Autor Thema: Der erste Schnitt (NWA 869)  (Gelesen 4276 mal)

Offline Chrisl

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Der erste Schnitt (NWA 869)
« am: März 07, 2013, 20:29:55 Nachmittag »
Hallo Zusammen,

mein Name ist Christian aus Linz, bin erst seit kurzem Meteoritensammler.

Um das Material mal besser kennenzulernen, habe ich versucht einen Schnitt selbst herzustellen. Dafür habe ich natürlich einen günstigen NWA 869 verwendet.

Erste Versuche mit Metallsäge, Handfeile, Flex mit Steinscheibe haben nicht funktioniert: Zu wenig Materialabtrag (Material zu hart) bzw. bei der Flex verbrennt das Material (glüht auf und wird dunkel).
Erst mit der Diamantscheibe (Dremel) hat es einwandfrei geklappt (ohne Wasserkühlung).
Das Schleifen erfolgt von Hand (Meteorit mit der Schnittfläche über ein auf der Tischplatte aufgelegtes Blatt Korund-Schleifpapier ziehen). Korngöße des Schleifpapiers: 60, danach 240, danach 400.

Anbei die Fotos des Ergebnisses. Man sieht 2 sehr schöne Chondrulen in Metall eingefaßt. Die großen weißen Flecken sind meiner Einschätzung nach bereits verwittertes Gestein (durch Feuchtigkeit). Neben den Eisenflocken, sind auczh ein paar wenige Troilitflocken dabei.

Beste Grüße!
Christian

Offline Gibeon2010

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #1 am: März 07, 2013, 20:35:26 Nachmittag »
Das ist ja echte Fleißarbeit.  :super:
Wie lange hast du denn für's Schleifen gebraucht?
Viele Grüße
Jens

Offline JaH073

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #2 am: März 07, 2013, 20:55:16 Nachmittag »
Hallo Christian,

willkommen hier im Forum.

Da bist du gleich in die Vollen.
Ich meine ohne entsprechendes Werkzeug direkt ein kleines Individual zu halbieren ist schwer.
Letzendlich hast du dann ja durch rasches learning bei doing erkannt mit was sich dieses Teil halbieren lies.
Aber ich muß ebenfalls sagen, daß deine geschliffene Fläche sehr schön geworden ist.

Dein Start ist dir sicherlich gelungen.

Beste Grüße

Hanno
Je mehr Ecken und Kanten ein Diamant hat, umso mehr funkelt und strahlt der Stein.

Offline Chrisl

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #3 am: März 07, 2013, 20:56:47 Nachmittag »
Hallo,

mit dem groben Schleifpapier (60er Korn) geht es relativ schnell.
Für das abgebildete Stück (Schnittfläche ca. 45x45mm) habe ich ca. 30 Min. mit dem Dremel und ca. 30 Min. für das Schleifen aufwenden müssen. Also nicht so schlimm...


Offline DCOM

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #4 am: März 07, 2013, 20:59:14 Nachmittag »
Hallo Zusammen,

mein Name ist Christian aus Linz, bin erst seit kurzem Meteoritensammler.

Um das Material mal besser kennenzulernen, habe ich versucht einen Schnitt selbst herzustellen. Dafür habe ich natürlich einen günstigen NWA 869 verwendet.

Erste Versuche mit Metallsäge, Handfeile, Flex mit Steinscheibe haben nicht funktioniert: Zu wenig Materialabtrag (Material zu hart) bzw. bei der Flex verbrennt das Material (glüht auf und wird dunkel).
Erst mit der Diamantscheibe (Dremel) hat es einwandfrei geklappt (ohne Wasserkühlung).
Das Schleifen erfolgt von Hand (Meteorit mit der Schnittfläche über ein auf der Tischplatte aufgelegtes Blatt Korund-Schleifpapier ziehen). Korngöße des Schleifpapiers: 60, danach 240, danach 400.

Anbei die Fotos des Ergebnisses. Man sieht 2 sehr schöne Chondrulen in Metall eingefaßt. Die großen weißen Flecken sind meiner Einschätzung nach bereits verwittertes Gestein (durch Feuchtigkeit). Neben den Eisenflocken, sind auczh ein paar wenige Troilitflocken dabei.

Beste Grüße!
Christian


Hi Christian,

Respekt vor Deiner Arbeit! Bin nun schon ein paar Jahre dabei, aber einen Meteoriten zu sägen habe ich mich bislang noch nicht getraut. Auch das Schleifen per Hand war mir ehrlich gesagt zu mühsam, ich habe bislang nur ein paar Ätzungen vorgenommen. Alles in allem, toller Einstand!  :super:

Grüße, D.U.

Plagioklas

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #5 am: März 07, 2013, 21:01:44 Nachmittag »
Das ist ein sehr gelungener Schliff.

Offline Contadino

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #6 am: März 07, 2013, 21:06:30 Nachmittag »
Hallo Christian,

auch von mir ein ganz herzliches Willkommen! Du hast Dich ja gleich als ein "hands on" Mann geoutet, toll :super:
Linz scheint ja ein richtiges Zentrum der Met.-Freunde zu werden :einaugeblinzel:

Ciao, Heiner
Doe maar gewoon, dan doe je al gek genoeg

Offline Murchison´s friend

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #7 am: März 07, 2013, 21:10:28 Nachmittag »
Lieber Heiner,

was heißt da werden   -    IST !

LG,
Michael
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Offline lithoraptor

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #8 am: März 07, 2013, 21:19:35 Nachmittag »
Moin Christian!

Ich finde den Schliff auch sehr gut gelungen und für den ersten Versuch hast Du da schon ein :applaus: verdient.

Die großen weißen Flecken sind meiner Einschätzung nach bereits verwittertes Gestein (durch Feuchtigkeit).

Diese Einschätzung von Dir ist sicher nicht korrekt. Wenn Du dir vor Augen hältst, dass es auf dem entsprechenden Asteroiden-Mutterkörper sicher kein Wasser gab und das der Rest des Steins von dieser "Feuchtigkeit" nicht betroffen zu sein scheint (wir also einen irdischen Verwitterungsprozess ausschließen können), dann muss die Lösung anders lauten. Das Geheimnis liegt in der Klassifikation von NWA 869, die da lautet L4-6. Das besagt, dass es eine Brekzie aus komponenten mit ganz unterschiedlichen petrologischen Typen ist. Zudem enthält 869 eine ganze Reihe von Fremdgesteinen (sog. Xenolithen). Ich schrieb es hier schon häufiger und wiederhole mich sehr gern: NWA 869 ist einer der unterschätztesten Meteoriten des NWA-Rausch, wenn nicht sogar DER. Wenn Du dich etwas im Forum umsiehst, dann wirst Du zu den Einschlüssen in 869 schon einiges finden.

Gruß

Ingo

Offline Chrisl

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #9 am: März 07, 2013, 21:35:28 Nachmittag »

Diese Einschätzung von Dir ist sicher nicht korrekt. Wenn Du dir vor Augen hältst, dass es auf dem entsprechenden Asteroiden-Mutterkörper sicher kein Wasser gab und das der Rest des Steins von dieser "Feuchtigkeit" nicht betroffen zu sein scheint (wir also einen irdischen Verwitterungsprozess ausschließen können), dann muss die Lösung anders lauten. Das Geheimnis liegt in der Klassifikation von NWA 869, die da lautet L4-6. Das besagt, dass es eine Brekzie aus komponenten mit ganz unterschiedlichen petrologischen Typen ist.

Danke für die Infos und die freundlichen Worte! Toll, wenn man hier im Forum genau solche Detailfragen klären kann!

An Verwitterung dachte ich, da mein Stück 1-2 Riße aufweist und meines Wissens nicht bekannt ist, wie lange der NWA 869 in der Wüste herumlag (Wüste heist ja nich wasserfrei).

Gibt der Verwitterungsgrad (beim NWA 869 ist er ja W1) eigentlch die Verwitterung im All (Mutterkürper mit Wasser) oder die Verwitterung auf der Erde an?






Offline miro67

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #10 am: März 07, 2013, 21:43:58 Nachmittag »
Hi Christian, :winke:
herzlich Willkommen hier im Forum.Unter all den anderen Süchtigen wirst Du dich sicherlich wohlfühlen. :einaugeblinzel:
Zu deiner Frage...
Der Verwitterungsgrad bezieht sich auf das verwittern auf unserer guten alten Erde.

LG
Michael

Offline Murchison´s friend

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #11 am: März 07, 2013, 21:46:00 Nachmittag »
Hi Christian,

schau mal Deinen ersten post und die Antworten dazu an.

CY,
Michael
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Offline Thin Section

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #12 am: März 07, 2013, 22:12:44 Nachmittag »
Hallo Christian,

Willkommen im Forum und Gratulation zu Deinem ersten Schnitt + Schliff. Das ist ein ausserordentlich schöner NWA 869 und auch ich denke (wie z.B. Ingo und andere), daß NWA 869 eine verkannte Wüstenschönheit ist!

... meines Wissens nicht bekannt ist, wie lange der NWA 869 in der Wüste herumlag

Welten K. et al. (2011) The L3–6 chondritic regolith breccia Northwest Africa (NWA) 869: (II) Noble gases and cosmogenic radionuclides (MAPS 46-7, 2011, pp. 970–988):

Concentrations of 10Be, 26Al, and 36Cl in stone and metal fractions of six fragments of NWA 869 indicate a preatmospheric radius of 2.0-2.5 m.

14C and 10Be concentrations in three fragments yield a terrestrial age of 4.4 ± 0.7 kyr.


Bernd  :winke:
(247553) Berndpauli = 2002 RV234

Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, dass die Dummen todsicher und die Intelligenten voller Zweifel sind. (Bertrand Russell, britischer Philosoph und Mathematiker).

Offline lithoraptor

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #13 am: März 07, 2013, 22:42:36 Nachmittag »
Moin!

Habe den alten Thread gerade eben wieder ausgegraben. Da ist er: http://www.jgr-apolda.eu/index.php?topic=2893.0

Gruß

Ingo

MeteoritenanundVerkauf

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Re: Der erste Schnitt (NWA 869)
« Antwort #14 am: März 08, 2013, 12:20:53 Nachmittag »
Hallo Christian,
als amtlich anerkannter NWA869-Freak melde ich mich hier mal kurz zum Thema. Obwohl es ja ums Schneiden von Meteoriten geht.
Teil1: zum Schneiden von Meteoriten; das habe ich früher auch so ähnlich versucht; jedoch schnell wieder aufgegeben. Wie du bemerkt hast - ist der Schnitt sehr  mühsam, Meteorite-mordend und das Ergebnis trotz vieler Arbeit nicht wirklich zufriedenstellend (matte Oberfläche mit wenig Details, „rundgeschliffene“ Kanten, sehr viel Materialverlust). Ich muss jedoch sagen; dein erster Versuch ist sehr gelungen   :super:

Die ideale Lösung; entweder auf bereits geschnittene „Ware“ zurückgreifen oder ein geeignetes Schneidgerät anschaffen. Oder jemand kennen der so etwas besitzt. Am besten schneidet man wassergekühlt mit einem (möglichst dünnen) Diamantblatt. Als günstige Alternative etwa ein wassergekühlter Fliesenschneider...

Die Schnitte sind da teilweise je nach Blatt schon so schön, als hättest du sie mit 400er oder 800er Korn geschliffen. Und gerade. Übrigens: man sollte nach dem Schneiden die Stücke unbedingt zeitnah trocknen. Seit einiger Zeit bietet ein Engländer in Ebay Scheiben des NWA869 an. Diese sind nach dem Schnitt prima Luftgetrocknet; heisst; sie haben (un)schöne Rostringe. Sehr unfein. Ich mache das Trocknen so; zuerst lege ich die Stücke in reines H2O (Laborglas gefüllt mit H2O dest. und den Meteoriten) ins Ultraschall (Reinigung der Schnittfläche und Verdünnung des Chlors, welches im Schnittwasser der „Normalwasser“  -betriebenen Sägenun mal  vorliegt. Danach lege ich die Scheiben einen Tag  in Isopropanol / Äthanol ein (zieht das Wasser raus) und nochmals (im Laborglas) ins Ultraschall. Beide Alkohole bekommst du günstig in Ebay. Ich bestelle immer 5 Liter Gebinde. Sehr günstige Sache.... Danach ab in den Ofen und bei 80 Grad 2-3 Stunden Austrocknen. Voila´.

Ich selbst schneide kleinere Meteorite auf meiner Arbeitsstelle. Die Kappsäge steht zwar in einer anderen Abteilung, aber die Jungs sind so nett und lassen mich an ihrer Säge in den Pausen schneiden. So habe ich schon über 600 (!) Scheiben vom NWA869 „produziert“. Immer auf der Suche nach schönen Einschlüssen. Ja – ich gebe zu: der NWA869 ist mein absoluter Favorit. Ein Meteorit den sich jeder leisten kann – aber der auch eine absolut faszinierende Geschichte hat. Wobei ich hier zu Teil 2 komme; einige vielleicht noch unbekannte Infos zum NWA869.

Teil2: NWA869
Zuerst; wen mehr Details locken, kann mir gerne schreiben. Ich habe die Arbeit von Dr. Knut Metzler (Uni Münster) zum NWA869 eingedeutscht und von ihm Korrektur lesen lassen (vielen Dank nochmals, Herr Dr. Metzler!). Die Daten/Fakten aus meiner Übersetzung sind somit vom Autor des aktuellsten Forschungsberichts zum NWA869 als korrekt bestätigt. Gerne schicke ich diese Übersetzung jedem Interessierten zu. Aber hier kurz zu den Einschlüssen. Der NWA869 stellt eine Brekzie dar, dh. ehemaliges Oberflächengestein eines Chondriten – Mutterkörpers. Der NWA869 ist im Übrigen ein L3-6 und nicht wie in vielen Händler - Angeboten immer noch beschrieben als L4-6. Die beigen und hellgrauen Einschlüsse sind Achondritisch. Was nix anderes heißt als: ohne Chondren. Nun hat sich durch die Untersuchungen herausgestellt dass diese aber in der Regel ihren Ursprung auf dem Mutterkörper des chondritischen Materials um sie herum haben. Heißt; dieses Material wurde durch Einschläge auf den Mutterkörper aufgeschmolzen, das Eisen separiert und die aufgeschmolzenen Bröckelchen sind wieder auf die Oberfläche des Mutterkörpers zurückgefallen.  Die dunkelbraunen Fragmente sind schockgedunkeltes Material des Mutterkörpers und der Impaktoren. Die schwarzen (sehr seltenen!) Einschlüsse sind ebenfalls meist chondritischer Natur. Interessant hierbei; ein von mir als (optisch vermutetem) kohligem Einschluss – hat sich als SiO- reicher L3,7 mit Reliktchondren (nur unter dem Mikroskop sichtbar)herausgestellt. Dr. Metzler vermutet dass der Ursprungschondrit eine wässrige Metamorphose durchgemacht hat – sich also vermutlich durch Wasser auf dem Mutterkörper verändert hat. Sehr faszinierend, finde ich.... Ich selbst habe noch keine reinen, kohligen Einschlüsse gefunden.  Im NWA869 finden sich reichlich implantierte Edelgase von der Sonne. In seiner Geschichte war der NWA869 ca. 14 Mio Jahre lang als Regolith dem Weltraum ausgesetzt. Darum auch die bunte Mischung als Fragmenten und scharfkantigen Einschlüssen... Wer Bilder von Itokawa gesehen hat – kann sich vielleicht besser vorstellen wie so ein Asteroidenregolith aussieht... übrigens; nur 3% der bis dato gefundenen L-Chondrite sind Regolith-Brekzien. Was die Einmaligkeit dieses Fundes wiederum unterstreicht.

Viele Grüße – Michael Hofmann

 

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