bernd  :winke:
« Letzte Änderung: Mai 10, 2009, 22:49:45 Nachmittag von Thin Section »

Offline paragraf

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Hallo Bernd,

hier mal ein Stück Sikhote Alin von Mirko´s Präparator-Meisterhand:

http://berru.de/sial7.jpg

Hier kann man sehen, dass das Teil in Flugrichtung die dickste Rekristallisationszone aufweist. Bei Deinem Gibeon ist die Zone relativ gleichmäßig, möglicherweise bereits zu Urzeiten, weit vor dem Eintreten in die Erdatmosphäre entstanden...

Nur schade, dass man sowas vorher auch leicht mit einem Schneidbrenner hervorrufen kann, behaupte ich mal. Ausprobiert hat es wohl bisher niemand...

Gruß
Bernd

Offline ben.g

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Hallo.  :winke:

Hier ein Odessa mit einem interessanten Einschluss.

Man sieht so einiges:
1. Troilit
2. Graphit
3. Schreibersit
4. Cohenit
5. Kamazit

Man kann sogar das Cohenit gut vom Schreibersit unterscheiden. (Bild 3)

Gruß
Ben

Offline Mettmann

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Zitat
Nur schade, dass man sowas vorher auch leicht mit einem Schneidbrenner hervorrufen kann

Nur, warum sollte man?  :gruebel:

Vergiß nicht,

 :belehr:   Ein Verbrechen ohne Motiv
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Offline ironsforever

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Hallo Forum,

hier eine Guanaco-Vollscheibe von 218 g, TKW: 13.1 kg. Sie weist die für IIG-Eisen typischen, ungewöhnlich großen Scheibersit-Einschlüsse auf. Die anderen II-G-Eisen sind Auburn, Bellsbank, La Primitiva, Twannberg, Tombigbee River und möglicherweise auch Wu-Chu-Mu-Ch´in (vgl. dweir´s www.meteoritestudies.com).

Gruß, andi :hut:


Offline ironsforever

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Hallo,

hier noch eine Vergrößerung des Schreibersit-Einschlusses im Guanaco (aus einer kleinen 18g-Teilscheibe). Schreibersit ist sehr spröde, was man auf diesem Foto gut erkennen kann...

Gruß, andi  :winke:

ironmet

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Nur schade, dass man sowas vorher auch leicht mit einem Schneidbrenner hervorrufen kann, behaupte ich mal. Ausprobiert hat es wohl bisher niemand...

Gruß
Bernd


Hallo Bernd,

ich glaube so einen rekristallisierten Rand kann man nicht fälschen!!
Wie ich ja schonmal schrieb,ist die Abtragung am Material,wenn der Meteor in die Atmosphäre
eintritt,viel größer,bzw. geht schneller als die Wärmeleitung im Material!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Daher bildet sich solch ein Rand erst ganz zum Schluß,da wo z.B. Steinmeteoriten ihre Kruste bilden!
Wenn man jetzt versuchen sollte,mit einem Schneidbrenner so einen Rand künstlich zu erzeugen,wird das sicher
heftigst in die Hose gehen!
Man braucht schon Temeraturen über 900°C um die normale Struktur zu zerstören.
Bis Du mit dem Schweißbrenner aus dem Meteoriten eine rot glühende Kugel gemacht hast,ist die Rekristallisation auch schon bis ins innere vortgeschritten!
Ich sage: Du bekommst nie einen so gleichmäßig endenden Rand künstlich erzeugt!
Zumal man ja auch auf der Aussenseite des Meteoriten diesen künstlichen Eingriff erkennen würde!


Viele Grüße Mirko

Offline JaH073

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Serwus Mirko,

dann muß ich als jemand der mal ne Zeitlang in einer Härterei gearbeitet hat auch mal eine Idee dazu loswerden..............

Was wäre, wenn man einen "billigen" Eisenmeteoriten zum Versuch mal für folgendes ausprobieren würde:
Nehmen wir ein von der Größe her ca 10 kilo schweres relativ rundliches Individual vom Campo.
Diesen kühlen wir in flüssigem Stickstoff so weit runter wie es geht.
Dann hängen wir ihn anschließend direkt in ein Salzhärtebad und nach ca 5-10 Sekunden holen wir ihn sofort wieder raus zum Abschrecken.
Jetzt müßten wir das gute Stück halbieren und ätzen.
Falls ( wahrscheinlich ) nicht gleich der erzielte Effekt eingetreten ist, müßte man diese Prozedur mit größeren oder kleineren Individuals sowie jeweils mit ner längeren oder kürzeren Verweildauer im Salzhärtebad wiederholen.
Das könnte evtl kostspielig werden.

Dies ist wirklich nur mal theoretisch angedacht.
Ich würde selbstverständlich keines meiner Stücke für so einen Versuch opfern.
Allein schon die Ungewissheit ob durch die Temperaturunterschiede auftretenden Spannungen im Material diesen nicht zu stark beschädigen könnte ich meinen Lieblingen nicht antun.

Viele Grüße

Hanno
Je mehr Ecken und Kanten ein Diamant hat, umso mehr funkelt und strahlt der Stein.

ironmet

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Hallo Hanno,

hahahaha.. ,wenn Du Dich erinnerst hatten wir ja das Thema schonmal!

Ich weis zwar nicht,was ein Salzhärtebad ist,wie groß oder heiß es ist.
Aber meinst Du wirklich,das sich da was tut?
Ich meine,wenn Du da dann Deinen Mega-Eiswürfel reintust,wird da nicht mehr viel passieren,
ausser das Dein Härtebad kühler wird.
Ist ja fast so,als würde man einen Eiswürfel in ein Glas heißes Wasser tun.
Ratzfatz ist die hohe Temeratur raus aus dem heißen Wasser!
Und der Eiswürfel hat nur 0°C - 23°C Minus.
Wenn man jetzt mit so einer,in flüssigem Stickstoff gekühlten Eisbombe,ins heiße geht,wird da garnix passieren.
Sicher,ein Eiswürfel schmilzt.
Der große Eisenmet würde sich aber realtiv gleichmäßig aufwärmen,denke ich.
Klar,in der Mitte wird er schon etwas kühler als am Rand sein.
Aber ich denke,die Temperaturunterschiede werden nicht so gewaltig sein,um künstlich einen
so hart abgegrenzten rekristallisierten Rand zu erhalten.


Viele Grüße Mirko

Offline JaH073

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Hallo Mirko,

nee, neee, da hast du mich mit dem Salzbad nicht ganz verstanden.    :fingerzeig:
Vielleicht hab ich mich auch nicht erklärend genug ausgedrückt.........   :gruebel:

Mit dieser Art Salzbad von dem ich spreche, die sind nicht mit den gewöhnlichen vergleichbar mit ner Tempereatur von 250 - 500°C
Dieses an dem ich selber gearbeitet hatte, hatte eine Tempereatur von bis zu 1050 °C
Die Größe des Tiegels hatte einen Durchmesser von 1200 mm und eine Höhe von nochmals 1000 mm.

Wenn man da einen Met in dieser Größe reinhängt sieht es mit der Temperatur dann etwas anders aus als ein Eiswürfel in einem Glas Wasser
Die Kolben welche wir darin gehärtet haben wurden beim hineinhängen bewegt und nicht einfach so hängen lassen.
Beim Härten tust du die Messerklinge beim Abschrecken ebenfalls bewegen um eine gute Wärmeabgabe zu haben.
So täte ich es mir in den paar Sekunden beim Einhängen des Mets auch vorstellen.

Ob dann die rekristallisierte Schicht 1 mm oder 5 mm oder sogar bis zur Hälfte in das Individual hineinreichen würde wäre ja total egal. Es ginge einfach nur mal um eine Möglichkeit dieses technisch nachzuvollziehen.

Ich würde diese Variante mal gar nicht so vorschnell aburteilen.
Erst mal das Gegenteil aus der Praxis vorzeigen. Meines Wissens hat es so noch keiner versucht.
Learning by doing.

Viele Grüße

Hanno
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Allende

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Re: Eisenscheiben mit aussergewöhnlichen, bemerkenswerten Strukturen und Einschlüsse
« Antwort #10 am: Mai 14, 2009, 20:28:45 Nachmittag »
Also ich bin dafür :pro: das Hannno jetzt einen 10 kg Campo aus seiner Vitrine nimmt und mit Mirko zusammen den Versuch macht. Ich werde aus grösserem Sicherheitsabstand, falls das Hochtemperatur-Salzbad beim Kontakt mit Hannno's tiefgekühlten Campa ganz fürchterlich zu sprudelspritzen anfängt :fingerzeig: das Ganze mit meiner Digikamera filmen und hinterher ins ins Internet stellen.

Hannno, Mirko, wann wollen wir starten?

Freundliche, aber wenig überzeugte Grüsse
Allende  :hut:

Thin Section

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Re: Eisenscheiben mit aussergewöhnlichen, bemerkenswerten Strukturen und Einschlüsse
« Antwort #11 am: Mai 14, 2009, 20:55:42 Nachmittag »
Schönen, guten Abend,  :hut:

Ein weiterer, außergewöhnlicher Gibeon :lechz: in meiner Sammlung ist diese 150.6 Gramm wiegende Scheibe – außergewöhnlich aufgrund ihres polykristallinen Charakters. Sie besteht aus mindestens 5, wahrscheinlich aber noch mehr, ursprünglichen Austenit- bzw. Taenitkristallen, erkennbar an den verschiedenen Orientierungen der Widmanstättenschen Figuren allein schon innerhalb dieser Scheibe. Jeder einzelne Austenitkristall hat also sein eigenes, feines Widmanstättensches Gefüge gebildet. Diese Polykristallinität ist natürlich schon vor dem Durchgang durch die Erdatmosphäre enstanden!

Mit polykristallinem Gruß,

Bernd  :winke:

Thin Section

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Re: Eisenscheiben mit aussergewöhnlichen, bemerkenswerten Strukturen und Einschlüsse
« Antwort #12 am: Mai 14, 2009, 21:25:23 Nachmittag »
ich glaube so einen rekristallisierten Rand kann man nicht fälschen!

… oder vielleicht doch???

Habe bei Buchwald zwei Stellen herausgesucht, die sich zu widersprechen scheinen.


BUCHWALD V.F. (1975) Handbook of Iron Meteorites, Volume 1, p. 53:

Below the fusion crusts, a heat-affected zone follows. The examination of this zone is important because it … (iv) indicates that artificial reheating has not occurred.


BUCHWALD V.F. (1975) Handbook of Iron Meteorites, Volume 1, p. 100:

The alpha-2 phase is also a common component of artificially reheated and forged meteorites … In meteorites which were thoroughly reheated … The resulting alpha-2 phase may contain 12-20% Ni …


Hmm?!?  :gruebel:

Bernd

Thin Section

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Re: Eisenscheiben mit aussergewöhnlichen, bemerkenswerten Strukturen und Einschlüsse
« Antwort #13 am: Mai 21, 2009, 22:19:10 Nachmittag »
Hallo Forum,  :hut:

... wünsche einen wunderschönen, guten Vatertagabend!

Hier noch ein Highlight bei meinen Eisen, das ich Euch zeigen möchte: Tambo Quemado, ein IIIAB mit aufgeschmolzenen Schreibersitkristallen. Aber nicht der 17 mm messende, runde Troiliteinschluss mit einem Saum aus Schreibersit macht dieses 80.6 Gramm wiegende Stück zu etwas Außergewöhnlichem sondern etwas, das da eigentlich gar nicht sein dürfte: ein Einschluß, der sililkatisch zu sein scheint und zwar am oberen Rand des runden Troiliteinschlusses. McSween schreibt auf Seite 205 seines Buches "Meteorites and Their Parent Planets", daß Silikate in IIIAB Eisen in ihrer Zusammensetzung den HEDs ähneln aber dieser Einschluss ähnelt eher der Textur des Cumberland Aubriten, was natürlich eine unwahrscheinliche Parallele sein dürfte. Hmm, … was das wohl ist?! Das Bild von der Gesamtscheibe stammt von Eric Twelker, die Detailaufnahme von mir.

Herzliche Grüße und, … nicht streiten,
das Leben ist kurz und zu schön …

(Großvater) Bernd  :winke:

« Letzte Änderung: Mai 21, 2009, 22:43:38 Nachmittag von Thin Section »

Offline Thin Section

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Re: Eisenscheiben mit aussergewöhnlichen, bemerkenswerten Strukturen und Einschlüsse
« Antwort #14 am: Dezember 10, 2011, 18:47:51 Nachmittag »
So, werde mal versuchen, einen alten "thread" ein wenig wiederzubeleben. Es geht um meine neue Scheibe vom Seymchan. Sie wiegt stattliche 213.5 gr und würde natürlich bei einer Nachbearbeitung durch Mirkos meisterliche Hand einen optisch noch schöneren Anblick bieten. Was es mir aber an diesem Stück so angetan hat, ist nicht die Verbarbeitung sondern:

1. die Form, nämlich die einer Glocke oder auch einer Apollo-Kommandokapsel

2. das Widmanstätten'sche Gefüge - es ist deutlich deformiert (wie wir es z.B. von einigen Gibeons und Whitecourts kennen)

3. dieser schmale, längliche, leicht gebogene "Einschluß" (Folge der Deformation?) - etwa 6 cm lang mit einem dünnen, etwa 4 cm langen "Kern" aus Troilit.


Bernd  :w-ge:
« Letzte Änderung: Dezember 10, 2011, 19:33:09 Nachmittag von Thin Section »
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

 

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